Bankrecht

Verlust aus der Veräußerung von Aktien

Aktenzeichen  VIII R 9/17

Datum:
29.9.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2020:U.290920.VIIIR9.17.0
Normen:
§ 20 Abs 2 S 1 Nr 1 S 1 EStG 2009
§ 20 Abs 4 EStG 2009
§ 20 Abs 6 S 6 EStG 2009
§ 43a Abs 3 S 4 EStG 2009
§ 41 Abs 2 AO
§ 42 AO
EStG VZ 2013
Spruchkörper:
8. Senat

Leitsatz

1. Eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (Anschluss an BFH-Urteil vom 12.06.2018 – VIII R 32/16, BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221).
2. Die Veräußerung wertloser Aktien stellt grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar, selbst wenn sich der Verkäufer verpflichtet, vom Käufer wertlose Aktien zu kaufen.

Verfahrensgang

vorgehend FG München, 17. Juli 2017, Az: 7 K 1888/16, Urteil

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 17.07.2017 – 7 K 1888/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.
1
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Jahr 2011  1 000 Aktien der X-Corp. zu einem Preis in Höhe von insgesamt 4.685 € (4,661 € je Aktie zuzüglich der Anschaffungsnebenkosten). In der Folgezeit verloren die Aktien der X-Corp. aufgrund von Betrugsvorwürfen gegen die Gesellschaft erheblich an Wert, so dass die Aktie von der Börsenaufsicht vom Handel ausgeschlossen wurde. Im Februar 2013 veräußerte der Kläger alle Aktien der X-Corp. zu einem Preis von insgesamt 10 € (0,01 € pro Stück) an Frau Y (Käuferin). Im Gegenzug erwarb er von der Käuferin wertlose Aktien.
2
Im März 2013 wurden die Aktien der X-Corp. aus dem Depot des Klägers ausgebucht und in das Depot der Käuferin übertragen. Kosten hierfür fielen nicht an. Die Bank behandelte diesen Übertrag wie eine Veräußerung und setzte zur Ermittlung der Abzugsteuern eine Steuerbemessungsgrundlage in Höhe von 1.405,52 € an.
3
Der Kläger beantragte in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2013 die steuerliche Berücksichtigung des Verlusts aus dem Aktienverkauf in Höhe von 4.675,05 € (= 4.685,05 € – 10 €) und den Abzug der laut Steuerbescheinigung von der C-AG für den Aktienverkauf angesetzten Steuerbemessungsgrundlage in Höhe von 1.405,52 €.
4
Bei der Einkommensteuerfestsetzung im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 17.02.2015 wurde der Verlust des Klägers aus der Veräußerung der X-Corp. Aktien in Höhe von 4.675,05 € nicht berücksichtigt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) kürzte jedoch den vom Kläger im Streitjahr erzielten Gewinn aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 26.140 € um 1.404 €. Das FA ging dabei von einer teilentgeltlichen Übertragung der Aktien aus. Es bestimmte den Anteil der entgeltlichen Übertragung mit 0,17 Prozent und ermittelte einen Veräußerungserlös von 2 €.
5
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1792 veröffentlichten Urteil statt. Nach seiner Auffassung war der Verlust des Klägers aus der Veräußerung der X-Corp. Aktien steuerlich zu berücksichtigen und es lag kein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO) vor.
6
Mit der Revision rügt das FA, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass vom Kläger eine angemessene rechtliche Gestaltung gewählt worden sei. Der Verkauf der Aktien durch den Kläger führe zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil, so dass ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO vorliege. Durch die im Streitfall gewählte Konstellation eines “Tauschs” sollten steuerliche Vorteile erzielt werden, ohne dass dies durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe gerechtfertigt sei. Der Vorgang sei somit als unangemessen i.S. des § 42 AO zu bewerten. Das Vorbringen des Klägers, dass die Anteile wieder an Wert gewinnen könnten, sei angesichts der Tatsache, dass die vom Kläger gekauften und verkauften Anteile wertlos gewesen seien und sich die gezahlten Entgelte gegenseitig aufgehoben hätten, nicht nachvollziehbar. Durch die Veräußerung objektiv wertloser Anteile zu einem symbolischen Kaufpreis würden keine Einnahmen erzielt. Die Gestaltung sei allein aus buchungstechnischen Gründen gewählt worden, um steuerliche Verluste zu generieren.
7
Das FA beantragt,das Urteil des FG München vom 17.07.2017 – 7 K 1888/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8
Der Kläger hat keinen Sachantrag gestellt.


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