Bankrecht

Widerruf eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugs

Aktenzeichen  32 O 9568/18

Datum:
3.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 52428
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 358 Abs. 4 S. 5, § 491 Abs. 1, § 492 Abs. 1, Abs. 2, § 495
EGBGB Art. 247 §§ 6f., § 13

 

Leitsatz

Die Erteilung von Pflichtangaben ist auch in den AGB möglich. Für die Einheitlichkeit der Urkunde ist es ausreichend, wenn nicht in den Vertragstext selbst aufgenommene Klauselwerke, deren Einbeziehung nach dem Inhalt des Darlehensvertrages gewollt ist, der Vertragsurkunde in einer Art und Weise beigeheftet werden, die sie auch äußerlich als Teil der Urkunde erkennbar macht (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Insbesondere ist die Zulässigkeit hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 1. gegeben. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind gegeben, ein entsprechendes Feststellungsinteresse des Klägers ist zu bejahen. Da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs in Abrede stellt, berühmt sie sich vertraglicher Erfüllungsansprüche. Der Kläger muss sich Insoweit nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verweisen lassen. Denn diese bezieht sich auf die Rückgewähr der bis zum Widerruf erbrachten Leistungen, wohingegen sich die begehrte Feststellung, dass die Beklagte ab Zugang des Widerrufs keine Ansprüche mehr aus dem Darlehensvertrag hat, sich nicht mit der Leistungsklage abbilden lässt ….
Dem Kläger stehen jedoch die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, da er den Kreditvertrag nicht wirksam widerrufen hat. Die Parteien schlossen einen Verbraucherkreditvertrag gem. § 491 I BGB in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 (in der Folge a.F.). Der Kläger kann den Darlehensvertrag jedoch nicht mehr widerrufen gem. §§ 495 I, 355 BGB a.F., da die 14 tägige Widerrufsfrist nach § 355 II BGB zum Zeitpunkt des Darlehenswiderrufs am 12.10.2017 bereits abgelaufen war.
Bei einem Verbraucherdarlehensvertrag beginnt die Widerrufsfrist gem. § 356 b II 1 BGB a.F. erst dann zu laufen, wenn dem Verbraucher die Pflichtangaben zum Darlehensvertrag gem. § 492 I BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. erteilt worden sind. Unstreitig wurden der Klagepartei die als Anlage KGR 1 vorgelegten Darlehensunterlagen übergeben. In diesen sind sämtliche erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß enthalten.
1. Sämtliche notwendigen Angaben in der Widerrufsinformation, den Europäischen Standardinformationen und in den Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten (im Folgenden auch ADB) wurden gem. § 492 II BGB in den Vertrag einbezogen.
Gem. § 492 I 1, II BGB a.F. ist ein Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen, wobei er die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Pflichtangaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB a.F. enthalten muss. Für die Schriftform ist gem. § 126 I BGB die Unterschrift des Darlehensnehmers auf der Urkunde erforderlich. Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Vertrag.
a) Die Erteilung von Pflichtangaben ist auch in den AGB der Beklagten möglich …. Für die Einheitlichkeit der Urkunde ist es ausreichend, wenn nicht in den Vertragstext selbst aufgenommene Klauselwerke, deren Einbeziehung nach dem Inhalt des Darlehnsvertrages gewollt ist, der Vertragsurkunde in einer Art und Weise beigeheftet werden, die sie auch äußerlich als Teil der Urkunde erkennbar macht …. Zudem genügt es, wenn die Zusammengehörigkeit einer Urkunde durch fortlaufende Paginierung oder einheitliche graphische Gestaltung zweifelsfrei erkennbar ist …
Die Vertragsunterlagen bestehen vorliegend aus 11 Seiten, die fortlaufend mit „Seite 1 von 11“ bis „Seite 11 von 11“ nummeriert sind und so auch vom Kläger in der Anlage KGR1 vorgelegt wurden. Die Vertragsunterlagen umfassen die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ auf den Seiten 1 bis 3, die Widerrufsinformation auf Seite 8 und die ADB der Beklagten auf den Seiten 10 bis 11.
Die Europäischen Standardinformationen sind somit schon nach dem äußeren Erscheinungsbild Teil der Vertragsurkunde. Zusätzlich wird auf Seite 4 der Vertragsunterlagen auf die Standardinformationen noch einmal hingewiesen. Es handelt sich daher nicht um eine nur vorvertragliche Information oder ein sonstiges Dokument, sondern sie sind in der Vertragsurkunde selbst enthalten.
Hinsichtlich der auf Seite 8 abgedruckten Widerrufsinformation ist es unschädlich, dass diese erst hinter der Unterschriftenzeile zum Darlehensvertrag abgedruckt ist. Auf Seite 7 des Vertrages befindet sich in einem dick umrahmten Kasten „Unterschrift Darlehensantrag“ unmittelbar vor den beiden Unterschriftenzeilen ein ausdrücklicher Hinweis auf die erhaltene Widerrufsinformation. Die Widerrufsinformation ist Teil der 11 seitigen Vertragsurkunde, so dass auch insoweit das Schriftformerfordernis gewahrt wurde. Im Übrigen ist auch die Widerrufsinformation in ausreichender Schriftgröße abgedruckt und völlig unproblematisch lesbar.
Dies gilt auch für die ADB der Beklagten. In den Vertragsunterlagen wird auf Seite 5 oben fettgedruckt darauf hingewiesen, dass der Darlehensnehmer das Darlehen unter Anerkennung der beigefügten Allgemeinen Darlehensbedingungen beantragt. Zusätzlich befindet sich auf Seite 7 unmittelbar vor der Unterschriftenzeile die Erklärung, dass der Darlehensnehmer mit den Allgemeinen Darlehensbedingungen einverstanden ist. Zudem sind diese in der vom Kläger vorgelegten Kopie – auch unter Berücksichtigung der teils komplexen Sprache – noch ohne weiteres und vor allem ohne Lupe lesbar. Die vom Kläger hierzu zitierte BGH-Rechtsprechung ist daher von vorneherein nicht übertragbar. Die Beklagte hat hierbei auch nicht eine derart kleine Schriftgröße verwendet, dass der Vertrag für den durchschnittlichen – also durchschnittlich intelligenten, rechtsunkundigen und über durchschnittliche Sehkraft verfügenden – Verbraucher nicht mehr in zumutbarer lesbarer Form vorläge.
b) Hinsichtlich des Formerfordernisses ergibt sich auch nicht etwas anderes aus dem Urteil des …. Nach diesem Urteil ist es lediglich erforderlich, dass alle Pflichtangaben, die in Artikel 10 Absatz II der RL 2008/48 genannt werden, auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger festgehalten werden und Bestandteil des Kreditvertrages sind. Dazu ist es aber nicht erforderlich, dass alle Elemente in einem einzigen Dokument enthalten sind. Ausreichend ist insoweit, dass im Kreditvertrag klar und prägnant auf die anderen Unterlagen verwiesen wird …. Zudem ist es nach dem EuGH nicht erforderlich, dass die Dokumente unterschrieben wurden, da sich der Wortlaut von Artikel 10 Absatz 1 der RL 2008/48 nur auf das Medium bezieht …. Vorliegend sind alle maßgeblichen Dokumente in den schriftlich überreichten Vertragsunterlagen enthalten, so dass die vom EuGH genannten Voraussetzungen einer wirksamen Einbeziehung erfüllt sind.
Das Urteil des … stellt lediglich fest, dass eine Einbeziehung der Pflichtangaben durch eine formularmäßige Klausel nicht zu einer Beweislastumkehr zuungunsten des Verbrauchers führen darf. Dies ist vorliegend nicht relevant, da dem Kläger unstreitig die 11 seitigen Darlehensunterlagen, in welchen sich alle erforderlichen Pflichtangaben befinden, ausgehändigt wurden.
2. Der Darlehensvertrag enthält bezüglich des Widerrufsrechts die gesetzlich vorgesehenen Angaben gem. Art. 247 § 6 II EGBGB a.F. Im übrigen kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung berufen.
a) Der Darlehensvertrag klärt in der Widerrufsinformation zutreffend über den Tageszins nach Art. 247 § 6 II 1 EGBGB a.F. auf. Dem Verbraucher wird durch die Angabe, dass der pro Tag zu zahlende Zins 0,00 € betrage, klar und verständlich darüber informiert, dass er im Falle eines Widerrufs für den Zeitraum bis zur Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten habe. Diese Regelung ist für den Verbraucher günstig und daher gerade nicht geeignet, ihn von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
Der Verzicht der Beklagten auf die Geltendmachung von Sollzinsen steht auch nicht im Widerspruch zu den Ausführungen in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer, soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe. Die Beklagte hat insoweit lediglich den in der Musterbelehrung ausdrücklich vorgesehenen Satz übernommen. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht sowohl inhaltlich, als auch in der äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 II 3 EGBGB a.F. Der Beklagten kann es nicht zugemutet werden, durch Weglassen eines Satzes die Schutzwirkung des Musters zu verlieren. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch den Gestaltungshinweis Ziffer 3 zum Muster der Anlage 7 zu Art 247 § 6 II 3 EGBGB a.F. richtig umgesetzt. Dort heißt es nur, dass der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Insoweit hat die Beklagte den von ihr geforderten Betrag in Höhe von 0,00 € korrekt eingesetzt. Soweit die Ausführungen zu den Sollzinsen in dem streitgegenständlichen Vertrag überflüssig erscheinen, ist dies dem Formularcharakter der Musterbelehrung geschuldet und geht auf die ausdrücklichen Vorgaben des Gesetzgebers zurück.
Für den Verbraucher ist es zudem auch offensichtlich, dass die Beklagte einen vorgefertigten Text verwendet und in diesen zugunsten des Darlehensnehmers einen Zinsbetrag in Höhe von 0,00 € eingesetzt hat. Aus der Gesamtschau kann die Angabe von 0,00 € nur so verstanden werden, dass die Beklagte auf die üblicherweise vorgesehenen Sollzinsen verzichtet und diese daher auch nicht gezahlt werden müssen. Eine andere Deutung lässt diese klare Formulierung nicht zu.
b) Die Widerrufsinformation ist hinsichtlich der Folgen des Widerrufs auch nicht deshalb fehlerhaft, weil Ziffer 10.3 der ADB ein Aufrechnungsverbot enthält, wonach der Darlehensnehmer gegen Ansprüche der Bank nur aufrechnen kann, wenn seine Gegenforderung unbestritten ist oder ein rechtskräftiger Titel vorliegt.
Die vom Kläger zitierte Entscheidung des … bezieht sich nur auf die Unwirksamkeit eines derartigen Aufrechnungsverbotes. Entgegen der Ansicht der Klagepartei hat die Unwirksamkeit der Klausel keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung, da die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung als solche zutreffend ist, indem sie die Rechtslage korrekt wiedergibt ….
Im übrigen kommt der Beklagten jedenfalls die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung gem. Art. 247 § 6 II 3 EGBGB a.F. zugute. Die verwendete Belehrung entspricht formal und inhaltlich der gesetzlichen Musterbelehrung in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 II EGBGB a.F. Die Verwendung der direkten Anrede ist unschädlich, da es sich nicht um eine inhaltliche Bearbeitung handelt (vgl. …). Die Beklagte hat auch zulässigerweise von der Verwendung des Gestaltungshinweises (6c) des Musters Gebrauch gemacht, da der Erwerb des Fahrzeuges auch dessen Überlassung an den Erwerber beinhaltet.
Der Gesetzgeber hat die Muster gezielt auf die Ebene des formellen Gesetzes verankert, um einem Streit über ihre Wirksamkeit von vorneherein den Boden zu entziehen. Die Muster dürfen daher von den Gerichten im Grundsatz nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. Soweit der Darlehensgeber das einschlägige Muster ordnungsgemäß verwendet, kommt diesem die Gesetzlichkeitsfiktion zu …. Nach diesen Grundsätzen wird die Widerrufsbelehrung nicht durch die von der Beklagten verwendeten ADB beeinträchtigt, da eine Überprüfung wegen des Gesetzesrangs der Musterwiderrufsbelehrung nicht zulässig ist. Eine Berücksichtigung von Klauseln, die sich außerhalb der Widerrufsbelehrung befinden, würde zudem zu einer für den Verwender unzumutbaren Rechtsunsicherheit führen, die durch die Musterwiderrufsbelehrung gerade vermieden werden soll.
c) Die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation ist, anders als die Klägerseite vorträgt, nicht deswegen fehlerhaft, weil sie den Kläger unter der Überschrift „Widerrufsfolgen“ darüber belehrt, dass der Darlehensnehmer das Darlehen spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen hat und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten hat, soweit das Darlehen bereits ausgezahlt wurde.
Zwar trägt die Klägerseite zutreffend vor, dass diese Rechtsfolge in Fällen verbundener Verträge nicht gilt. Jedoch weist die Beklagte zutreffend unter der Überschrift „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ in klarer und verständlicher Form darauf hin, dass im Fall eines verbundenen Vertrages der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners aus dem weiteren Vertrag eintritt, wenn das Darlehen dem Unternehmer bereits zugeflossen ist. Hiermit hat die Beklagte die Formulierung des Gesetzgebers in § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB übernommen und kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass der Darlehensgeber nicht genauer formulieren muss als der Gesetzgeber …, zumal diese von der Beklagten gewählte Formulierung auch in der gesetzlichen Musterbelehrung nach Artikel 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 EGBGB a.F. enthalten ist.
Angesichts der Tatsache, dass eine umfassende Belehrung über die Widerrufsfolgen von der Beklagten gar nicht geschuldet war, stellt sich bei der Überprüfung der verwendeten Belehrung der Beklagten nur die Frage, ob diese tatsächlich erteilte Belehrung zutreffend ist. Dies ist aus den oben genannten Gründen zu bejahen. Eine genauere Darstellung der Rückabwicklungsfolgen im Fall des verbundenen Vertrages war hingegen nicht geschuldet. Der klare und verständliche Hinweis der Beklagten darauf, dass im Fall des verbundenen Vertrages die Rückabwicklungsfolge der Rückzahlung des nicht an den Darlehensnehmer ausbezahlten Darlehens durch die Regelungen des verbundenen Vertrages modifiziert wird, ist nicht zu beanstanden. Hiermit wird hinreichend deutlich gemacht, dass die zuvor als allgemeiner Grundsatz aufgeführte Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers hinsichtlich der Darlehensvaluta im Fall des Widerrufs eines verbundenen Vertrages nicht greift.
3. Der Darlehensvertrag enthält auch alle erforderlichen Pflichtangaben.
a) Die Beklagte hat ordnungsgemäß auf das Recht zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehensbetrages und die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung hingewiesen, Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F. Die erforderlichen Angaben befinden sich unter Ziffer 4 der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“. Sie befinden sich weiter unter Ziffer 4.3 der ADB der Beklagten, auf welche im Darlehensantragsformular auf Seite 5 unter „Ausbleibende Zahlungen“ auch ganz konkret hingewiesen wird.
Für den Verbraucher ist aus diesen Angaben deutlich ersichtlich, wo die Obergrenze für eine mögliche Vorfälligkeitsentschädigung liegt. Vom Kläger wurde nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass diese pauschalierte Obergrenze den Verbraucher unangemessen benachteiligen würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie die Vorfälligkeitsentschädigung unter anderem einen Schadensersatzanspruch des Kreditgebers erfasst, den er dadurch erleidet, dass er Kosten zur Refinanzierung des Darlehens hat, ihm aber Zinsansprüche, auf die er bei Darlehen mit fester Laufzeit und gebundenem Sollzinssatz vertrauen durfte, entgehen. Zusätzlich sollen durch die Vorfälligkeitsentschädigung auch die Bearbeitungsgebühren, die dem Darlehensgeber durch die vorzeitige Rückzahlung entstehen, abdeckt sein … Die im Vertrag genannte Pauschale in Höhe von 50,00 € bezieht sich offensichtlich auf sämtliche Ersatzansprüche, die die Beklagte im Zusammenhang mit der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens geltend machen kann. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die im Vertrag genannte Obergrenze in Höhe von 50,00 € unangemessen wäre. Sie ist daher auch nicht geeignet, den Verbraucher falsch zu informieren und ohne Grund von der Ausübung seines Rechts auf vorzeitige Darlehensrückführung abzuhalten. Zudem steht es dem Darlehensnehmer nach den Angaben im Vertrag auch offen, einen geringeren Betrag nachzuweisen.
Die Angabe einer konkreten Berechnungsformel war neben der Nennung einer Obergrenze hingegen nicht erforderlich. Schon dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass hier eine konkrete Formel anzugeben wäre. Gefordert wird vielmehr nur die „Angabe der Berechnungsmethode“. Maßgeblich ist dabei nach dem Willen des Gesetzgebers, dass der Verbraucher die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und seine Belastung im Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung zutreffend abschätzen kann …. Nach diesen Grundsätzen ist es ausreichend, dass die Beklagte in ihrem Vertrag auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen verwiesen und die für eine Berechnung maßgeblichen Faktoren aufgezählt hat. Für den Verbraucher ist aus den Angaben der Beklagten klar ersichtlich, welche Faktoren bei der Berechnung der Entschädigung von Bedeutung sind und wo die Obergrenze der Vorfälligkeitsentschädigung liegt. Er kann daher seine maximale finanzielle Belastung für den Fall der vorzeitigen Darlehensrückführung zuverlässig abschätzen.
Die von der Klageseite geforderte Nennung der Aktiv-Aktiv- oder Aktiv-Passiv-Methode war nicht erforderlich. Sie würde für den Verbraucher keinen zusätzlichen Gewinn an Erkenntnissen bringen. Die überwiegend verwendete Aktiv-Passiv-Methode ist eine finanzmathematische Berechnungsformel, die den finanziellen Nachteil als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite darstellt, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist um die ersparte Risikovorsorge und die ersparten jährlichen Verwaltungsaufwendungen jeweils zu kürzen …. Der durchschnittliche Verbraucher ist nicht in der Lage, auf Grundlage dieser Formel Berechnungen durchzuführen. Dies gilt schon deshalb, weil die Formel Parameter, wie sichere Kapitalmarkttitel, enthält, die ständigen Marktschwankungen unterliegen.
Die Beklagte kann sich zudem auf den Musterschutz gem. Art 247 § 2 I, III 1 i.V.m. Anlage 4 EGBGB a.F. berufen. Sie hat den Gestaltungshinweis in Ziffer 4 des Musters der Anlage 4 zu Art 247 § 2 I EGBGB a.F. richtig umgesetzt. Dort heißt es, dass die Festlegung der Entschädigung (Berechnungsmethode) gem. § 502 BGB einzufügen ist. Insoweit hat die Beklagte den von ihr geforderten Entschädigungsbetrag in Höhe von € 50,00 korrekt eingesetzt. Zudem hat sie erläutert, dass sich der Betrag auch noch unter den Voraussetzungen des § 502 III BGB reduzieren könne, wobei sie die dort dargestellte Berechnungsmethode inhaltsgleich wiedergegeben hat. Eine weitergehende Berechnungsmethode enthält § 502 BGB nicht. Von der Beklagten kann nicht gefordert werden, dass sie Angaben macht, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
b) Der Vertrag enthält die gem. Art. 247 § 6 I Nr. 5 EGBGB a.F. geforderten Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages.
In den Gesetzesmaterialen wird zu dieser Vorschrift ausgeführt „Nach Nummer 5 ist – entsprechend Artikel 10 Abs. 2 Buchst. s der Verbraucherkreditrichtlinie – das Verfahren bei Kündigung im Vertrag anzugeben. Hierbei sind insbesondere die Bestimmungen des § 500 BGB-E zu beachten. Die Regelung soll dem Darlehensnehmer verdeutlichen, wann eine Kündigung des Darlehensgebers wirksam ist und wie der Darlehensnehmer selbst den Vertrag kündigen kann. Bei befristeten Darlehensverträgen muss zumindest darauf hingewiesen werden, dass eine Kündigung nach § 314 BGB möglich ist.“ (vgl. BT-Dr. 16/11643, S. 128).
Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Darlehensvertrag in vollem Umfang. Unter ADB Ziffer 4. mit der Überschrift „Vorzeitige Rückzahlung – Kündigung des Darlehensnehmers“ wird der Darlehensnehmer zunächst unter dem Unterpunkt 4.1 „Recht zur vorzeitigen Rückzahlung“ über seine Rechte aus § 500 II BGB a.F., das Darlehen jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen zu können, aufgeklärt. Unter 4.2. und 4.3 wird dann das Verfahren im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung erläutert. Unter 4.4. mit der Überschrift „Kündigung aus wichtigen Grund“ wird ausgeführt:
„Das Recht des Darlehensnehmers/Mitdarlehensnehmers zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Die Kündigung bedarf der Textform.“
Dieser Hinweis ist klar und verständlich und klärt den durchschnittlichen Verbraucher – auch durch die Überschrift und die räumliche Trennung – deutlich darüber auf, dass es neben der Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung auch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gibt. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 314 BGB war neben diesem eindeutigen Hinweis nicht erforderlich. Mit dem Hinweis auf die erforderliche Textform ist auch den Anforderungen an die Angaben zum Kündigungsverfahren genüge getan. Dagegen sind nach den eindeutigen Ausführungen in der Gesetzesbegründung allgemeine Belehrungen zu den Voraussetzungen und dem Verfahren einer außerordentlichen Kündigung nicht veranlasst.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Zusatz im Vertragstext der Beklagten, dass die Kündigung der Textform bedarf, auch nicht falsch oder irreführend. Aus einem Umkehrschluss zu § 309 Nr. 13 BGB a.F. ergibt sich, dass ein Verwender seinem Vertragspartner zulässigerweise im Rahmen von AGBs die Textform für Kündigungserklärungen vorgeben darf …. Nach dem Willen des Gesetzgebers stellt es somit keine unzumutbare Anforderung an den Verbraucher dar, seine Kündigung in Textform abzufassen. Diese Vorgabe des Darlehensgebers ist daher auch nicht geeignet, den Verbraucher von seinem Recht auf Vertragskündigung abzuhalten.
Die Klage war somit abzuweisen.
B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
Verkündet am 03.12.2018


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