Bankrecht

Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung bei Verbraucherkreditverträgen

Aktenzeichen  5 U 1601/19

Datum:
19.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 47243
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 314, § 492 Abs. 2
AEUV Art. 267
GKG § 47, § 48
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Ein Verstoß gegen § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB liegt nicht vor, wenn es an einer Unterschrift des Darlehnsgebers fehlt, die ADB ausreichend lesbar sind, ein Tageszinses von 0,00 € angeben wird, die Vorschrift des § 314 BGB nicht benannt wird und die Kriterien für die Höhe Vorfälligkeitsentschädigung hinreichend beschrieben werden. Ein unzulässige Aufrechnungsverbot ist ebenfalls für die Widerrufsbelehrung unschädlich. Auch eine rechnerische Differenz von 2 Cent ist nicht geeignet, den Schutzzweck der Informationspflicht zu beeinträchtigen. Die Übergabe einer Abschrift gem. § 492 Abs. 3 Satz 1 BGB ist ebenfalls keine Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist. Schließlich ist auch die Kaskadenverweisung nach der Rechtsprechung des BGH unproblematisch und bildet keinen Anlass für ein Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 267 AEUV. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

28 O 17150/18 2019-02-26 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 26.02.2019, Aktenzeichen 28 O 17150/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 37.020 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von dem Kläger gegenüber der beklagten Bank erklärten Widerrufs eines Kfz-Finanzierungsdarlehens.
Der Kläger hat in erster Instanz geltend gemacht, sein am 13.04.2018 erklärter Widerruf des am 20.06.2016 geschlossenen Darlehensvertrags sei wirksam, weil die Beklagte ihn nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten, auch der erstinstanzlich gestellten Anträge, wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 26.02.2019 abgewiesen, weil der Widerruf verfristet und damit unwirksam gewesen sei. Dem Kläger seien alle erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB in den ihm zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen erteilt worden. Es sei ausreichend, dass ein Teil der Pflichtangaben in den Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten (ADH) und den Europäischen Standardinformationen enthalten sei, die beide Vertragsbestandteil geworden seien. Die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung und zu den Widerrufsfolgen seien ordnungsgemäß. Die Belehrung sei ausreichend lesbar und verständlich, das in den ADH enthaltene Aufrechnungsverbot sei zwar nicht ordnungsgemäß, dies führe jedoch nicht zur Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation. Ferner könne sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung berufen.
Dagegen richtet sich die nach Zustellung am 04.03.2019 am 04.04.2019 eingelegte Berufung, die der Kläger nach Fristverlängerung am 06.06.2019 begründet hat. Er trägt vor, dem Kläger seien nicht alle Pflichtangaben im Vertrag erteilt worden. Der Vertrag sei nicht unterschrieben, die ADB nicht ausreichend lesbar, die Angaben in den ESM nicht Vertragsbestandteil geworden, die Angabe eines Tageszinses von 0,00 € irreführend, die Vorschrift des § 314 BGB als Modalität des Kündigungsverfahrens nicht genannt, die Berechnungsmethode für die Vorfälligkeitsentschädigung nicht beschrieben, die Informationen durch ein unzulässiges Aufrechnungsverbot in den AGB fehlerhaft, eine rechnerische Differenz von 2 Cent zwischen dem ausgewiesenen Gesamtbetrag und der Summe der Teilzahlungen gegeben, eine Abschrift entgegen § 492 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht übergeben worden und es sei eine unklare Kaskadenverweisung vorhanden.
Der Kläger beantragt unter Abänderung des Ersturteils:
1. Es wird festgestellt, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 13.04.2018 der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 20.06.2016 mit der Darlehensnummer …37 über ursprünglich € 19.030,00 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vereinbarte Tilgung zusteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von € 22.368,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.06.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs BMW 118D, Fahrgestellnummer …19, zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) in Annahmeverzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von € 2.193,65 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat mit dem Kläger am 30.08.2019 zugestellten Beschluss vom 21.08.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Die Pflichtangaben seien im Vertrag erteilt worden. Eine Unterschrift der Beklagten auf dem Vertrag sei nicht erforderlich gewesen, die ADB seien ausreichend lesbar, die Angaben in den ESM Vertragsbestandteil geworden, die Angabe eines Tageszinses von 0,00 € nicht irreführend, die Vorschrift des § 314 BGB nicht zu benennen gewesen, die Kriterien für die Höhe Vorfälligkeitsentschädigung hinreichend beschrieben, das unzulässige Aufrechnungsverbot für die Widerrufsbelehrung unschädlich, eine rechnerisch Differenz von 2 Cent ein Rundungsfehler und nicht geeignet, den Schutzzweck der Informationspflicht zu beeinträchtigen, die Übergabe einer Abschrift gem. § 492 Abs. 3 Satz 1 BGB keine Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist, die Kaskadenverweisung nach BGH unproblematisch und kein Anlass für ein Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 267 AEUV. Auf die Hinweise des Senats hat sich der Kläger nicht erklärt und lediglich mit Schriftsatz vom 10.09.2019 den Klageantrag zu 1) unter Verwahrung gegen die Kostenlast für erledigt erklärt und hilfsweise für den Fall Feststellung beantragt, dass der vorherige Klageantrag zu 1) zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta zulässig und begründet gewesen ist.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und den bereits zitierten Hinweisbeschluss Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.02.2019, Aktenzeichen 28 O 17150/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den Beschluss vom 21.08.2019, auf den sich der Kläger inhaltlich nicht geäußert hat, Bezug genommen. Die einseitige Erledigterklärung im Schriftsatz vom 10.09.2019 hindert die Entscheidung durch Beschluss nicht; vielmehr wird diese entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO mit der Zurückweisung der Berufung wirkungslos (Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 522 Rn. 37).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben