Baurecht

Abgewiesene Klage im Streit um Herstellungsbeitrag zur Entwässerungseinrichtung

Aktenzeichen  M 10 K 15.3382

Datum:
4.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2a
BGS-EWS § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5
EWS § 2, § 4
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 167
BauGB BauGB § 34

 

Leitsatz

Eine Vorteilserhöhung iSd Art. 5 Abs. 2a BayKAG setzt eine zusätzliche Bebauungsmöglichkeit oder verbesserte Nutzbarkeit des Grundstücks voraus. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in der Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Herstellungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der streitgegenständliche Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in der BGS-EWS der Beklagten.
Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungsanlagen.
Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte zuletzt durch den Erlass ihrer BGS-EWS vom 30. Juni 2006 Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sowie gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Satzungsregelungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch gegen die EWS vom 8. März 2012 in der Fassung der Änderungssatzung vom 17. Dezember 2013, aufgrund derer die Beklagte die Schmutzwasser-Entwässerung als öffentliche Einrichtung betreibt, bestehen keine Bedenken.
1. Allein die Teilung des Grundstücks im Jahr 2007 führte noch nicht zu einem zusätzlichen Beitrag. Diese konnte keine Nacherhebung im Sinne von Art. 5 Abs. 2a KAG bzw. § 5 Abs. 3 BGS-EWS in Höhe der fiktiven Geschossfläche nach § 5 Abs. 5 BGS-EWS auslösen.
Nach diesen Vorschriften entsteht nachträglich ein zusätzlicher Beitrag, sofern sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände nachträglich ändern und sich dadurch der Vorteil erhöht.
Durch die Teilung ändern sich zunächst die für eine Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände maßgeblich dadurch, dass ein neues selbstständiges Grundstück im Sinne von § 2 EWS mit eigenem Anschluss- und Benutzungsrecht nach § 4 EWS entsteht, für welches auch ein Beitragstatbestand nach § 2 BGS-EWS vorliegt.
Die bloße Grundstücksteilung hatte indes im vorliegenden Fall nicht die Erhöhung eines Vorteils für das geteilte, zunächst noch unbebaute Grundstück Fl.Nr. … zur Folge. Eine – hier im Raum stehende – Nacherhebung gemäß Art. 5 Abs. 2 a KAG setzt zusätzlich voraus, dass die nachträgliche Änderung auch zu einer Erhöhung des Vorteils für das betroffene Grundstück führt. Dies ist hier nicht der Fall. Aus der bloßen Teilung resultiert keine höhere Nutzungsmöglichkeit der Entwässerungseinrichtung für das streitgegenständliche Grundstück des Klägers (vgl. Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht, Stand: Januar 2012, Teil IV, Frage 7, Nr. 4.1; VG Regensburg, U. v. 16.7.2012 – RO 8 K 12.691 – juris Rn. 15).
Eine zusätzliche Bebauungsmöglichkeit oder verbesserte Nutzbarkeit und damit ein Vorteil im Sinne des Art. 5 Abs. 2a KAG ist infolge der Teilung nicht zu erkennen, zunächst erfolgte schon keine Erhöhung der tatsächlich vorhandenen Geschossfläche. Es ergab sich auch keine zusätzliche Bebaubarkeit des herausgeteilten Grundstücks infolge der Teilung, die nach § 5 Abs. 5 BGS-EWS eine Beitragspflicht nach der Umgebungsbebauung oder einem Viertel der Grundstücksfläche auslösen würde. Das streitgegenständliche Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, sondern im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Auch ohne die Teilung des Grundstückes hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, das ungeteilte Grundstück im Bereich der nun herausgeteilten Fläche noch zusätzlich mit einem Wohnhaus in der jetzigen Größe zu bebauen. Auch die umliegenden Grundstücke sind mit Wohnhäusern mit vergleichbarer überbauter Grundstücksfläche und ähnlicher Geschossfläche wie das streitgegenständliche bebaut, so dass sich ein Wohnhaus unabhängig von der Grundstücksteilung nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Bebauung der umliegenden Grundstücke einfügt (vgl. Übersicht der Bebauung auf den umliegenden Grundstücken im Schreiben der Beklagten vom 5. März 2014 in der Behördenakte).
Durch die Teilung des Grundstücks Fl.Nr. … (alt) hat sich zwar ein grundsätzlich beitragsrelevanter „maßgeblicher Umstand“ ergeben, jedoch keine Erhöhung des Vorteils, der zu einem Entstehen eines zusätzlichen Beitrags führen würde, der sich auf die Beitragsbemessung nach § 5 Abs. 2a Satz 1 KAG auswirkt.
Der Beitrag ist damit nicht im Umfang der fiktiven Geschossfläche – und des vom Kläger angefochtenen Teils des Beitrages – verjährt.
2. Der Herstellungsbeitrag ist mit der Fertigstellung des Wohnhauses im Jahr 2010 entstanden. Nach § 2 BGS-EWS wird der Beitrag für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare sowie für solche Grundstücke erhoben, bei denen Schmutzwasser anfällt, wenn für sie nach § 4 EWS ein Recht zum Anschluss an die Entwässerungsanlage besteht oder sie an die Entwässerungsanlage tatsächlich angeschlossen sind. Der Beitrag entsteht nach § 3 Abs. 1 BGS-EWS mit der Verwirklichung des Beitragstatbestandes nach § 2 BGS-EWS, also sobald das Grundstück an die Entwässerungsanlage angeschlossen werden kann (Nr. 1) oder angeschlossen ist (Nr. 2). Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist, § 4 Abs. 1 BGS-EWS.
Danach ist im vorliegenden Fall mit Anschluss des streitgegenständlichen Grundstücks an die Entwässerungsanlage im Jahr 2010 der Beitrag in der Höhe der tatsächlichen Geschossfläche des vorhandenen Gebäudes von 681 m² entstanden, vgl. § 5 Abs. 1 und 2 BGS-EWS.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708, 711 ZPO.
5. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124 und 124a Abs. 1 VwGO kann die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
Über die Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.614,36 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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