Aktenzeichen Au 5 K 16.1560
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 76 S. 2
Leitsatz
1 Eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung iSd Art. 55 Abs. 1 BayBO liegt vor, wenn der Anlage wenigstens teilweise eine neue Zweckbestimmung gegeben wird und die Änderung baurechtlich relevant ist. (Rn. 34) (red. LS Andreas Decker)
2 Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. Dabei wird zwischen sogenannten „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. (Rn. 36) (red. LS Andreas Decker)
3 Wettannahmestellen für Sportwetten werden mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt; es handelt sich um Gewerbebetriebe. Wettbüros sind dagegen als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. (Rn. 36) (red. LS Andreas Decker)
4 Eine Nutzungsuntersagung nach Art. 76 S. 2 BayBO kann ausnahmsweise dann die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalten, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände manifestiert (hier verneint). (Rn. 44) (red. LS Andreas Decker)
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2016 wird in Nr. 1 Satz 2 und in Nr. 3 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat nur zum Teil Erfolg.
Soweit sich die Klage gegen den in Nr. 2 des mit der Klage angegriffenen Bescheides der Beklagten vom 7. Oktober 2016 angeordneten Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung und Beseitigungsanordnung in Nr. 1 des Bescheides richtet, ist die Klage bereits unzulässig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung, gestützt auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann nicht im Wege der hier erhobenen Anfechtungsklage aufgehoben werden. Insoweit steht der Klägerin ausschließlicher gerichtlicher Rechtsschutz über einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zur Seite. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Klägerin einen derartigen Antrag im streitgegenständlichen Verfahren nicht gestellt hat.
1. Die Klage ist zulässig, soweit sie sich gegen die Nrn. 1 und 3 bis 5 des angefochtenen Bescheides richtet.
2. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, in der Sache jedoch nur teilweise begründet.
a) Die in Nr. 1 Satz 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 7. Oktober 2016 verfügte Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen, wenn Anlagen in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden.
Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagung ist regelmäßig die formelle Illegalität des Vorhabens ausreichend, das heißt eine Nutzung ohne die erforderliche Baugenehmigung (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 76 Rn. 282). Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Vereinbarkeit eines bestimmten Vorhabens bzw. einer bestimmten Nutzung mit dem öffentlichen Baurecht vor dessen tatsächlicher Realisierung in einem geordneten Genehmigungsverfahren geprüft wird und außerdem vermieden wird, dass sich derjenige, der eine ungenehmigte Nutzung aufnimmt, ungerechtfertigte Vorteile gegenüber gesetzestreuen Bürgern verschafft.
Etwas anderes gilt nur, wenn eine materielle Genehmigungsfähigkeit offensichtlich gegeben ist. Dann ist eine dennoch erfolgte Nutzungsuntersagung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft (vgl. Decker in Simon/Busse, a.a.O., Art. 76 Rn. 282).
aa) Die gegenständliche Nutzung ist formell illegal, da eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorliegt.
Eine Nutzungsänderung, die zu einer erneuten Genehmigungspflicht führt, setzt voraus, dass durch die Verwirklichung des Vorhabens im Wege einer neuen Zweckbestimmung die einer jeden Art von Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und dass für die geänderte Nutzung andere bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen können als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris). Eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung i.S.d. Art. 55 Abs. 1 BayBO liegt vor, wenn der Anlage wenigstens teilweise eine neue Zweckbestimmung gegeben wird und die Änderung baurechtlich relevant ist (BayVGH, U.v. 18.5.1982 – 1 B-179-79 – BayVBl 1983, 656). Der bauordnungsrechtliche Begriff der Nutzungsänderung stimmt mit dem bauplanungsrechtlichen Begriff der Nutzungsänderung i.S.d. § 29 Baugesetzbuch (BauGB) überein (BVerwG, U.v. 11.11.1988 – 4 C 50/87 – NVwZ-RR 1989, 340). Eine Nutzungsänderung i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB liegt auch bei einem Vorhaben vor, durch dessen Verwirklichung die bisherige Variationsbreite der genehmigten Nutzung verlassen wird und bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfähigkeit unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt (BVerwG. U.v. 18.11.2010 – 4 C 10/09 – BVerwGE 138, 166).
Nach den von der Beklagten durchgeführten mehrfachen Baukontrollen im Sommer 2016 bzw. am 2. Februar 2017 hat die Klägerin in der streitgegenständlichen Betriebsstätte mindestens drei Wettterminals aufgestellt, die zum Zeitpunkt der Baukontrollen im Betrieb waren und auf denen bewettbare Sportereignisse mit Zeitpunkt der Veranstaltung und den jeweiligen Wettquoten angezeigt wurden. Ebenfalls wurden Live-Quoten gezeigt. Laut den in den Geschäftsräumen ausliegenden Wettprogrammen wurden Live-Wetten der Firma … angeboten. Die Anbringung von Wettterminals, an denen Live-Wetten jedenfalls zum erweiterten Angebot gehören, rechtfertigt die Einstufung eines Bauvorhabens als genehmigungspflichtige Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros.
Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. Dabei wird zwischen sogenannten „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinne fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzukommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten – insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen – Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. Wettergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2015 – 15 CS 15.9 – NVwZ-RR 2015, 774).
Dabei reicht für die Annahme einer Vergnügungsstätte schon die Möglichkeit aus, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quoten und Ergebnisse live zu verfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 24). Dies ergibt sich aus dem Konzept, dass ein Wettbüro in dieser Form es ermöglicht, während laufender Sportereignisse auf diese zu wetten und insbesondere auf eine Reihe von bestimmten Ereignissen nacheinander zu wetten. Daraus begründen sich der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. Das Bereitstellen von Sitzgelegenheiten, Speisen und Getränken und von weiteren Unterhaltungsangeboten wie Fernsehbildschirmen und Unterhaltungsspielen sind dabei nur weitere Indizien für den Verweilcharakter, dafür aber nicht zwingend erforderlich (BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 24). Damit ist im vorliegenden Fall aufgrund der Vermittlung von Live-Wetten über die Wettterminals im Zeitpunkt des Bescheidserlasses eine Nutzung der Betriebsstätte als Vergnügungsstätte gegeben.
Die Größe bzw. Nutzfläche des Betriebes führt hierbei nicht zu einer anderen Einschätzung. Dieses Kriterium spielt eine Rolle bei der Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht-kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Der Begriff der Vergnügungsstätte selbst ist dagegen nicht an eine bestimmte Größe oder Nutzfläche gebunden (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2015 – 15 CS 15.9 – NVwZ-RR 2015, 774, juris Rn. 15).
Damit ist die untersagte Nutzung formell rechtswidrig, da sich die Nutzung der Betriebsstätte als Vergnügungsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten Nutzung als „Errichtung einer Wettannahmestelle“ bewegt. Diese Nutzungsänderung ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO kommt nicht in Betracht, da für eine Vergnügungsstätte eine andere bauplanungsrechtliche Beurteilung als für eine gewerbliche Nutzung als reine Wettannahmestelle vorzunehmen ist.
bb) Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Eine Vergnügungsstätte stellt sich auf dem gegenständlichen Grundstück als bauplanungsrechtlich unzulässig dar.
Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplanes richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gemäß § 30 Abs. 3 BauGB nach den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplanes, soweit diese reichen, im Übrigen nach § 34 oder § 35 BauGB. Vorliegend wurden nach den textlichen Festsetzungen des einfachen Bebauungsplanes Nr. 279 der Beklagten „Beidseits der A. Straße“ gemäß § 4 Abs. 3 der Satzung zur Art der baulichen Nutzung Vergnügungsstätten im Wege der Feinsteuerung nach § 1 Abs. 5 bzw. Abs. 6 BauNVO bauplanungsrechtlich im festgesetzten Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausgeschlossen. Der bauplanungsrechtliche Ausschluss von Vergnügungsstätten im Wege der Feinsteuerung begegnet keinen Bedenken. Solche wurden auch von Seiten der Klägerin nicht vorgebracht. Aufgrund des generellen Ausschlusses von Vergnügungsstätten im Plangebiet scheidet eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit der Nutzung des Vorhabens als Vergnügungsstätte (Wettbüro bzw. Wettvermittlungsstätte) aus. Im Übrigen sprechen bereits die aufgezeigten Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einer bloßen Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb und einer Wettvermittlungsstelle (Wettbüro) als Vergnügungsstätte, die in wesentlichen Teilen vom jeweiligen Wettangebot abhängen, gegen eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit. Aus diesen Gründen begegnet die ausgesprochene Nutzungsuntersagung der Räume als Vergnügungsstätte, die insoweit auch lediglich der vorgegebenen planungsrechtlichen Situation Rechnung trägt, keinen rechtlichen Bedenken. Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
b) Die Beseitigungsanordnung hinsichtlich des installierten Wettterminals an der westseitigen Außenmauer sowie der vier weiteren installierten Monitore stellt sich hingegen als rechtswidrig dar und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
aa) Eine derartige Beseitigungsanordnung von Bildschirmen (Monitoren; wandseitig befestigte Wettterminals) bzw. sonstigen Wettterminals im Rahmen einer Nutzungsuntersagung kann grundsätzlich auf die Rechtsgrundlage des Art. 76 Satz 2 BayBO gestützt werden.
Liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung vor, wird der Zweck der Untersagungsverfügung zwar regelmäßig durch ein schlichtes Unterlassen im Sinne eines Aufgebens des bisherigen rechtswidrigen Nutzungsverhaltens erfüllt. In diesen Fällen erschöpft sich der Regelungsinhalt einer Nutzungsuntersagung im Grundsatz in einem bloßen Unterlassen des rechtswidrigen Verhaltens. Anordnungen, die darüber hinaus auch ein positives Tun, z.B. die Entfernung bestimmter Gegenstände, verlangen, können in diesen Fällen grundsätzlich nicht auf die Rechtsgrundlage des Art. 76 Satz 2 BayBO gestützt werden. Eine Nutzungsuntersagung kann jedoch ausnahmsweise dann die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalten, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände manifestiert. In einem solchen Fall kann die Anordnung, bestimmte Gegenstände zu entfernen, deshalb eine Nutzungsuntersagung im engeren Sinne sein, die auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützt werden kann (BayVGH, U.v. 19.11.2007 – 25 B 05.12 – BayVBl 2008, 629). Damit ist eine derartige Beseitigungsanordnung im Rahmen einer Nutzungsuntersagung grundsätzlich möglich.
Vorliegend ist jedoch – entgegen der Ansicht der Beklagten in den Bescheidsgründen – die Beseitigung der Wettterminals kein erforderliches Mittel, um die Untersagung der Nutzung der gegenständlichen Betriebsstätte als Vergnügungsstätte durchzusetzen.
Die Kammer ist der Auffassung, dass die von der Beklagten angeordnete Beseitigung sämtlich vorhandener Wettterminals, sei es in Gestalt von an der Wand befestigten Bildschirmen (Monitoren), sei es als separat aufgestelltes Wettterminal unverhältnismäßig ist, da der Klägerin auch mit der vorhandenen Hardware ein bauplanungsrechtlich zulässiger Betrieb einer bloßen Wettannahmestelle, wie es der ursprünglichen Genehmigung vom 18. Juli 2012 entspricht, möglich ist. Entscheidend für die Abgrenzung von Wettvermittlungsstelle/Wettbüro und bloßer Wettannahmestelle ist das jeweilige Wettangebot. Entscheidender Umstand ist hierbei die Möglichkeit der Vermittlung von Live-Wetten (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2015 – 15 CS 15.9 – NVwZ-RR 2015, 774 ff., juris Rn. 23).
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten glaubwürdig versichert (vgl. E-Mail vom 23. November 2016), dass die Klägerin die An-Abschaltung der Live-Wetten nicht selbst steuern kann. Vormals angebotene Live-Wetten seien jedoch dauerhaft abgeschaltet. Weiter hat die Klägerin nachgewiesen, dass, sofern man den auf den Wettterminals zwar weiterhin vorhandenen Button „Live-Wetten“ anwählt, den jeweiligen Spielern mitgeteilt wird, dass die Live-Wette an diesem Standort nicht zugelassen ist. Diese Erklärungen der Klägerin im laufenden Verfahren entsprechen auch den Feststellungen der Kontrolle der Ordnungsbehörde der Beklagten vom 2. Februar 2017 (vgl. hierzu Aktenvermerk vom 8. Februar 2017). Hierbei wurde von Seiten der Ordnungsbehörde festgestellt, dass die Abgabe von Live-Wetten an den nach wie vor vorhandenen drei Wettterminals nicht möglich gewesen sei. Dies sei durch Testwetten zuverlässig überprüft worden. Mit der von der Klägerin versicherten dauerhaften Abschaltung der Live-Wetten an den nach wie vor vorhandenen Wettterminals fehlt es nach Auffassung der Kammer an einem von der Beklagten angenommenen Charakter der gegenständlichen Wettannahmestelle als Vergnügungsstätte. Dies gilt ungeachtet des nach wie vor vorhandenen Kaffee- und Getränkeautomaten. Auch insoweit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2017 erklärt, diese Geräte umgehend zu beseitigen.
Der für die Annahme einer Vergnügungsstätte erforderliche Verweilcharakter entfällt, wenn das jeweilige Wettangebot – dauerhaft gesichert – in der Form beschränkt wird, dass es dem jeweiligen Spieler nicht mehr möglich ist, in der jeweiligen Wettannahmestelle Live-Wetten abzugeben. Vor diesem Hintergrund stellt die Herausnahme der Live-Wetten aus dem Wettangebot bzw. der technische Ausschluss von derartigen Wettangeboten ein milderes, aber gleich effektives Mittel zur Sicherung der zulässigerweise ausgesprochenen Nutzungsuntersagung dar. Auch verhält es sich nach den Erklärungen der Klägerin gerade nicht so, dass die Klägerin als Wettvermittlerin technisch in der Lage wäre, ihr Wettangebot gewissermaßen jederzeit kurzfristig durch Knopfdruck zu modifizieren. Nach den glaubwürdigen Aussagen des Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung habe es zwei Tage gedauert, bis die Software so eingestellt worden sei, dass Live-Wetten in der streitgegenständlichen Einrichtung ausgeschlossen werden konnten. Darüber hinaus ist die Klägerin bereit, eine entsprechende Erklärung abzugeben, dass der streitgegenständlichen Wettvermittlungsstelle keine Software zur Verfügung gestellt wird, die das Angebot von Live-Wetten vorsieht. Mit der vorgenommenen technischen Ausstattung der Wettterminals und den hiermit verbundenen Erklärungen der Klägerin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt hinsichtlich der Kontrollmöglichkeiten jedoch nicht von regulären Nutzungsuntersagungen, deren Einhaltung das Bauordnungsamt der Beklagten in gleicher Weise zu überprüfen hat. Auch nach der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist es der Beklagten im Vollzug der Nutzungsuntersagung nur dann nicht zuzumuten, die Betriebsräume ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore/Wettterminals eingeschaltet sind oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, wenn die jeweilige Betreiberin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten zu verzichten (vgl. BayVGH, B.v. 21.5.2015 – 15 CS 15.9 – a.a.O.). Nichts anderes kann gelten, wenn zu den Erklärungen des jeweiligen Betreibers, zu deren Abgabe die Klägerin bereit ist, eine als glaubwürdig zu beurteilende technische Beschränkung des jeweiligen Wettangebots vorgenommen wird.
Vorliegend hat die Klägerin glaubhaft gemacht, dass an den noch installierten Wettterminals die Abgabe von Live-Wetten dauerhaft ausgeschlossen ist. Vor diesem Hintergrund wäre es nach Auffassung der Kammer unverhältnismäßig, der Klägerin mit der Beseitigung sämtlicher noch vorhandener Wettterminals die Möglichkeit zu nehmen, ihr übriges Wettangebot über die Wettterminals vorzuhalten. Eine derartige Form des Wettangebots ist mittlerweile technischer Standard und wird auch von zweifellos zulässigen Lotto-Einrichtungen sowie sonstigen staatlichen Wettanbietern genutzt. Da entscheidender Umstand für die Abgrenzung eines Wettbüros als Vergnügungsstätte oder als bloße Wettannahmestelle das jeweilige den Spielern zur Verfügung gestellte Wettangebot ist, kann bei entsprechender Beschränkung des Wettangebots – Verzicht auf Live-Wetten – die streitgegenständliche Einrichtung genehmigungskonform als bloße Wettannahmestelle betrieben werden und damit bauplanungsrechtlich als sonstiger Gewerbebetrieb Bestand haben. Die von der Beklagten geforderte vollständige Beseitigung der installierten Monitore/Wettterminals ist für den dauerhaften Ausschluss einer bauplanungsrechtlich unzulässigen Vergnügungsstätte hingegen nicht erforderlich. Hierfür genügt die dauerhaft gesicherte Beschränkung des jeweiligen Wettangebots, wie sie die Klägerin im Verfahren angeboten und auch nachgewiesen hat. Die Anordnung der vollständigen Beseitigung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides verstößt daher gegen das Übermaßverbot und war deshalb antragsgemäß aufzuheben.
Im Übrigen bleibt gegen die angeordnete Beseitigungsanordnung einzuwenden, dass im streitgegenständlichen Bescheid von der Klägerin die Beseitigung von ursprünglich fünf Wettterminals gefordert wurde, bei der durchgeführten Kontrolle am 2. Februar 2017 jedoch in der streitgegenständlichen Wettannahmestelle lediglich noch drei Wettterminals installiert gewesen sind. Insoweit bleibt zu Lasten der Beklagten ebenfalls unklar, ob die Klägerin nicht bereits der angeordneten Beseitigung in teilweisem Umfang nachgekommen ist. Die Klärung dieser Frage hat die Beklagte hingegen unterlassen, wie die unveränderte Aufrechterhaltung der Verpflichtungen der Klägerin aus dem Bescheid vom 7. Oktober 2016 zeigt.
c) Dementsprechend erweist sich auch die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig, da diese maßgeblich an die Beseitigung der Monitore/Wettterminals anknüpft. Der Klägerin wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR je Monitor bzw. Wettterminal zur Zahlung angedroht. Aufgrund der unmittelbaren Verknüpfung von Nutzungsuntersagung und diese sichernde Beseitigungsanordnung kann die Zwangsgeldandrohung auch nicht für den Fall eines bloßen Verstoßes gegen die Nutzungsuntersagung bestehen bleiben, selbst wenn diese an sich rechtmäßig ist. Antragsgemäß war daher auch Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 7. Oktober 2016 aufzuheben.
d) Die Regelung zur Kostentragung und die Festsetzung der Kosten in Nrn. 4 und 5 des Bescheides begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Die Gebührenfestsetzung erscheint für die ausgesprochene Nutzungsuntersagung der Einrichtung als Vergnügungsstätte angemessen. Einwände hiergegen hat die Klägerin auch nicht erhoben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Entsprechend den Quoten ihres Unterliegens haben die Klägerin und die Beklagte die Kosten des Verfahrens anteilig zu tragen.
Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).