Baurecht

Abnahmeprotokoll, Abschlagsrechnung, Bezugsfertigkeit, Sachverständigengutachten, Werklohnanspruch

Aktenzeichen  5 O 4386/16

Datum:
17.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 57624
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 128 Abs. 2
BGB § 640, § 641

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet
Der Werklohnanspruch der Klägerin ist nicht fällig. Die Werkleistung der Klägerin ist nicht abnahmefähig.
I.
Zwischen den Parteien ist ein Werkvertrag bezüglich der Errichtung einer Doppelhaushälfte gemäß Angebot der Klägerin vom 06.05.2015 nebst Skizzen zustande gekommen.
Die Parteien haben Abschlagszahlungen vereinbart und die Klägerin hat mit Schlussrechnung vom 14.04.2016 (Anlage K 6) zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Fertigstellung ihrer Werkleistungen ausgeht.
II.
Der Werklohnanspruch der Klägerin ist nicht fällig, § 641 BGB.
1. Eine Abnahme des Werks der Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts nicht stattgefunden. Das Abnahmeprotokoll vom 23.12.2015 (Anlage K 7) und die bei dessen Erstellung erfolgten Äußerungen und Handlungen stellen keine Abnahme i.S.d. § 640 BGB dar.
Bereits nach dem eigenen Vortrag der Klagepartei war zum Zeitpunkt 23.12.2015 diese Werkleistung noch nicht vollständig erbracht. Damit kommt bereits aus diesem Grund eine Abnahme des Werks als im Wesentlichen vertragsgerecht durch die Beklagte nicht in Betracht.
Darüber hinaus ist angesichts der Vielzahl der im Abnahmeprotokoll als noch zu erledigende Arbeiten festgehaltenen Punkte nicht davon auszugehen, dass am 23.12.2015 die Beklagte zum Ausdruck brachte, dass sie das Werk der Klägerin als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt.
Soweit der äußere Anschein des Abnahmeprotokolls für eine solche Abnahme spricht, hat die Beklagte für das Gericht nachvollziehbar dargelegt und damit die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der vorgelegten Urkunde erschüttert, dass lediglich ein entsprechendes Papier der Klägerin verwendet wurde, nicht jedoch inhaltlich eine Abnahme stattgefunden hat. Insbesondere sei seitens der Beklagten wegen der zeitlichen Engpässe, die sich aus ihrem zwingenden Umzugstermin ergeben hätten, die Feststellung eines „Zwischenstandes“ begehrt worden. Vor diesem Hintergrund seien auch die entsprechenden E-Mails mit dem „Abnahmeverlangen“ der Beklagten zu sehen.
Zur Überzeugung des Gerichts ergibt sich auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 07.12.2015, vorgelegt als Anlage B 2, dass auch die Beklagte gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht von einer Fertigstellung bzw. vertragsgemäßen Erstellung des klägerischen Werks ausgeht. Die Beklagte hat mit weiterem Schreiben vom 15.12.2015 (Anlage B 3) gegenüber der Klägerin ausdrücklich ausgeführt, dass sie die Anzeige der Bezugsfertigkeit der Klägerin vollumfänglich zurückweist. Gleiches geht aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.12.2015 (Anlage B 4) an die Klägerin hervor.
Zur Überzeugung des Gerichts konnte die Klägerin daher am 23.12.2015 nicht davon ausgehen, dass die Beklagte das klägerische Gewerk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt und somit abnimmt, auch wenn die entsprechenden schriftliche Feststellungen die Überschrift „Abnahmeprotokoll“ tragen.
2. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, das Werk abzunehmen, da es an wesentlichen Mängeln leidet. Abnahmefähigkeit ist zur Überzeugung des Gerichts nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gegeben.
Das Gericht legt diesbezüglich die Beurteilung die Feststellungen des Sachverständigen H. im Sachverständigengutachten vom 29.01.2018 zugrunde. Der Sachverständige hat nach den Vorgaben des Gerichts und den entsprechenden Unterlagen sowie nach Durchführung einer Ortsbesichtigung für das Gericht nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die Dachkonstruktion nicht den technischen Anforderungen entspricht, die für eine fachgerechte Ausführung erforderlich wäre.
Der Sachverständige ist dem Gericht aus zahlreichen weiteren Verfahren als sehr versierter Sachverständiger bekannt, an dessen Sachkompetenz keinerlei Zweifel bestehen. Das Gericht legt daher die Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen in dessen Gutachten bei seiner Entscheidung vollumfänglich zugrunde.
Danach ist die Ausführung der klägerischen Werkleistung mangelhaft, da eine erforderliche statische Berechnung für die Dachkonstruktion fehlt. Ebenso fehlen die zur fachgerechten Umsetzung erforderlichen Bewehrungspläne, Ausführungsdetails und Tragwerksplanung. Nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien hat die Klägerin eine solche zu erstellen bzw. dafür Sorge zu tragen, dass die Windlasten, die auf das Dach auftreffen, von diesem auch aufgenommen werden können.
Nachdem im vorliegenden Fall das Dachgeschoßmauerwerk nicht mit Stahlbetonstützen und Ringankern ausgesteift wurden, sondern die Klägerin von der üblichen Ausführung abgewichen ist und das Mauerwerk ohne die entsprechenden Windaussteifungen erstellt hat, wäre es erforderlich gewesen, dass sie für den seitens der Beklagtenpartei beauftragten Zimmerer detaillierte Vorgaben erstellt und dafür Sorge trägt, dass der Zimmerer Windverbände einbaut.
3. Der Sachverständige schätzt den Aufwand für die Erstellung einer mangelfreien Leistung dahingehend, dass eine ausreichende Windaussteifung erfolgt, auf ca. 6.300,00 € brutto. Dieser Aufwand entsteht durch den nachträglichen Einbau von Windrispenbändern.
Der Sachverständige führt allerdings auch aus, dass für eine vollständige und mangelfreie Leistung der Klägerin entsprechend dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag eine vollständige statische Berechnung, Bewehrungspläne, Ausführungsdetails, d.h. eine Tragwerksplanung, zu erstellen gewesen wäre. Dies ist ebenfalls nicht erfolgt, so dass auch diesbezüglich noch weitere Kosten anfallen werden.
Insgesamt geht das Gericht davon aus, dass bereits wegen der nicht ausreichenden Windaussteifung des Daches ein solch wesentlicher Mangel des klägerischen Gewerks vorliegt, dass Abnahmereife nicht besteht. Auf die darüber hinaus gerügten Mängel bzw. noch nicht vollständig ausgeführten Arbeiten der klägerischen Werkleistung kommt es insoweit für die Frage der Fälligkeit der Werklohnforderung nicht mehr an.
III.
Die Beklagte hat zum Ausdruck gebracht, dass sie weiterhin Erfüllung begehrt, mithin kein Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien entstanden ist, so dass die mit der Klage geltend gemachte Werklohnforderung der Klägerin derzeit nicht fällig ist.
Die Klage war daher abzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO,
der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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