Baurecht

Änderung des Anlagentyps bei originär nach BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlagen

Aktenzeichen  W 4 K 19.56

Datum:
22.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34664
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1, § 16 Abs. 1 S. 2, § 20 Abs. 2 S. 1
VwGO § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 4, § 154 Abs. 1, § 167, § 173 S. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 1
BNatschG § 44 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Die zwingende Durchführung eines Genehmigungsverfahrens bei der Änderung einer originär genehmigungsbedürftigen Anlage soll die zuständigen Behörden in die Lage versetzen zu prüfen, inwieweit auch bei Vornahme der betreffenden Änderungen die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Änderung des Anlagentyps führt nicht ohne weiteres zum Vorliegen einer genehmigungsbedürftigen wesentlichen Änderung. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine immissionschutzrechtliche Stilllegungsanordnung stellt kein geeignetes Instrument dar, um etwaigen artenschutzrechtlichen Problemen zu begegnen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Beantragung einer fakultativen Genehmigung nach § 16 Abs. 4 BImSchG – bei Fehlen einer Genehmigungspflicht – zielt gerade nicht auf eine „erforderliche“ Genehmigung im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ab. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 24. März 2016 betreffend die WEA 1, Fl.Nr. …, Gemarkung W* … rechtswidrig gewesen ist.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 24. März 2016, mit dem dieses die sofortige Einstellung sämtlicher Bauarbeiten/vorbereitender Maßnahmen zur Errichtung der Windkraftanlage angeordnet hat und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht hat, ist zulässig und begründet, denn der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 24. März 2016 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
1. Die Klage, über die das Gericht, nachdem die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichtet haben, ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig.
a) Die Klägerin hat gegen den, einen Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG darstellenden Bescheid des Beklagten vom 24. März 2016 ursprünglich den statthaften Rechtsbehelf der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alternative 1 VwGO) erhoben.
Mit Erteilung der Genehmigung nach § 16 BImSchG vom 27. Juli 2017 hat sich die streitgegenständliche Stilllegungsanordnung erledigt (vgl. BayObLG v. 29.3.1988, BayVBl 1988, 697). Zutreffend hat die Klägerin deshalb gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. 264 Nr. 3 ZPO die Klage wirksam in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt, ohne dass es einer Zustimmung des Beklagten gemäß § 91 VwGO zur Klageänderung bedurfte. Denn die Fortsetzungsfeststellungsklage wird als Minus vom ursprünglichen Anfechtungsbegehren mitumfasst (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 91 Rn. 18).
b) Der Klägerin fehlt auch nicht das Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur zulässig, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigenden Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Feststellung geeignet ist, die Position der Klägerin in einem der eben genannten Bereiche zu verbessern (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O., § 113 Rn. 108).
Vorliegend führt die Klägerin in diesem Zusammenhang aus, dass ihr durch die angeordnete Stilllegungsanordnung vom 24. März 2016 erhebliche finanzielle Verzögerungsschäden entstanden seien, die sie beabsichtige, vor den ordentlichen Gerichten gegenüber dem Freistaat Bayern geltend zu machen. Damit macht die Klägerin ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Präjudizwirkung geltend.
Die ständige obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. Schübel-Pfister, Eyermann, .a.a.O., § 113 Rn. 108 m.w.N.) erkennt ein solches Präjudizinteresse zur Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten an unter den Voraussetzungen, dass sich der Verwaltungsakt erst während des laufenden Gerichtsverfahrens erledigt hat und eine ernstliche Absicht besteht, einen Schadensersatzanspruch bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Schließlich darf der künftige Amtshaftungsprozess nicht offensichtlich aussichtslos sein. Dabei legt das Bundesverwaltungsgericht bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums einen strengen Maßstab an (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O., § 113 Rn. 116 m.w.N.). Allein die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Vielmehr könne offensichtliche Aussichtslosigkeit nur angenommen werden, wenn ohne eine in die Einzelheiten gehende Prüfung erkennbar sei, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen könne. Dies sei etwa der Fall, wenn der potenzielle Amtshaftungsanspruch schon verjährt sei, der behauptete Schaden eindeutig durch mit dem Schadensereignis in adäquat ursächlichem Zusammenhang stehende Vorteile ausgeglichen sei, das Ergebnis bei unterstelltem rechtmäßigem Verhalten gleich wäre oder bei einer erledigten Untersagung wegen Ermessensfehlern nicht auszuschließen sei, dass die Untersagung auch bei fehlerfreier Ermessensausübung ergangen wäre (vgl. zum Ganzen: BVerwG v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris).
Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Ausführungen ist zunächst festzuhalten, dass sich die streitgegenständliche Stilllegungsanordnung erst während des laufenden Gerichtsverfahrens erledigt hat, sodass ein Präjudizinteresse durchaus in Betracht kommen kann. Von einem „Aufdrängen“ der offensichtlichen Aussichtslosigkeit eines Amtshaftungsprozesses (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1992 – 4 C 29/90 – juris) kann ebenfalls nicht die Rede sein, zumal der Beklagte selbst in seinen Schriftsätzen einräumt, dass die Stilllegungsanordnung gewisse zeitliche Verzögerungen, jedenfalls bis zur Bekanntgabe der Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 11. August 2016 (Az. 22 CS 16.1052 u.a.), mit sich brachte.
Zudem scheidet ein dem Dienstherrn zurechenbares Verschulden des handelnden Bediensteten nicht offensichtlich aus (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O., § 113 Rn. 117 m.w.N.). Zwar hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 4. Mai 2016 den Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Stilllegungsanordnung abgelehnt. Allerdings genügt eine solche „Billigung“ im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht, da diese Entscheidung lediglich nach summarischer Prüfung getroffen wird (vgl. VGH Mannheim v. 19.3.1991, VBlBW 1991, 370 f.).
2. Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 24. März 2016 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hat in dem bereits zitierten Beschluss vom 11. August 2016 (Az. 22 CS 16.1052 u.a.) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Rechtswidrigkeit der Stilllegungsanordnung vom 24. März 2016 folgendes ausgeführt:
„1. Die Beurteilung der Stilllegungsanordnungen vom 24. März 2016 erfolgt am Maßstab des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG. Gemäß dieser Befugnisnorm soll die zuständige Behörde die Stilllegung oder Beseitigung einer Anlage u.a. dann anordnen, wenn diese ohne die erforderliche Genehmigung wesentlich geändert wird. Ziel der hier getroffenen Anordnungen ist ausweislich der Bescheidsgründe die Durchsetzung der Genehmigungspflicht nach § 16 BImSchG, der nach Ansicht des Antragsgegners die von der Antragstellerin beabsichtigte Typenänderung der am 17. November 2014 genehmigten Windkraftanlagen unterliegt. Diese Zielsetzung des Antragsgegners wurde auch im vorliegenden Verfahren bestätigt.
2. Die von der Antragstellerin erhobenen Einwände gegen das Vorliegen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht der streitgegenständlichen Anlagenänderung greifen durch. Die von ihr beabsichtigte Errichtung eines anderen Anlagentyps stellt nach derzeitigem Kenntnisstand keine genehmigungsbedürftige wesentliche Änderung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG dar.
a) Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bedarf die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Bereits nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG reicht es für das Vorliegen des Genehmigungserfordernisses aus, wenn solche Folgen einer Anlagenänderung nach dem Maßstab praktischer Vernunft nicht ausgeschlossen sind (BayVGH, B.v. 14.9.2015 – 22 CS 15.1509 – Rn. 21 m.w.N.). Dafür spricht auch ein Umkehrschluss aus § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG, wonach eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist. Die zwingende Durchführung eines Genehmigungsverfahrens soll die zuständigen Behörden gerade in die Lage versetzen zu prüfen, inwieweit auch bei Vornahme der betreffenden Änderungen die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden.
b) Die Antragstellerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass keine von der Typenänderung bei den geplanten Windkraftanlagen ausgehenden nachteiligen Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zu erwarten sind.
aa) Das Verwaltungsgericht ist in den angefochtenen Beschlüssen (z.B. Beschlussabdruck im Verfahren W 4 S 16.382, S. 17) davon ausgegangen, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen schon deshalb zu besorgen sind, weil der Antragsteller nicht nur einzelne Anlagenteile ändern, sondern eine gänzlich andere Anlage errichten will. Es kann jedoch hier nicht ohne weiteres von der Änderung des Anlagentyps auf das Vorliegen einer wesentlichen Änderung geschlossen werden. Zwar können geänderte technische Daten des neu geplanten Anlagentyps isoliert betrachtet den Eindruck hervorrufen, dass sich hieraus nachteilige Auswirkungen ergeben können, die für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Dies gilt hier insbesondere angesichts der erhöhten Nennleistung dieses Anlagentyps, die z.B. ein Indiz für einen möglicherweise erhöhten Schallleistungspegel dieses Windkraftanlagentyps hätte sein können. Allerdings sind bei der Prüfung des Genehmigungserfordernisses einer Anlagenänderung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 BImSchG auch weitere Erkenntnisse über die Auswirkungen eines bestimmten Anlagentyps zu berücksichtigen. Hier ist aufgrund des vorliegenden Kenntnisstands davon auszugehen, dass durch die Typänderung keine Schallimmissionen hervorgerufen werden, die sich nicht im Rahmen des nach den Genehmigungsbescheiden vom 17. November 2014 zulässigen Maßes halten würden. Demnach liegt jedenfalls gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG keine genehmigungsbedürftige wesentliche Änderung vor.
Der Fachbereich technischer Umweltschutz des Landratsamtes hat in Stellungnahmen vom 17. März 2016 (für „Windpark W* …“ Bl. 103 bis 106, für „Windpark W* …“ Bl. 340 bis 342 der jeweiligen Verfahrensakte) angenommen, dass die geplanten Windkraftanlagen des neuen Anlagentypus unter Berücksichtigung statistischer Unsicherheiten einen maximalen Schallleistungspegel von 107,5 dB(A) aufweisen würden. Dies hätte den in den Bescheiden vom 17. November 2014 festgelegten zulässigen Schallleistungspegel von 107,1 dB(A) inklusive der erforderlichen Sicherheitszuschläge nur geringfügig überschritten. In den genannten Stellungnahmen vom 17. März 2016 wurde gleichzeitig festgestellt, dass der von der Antragstellerin beauftragte Gutachter zum Ergebnis kommt, dass an allen betrachteten Immissionsorten die Anforderungen der TA Lärm eingehalten werden können. Bereits diese Einschätzung spricht dafür, dass die mit der Typänderung verbundene veränderte Immissionsbelastung nicht für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich ist. Dies wird durch die Dreifachvermessung des betreffenden Anlagentyps bestätigt (vgl. schalltechnischen Bericht über eine Dreifachvermessung des Typs Enercon E-​115 vom 8.4.2016, Anlage Ast 12). Danach kann ein maximaler Schallleistungspegel von 104,8 dB(A) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 2,1 dB zugrunde gelegt werden. Die Antragstellerin hat vor diesem Hintergrund schlüssig dargelegt, dass sämtliche streitgegenständlichen Anlagen aufgrund der Typänderung prognostisch hinter den in den Genehmigungen vom 17. November 2014 zugrunde gelegten Lärmprognosen zurückbleiben und damit auch die entsprechenden Genehmigungsauflagen deutlicher einhalten können als im Falle des ursprünglichen Anlagentyps. Der Antragsgegner ist dem nicht mit konkretem Vortrag entgegen getreten.
bb) Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine Bodenverdichtung mithilfe sogenannter Rüttelstopfsäulen an mehreren der geplanten Windkraftanlagen-​Standorte überhaupt eine Änderung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG darstellt. Es ist nach summarischer Prüfung im Eilverfahren davon auszugehen, dass die Durchführung der Rüttelstopfverdichtung im Einklang mit den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 17. November 2014 steht. Zwar sehen die Planunterlagen, die Gegenstand dieser Genehmigungen sind, als Fundamente für die zu errichtenden Windkraftanlagen sogenannte Flachgründungen vor, worauf das Verwaltungsgericht in den angefochtenen Entscheidungen (z.B. Beschlussabdruck im Verfahren W 4 S 16.382, S. 15) zutreffend hinweist. Allerdings spricht vieles für die Sichtweise des Antragstellers, wonach es sich bei dieser Form der Bodenverdichtung um eine – wenngleich tief in das Erdreich eingreifende – Tiefbaumaßnahme handelt, die von einer Tiefengründung im Sinne einer Fundamentierung der betreffenden Windkraftanlage mittels Bohrpfählen zu unterscheiden ist, also der genehmigten Flachgründung näher kommt als einer Tiefengründung im herkömmlichen Sinn. Auch werden in den Angaben in den jeweiligen Genehmigungsunterlagen zur vorgesehenen Flachgründung (Nr. 3.1.3. der Antragsunterlagen), die den Genehmigungen vom 17. November 2014 zugrunde liegen, lediglich bestimmte Anforderungen an den Baugrund definiert, ohne für den Fall diesbezüglicher Defizite der natürlichen Bodenbeschaffenheit ein Verfahren zur Bodenverbesserung zu beschreiben. Im Übrigen wird in den Genehmigungsbescheiden vom 17. November 2014 darauf hingewiesen (S. 21 des Bescheids zum „Windpark W* …“ und S. 25 des Bescheids zum „Windpark W* …“), dass das Wasserwirtschaftsamt erneut beteiligt werden müsse, wenn statt der in den Antragsunterlagen beschriebenen Flachgründung eine andere Gründungsart vorgesehen sei. Dies spricht dafür, dass aus Sicht der Genehmigungsbehörde auch im Falle einer Tiefengründung lediglich diese erneute Abstimmung mit der zuständigen Fachbehörde, nicht dagegen ein Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung für erforderlich angesehen wurde. Der Antragsgegner ist dieser Auslegung nicht entgegengetreten. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass Arbeiten zur Einbringung von Rüttelstopfsäulen am Standort der geplanten Windkraftanlage WEA 11 zu einem Zeitpunkt eingeleitet wurden, zu dem noch keine positive Rückmeldung des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes zu dieser Maßnahme vorgelegen habe. Dies bedeutet allenfalls, dass gegen eine Maßgabe der Genehmigungsbescheide verstoßen worden sein könnte. Insofern ist anzumerken, dass die Antragstellerin mittlerweile eine Mitteilung des Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen vom 14. Juni 2016 vorgelegt hat, in dem das Einverständnis mit der geplanten Bodengrundverbesserung mittels Rüttelstopfsäulen erteilt wird.
cc) Weiter hat der Antragsgegner nicht schlüssig dargetan und ist auch sonst nicht erkennbar, inwiefern die vorgesehene Änderung des Windkraftanlagen-​Typs nachteilige Auswirkungen im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zeitigen könnte, weil mit ihm ein erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG verbunden wäre. Es handelt sich hierbei gegebenenfalls nicht um Auswirkungen, die im Rahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu prüfen wären, auf den es in diesem Zusammenhang allein ankommt. Die Stilllegungsanordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG stellt hier kein geeignetes Instrument dar, um etwaigen durch das Vorhaben der Antragstellerin aufgeworfenen artenschutzrechtlichen Problemen zu begegnen.
dd) Der Antragsgegner hat auch keine sonstigen nachteiligen Auswirkungen der Änderung des Windkraftanlagen-​Typs konkret vorgetragen, die für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Aufgrund der seit August 2015 vorliegenden Anträge nach § 16 BImSchG wäre er hierzu gegebenenfalls in der Lage. Für eine im Wesentlichen abgeschlossene Prüfung dieser Anträge spricht der Hinweis des Antragsgegners, über diese sei aufgrund neuer artenschutzrechtlicher Erkenntnisse noch nicht entschieden worden (vgl. z.B. Schreiben des Landratsamtes an die Regierung von Unterfranken vom 21.3.2016, Bl. 365 bis 368 der Verfahrensakte zum „Windpark W* …“); von sonstigen noch offenen Prüfungspunkten ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede.
c) Der Tatbestand des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ist auch nicht deshalb erfüllt, weil im August 2015 Anträge auf Erteilung von Änderungsgenehmigungen gestellt wurden.
Die Befugnisnorm des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG setzt voraus, dass die Änderung einer Anlage ohne die erforderliche Genehmigung erfolgt. Es ist insoweit nicht ausreichend, dass lediglich die Erteilung einer entsprechenden Änderungsgenehmigung beantragt wurde; erforderlich ist vielmehr eine gesetzliche Genehmigungspflicht. Wie vorstehend ausgeführt ist die beantragte Genehmigung für den beabsichtigten Typwechsel der geplanten Windkraftanlagen nicht erforderlich. Die Beantragung einer fakultativen Genehmigung nach § 16 Abs. 4 BImSchG – bei Fehlen einer Genehmigungspflicht – zielt gerade nicht auf eine „erforderliche“ Genehmigung im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ab.
3. Da die angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts wegen der vorgenannten durchgreifenden Bedenken keinen Bestand haben können, ist eine erneute Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Vollzugsinteresse einerseits und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers andererseits vorzunehmen. Da der Tatbestand des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG, welcher den Bescheiden vom 24. März 2016 als Befugnisnorm zugrunde liegt, nicht erfüllt ist, werden die Anfechtungsklagen des Antragstellers nach derzeitigem Sachstand voraussichtlich erfolgreich sein.“
Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung an, zumal der Beklagte selbst diese Entscheidung des BayVGH nicht mehr durch neuen substantiierten Vortrag in Frage gestellt hat. Auch gibt es keine sonstigen neuen Erkenntnisse, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Entsprechend der Tenorierung war demgemäß festzustellen, dass die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 24. März 2016 samt Zwangsgeldandrohung rechtswidrig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.


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