Baurecht

Baugenehmigung für öffentliche Grünanlage mit Spielplatz

Aktenzeichen  M 8 SN 17.1581

Datum:
27.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3
BauGB BauGB § 34
BayBO BayBO Art. 59 S. 1
BauVorlV § 9 Abs. 1
BImSchG BImSchG § 22 Abs. 1a

 

Leitsatz

Obliegt es einer Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde als Betreiberin einer Grünanlage als öffentlichen Einrichtung noch, den bestimmungsgemäßen Gebrauch durch eine entsprechende Benutzungsregelung –  durch entsprechenden öffentlichen Aushang in Gestalt von Schildern oder Tafeln – kundzutun, so vermag dieser formale Mangel einem Rechtsschutzbegehren eines Nachbarn im Eilverfahren nicht zum Erfolg zu verhelfen, da dies im weiteren Verlauf noch nachgebessert werden kann und sich allein auf die spätere Nutzungsphase der Anlage bezieht. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, Eigentümerin des Grundstücks …straße 18, FlNr. … Gemarkung …, begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer öffentlichen Grünanlage mit Spielplatz für Schul- und Kleinkinder u.a. auf einer Teilfläche des benachbarten Grundstücks FlNr. …
Auf den Antrag ihres Baureferats für Gartenbau vom 14. Juli 2016 erteilte die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 24. Februar 2017 für die Errichtung einer öffentlichen Grünanlage mit Spielplatz für Schul- und Kleinkinder zwischen der …straße im Norden und dem …weg im Süden im vereinfachten Genehmigungsverfahren. Die Baugenehmigung wurde der Antragstellerin ausweislich der zu den Verfahrensakten der Antragsgegnerin genommenen Zustellungsurkunde am 28. Februar 2017 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 27. März 2017, der bei Gericht am selben Tag eingegangen ist, hat die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten Klage gegen die Baugenehmigung vom 24. Februar 2017 erhoben, die bei Gericht unter M 8 K 17.1213 anhängig und über die noch nicht entschieden ist.
Mit Schriftsatz vom 13. April 2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, sucht die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten zudem um einstweiligen Rechtsschutz im Verfahren nach §§ 80a, 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach und beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 24. Februar 2017 anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Baugenehmigung verletze das Gebot der Rücksichtnahme. Diese Verletzung resultiere aus dem voraussichtlich zu erwartenden Lärm von Jugendlichen und Heranwachsenden, die sich spät abends oder nachts voraussichtlich bei der Sitzgelegenheit, die nach den genehmigten Plänen genau vor dem Garten der Antragstellerin verortet sei, aufhalten würden. Auch führe der Weg zur Erschließung der Grünfläche und des anschließenden Spielplatzes direkt entlang des Grundstücks der Antragstellerin, sodass auch daraus ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme resultiere. Im Übrigen sei durch die Bepflanzung eine Verschattung des Grundstücks der Antragstellerin, insbesondere des nach Süden hin ausgerichteten Hausgartens, sowie des Wohnzimmers zu erwarten.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 24. April 2017 die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie verteidigt die erteilte Baugenehmigung, insbesondere mit Blick auf die Wahrung des Gebots der Rücksichtnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten dieses sowie des Hauptsacheverfahrens M 8 K 17.1213 sowie die vorgelegte Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin (M 8 K 17.1213) nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) ist zulässig, bleibt in der Sache aber erfolglos. Ihre Anfechtungsklage wird voraussichtlich keinen Erfolg haben, da die angefochtene Baugenehmigung vom 24. Februar 2017 bei summarischer Prüfung nachbarschützende Vorschriften nicht verletzt.
1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Erhebt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung Anfechtungsklage, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. z.B. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 73 ff.).
2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 aaO). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3).
3. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben nicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (Art. 59 Satz 1 Bayerische Bauordnung – BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich nicht um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO, sodass sich der Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde aus Art. 59 BayBO ergibt.
Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO kommt vorliegend als nachbarschützendes Recht allein das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme in Betracht. Dabei kann offenbleiben, ob dieses Gebot vorliegend normativ an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) oder am Tatbestandsmerkmal „Einfügen“ nach § 34 Abs. 1 BauGB festzumachen ist, da sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen dabei nicht unterscheiden (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
Inhaltich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 6). So liegt der Fall auch hier. Das Vorhaben ruft für die Antragstellerin keine schädlichen (Umwelt-)Einwirkungen hervor und genügt dem Gebot der Rücksichtnahme. Im Einzelnen:
3.1 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes u.a. dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 9.2.2015 – 2 CS 15.17 – juris). Hiervon kann vorliegend mit Blick auf die im Norden des Vorhabengrundstücks zum Grundstück der Antragstellerin hin beabsichtigten Strauchbepflanzung auf einer Hügelhöhe von maximal 50 cm nicht ansatzweise die Rede sein. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der Vortrag eines erheblichen Schattenwurfes als unsubstantiiert, da nicht ersichtlich ist, woher ein solcher in relevanter Weise auf das Grundstück des Antragstellers resultieren soll. Das Wohnhaus der Antragstellerin befindet sich in mindestens 9 m Entfernung (abgegriffen aus dem Eingabeplan), sodass sich aus der genehmigungsgegenständlichen Strauchbepflanzung für die Belichtung und Besonnung des Grundstücks der Antragstellerin voraussichtlich keinerlei insoweit relevante Konsequenzen ergeben können.
3.2 Eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung des Anwesens der Antragstellerin durch die Nutzung der Grünanlage als Spielplatz für Schul- und Kleinkinder ist nicht zu erwarten.
Dies folgt – wie auch von den Bevollmächtigten der Antragstellerin zutreffend ausgeführt – schon aus § 22 Abs. 1a Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Nach dieser Regelung sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen; bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden. Vorliegend ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass sich die Kinderspielanlagen in dem vom Grundstück der Antragstellerin abgewandten westlichen Teil der Grünanlage befinden und somit bereits durch die erhebliche räumliche Distanz ihrer Verortung in einer Entfernung von über 60 m voraussichtlich keine relevanten Lärmimmissionen hierdurch zu erwarten sein dürften.
3.3 Auch soweit die Antragstellerin insbesondere befürchtet, durch die abendliche oder nächtliche Nutzung der beiden Sitzbänke im nordöstlichen Bereich des Vorhabengrundstücks durch Jugendliche oder Heranwachsende und in deren Umgebung sowie durch die allgemeine Nutzung der Zuwegung zur Grünanlage gestört zu werden, führt dies voraussichtlich nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Bedenken bestehen zwar derzeit noch insoweit, als weder in der Betriebsbeschreibung vom 13. Juli 2016 noch in der Baugenehmigung die Nutzungszeiten der Anlage angegeben sind, obwohl gerade die nach § 9 Abs. 1 Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) notwendige Bau- bzw. Betriebsbeschreibung das zur Genehmigung gestellte Vorhaben im Einzelnen be- und umschreibt und damit den Umfang der Baugenehmigung festlegt. Ohne die Angabe einer Betriebszeit ist zwar an sich eine unbegrenzte Nutzung der Grünanlage genehmigt worden. Dies dürfte sowohl mit Blick auf die Einschränkungen, die sich aus der Grünanlagensatzung der Antragsgegnerin schon allgemein ergeben, als auch mit Blick auf die Wahrung der Interessen der Öffentlichkeit und insbesondere auch der Nachbarschaft nicht der von der Antragsgegnerin verfolgten Nutzungsintention der Anlage entsprechen. Dieser formale Mangel vermag dem Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin allerdings gleichwohl nicht zum Erfolg zu verhelfen, da dies durch die Antragsgegnerin im weiteren Verlauf noch nachgebessert werden kann und er sich allein auch auf die spätere Nutzungsphase der Anlage bezieht. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und der Kammer anerkannt, dass für den Fall, dass eine Baugenehmigung in einem untergeordneten Teil an einem (nachbarrechtsrelevanten) Fehler leidet und dieser noch während des Hauptsacheverfahrens durch eine Ergänzung des Bescheids bzw. durch eine entsprechende verbindliche Erklärung des Genehmigungsinhabers, die erteilte Baugenehmigung nur in einem bestimmten, eingeschränkten Umfang auszunutzen, behoben werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2011 – 2 CS 11.2149 – juris Rn. 14 m.w.N.; VG München, B.v. 17.2.2012 – M 8 SN 11.6183 – juris Rn. 64). Sonach obliegt es der Antragsgegnerin als Betreiberin der Grünanlage als öffentlichen Einrichtung nunmehr noch, den bestimmungsgemäßen Gebrauch durch eine entsprechende Benutzungsregelung – wie auch sonst bei öffentlichen Grünanlagen der Antragsgegnerin durch entsprechenden öffentlichen Aushang in Gestalt von Schildern oder Tafeln üblich – kundzutun. Eine etwaige missbräuchliche Nutzung und daraus resultierende Beeinträchtigungen der Anwohner sind in der Folge dann auch grundsätzlich nicht der Antragsgegnerin als Betreiberin zuzurechnen, da derartige Störungen nicht auf eine von ihr gebilligte Nutzung der Einrichtung zurückzuführen sind. Die Antragstellerin würde in diesem Fall ausschließlich durch den jeweiligen Verursacher der Störung beeinträchtigt werden, während der Anlagenbetreiberin regelmäßig nur die Auswirkungen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Einrichtung zuzurechnen sind. Ausnahmsweise wären der Antragsgegnerin indes auch solche (rechtswidrigen) Nutzungen zuzurechnen, die zwar nicht von der Zweckbestimmung bzw. Widmung der öffentlichen Anlage umfasst sind, für die allerdings in relevanter Weise ein besonderer Anreiz durch die Ausgestaltung der Anlage geschaffen wurde und diesem Anreiz nicht in angemessener und zumutbarer Weise entgegengewirkt wird. Für eine derartige „anreizbedingte“ Zurechnung zweckfremder Nutzungen dem öffentlichen Anlagenbetreiber gegenüber reicht es allerdings nicht aus, dass die Anlage nur allgemein geeignet ist, auch missbräuchlich genutzt zu werden. Öffentlichen Kinderspielplätzen wohnt nämlich ebenso wie öffentlichen Grünanlagen allgemein die Gefahr nicht bestimmungsgemäßen Nutzung inne, sodass entsprechende Störungen – insbesondere durch daraus resultierende Lärmimmissionen auf die Nachbarschaft – grundsätzlich allein sicherheitsrechtlich abzuwenden sind.
Dies zu Grunde gelegt, ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin nicht willens oder in der Lage wäre, eine Anlagenbenutzungsordnung für die gegenständliche Grünanlage zu erlassen, zu vollziehen und gegebenenfalls auch mit Mitteln des Sicherheitsrechts (Art. 6 f. Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) durchzusetzen bzw. von der Polizei durchsetzen zu lassen. Dazu sind namentlich auch die Befugnisse in Betracht zu ziehen, die sich aus dem Hausrecht der Antragsgegnerin als Einrichtungsträger der Grünanlage ergeben. Zudem kann auch ein repressives Vorgehen (d.h. eine Ahndung festgestellter Zuwiderhandlungen mit dem Mitteln des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts) geeignet sein, erneute einschlägige Rechtsverletzungen zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 29.5.1989 – 4 B 26.89 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 23.1.2015 – 22 B 14.42 ua – juris Rn. 69; HessVGH, U.v. 25.7.2011 – 9 A 125/11 – NVwZ-RR 2012, 21; OVG NRW, B.v. 18.5.2009 – 10 E 289/09 – juris Rn. 3; NdsOVG, B.v. 29.6.2006 – 9 LA 113/04 – NVwZ 2006, 1199). Auch steht vorliegend nichts dafür inmitten, dass gerade die genehmigte Grünanlage besondere Anreize dafür böte, – wie von der Antragstellerin pauschal und ohne Substantiierung vorgetragen – gerade von Jugendlichen oder Heranwachsenden in zweckwidriger Weise in der Nachtzeit benutzt zu werden. Vielmehr handelt es sich voraussichtlich um eine Grünanlage wie viele andere auch im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, die mit Sitzgelegenheiten und Kinderspielanlagen ausgestattet sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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