Baurecht

Baugenehmigung – Zur Frage der Unzumutbarkeit der Lärmimmissionen – Erfolglose Nachbarklage

Aktenzeichen  M 9 K 16.719

Datum:
29.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BauGB BauGB § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2
BauNVO BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BayBO BayBO Art. 63 Abs. 1

 

Leitsatz

Zur Frage, ob ein Nachbar unzumutbaren Immissionen ausgesetzt wird durch die Zulassung der Erweiterung einer in der Nachbarschaft befindlichen Holzlagerhalle, in der eine Nagelmaschine und ein Vorkonfektionierungsroboter betreiben werden (hier verneint). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Baugenehmigung verletzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Inhaltlich wird zur Begründung zunächst vollumfänglich auf den Eilbeschluss der Kammer vom 29. März 2016, Az. M 9 SN 16.720 verwiesen, dem weder mittels Einlegung der Beschwerde noch inhaltlich im Hauptsacheverfahren – schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung – entgegengetreten wurde.
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt: Zur Frage der angeblichen Unzumutbarkeit der Lärmimmissionen, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO traf der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung keine weitere Aussage. Auch wurden die Inhalte der vorgelegten Gutachten und Stellungnahmen nicht substantiiert in Frage gestellt. Das Gericht hat deswegen und auch im Übrigen weiterhin keine Veranlassung, deren fundierte Feststellungen anzuzweifeln.
Nach dem Immissionsgutachten der Firma IBN vom 15. Februar 2016 und nach der Stellungnahme des Landratsamtes, Sachgebiet 44, Umweltschutz, Technischer Umweltschutz (i.F.: Technischer Umweltschutz) vom 2. März 2016 liegt der gemessene Teilbeurteilungspegel der – nicht streitgegenständlichen – Nagelmaschine inklusive der Emissionen des Vorkonfektionierungsroboters bei ≤ 42 dB(A). Dieser Wert wurde an einem vor dem klägerischen Grundstück festgelegten Ersatzimmissionsort (d.h. an einem dem Baugrundstück näher gelegenen Ort) gemessen, sodass die Belastung am Klägergrundstück selbst noch geringer ausfallen wird. Die Emissionen des streitgegenständlichen Vorkonfektionierungsroboters gehen dabei nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Technischen Umweltschutzes vom 2. März 2016 in das Anlagengeräusch der Nagelmaschine als irrelevanter Geräuschbeitrag ein und führen zu keiner maßgeblichen Pegelbeeinflussung der Beurteilungspegel. Nach alledem wird der Immissionsrichtwert für Mischgebiete – 60 dB(A) tags – selbst unter Einbezug der nicht streitgegenständlichen „lauteren“ Nagelmaschine um mindestens 18 dB(A) unterschritten; auch der klägergünstig in der Baugenehmigung festgelegte ermäßigte Immissionsrichtwert von 53 dB(A) tags wird um 11 dB(A) unterschritten.
Eine etwaige Ermittlung der Vorbelastung v.a. der Emissionen des in den östlichen Bebauungsplangebieten situierten Sägewerks konnte demnach gemäß Nr. 2.4, 3.2.1 Abs. 2, 4.2 lit. c TA Lärm unterbleiben (sog. Irrelevanzkriterium, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris). Die in der Baugenehmigung vorgenommene Festlegung der Immissionsrichtwerte (und deren Kontrolle im Folgenden) reicht zum Schutz der Nachbarrechte unzweifelhaft aus, da die Grenzwerte im Regelbetrieb bei weitem eingehalten werden können (statt aller VG München, U.v. 23.11.2016 – M 9 K 15.4614 – juris m.w.N.).
Davon, dass die Emissionen auch des aus Nagelmaschine und Vorkonfektionierungsroboter gebildeten „Gesamtkomplexes“ am Ersatzimmissionsort bei Regelbetrieb kaum wahrnehmbar sind, hat sich das Gericht vor Ort überzeugt: Die Nagelmaschine und der Vorkonfektionierungsroboter wurden in Betrieb genommen und eine Palette gefertigt. Die dabei entstehenden Geräusche sind vor dem klägerischen Grundstück bestenfalls zu erahnen und werden mehr oder minder von den Umgebungsgeräuschen (Vögelzwitschern etc.) überlagert. Dass die Fertigung mehrerer Paletten – diese müssen nach dem Aufbau des Komplexes nacheinander bearbeitet werden, was langsam vonstattengeht – lautere Geräusche verursachen sollte, wie es im klägerischen Vortrag anklingt, kann nicht nachvollzogen werden.
Eine Nachbarrechtsverletzung ist auch im Übrigen in keiner Weise erkennbar.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben sich mangels Antragstellung nicht in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es nicht der Billigkeit entspräche, dem Kläger ihre außergerichtlichen aufzubürden. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.


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