Baurecht

Beeinträchtigung einer Erdbebenmessstation durch eine Windenergieanlage

Aktenzeichen  22 BV 17.2452

Datum:
12.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BauR – 2020, 1281
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 3
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

Die in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE 2016 enthaltenen fachlichen Aussagen können als antizipiertes Sachverständigengutachten dahingehend verstanden werden, dass bei einer Unterschreitung des dort genannten Abstands zwischen WEA (heute üblicher Bauart) und seismologischer Messstation (5 km) im Regelfall die seismologische Messstation einen nicht unerheblichen Teil der zu erkennenden „Nutzsignale“ (Erdbeben- und Atomtest-Wellen) nicht detektieren kann. Ist dies der Fall, so wird der ungeschriebene öffentliche Belang (§ 35 Abs. 3 BauGB) der bestimmungsgemäßen Funktion einer der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE 2016 genannten seismologischen Messstationen beeinträchtigt. (Rn. 79)
1. Der Katalog der in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB genannten öffentlichen Belange, die einem Vorhaben entgegenstehen können, ist nicht abschließend; neben den in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB beispielhaft aufgezählten Belangen gibt es auch sogenannte „unbenannte öffentliche Belange“. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen stellt einen unbenannten öffentlichen Belang iSv § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB dar. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
3. Um feststellen zu können, ob ein in § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB genannter oder ein unbenannter öffentlicher Belang einem privilegierten Vorhaben „entgegensteht“, bedarf es grundsätzlich einer die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden „nachvollziehenden Abwägung“. Dabei ist dem gesteigerten Durchsetzungsvermögen privilegierter Außenbereichsvorhaben gebührend Rechnung zu tragen. (Rn. 90) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 7 K 15.1736 2017-07-27 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen jeweils ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
I.
Die Klage ist zulässig.
Rechtsschutzziel der Klägerin ist ausweislich ihres Klageantrags und ihres Vortrags nur die Aufhebung des Versagungsbescheids vom 6. Oktober 2015, verbunden mit der Verpflichtung des Beklagten, über ihren Genehmigungsantrag neu zu entscheiden. Die Klägerin macht geltend, durch die auf § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gestützte Versagung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Einen Antrag dagegen, den Beklagten zur Erteilung der beantragten Genehmigung zu verpflichten, hat die Klägerin nicht gestellt. Dies stößt vorliegend nicht auf Bedenken, obwohl § 42 Abs. 1 VwGO als Regelfall vorsieht, dass die Versagung eines beantragten begünstigenden Verwaltungsakts mit der Versagungsgegenklage verfolgt wird, die auf die Verpflichtung des Beklagten zum Erlass des abgelehnten Verwaltungsakts gerichtet ist. Vorliegend ist der lediglich auf die Verpflichtung des Beklagten zur erneuten Entscheidung nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs gerichtete Klageantrag deswegen statthaft, weil bei Klageerhebung wie auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof die Sache nicht im Sinn einer solchen weitergehenden Verpflichtung des Beklagten spruchreif gewesen ist und nicht spruchreif gemacht werden konnte, vielmehr ein sogenanntes „steckengebliebenes Genehmigungsverfahren“ vorlag.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Bau und Betrieb der von der Klägerin geplanten beiden Windenergieanlagen (WEA) bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Das Vorhaben erweist sich indes in dem auch für Bescheidungsklagen maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 113 Rn. 217, 218) als nicht genehmigungsfähig. Deshalb verletzt der Bescheid des Landratsamts Neumarkt i.d.OPf. vom 6. Oktober 2015 die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Klägerin kann nicht beanspruchen, dass der Beklagte über ihren Genehmigungsantrag nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu entscheidet (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Die Errichtung und der Betrieb der streitgegenständlichen 200 m bzw. 170 m hohen WEA sind genehmigungspflichtig gemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV. Wann die Genehmigung erteilt oder versagt werden muss, richtet sich nach § 6 Abs. 1 BImSchG und nach weiteren die Genehmigungsvoraussetzungen regelnden Vorschriften.
Von diesen Genehmigungsvoraussetzungen bzw. -hindernissen streiten die Beteiligten vorliegend nur um die Frage, ob die geplanten WEA deswegen nicht genehmigt werden können, weil sich ihr Betrieb nachteilig auf den Betrieb der seismologischen Messstation GRC4 und/oder das sogenannte „Gräfenberg-Array“ (kurz: GRF-Array) auswirkt, zu dem die Station GRC4 als eine von 13 Messstationen gehört. Auch das Landratsamt hat die Versagung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung allein darauf gestützt, dass dem streitigen Vorhaben ein öffentlicher Belang entgegenstehe (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BauGB), weil der Betrieb der beiden WEA die Funktion der Station GRC4 der Beigeladenen zu 1 beeinträchtige. Klagebegehren ist demnach, dass der Verwaltungsgerichtshof die eigene Rechtsauffassung der Klägerin als Rechtsauffassung des Gerichts bestätigt und sie gegenüber dem Beklagten durch Verpflichtungsurteil durchsetzt (vgl. zu einer solchen Konstellation z.B. BVerwG, U.v. 3.12.1981 – 7 C 30/80, 7 C 31/80 – juris Rn. 13). Die Genehmigungsvoraussetzungen sind indes wegen der nachteiligen Auswirkungen des WEA-Betriebs auf den Betrieb der seismologischen Messstation GRC4 und des GRF-Arrays nicht erfüllt; das Landratsamt hat hierin im Ergebnis zu Recht einen Versagungsgrund gesehen.
Dass die Beigeladene zu 1 zu Beginn des Genehmigungsverfahrens zunächst gegenüber dem Landratsamt ihr Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt hat (von dem sie dann wieder abgerückt ist), schränkt die Befugnis und die Pflicht der Genehmigungsbehörde, sämtliche einschlägigen Genehmigungsvoraussetzungen im Zeitpunkt ihrer Verwaltungsentscheidung zu prüfen, in keiner Weise ein. Eine irgendwie geartete rechtliche Bindungswirkung kommt diesem Einverständnis (Schreiben vom 24.3.2014) nicht zu. Die erstinstanzlich seitens der Klägerin vertretene Gleichstellung dieses Einverständnisses mit dem gemeindlichen Einvernehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB) oder der Zustimmung nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Weg der analogen Anwendung kommt schon mangels einer ausfüllungsbedürftigen gesetzlichen Regelungslücke nicht in Betracht. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene zu 1 rechtsmissbräuchlich handeln würde, indem sie entgegen ihrem zunächst erteilten Einverständnis nunmehr die Beeinträchtigung ihrer seismologischen Messstation GRC4 und des Gräfenberg-Arrays durch die geplanten WEA geltend macht, bestehen nicht.
2. Für die rechtliche Einordnung des nachteiligen Einflusses von WEA auf seismologische Messungen kommen – ausgehend von § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG – verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden; außerdem dürfen auch keine anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Wenn eine der unter § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen nicht erfüllt ist und auch nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann, so muss die Genehmigung versagt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV).
2.1. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung kann sich ein WEA-Vorhaben auf eine seismologische Messstation in technischer Hinsicht folgendermaßen auswirken:
Die Messgeräte einer seismologischen Station sind – ihrem Zweck (nämlich der möglichst weltweiten Erfassung von Erdbeben und z.B. durch Kernwaffentests ausgelösten Erschütterungen) entsprechend – hochempfindlich und in der Lage, Bodenbewegungen im Bereich von Nanometern (Millionstel Millimeter) aufzulösen (BGR vom 19.6.2014 an das Landratsamt, Nr. 1, Bl. 71 der Behördenakte). Diese Bodenbewegungen sind „Erschütterungen“ mit einer – nach dem menschlichen Empfinden und im Vergleich mit den meisten technischen Vorgängen – äußerst geringfügigen Stärke. Seismologische Messgeräte von der Art der Station GRC4 messen auch äußerst schwache Erschütterungen, deren Quelle Hunderte oder Tausende von Kilometern entfernt ist.
2.2. Nachteilige Auswirkungen des Betriebs der WEA hat die Beigeladene zu 1 – BGR – nachvollziehbar und unbestritten folgendermaßen beschrieben: WEA erzeugen durch die Bewegung des Rotors Erschütterungssignale, die über den Turm und das Fundament in den Boden übertragen werden und sich von dort in alle Richtungen ausbreiten. Die Signale sind über einen breiten Frequenzbereich „verschmiert“, weil die Signaleinträge durch verschiedenartige und außerdem nicht ständig gleiche, sondern sich vielfach ändernde Bewegungen von Teilen einer WEA hervorgerufen werden und Einflüssen auf dem Übertragungsweg von einer WEA zur seismologischen Messstation unterliegen. Die Signale hängen nämlich zunächst ab von der Rotationsbewegung der Rotorblätter, vom Schwingungs- und Neigungsverhalten des Turms und von den Übertragungseigenschaften des Fundaments. Bei jedem Passieren eines Rotorblatts am Turm werden Signale angeregt (vgl. BGR vom 19.6.2014 ans Landratsamt, Nr. 3.7, Bl. 70 ff. der Behördenakte im Parallelverfahren 22 BV 17.2448). Die einzelnen Parameter (z.B. Frequenz, Amplitude, Geschwindigkeit) dieser Signale, die sich als Wellen unterhalb des hörbaren Frequenzbereichs ausbreiten, sind deswegen so wandelbar, weil sie von zahlreichen, ihrerseits nicht konstanten Faktoren abhängen (Windstärke, Windrichtung, Stellung des Rotors und Neigung [Pitch] der Rotorblätter zum Wind). Die von einer WEA verursachten Erschütterungswellen werden mit zunehmender Entfernung von der WEA schwächer, lassen sich aber auch in einem Abstand von mehreren Kilometern (z.T. bis zu mehr als 10 km) noch nachweisen.
Diese Erschütterungen hindern das seismologische Messgerät nicht an seiner fehlerfreien Funktion als solcher; das Gerät misst trotz der Erschütterungen fehlerfrei. Allerdings misst es die von einer WEA verursachten Signale ebenso wie solche sehr schwachen Signale, die – der Bestimmung der seismologischen Messstation gemäß – gerade entdeckt werden sollen (Erdbeben, Kernwaffentests). Der vom Betrieb einer WEA verursachte Nachteil für die seismologische Messstation liegt darin, dass die „detektionswürdigen“ Signale (Erdbeben, Kernwaffen) von den störenden anderen Signalen (WEA-Erschütterungen) nicht oder nicht genau genug unterschieden werden können.
3. Der Bau und die Errichtung der beiden streitigen WEA sind vorliegend nicht genehmigungsfähig, weil § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht erfüllt ist. Dem Vorhaben steht nämlich die öffentlich-rechtliche Anforderung entgegen, dass ein Vorhaben im Außenbereich, auch wenn es privilegiert ist, nur dann zugelassen werden darf, wenn ihm nicht ein öffentlicher Belang im Sinn des § 35 Abs. 3 BauGB entgegensteht. Dies ist vorliegend aber der Fall.
3.1. Der Katalog der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten öffentlichen Belange, die einem Vorhaben entgegenstehen können, ist nicht abschließend (wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt); neben den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft aufgezählten Belangen gibt es auch sogenannte „unbenannte öffentliche Belange“ (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.2003 – 4 C 3/02 – juris Rn. 31 m.w.N.).
3.2. Die Funktionsfähigkeit der seismologischen Messstation GRC4 und des GRF-Arrays als System, zu dem die Station GRC4 gehört, ist ein solcher unbenannter öffentlicher Belang im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB; unter „Funktionsfähigkeit“ versteht der Verwaltungsgerichtshof bei einer seismologischen Messstation der vorliegenden Art die Fähigkeit, gemäß dem oben unter 2.1 beschriebenen Zweck auch sehr schwache Signale ausreichend zu messen und von anderen Signalen zu unterscheiden.
3.2.1. Die „Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe“ (BGR) ist – den Informationen in ihrem Internetauftritt und ihrem Vortrag im Gerichtsverfahren zufolge – die zentrale geowissenschaftliche Beratungseinrichtung der Bundesregierung und gehört zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Ihre Arbeit dient einer ökonomisch und ökologisch vertretbaren Nutzung und Sicherung natürlicher Ressourcen und somit der Daseinsvorsorge. Die BGR nimmt als nationaler geologischer Dienst zugleich zahlreiche internationale Aufgaben wahr. Im Inland hat sie überwiegend koordinierende Funktionen. Als Bundesoberbehörde ist die BGR Bestandteil der wissenschaftlich-technischen Infrastruktur Deutschlands und übernimmt auch gesetzlich festgelegte Aufgaben. Auf Basis des Gründungserlasses gehören zum Tätigkeitsprofil der BGR u.a. die Aufgaben der rohstoffwirtschaftlichen und geowissenschaftlichen Beratung der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft, der internationalen geowissenschaftlichen und technischen Zusammenarbeit sowie der geowissenschaftlichen Forschung und Entwicklung. Das GRF-Array ist ein Netzwerk von dreizehn seismologischen Messstellen in der fränkischen Alb, das vom Seismologischen Zentralobservatorium, einem Referat der BGR, betrieben wird.
Im Gerichtsverfahren hat die Beigeladene zu 1 zu den Aufgaben der Station GRC4 und des GRF-Arrays in seiner Gesamtheit, nachvollziehbar und in der Sache auch seitens der Klägerin unwidersprochen, Weiteres dargelegt: Das GRF-Array wurde zwischen 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet. Es liefert die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Alle seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen wurden und werden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRC4 und das GRF-Array bieten die Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen und sind damit auch für die Landesverteidigung bedeutsam, insbesondere weil die Bundeswehr zur Messung militärischer Nuklearversuche kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung nuklearer und chemischer Explosionen unterhält. Die seismologischen Messeinrichtungen sind – wenngleich Erdbeben sich nicht vorhersagen lassen – auch für die Vorwarnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz bedeutsam. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten sind auch im Hinblick auf das Kernwaffenteststoppabkommen von Bedeutung. Die Erkenntnisse aus den Messstationen dienen zur Beratung und Information der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen, der durch die Messstationen gewonnene Datenbestand wird auch für den internationalen seismologischen Austausch und für internationale Forschungsprojekte bereitgehalten. Speziell zu den Aufgaben der Station GRC4 im Zusammenhang mit dem Kernwaffenteststoppvertrag (BT-Drs. 13/10075 vom 9.3.1998 und Gesetz zum Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen sowie Ausführungsgesetz zum Nuklearversuchsverbotsvertrag) hat die Beigeladene zu 1 im Parallelverfahren 22 BV 17.2448 dargelegt (Schriftsätze vom 19.6.2014, vom 18.12.2014 mit Anlage: Auswärt. Amt vom 21.3.1996 an die BGR, Schriftsatz vom 10.3.2015 an das Verwaltungsgericht), dass die Bundesrepublik Deutschland den Vertrag unterzeichnet, ratifiziert und in nationales Recht umgesetzt hat, und dass daher die BGR Aufbau und Betrieb der Mess-Infrastruktur zur Verifikation des Vertrags leistet, dass sie ausführende Behörde bei Überwachungsaufgaben im Rahmen des Kernwaffenteststoppabkommens ist und dass diese Aufgaben u.a. mit den Messstationen des GRF-Arrays wahrgenommen werden. Das GRF-Array ist hierbei ein sogenanntes nationales Verifikationsmittel, wie es die Vertragsstaaten kraft eigenen Entschlusses in Ergänzung zum international vereinbarten Stationssatz einsetzen dürfen; nationale Verifikationsmittel sind im CTBT-Vertrag definiert und dienen der Datenerhebung für Verifikationsaufgaben im Rahmen des CTBT.
3.2.2. Die Klägerin hat erstinstanzlich u.a. unter Hinweis auf die Vollzugsanordnung zum Baugesetzbuch und zur bayerischen Bauordnung vom 26. Juni 1987 (Abschnitt III Abs. 1 und 2), in der die BGR nicht als einer der im Baugenehmigungsverfahren zu hörender Träger öffentlicher Belange aufgeführt ist, bezweifelt, dass die BGR Träger eines öffentlichen Belangs sei. Indes ist es – anders als die Argumentation der Klägerin nahelegen will – für die Bejahung eines „öffentlichen Belangs“ nicht erforderlich, dass es hierfür überhaupt einen „Träger“, eine Institution oder eine Behörde (hier die BGR) gibt, die diesen Belang „trägt“. Dies folgt schon daraus, dass auch das Rücksichtnahmegebot als öffentlicher Belang im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris Rn. 11 m.w.N.), das sich, ohne einen „Träger“ zu haben, an jedermann wendet. Es kommt nicht darauf an, ob die BGR als einer der „Träger öffentlicher Belange“ im Genehmigungsverfahren hat beteiligt werden müssen.
3.2.3. Der Bejahung eines öffentlichen Belangs steht auch nicht entgegen, dass der Gesetzgeber seismologischen Messstationen nicht wie etwa Radarstationen einen ausdrücklichen Schutzstatus zugestanden und Bauschutzbereiche oder Ähnliches festgelegt hat. Die lediglich beispielhafte („insbesondere“) Aufzählung öffentlicher Belange in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB dient gerade dem sachgerechten Zweck, diese Vorschrift offen zu halten gegenüber künftigen, noch nicht absehbaren Entwicklungen, die einen öffentlichen Belang möglicherweise erst dann ins Licht rücken, wenn die Beeinträchtigung ein bislang hingenommenes Ausmaß übersteigen.
Die geschilderten Aufgaben der BGR, die diese u.a. mittels des GRF-Arrays (deren Teil die Station GRC4 ist) wahrnimmt, reichen aus, um die unbeeinträchtigte bestimmungsgemäße Funktion des GRF-Arrays als unbenannten öffentlichen Belang im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu bejahen. In der Rechtsprechung ist ohne weiteres die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen als öffentlicher Belang im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB angesehen worden (OVG NW, B.v.9.6.2017 – 8 B 1264/16 – juris Leitsatz Nr. 3; VG Aachen, U.v. 13.12.2017 – 6 K 2371.15 – juris Rn. 314). Ob dies für alle Erdbebenmessstationen gilt, kann dahinstehen. Der erkennende Senat hat jedenfalls – aus den geschilderten Gründen – keine Zweifel daran, dass die Funktionsfähigkeit der Station GRC4 als Teil des GRF-Arrays ein öffentlicher Belang im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist.
3.3. Anhaltspunkte dafür, dass die Schutzwürdigkeit der seismologischen Messstation GRC4 als öffentlicher Belang deswegen gemindert sein könnte, weil sie baurechtlich nicht genehmigt sei, sieht der Verwaltungsgerichtshof nicht; die Klägerin hat diesen erstinstanzlich (vergeblich) erhobenen Einwand im Berufungsverfahren auch nicht weiterverfolgt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der im Zeitpunkt der Errichtung der Station GRC4 geltenden Rechtslage die Anlage künstlicher Hohlräume unter der Erdoberfläche mit einem Rauminhalt bis zu 50 cbm genehmigungsfrei war (Art. 83 Abs. 1 Nr. 22 BayBO i.d.F. vom 1.10.1974 – GVBl 1974, 513) und dass solche seismologische Messstationen, die in einem unterirdischen, ca. 3 m bis 5 m tiefen und ca. 2 m im Durchmesser messenden Schacht das eigentliche Messgerät (Seismometer) beherbergen, samt den wenigen oberirdischen Teilen der Anlage diese Voraussetzungen erfüllen dürften. Nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass für den Fall einer dennoch bestehenden baurechtlichen Genehmigungspflicht angesichts der beschriebenen Beschaffenheit der Messstation an der Genehmigungsfähigkeit der Station kein Zweifel besteht und eine eventuelle bloße formelle Baurechtswidrigkeit der Station das Gewicht des mit ihrem Betrieb verbundenen öffentlichen Interesses im nachbarlichen Verhältnis zum Außenbereichsvorhaben der Klägerin nicht entscheidend zu schwächen vermag (vgl. OVG Koblenz, U.v.13.1.2016 – 8 A 10535/15 – juris Rn. 115 zu einer Wetterradarstation).
4. Vorliegend kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob die geplanten WEA den Betrieb der seismologischen Messstation GRC4 durch Erschütterungen so beeinträchtigen werden, dass die Funktionsfähigkeit dieser Station und des GRF-Arrays gemindert ist, und ob – wenn diese erste Frage bejaht worden ist – bei wertender Abwägung zwischen dem öffentlichen Belang und dem privilegierten Vorhaben der öffentliche Belang sich durchzusetzen und die Beeinträchtigung abzuwehren vermag, also der Verwirklichung des privilegierten Vorhabens im Sinn des § 35 Abs. 1 BauGB „entgegensteht“. Zur Beurteilung dieser Fragen bedarf es einer noch näheren Untersuchung und Beschreibung dieses Belangs.
4.1. Hierbei nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar sind die Erwägungen, die das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf das Verständnis der einschlägigen Begriffe bei der Störung des (benannten) öffentlichen Belangs der Funktionsfähigkeit einer Radaranlage (Wetterradar oder Flugsicherungsradar) angestellt hat (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 4 C 6/15 – juris Rn. 11 bis 13, Rn. 30 und 31, Rn. 44 ff.). Diese Einschränkung beruht darauf, dass im dortigen Fall (Radaranlage) der öffentliche Belang als ungestörte „Funktionsfähigkeit“ von Radaranlagen umschrieben war (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB) und das Bundesverwaltungsgericht für die Antwort auf die Frage, wann eine Störung in diesem Sinn vorliegt, auf die Rechtsprechung zu § 18a Abs. 1 LuftVG zurückgegriffen hat, die es – auch wegen des Wortlauts der Vorschrift (Störung der „Funktionsfähigkeit der Radaranlage“) – auf den benannten öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB für übertragbar gehalten hat (BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 4 C 6/15 – juris Rn. 11 bis 13). Der unbenannte öffentliche Belang der Funktionsfähigkeit der seismologischen Messstationen im GRF-Array ist nicht im Gesetz umschrieben und es gibt – anders als im Fall von Wetterradaranlagen – nicht eine zweite gesetzliche geregelte Fallgruppe (nämlich die in § 18a Abs. 1 LuftVG tatbestandlich vorausgesetzte Störung von Flugsicherungseinrichtungen), zu der anhand der gesetzlichen Regelungen, der Gesetzesmaterialien und der bereits ergangenen Rechtsprechung Parallelen gezogen oder Unterschiede herausgearbeitet werden können.
Jedenfalls aber ist der Zweck seismologischer Messstationen wie derjenigen im GRF-Array so beschaffen, dass – anders als bei einer Wetterradarstation – nicht zwischen den „reinen Basisdaten“ und mehreren nachfolgenden Schritten in einem vergleichsweise aufwendigen Prozess (nämlich der Verwertung dieser Daten und sodann der Gewinnung von „Warnprodukten“ als Endprodukt der Wetterradarbeobachtung) zu unterscheiden ist: Der sich drehende Rotor einer WEA kann die vom Wetterradar zu erkennenden, auf bestimmte „warnwürdige“ Wetterereignisse hinweisenden Signale (dies sind die z.B. von Hagelkörnern zurückgeworfenen „Echos“ eines ausgesandten Radarstrahls) grundsätzlich nur in einem kleinen unteren Bereich eines Winkelsegments unbrauchbar machen, auch wenn das Ausmaß dieser Störung im Detail abhängt von der Entfernung und der höhenmäßigen Lage der WEA zu einer Wetterradarstation. Betroffen sind nämlich die vom Wetterradar zu erkennenden Echos (1.) nur in einer bestimmten Himmelsrichtung, (2.) nur in einem sehr schmalen Kreiswinkelbereich von ca. 1°, (3.) auch der Höhe nach (d.h. von der „waagrechten“, horizontnahen bis zur steil nach oben gerichteten Abtastung) nur in einem kleinen Bereich, und (4.) ist die Detektion von Echos, die „warnwürdige“ Ereignisse anzeigen, nur in solchen Wetterlagen relevant, zu denen überhaupt eine „unwetterträchtige“ Witterung herrscht. Ob diese echoverfälschende oder echovernichtende Wirkung des Rotors eintritt, hängt überdies stark von der Stellung des Rotors zum Wetterradarstrahl ab (ein parallel zum Radarstrahl stehender Rotor wirkt sich wenig aus). Der geringe Bereich, in dem Echos gestört werden, erlaubt es außerdem, wennauch nur eingeschränkt, das „warnwürdige“ Wetterereignis anhand derjenige Signale zu entdecken, die der Radarstrahl ausgelöst hat, bevor und nachdem er den schmalen von der WEA gestörten Kreiswinkelbereich passiert hat.
Diejenigen Erschütterungssignale dagegen, zu deren Erkennung und Speicherung die Station GRC4 und die übrigen seismologischen Messstationen des GRF-Arrays in der Lage sind (Erschütterungen durch Erdbeben und Kernwaffentests), sind gewissermaßen bereits selbst das „Endprodukt“, zu dessen Gewinnung die Messstationen im GRF-Array eingesetzt werden; es geht mithin um die Aufzeichnung kleinster Erschütterungen, um ihre Qualifizierung als erdbeben- oder explosionsbedingte (insbesondere durch Kernwaffentests verursacht) Erschütterung und ihre Archivierung sowie ihre Analyse im Vergleich mit bereits vorhandenen, in den vergangenen ca. 40 Jahren am selben Ort (GRF-Array) gesammelten Daten. So hat die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 2019 ausgeführt, bei der Erfassung und Speicherung der Signale aus Atomtests gehe es auch darum, Vergleiche mit dem Datenbestand aus den 70er Jahren anzustellen und zu beurteilen, wie sich derartige Atomtests und deren Häufigkeit entwickelt hätten (vgl. Niederschrift vom 31.10.2019 S. 5). Es geht dagegen nicht darum, aus den gemessenen seismologischen Wellen erst mittels weiterer Verarbeitungsschritte „Warnprodukte“ herzustellen. Da die (möglichst) lückenlose Erkennung auch sehr schwacher von Erdbeben oder Kernwaffentests herrührender Erschütterungssignale unmittelbar zur Aufgabenerfüllung des GRF-Arrays und der im Verbund dieses Arrays zusammenwirkenden seismologischen Messstationen gehört, ist demnach beim „Verlust“ eines – nicht nur marginalen – Teils dieser Signale auch diejenige Voraussetzung erfüllt, die das Bundesverwaltungsgericht für die Beurteilung einer Störung des (benannten) öffentlichen Belangs der Funktionsfähigkeit einer Radaranlage (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB) angewandt hat: Eine rechtserhebliche Störung der Funktionsfähigkeit – analog hierzu im vorliegenden Fall eine rechtserhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Aufgabenerfüllung der seismologischen Messstation GRC4 und des GRF-Arrays – setzt voraus, dass sich die Beeinträchtigung auf die Aufgabenerfüllung des Betreibers auswirkt (BVerwG, U.v. 22.09.2016 – 4 C 6.15 – Leitsatz 1). Dies ist hier der Fall. Die Messstationen des GRF-Arrays dienen der Schilderung der Beigeladenen zu 1 zufolge auch nicht nur der „Warnung“ vor Erdbeben (die sich – im Vergleich mit Wetterereignissen – ohnehin nicht vorhersagen lassen), sondern auch der Erkennung von Erschütterungen „menschlichen Ursprungs“ (Kernwaffentests) sowie dem Zweck, aus den Datenbeständen analytische Folgerungen und Entscheidungshilfen u.a. für politische Entscheidungen gewinnen zu können.
Die Funktionsweise der seismologischen Messstation GRC4 und des Verbunds GRF-Array hat die Beigeladene zu 1 im Einzelnen wie folgt beschrieben (im Parallelverfahren 22 BV 17.2448 im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12.1.2015, S. 7 bis 9): Ein Breitband-Seismometer, wie es an der Station GRC4 eingesetzt wird, zählt wegen des (für die Erfassung von Signalen in einem breiten Frequenzbereich) nötigen technischen Aufwandes zu den teuersten seismologischen Aufnehmern. Die Konstruktion moderner Seismometer erlaubt die Registrierung kleinster Bodenbewegungen von einigen Nanometern, also im Bereich von millionstel Millimetern. Unter anderem kann aus den gemessenen Amplituden und der Entfernung zum Erdbebenherd die Stärke des Erdbebens ermittelt werden. Die gemessenen Bodenbewegungen werden kontinuierlich aufgezeichnet und digital gespeichert. Eine permanente Übertragung der aufgezeichneten Datenströme von einem ganzen Netz von Stationen zu einem Datenzentrum ist nötig, um eine zuverlässige und zeitnahe Überwachung der Erdbebenaktivität zu gewährleisten. Die Array-Funktionalität ist auf das Zusammenwirken aller Array-Elemente ausgelegt. Für das Array sowie für die Einzelstation gilt, dass seismologische Ereignisse mit kleinen Amplituden in einem höheren Rauschniveau nicht mehr gemessen werden können. Diese Messergebnisse gehen verloren und können nicht mehr mit bereits vorliegenden Beobachtungen verglichen werden. Da die Häufigkeit von Erdbeben mit sinkender Magnitude exponentiell ansteigt, betrifft das einen Großteil der messbaren seismologischen Ereignisse. Die sichere Erkennung gerade von schwachen Ereignissen ist schwierig und wird durch zusätzliche Störungen noch weiter erschwert. Außerdem ist im Rahmen der Tätigkeit der BGR auch die Aussage, dass kein Ereignis einer bestimmten Magnitude stattgefunden hat, von Relevanz. Diese Aussage wäre für kleinere Magnituden nicht mehr möglich. Weltweit gibt es pro Jahr weit über 10.000 Ereignisse der Magnitude 4. Die Messstationen des GRF-Arrays besitzen eine hohe Detektionsfähigkeit, d.h. Empfindlichkeit gerade gegenüber fernen oder kleinen Ereignissen. Die 13 Seismometer sind in L-Form als eine Art seismologische Antenne angeordnet. Die Standorte der Messeinrichtungen sind sorgfältig gewählt, abseits von größeren Wohn- und Industrieanlagen und häufig frequentierten Verkehrswegen. Die 13 Stationen des GRF-Arrays können zu einem Gesamtsystem zusammengeschaltet werden (Array-Funktionalität). Daraus ergeben sich Informationen über die Einfallsrichtung entfernter Signale. Zusätzlich wird für solche Signale auf der Summenspur das Signal/-Stör-Verhältnis gegenüber den Registrierungen der Einzelspuren verbessert. Störungen auf Einzelspuren übertragen sich auch auf die Summenspur. Die von der Station GRC4 zu detektierenden Signale (aus Erschütterungen durch Erdbeben und Kernwaffentests) können zu jeder beliebigen Sekunde eines jeden Tages aus jeder beliebigen Himmelsrichtung die Station GRC4 erreichen und sollen dann von dieser Station wahrgenommen und aufgezeichnet werden können. Derartige Erschütterungen können ihre Quelle relativ nahe (wenige Hundert Kilometer) oder in einer Entfernung von Tausenden von Kilometern haben; ihr Auftreten ist – anders als die von Wetterradaren zu detektierenden Echos von Regentropfen, Hagelkörnern oder Schneekristallen – nicht von Jahreszeiten, Temperaturen oder Großwetterlagen abhängig. Der nachteilige Einfluss, den der Betrieb einer WEA auf die Erkennung solcher geringer Erschütterungen infolge der von der WEA selbst erzeugten Erschütterungen hat, ist – wiederum anders als bei einem Wetterradar – nicht begrenzt auf einen bestimmten räumlichen Bereich (wie das von der WEA beeinträchtigte schmale Kreissegment eines sich um 360 Grad drehenden Radars), sondern betrifft den gesamten 360 Grad umfassenden Detektionsbereich des seismologischen Messstation, da die von der WEA verursachten Erschütterungen sich in alle Richtungen und außerdem auch über die Entfernung jenseits der seismologischen Messstation hinaus ausbreiten. Eine relevante Störung der bestimmungsgemäßen Aufgabenerfüllung tritt (insoweit ist die Situation gleich derjenigen bei einem Wetterradar) selbst dann ein, wenn sich der Rotor der WEA gar nicht dreht. Denn – wie oben ausgeführt – ist für die bestimmungsgemäße Aufgabenerfüllung der Messstationen im GRF-Array auch die Aussage von Bedeutung, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums kein detektionswürdiges Ereignis (Erdbeben, Kernwaffentest) gegeben hat. Eine solche Aussage ist aber dann nicht mehr zuverlässig möglich, wenn am Ort der seismologischen Messung unbekannt ist, ob innerhalb eines bestimmten Zeitraums die WEA überhaupt in Betrieb gewesen ist, so dass nicht entschieden werden kann, ob das Nichterkennen eines „detektionswürdigen“ Erschütterungssignals darauf zurückzuführen ist, dass es kein entsprechendes Ereignis (Erdbeben, Kernwaffentest) gegeben hat, oder nur darauf, dass das Erschütterungssignal in dem durch den Betrieb der WEA verstärkten Hintergrundrauschen „untergegangen“ ist.
4.2. Ob der unbenannte öffentliche Belang der Funktionsfähigkeit der Station GRC4 und des GRF-Arrays als Verbund durch den Betrieb der beiden WEA beeinträchtigt wird, ist gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar. Ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum steht insoweit der BGR weder bezüglich der Frage zu, ob überhaupt eine Beeinträchtigung vorliegt, noch in Bezug auf das „Entgegenstehen“ dieser Beeinträchtigung. Dies haben der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Beeinträchtigung eines vom Deutschen Wetterdienst (dem damaligen Beigeladenen) betriebenen Wetterradars entschieden und die Ablehnung einer solchen Einschränkung der gerichtlichen Kontrollbefugnis ausführlich mit den gesetzlichen Regelungen, welche die Aufgabenerfüllung des Deutschen Wetterdienstes betreffen, und dem Anwendungsbereich (und gerade auch der Anwendungsgrenzen) des Rechtsinstituts eines Beurteilungsspielraums, einer Einschätzungsprärogative oder eine Letztentscheidungsbefugnis begründet (vgl. BayVGH, U.v. 18.9.2015 – 22 B 14.1263 – juris Rn. 46 ff.; BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 4 C 6/15 – juris Rn. 15 bis 29). Rechtsvorschriften, die der BGR in Bezug auf die ihrer Aufgabenerfüllung dienenden seismologischen Messstationen im GRF-Array eine gewichtigere Position einräumen oder Ausdruck einer vom Gesetzgeber zuerkannten höheren Kompetenz sind, als sie der Deutsche Wetterdienst in Bezug auf seine Wetterradarstationen hat, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Auch andere rechtliche oder tatsächliche Merkmale, anhand derer die Rechtsprechung eine Zurücknahme der gerichtlichen Kontrollbefugnis trotz des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in Kauf nimmt und einen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraum, einer Einschätzungsprärogative oder eine Letztentscheidungsbefugnis anerkennt, sind vorliegend nicht festzustellen.
Dies gilt vorliegend insbesondere, soweit an eine wegen wissenschaftlicher Erkenntnisdefizite bestehende Einschätzungsprärogative (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 4 C 6/15 – juris Rn. 27 bis 29) gedacht werden könnte, die allerdings aus verfassungsrechtlichen Gründen ohnehin nur sehr zurückhaltend angenommen werden darf (vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13 – juris). Die im vorliegenden Fall bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnisdefizite betreffen – wie weiter unten noch dargelegt wird – die Frage, in welchem genauen Ausmaß eine erst noch zu errichtende WEA wahrscheinlich Erschütterungen über eine größere Entfernung hinweg (z.B. bis zu einer mehrere Kilometer entfernte seismologischen Messstation) verursachen wird und ob und wie diese Erschütterungen vermindert werden können. Die Erkenntnis dagegen, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Entfernung voraussichtlich Erschütterungen in einem für den bestimmungsgemäßen Betrieb der seismologischen Station beeinträchtigenden Ausmaß auftreten werden, beruht auf gerichtlich nachprüfbaren wissenschaftlich gesicherten Erfahrungswerten – nicht einem „wissenschaftlichen Patt“, das möglicherweise die Gerichte zur Einräumung einer Einschätzungsprärogative nötigt.
4.3. Der vorliegend in Rede stehende öffentliche Belang besteht nach der Überzeugung, die der Verwaltungsgerichtshof aus dem Inhalt der Akten und dem Vortrag der Beteiligten gewonnen hat, darin, dass durch das GRF-Array mit jeder einzelnen seiner 13 Messstationen möglichst lückenlos in zeitlicher wie räumlicher Hinsicht Erschütterungen, die z.B. durch Erdbebenereignisse oder durch Kernwaffentests ausgelöst werden, registriert werden, dass durch Analyse des Erschütterungssignals auf die vermutliche Herkunft und Ursache des Signals geschlossen wird, und dass die so gewonnenen Daten auch als „Wissensschatz“ archiviert und für die Weiterentwicklung der Wissenschaft und für die Beurteilung später eintretender ähnlicher Fälle vergleichend herangezogen werden können. Dabei kommt es gerade auch auf die Erkennung und zutreffende Beurteilung sehr schwacher Signale an, die von weit entfernten Quellen herrühren; gerade zu diesem Zweck sind die technisch aufwendigen, hochempfindlichen Breitband-Messgeräte im GRF-Array entwickelt und eingerichtet worden. Es kommt außerdem darauf an, dass jede einzelne der 13 Messstationen im GRF-Array ihren Beitrag leistet und möglichst ungestört Signale gewinnen kann. Denn die Anordnung der 13 Messstationen auf der Fränkischen Alb in einem bestimmten Abstand und einer bestimmten Form (Anordnung in Form eines „L“ als eine Art seismologischer Antenne, vgl. im Parallelverfahren 22 BV 17.2448 Schriftsatz der Beigeladenen zu 1 vom 12.1.2016 S. 9 vor Nr. 5.2) bezweckt nicht nur, Erschütterungssignale überhaupt zu erkennen. Vielmehr können die Stationen des GRF-Arrays zu einem Gesamtsystem zusammengeschaltet werden und ermöglichen dann, Informationen über die Einfallsrichtung entfernter Signale zu erlangen; zusätzlich wird für solche Signale auf der Summenspur das Signal-/Stör-Verhältnis gegenüber den Registrierungen der Einzelspuren verbessert (im Parallelverfahren 22 BV 17.2448 Schriftsatz der Beigeladenen zu 1 vom 12.1.2016 S. 9 Nr. 5.2). Zum Weiteren kommt es darauf an, dass die gewonnenen Daten unter solchen örtlichen Rahmenbedingungen erlangt werden, die über lange Zeiträume möglichst unverändert bleiben; nur auf diese Weise lassen sich aus Vergleichen mit den früheren, seit den Anfängen des GRF-Arrays in den 1970er Jahren gewonnenen Erkenntnissen ausreichend brauchbare weitere Erkenntnisse gewinnen. Zusammengefasst bedeutet dies: Das öffentliche Interesse des Bundes, das sich in dem durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe betriebenen Messsystem des GRF-Arrays manifestiert, geht dahin, gerade durch dieses aus 13 einzelnen Messstationen bestehende Verbundsystem Überwachungsaufgaben in großer Genauigkeit und Beständigkeit wahrzunehmen. Zwar bietet – wie der Verwaltungsgerichtshof den Ausführungen der Beigeladenen zu 1 entnimmt (im Parallelverfahren 22 BV 17.2448 Schriftsatz vom 12.1.2015) – das Zusammenwirken aller Stationen innerhalb des GRF-Arrays auch eine gewisse Redundanz der von den einzelnen Stationen geleisteten Beiträge. Diese kann aber – wie oben unter 4.1 ausgeführt – mittlerweile die bei einer einzelnen Station eintretenden Beeinträchtigungen praktisch nicht mehr auffangen, weil schon alle Stationen des GRF-Arrays Beeinträchtigungen durch WEA-Signale – mehr oder weniger stark – aufweisen. Hinzu kommt, dass auch die Messungen an einer einzelnen Station für sich genommen von Nutzen sind, wie Dr. S… für die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung dargestellt hat (vgl. Niederschrift vom 31.10.2019 S. 8, 9).
5. Vorliegend ist davon auszugehen, dass die beiden geplanten WEA bei B… im Betrieb Erschütterungen auslösen werden, die von der Messstation GRC4 aufgezeichnet werden, nicht von den bestimmungsgemäß zu erfassenden (von Erdbeben, Nukleartest usw. ausgelösten) Wellen unterschieden werden können und daher die bestimmungsgemäße Aufgabenerfüllung der Messstation GRC4 und des GRF-Arrays beeinträchtigen.
5.1. Diese Einschätzung beruht darauf, dass die beiden streitigen WEA in einer geringeren als der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE 2016 genannten Entfernung zur Station GRC4 (5 km) errichtet werden soll. Die Annahmen in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE 2016 sind zwar einer abweichenden Beurteilung im konkreten Einzelfall, bei der die technischen Einzelheiten einer geplanten WEA und die Verhältnisse am Standort betrachtet werden, zugänglich. Die Einzelfallbetrachtung führt im vorliegenden Fall aber nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
5.1.1. Die Einschätzung, dass – jedenfalls im Hinblick auf das GRF-Array – die Aussagen in Nr. 7.3.4 BayWEE 2016 auf besonderem Sachverstand und besonderen Erfahrungswerten beruhen, hat ein Fachkundiger, nämlich der vorliegend erstinstanzlich vom Verwaltungsgericht und sodann im Berufungsverfahren vom Verwaltungsgerichtshof als Sachverständiger herangezogene Prof. Dr. … W… in seinen schriftlichen Gutachten (vom 2.10.2019 und 29.10.2019) sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 31. Oktober 2019 ausgeführt. Er hat in seinem schriftlichen Gutachten (vom 2.10.2019) zunächst dargelegt, dass es außerordentlich schwierig ist, die von einer erst noch zu bauenden WEA voraussichtlich verursachten Erschütterungen zu prognostizieren; dies liege am Ausbreitungsverhalten der bei seismologischen Messstationen interessierenden Erschütterungen und der weitgehenden Unkenntnis über die Beschaffenheit des Ausbreitungsmediums auf der Strecke zwischen der WEA und einer seismologischen Messstation, nämlich des Erdbodens in Tiefen von mehreren Hundert bis etwa 1.000 Metern. Prof. Dr. W… hat ausgeführt, man könne heute und in naher Zukunft die Bodenerschütterungen einer WEA oder mehrerer WEAs in mehreren Kilometern Entfernung modellhaft bestenfalls in Größenordnungen abschätzen, sofern man keine empirischen Beobachtungen vor Ort zur Verfügung habe. Gleichzeitig liege mittlerweile eine Reihe von Erfahrungswerten aus seismologischen Messungen vor, die die Vorgaben des BayWEE 2016 stützten. Die Einschätzung des GRF-Arrays der BGR als höher schutzbedürftig als die Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes sei richtig, wenn man bedenke, dass ein Array, das die gleichzeitige Nutzung aller Stationen für Detektions- und Identifikationszwecke erlaube, nur dann funktioniere, wenn alle oder wenigstens die meisten Stationen ein gutes Signal/Stör-Verhältnis aufwiesen. An denjenigen BGR-Stationen, in deren Nähe es schon WEA gebe, könne anhand von Messungen der von diesen WEA schon verursachten Auswirkungen unter Umständen gezeigt werden, ob eine weitere WEA gravierend negative Auswirkungen haben würde, wenn sie in 5 km oder geringerer Entfernung installiert werde; es wäre also vertretbar, für diese Stationen die 3 km Entfernung beizubehalten, aber die Option für 3 bis 5 km einem Nachweis zu überlassen. Bei den Stationen dagegen, die keiner (schon bestehenden) vergleichbaren WEA näher als 5 km ausgesetzt seien, sollte die im BayWEE 2016 genannte Entfernung von 5 km eigehalten werden (vgl. W…, Gutachten vom 2.10.2019, S. 6 zu Frage 2.2). In der mündlichen Verhandlung hat Prof. Dr. W… auf die Fragen des Klägerbevollmächtigten nach der wissenschaftlichen Rechtfertigung der im BayWEE 2016 angegebenen pauschalierenden 3 km bzw. 5 km-Abstände und danach, ob man nicht zwingend immer den jeweiligen Einzelfall prüfen müsse, ausgeführt: Durch die Arbeiten der BGR sei durch lange Datenseiten nachgewiesen, dass bei einem Abstand von 5 km im Prinzip das stets vorhandene Hintergrundrauschen (bestehend aus zufälligen und ungewollten Signalanteilen, die neben dem gewünschten Nutzsignal durch das Messinstrument aufgezeichnet werden) erreicht werde. Dies sei ein experimenteller Nachweis aus vorhandenen Daten. Seiner Ansicht nach sei deshalb der 5 km-Radius absolut zu rechtfertigen, aus wissenschaftlicher Sicht sei er jedenfalls für die Verhältnisse in dieser Region bewiesen. Dahinter stehe die Annahme, dass die geologischen Verhältnisse jedenfalls in der Region annähernd vergleichbar seien. Ein 5 km-Abstand sei daher ein typischer Wert, bei dem das Störsignal auf das Rauschniveau absinke. Dies gelte jedenfalls bei höheren Frequenzen; es stimme dagegen nicht so bei 1 Hertz. In diesem Frequenzbereich gebe es vielmehr immer noch Störungen. Diese würden allerdings durch eine Abstandsvorgabe von 5 km in Kauf genommen; einen Nachteil für die seismologische Messstation gebe es auch bei einem Abstand zur WEA von 5 km. Ein Abweichen von den 5 km sei seiner Meinung nach erst dann kein Problem, wenn Nachweise für entsprechend geringere Energieeinträge geführt werden könnten (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 31.10.2019, S. .7 und 8).
5.1.2. Die in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE 2016 enthaltenen fachlichen Aussagen können also als antizipiertes Sachverständigengutachten dahingehend verstanden werden, dass bei einer Unterschreitung des dort genannten Abstands zwischen WEA und seismologischer Messstation (5 km) im Regelfall die seismologische Messstation und das GRF-Array einen nicht unerheblichen Teil der zu erkennenden „Nutzsignale“ (Erdbeben- und Atomtest-Wellen) nicht detektieren können. Dies hat in rechtlicher Hinsicht. zur Folge, dass der geplanten WEA der ungeschriebene öffentliche Belang (§ 35 Abs. 3 BauGB) der bestimmungsgemäßen Funktion einer der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE 2016 genannten seismologischen Messstationen im Sinn von § 35 Abs. 1 BauGB entgegensteht und damit eine nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu beachtende, aus anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften sich ergebende Genehmigungsvoraussetzung nicht erfüllt ist.
5.1.3. Die antizipierte sachverständige Einschätzung, dass die Station GRC4 von den beiden neu hinzukommenden WEA, die im Abstand von weniger als 5 km betrieben werden sollen, in ihrer bestimmungsgemäßen Funktion beeinträchtigt wird, ist nicht widerlegt. Die G** GmbH hat (dem Gutachten vom 16.3.2017 zufolge) experimentell untersucht, welchen zusätzlichen Einfluss eine zusätzliche WEA (in der Modellrechnung die geplante WEA 8) auf die Messstation GRC4 haben könnte, verglichen mit dem schon bestehenden Einfluss der vorhandenen 7 WEA (WEA 1 bis 7). Im Ergebnis leugnet die Klägerin nicht, dass die geplanten beiden WEA einen zusätzlichen nachteiligen Einfluss auf die seismologischen Messungen durch die GRC4 haben. Sie hält ihn – gestützt auf die von ihr vorgelegten Gutachten – indes für so gering, dass eine rechtserhebliche Störung der Funktionsfähigkeit der GRC4 und oder des Gräfenberg-Array nicht angenommen werden könne. Diese Einschätzung würde im Ergebnis mit der eigenen Einschätzung der Beigeladenen zu 1 übereinstimmen, die diese im Genehmigungsverfahren anfänglich (mit Schreiben vom 24.3.2014) abgegeben hat, hiervon aber danach – mit für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbaren Gründen – abgerückt ist.
5.2. Das Ausmaß, in dem der Betrieb der beiden streitigen WEA bei B… die bestimmungsgemäße Funktion der Station GRC4 und des GRF-Arrays in seiner Gesamtheit beeinträchtigen wird, ist erheblich.
5.2.1. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. W… hat in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2019 (ab S. 5 Mitte) auch zum „Bauvorhaben WEA 8, WEA 9 B…“ Stellung genommen; hierbei hat er sich mit der von der Klägerin aufgebotenen gutachtlichen Äußerung der G** GmbH vom 16. März 2017 befasst. Er hat in dieser ersten gutachtlichen Stellungnahme den Vergleich mit der – in dem Gutachten hauptsächlich behandelten – Situation einer bislang nahezu unbelasteten anderen seismologischen Messstation (GRB5 bei D…) gezogen. Im Vergleich zu dieser Station hat er zwar die zusätzliche Störung im vorliegenden Fall als „nicht erhebliche Störung“ bezeichnet. Er ist hierbei auf die Untersuchung der G** GmbH eingegangen, die zunächst die Leistungsdichtespektren unter verschiedenen Betriebsbedingungen von zweien der schon vorhandenen WEA (WEA 2 in ca. 4 km Abstand von GRC4, WEA 4 in ca. 4 km Abstand) analysiert und sodann den zusätzlichen Einfluss einer einzigen hinzukommenden WEA betrachtet hat, indem sie die Spektren um den Zeitpunkt des Abschaltens der zusätzlichen WEA einerseits und des am folgenden Tag verfolgten Anschaltens der WEA bei erheblicher Windlast (8 bis 12 m/s und 9 bis 7 m/s) miteinander verglichen hat. Weil bei diesem Vergleich kein deutlicher Unterschied zu sehen war, wurde hieraus gefolgert, dass eine zusätzliche WEA in 4 km Entfernung keine erhebliche Störung darstelle. Dieser Folgerung hat Prof. Dr. W… zugestimmt.
5.2.2. Aus der fachlichen Einschätzung der zusätzlich hinzukommenden Störwirkung im Verhältnis zu einer erstmaligen Störwirkung, die der Sachverständige abgegeben hat („keine erhebliche Störung“), folgt indes nicht, dass die Störwirkung der beiden geplanten WEA keine im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB rechtserhebliche Störung der Funktionsfähigkeit der GRC4 und des GRF-Arrays wäre. Denn zum einen ist diese fachliche Einschätzung jedenfalls vorrangig auf die Messstation GRC4 bezogen; die Auswirkungen dieser Störung auf das GRF-Array als eines Systems von aufeinander abgestimmten WEA dagegen hat sie nicht im Blick. Davon abgesehen hat der Sachverständige Prof. Dr. W… in seiner vom Verwaltungsgerichtshof erbetenen ergänzenden Stellungnahme (vom 30.10.2019) keinen Zweifel daran gelassen, dass die vorhandenen und die geplanten WEA in ihrer Gesamtheit eine – auch nach seinem Verständnis – erhebliche Störung der Messstation GRC4 verursachen werden (Gutachten vom 30.10.2019 S. 3 oben).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat der Sachverständige daran festgehalten, dass nach der ersten und der zweiten WEA, die in der Nähe eines seismologischen Messstation gebaut würden und die er als „entscheidenden Sündenfall“ bezeichnen würde, später noch zusätzlich hinzukommende WEA nur noch geringere Effekte durch zusätzlich hinzukommende Störpegel hätten. Die Messstation GRC4 sei schon jetzt massiv gestört, vor allem bei Volllastbetrieb der WEA. Das Problem sei, zu bestimmen, was als akzeptabel angesehen werden könne. Seismologen wollten natürlich eine möglichst große Empfindlichkeit. Für jede Störung und jeden Einfluss auf das Signal-Störverhältnis müsse man gleichsam einen Preis bezahlen, für dessen Quantifizierung es kein Kriterium gebe. Speziell zum GRF-Array merke er an, dass es sich dabei um eine auch international herausragende Institution handele; dort solle man sehr vorsichtig sein mit der Frage, ob Verluste hingenommen werden könnten oder nicht.
Der Sachverständige Prof. Dr. W… hat auf Nachfrage von Dr. S… (für die Beigeladene zu 1) auch dessen Einwand bestätigt, dass sich der Zubau zweier zusätzlicher WEA in jedem Fall auf die Funktionalität des Gesamtarrays auswirke, unabhängig davon, ob die neu hinzukommenden WEA im Störbereich einer bislang unbelasteten seismologischen Messstation oder im Störbereich von ohnehin schon durch andere Störwirkungen in ihrer Funktion stark eingeschränkten seismologischen Messstationen errichtet würden. Denn es treffe zu, dass der zusätzliche, von einer der 13 Messstationen des GRF-Arrays erfasste Störpegel hinzukommender WEA – unabhängig von deren Standort – jedenfalls in den Summenpegel des GRF-Arrays einfließe, diesen also erhöhe, auch wenn der diesbezügliche Einfluss einer einzelnen von insgesamt 13 Stationen minimal sei.
5.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Rechtsauffassung der Klägerin, dass sich die derzeit vorhandene starke „Vorbelastung“ der Station GRC4 durch mehrere große WEA in ihrer Nähe schutzmindernd auswirken würde mit der Folge, dass die seismologische Messstation auch noch eine – für sich genommen relativ geringere – zusätzliche Störwirkung durch die beiden streitigen WEA hinnehmen müsste. Das Gegenteil ist der Fall. Denn der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich entscheidungserheblich von denjenigen Fällen, in denen die Rechtsprechung eine Vorbelastung mit schutzmindernder Wirkung angenommen hat (bzw. eine solche Annahme vom Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nicht beanstandet wurde). Bedeutsam sind Erwägungen zur Vorbelastung regelmäßig im Zusammenhang mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, z.B. bei konfligierenden Anlagen bzw. beeinträchtigten Objekten, die in aneinandergrenzenden Gebieten verschiedener bauplanungsrechtlicher Qualität gelegen sind, so dass eine Zwischenwertbildung in Betracht kommt, oder bei Erweiterung eines legalen Betriebs, der schon bisher – zwar in geringerem Maß, aber schon vorbelastend – emittiert hat. So hat das Bundesverwaltungsgericht im Fall landwirtschaftlicher Geruchsimmissionen deren Zumutbarkeit bejaht und hierbei solche Vorbelastungen schutzmindernd gewertet, die daraus resultierten, dass der Ort, an dem sich die schutzbedürftige, nunmehr gegen Immissionen zur Wehr setzende Nutzung „niedergelassen“ hatte, schon durch eine vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt war und dass zudem die vorhandene Immissionssituation zumindest nicht verschlechtert wurde und zugleich die Grenze zur Gesundheitsgefahr noch nicht überschritten war (BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3/16 – juris Rn. 13). Vorliegend dagegen wurde nicht die Messstation CRG4 an einem „vorbelasteten“ Standort errichtet. Vielmehr hat sich die Beeinträchtigung der CRG4 erst nachträglich im Lauf der Zeit durch immer weitere WEA vergrößert bis zu einem derzeitigen Ausmaß, das die durch die streitigen WEA zu erwartende zusätzliche Störwirkung als relativ gering erscheinen lässt, mit diesen zusammen aber zu einer nochmals erhöhten, ganz beträchtlichen Störung führt.
In einer weiteren Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht gleichfalls darauf abgestellt, ob die zusätzliche Immission (dort: Erschütterungen) nicht nur absolut messbar, sondern – wie vorliegend – „spürbar“ ist; es hat auch im dortigen Fall darauf hingewiesen, dass unter bestimmten (dort allerdings nicht gegebenen) Voraussetzungen eine beträchtliche Vorbelastung gerade nicht schutzmindernd wirke, sondern zu einer besonderen Empfindlichkeit gegenüber weiteren Erhöhungen führen könne und ihre Grenze dort habe, wo bereits die Vorbelastung die Schwelle zur Eigentums- bzw. Gesundheitsverletzung überschreitet (BVerwG, U.v. 21.12.2010 – 7 A 14/09 – juris Rn. 30, 37 und 38 m.w.N.; ebenso BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 3 A 17/15 – juris Rn. 55). In solchen Fällen müsse gewissermaßen nicht „wegen“, sondern „aus Anlass“ einer notwendigen Planfeststellung eine erforderliche Schutzmaßnahme angeordnet werden (BVerwG, U.v. 31.1.2001 – 11 A 6/00 – juris Rn. 80, 81 m.w.N.).
In Bezug auf Erschütterungsimmissionen, denen Menschen ausgesetzt sind, hat das Bundesverwaltungsgericht im genannten Urteil vom 21. Dezember 2010 (Az. 7 A 14/09 – juris) gebilligt, dass in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss den Erschütterungsbetroffenen ein Entschädigungsanspruch erst für den Fall zugebilligt wurde, dass die Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 nicht eingehalten würden und sich die vor dem Ausbau vorhandene Vorbelastung um mehr als 25% erhöhe. Die in dieser Entscheidung herangezogenen Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 können zwar auf den vorliegenden Fall ebenso wenig wie der Prozentwert 25% übertragen werden, weil es vorliegend nicht um die Wirkung von Erschütterungen auf Menschen geht. Geltung für den vorliegenden Fall beansprucht aber die im dortigen Fall angestellte Erwägung, dass sich die Zumutbarkeit einer Erschütterungsbelastung (dort, wo noch keine Substanzschäden an Gebäuden zu befürchten sind) nicht allein nach technisch messbaren Unterschieden in der Erschütterungsintensität bestimmen, sondern es darauf ankomme, ob die neue Belastung (dort: von dem Betroffenen) auch als Verschlechterung der Situation empfunden werde. Mit dem Hinweis auf medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zum menschlichen Empfinden von Erschütterungen hat das Bundesverwaltungsgericht im dortigen Fall eine solche spürbare Verschlechterung verneint (BVerwG, U.v. 21.12.2010 – 7 A 14/09 – juris Rn. 35). Im vorliegenden Fall steht die durch die beiden streitigen WEA zu erwartende zusätzliche Störwirkung außer Frage; dass sie im Sinn der o.g. Rechtsprechung „spürbar“ ist, ergibt sich daraus, dass die GRC4 und das GRF-Array gerade dazu konstruiert und errichtet worden, Erschütterungssignale von sehr geringer Intensität zu detektieren. Die hinzukommende Störwirkung bleibt demnach gerade nicht unterhalb eines Wertes, der – vergleichbar der Irrelevanz-Schwellen nach Nr. 2.2 Buchst. a und Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 der TA Lärm – die Grenze zur Erheblichkeit der Zusatzbelastung markiert.
5.3. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Weg der gebotenen nachvollziehenden Abwägung zur Überzeugung gelangt, dass das privilegierte streitgegenständliche Vorhaben des Baus und Betriebs der beiden WEA geringeres Gewicht hat als der öffentliche Belang der Funktionsfähigkeit der seismologischen Messstation GRC4 und des GRF-Arrays, dieser Belang sich mithin gegen die geplante WEA durchsetzt.
Um feststellen zu können, ob ein in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannter oder ein unbenannter öffentlicher Belang einem privilegierten Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 1 BauGB „entgegensteht“, bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich einer die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden „nachvollziehenden Abwägung“. Dabei ist dem gesteigerten Durchsetzungsvermögen privilegierter Außenbereichsvorhaben gebührend Rechnung zu tragen (BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 4 C 6/15 – juris Rn. 30 m.w.N.). Von Bedeutung sein können dabei auch das Angewiesensein der WEA bzw. der technischen Anlage, die dem öffentlichen Belang dient, auf einen bestimmten Standort.
Vorliegend hat der Verwaltungsgerichtshof die Überzeugung gewonnen, dass entscheidendes Gewicht der Aufgabe und der dementsprechenden technischen Konzeption beizumessen ist, die seitens der öffentlichen Hand im Allgemeininteresse dem GRF-Array und den in diesem Array zusammenwirkenden Messstationen zugedacht ist. Das System liefert – wie oben bereits ausgeführt – seit mittlerweile etwa 40 Jahren Erkenntnisse über Erdbebenereignisse, aber auch über alle seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen. Hierzu ist das Array aufgrund seiner aufwendigen, besonders sensiblen Breitband-Messtechnik in der Lage, weil auch sehr schwache Signale aus dementsprechend sehr weit entfernten Quellen detektiert werden können. Es erscheint daher nicht übertrieben, die Messstation GRC4 im GRF-Array – mit den Worten der Beigeladenen zu 1 (Schriftsatz vom 19.6.2014 an die Genehmigungsbehörde) – als „wesentlichen Baustein der Infrastruktur des Bundes zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen“ und auch als bedeutsam für die Landesverteidigung zu bezeichnen, da die Bundeswehr zur Messung militärischer Nuklearversuche kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung nuklearer und chemischer Explosionen unterhalte. Diese Bedeutung kann nicht – wie dies seitens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeklungen ist (vgl. Niederschrift vom 31.10.2019 S. 7) – damit relativiert werden, dass es für die Kontrolle des Kernwaffenteststoppabkommens ein globales Netz verschiedener Staaten gebe, das das GRF-Array womöglich ersetzen könne. Eine solche Ersetzbarkeit in Bezug ausschließlich auf die technische Leistungsfähigkeit mag gegeben sein. Es kommt hierauf allein aber nicht an. Der Kernwaffenteststoppvertrag (im Jahr 1996 mit 158 von 173 Stimmen von der UN-Generalversammlung angenommen, mangels Ratifizierung durch alle Staaten aber noch nicht in Kraft) verbietet jede Art von Kernwaffenexplosion, ob für zivile oder für militärische Zwecke. Zur Überwachung dieser Pflicht wurde mittels der eigens hierfür gegründeten Organisation über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) und deren Vorläuferorganisation ein Überwachungssystem aufgebaut, das Kernwaffenexplosionen weltweit registrieren kann (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kernwaffenteststopp-Vertrag). Die Beigeladene zu 1 hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass das GRF-Array ein sogenanntes nationales Verifikationsmittel ist, wie es die Vertragsstaaten kraft eigenen Entschlusses in Ergänzung zum international vereinbarten Stationssatz einsetzen dürfen; nationale Verifikationsmittel sind im CTBT-Vertrag definiert und dienen der Datenerhebung für Verifikationsaufgaben im Rahmen des CTBT. Die politische Entscheidung, ein nationales Verifikationsinstrument zu schaffen und sich nicht ausschließlich auf das globale Netz der Staatengemeinschaft zu verlassen, ist zu beachten und verleiht dem Verifikationsinstrument eine hohe Bedeutung auch dann, wenn seine Aufgaben in technischer Hinsicht auch von jenem globalen Netz wahrgenommen werden könnten.
Hinzu kommt, dass die Vergleichbarkeit der seit 1976 aufgezeichneten Daten mit neu zu gewinnenden Daten leidet, wenn einzelne Messstationen innerhalb des GRF-Arrays erheblich gestört werden, ggf. bis zu ihrer Unbrauchbarkeit und damit praktisch ihrem Ausfall. Denn die lokalen Registrierbedingungen am Standort einer Messstation gehen in die Messdaten des GRF-Arrays ein (dies zeigt sich deutlich an der von der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2019 vorgelegten und vom Gericht mit den Beteiligten erörterten Grafik zur Detektionsfähigkeit, in der die Entwicklung der vom gesamten Array erkannten Schwellenmagnitude in den Jahren von 1991 bis Januar 2019 dargestellt ist). Hieraus ergibt sich auch, dass sich die Übertragungsfunktion des Arrays als Ganzes ändert, wenn einzelne Stationsstandorte – z.B. weil eine Messstation wegen zu starker Störwirkung einer WEA verlegt werden müsste – geändert werden (vgl. Schriftsatz der Beigeladenen zu 1 vom 10.3.2015 an das Verwaltungsgericht München, ins vorliegende erstinstanzliche Verfahren eingeführt als Anlage zum Schriftsatz der Beigeladenen zu 1 vom 10.2.2016). Ein „Umzug“ der Messstation GRC4 wäre – unabhängig von der Frage, ob eine solche Art von Selbsthilfe der Beigeladenen zu 1, die das GRF-Array seit Jahrzehnten betreibt, überhaupt zumutbar wäre – daher kein in Betracht kommender Ausweg aus der Konfliktsituation zwischen öffentlichem Belang und im Außenbereich privilegierter WEA. Für die seismologische Messstation GRC4 spricht demzufolge das „Prioritätsprinzip“ (zur Bedeutung dieses Prinzips insbesondere im Immissionsschutzrecht vgl.: OVG NW, U.v. 16.6.2016 – 8 D 99/13.AK – juris Rn. 461 ff. m.w.N.; BVerwG, U.v. 19.1.1989 – 7 C 77/87 – juris Leits. 4 und Rn. 29) in einem weiteren Sinn: Die seismologische Messstation GRC4 kann, weil sie lange vor den nun geplanten WEA errichtet und in ein Netz von – auch nach ihrem Standort – aufeinander abgestimmten Stationen eingebunden wurde, nicht einfach an einen anderen Standort verlegt werden. Der Bau einer WEA an einem „Ausweichstandort“ hängt zwar gleichfalls von günstigen Voraussetzungen bzw. dem Fehlen etwaiger Hindernisse ab (z.B. Windhöffigkeit, Vorgaben des Artenschutzes usw.). Vorliegend geht es allerdings nur um eine relativ kleine erforderliche Ortsveränderung, um vom bisher geplanten Standort (4,48 km bzw. 4,96 km von der Station GRC4 entfernt) die 5 km-Distanz zu erreichen. Jedenfalls sind die Errichtung und der Betrieb der streitigen WEA nicht in vergleichbarer Weise auf den geplanten Standort angewiesen wie dies im Falle der Messstation GRC4 als Bestandteil des GRF-Arrays in außerordentlichem Maß der Fall ist.
6. Das Genehmigungshindernis des den geplanten WEA im Sinn von § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehenden Belangs lässt sich vorliegend auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse auch nicht durch eine besondere Art der Konstruktion der WEA, z.B. mittels einer „tieferen Gründung“ ausräumen, wie sie im Parallelverfahren 22 BV 17.2448 erörtert worden sind.
6.1. Die Gutachterin der Klägerin hatte in diesem Parallelverfahren eine solche Möglichkeit in ihrer ersten fachlichen Stellungnahme (G** GmbH vom 24.9.2015) angesprochen und hat sich – auf die Bedenken des vom Verwaltungsgericht bestellten Gutachters hin – mit der Thematik vertieft befasst (G** GmbH vom 25.10.2016). Der vom Verwaltungsgerichtshof hierzu befragte Sachverständige hat insoweit schlüssig ausgeführt, dass die mit Datum vom 29. September 2016 vorgelegten Berechnungen der G** GmbH keine tiefere Gründung-, betrachteten, sondern eine „Erhöhung des Schubmodules durch Bodenbehandlung unter dem Fundament“. Die Berechnungen seien ermutigend, bedürften allerdings der Überprüfung und Validierung im Licht der wissenschaftlichen Arbeiten und experimentellen Ergebnisse. Von ihm befragte Kollegen der geotechnischen Fachrichtungen hätten indes für unrealistisch gehalten, dass durch tiefe Gründungen oder Bodenverbesserungen die Schwingungsamplituden um Faktoren von 5 bis 10 verringert werden könnten (W… vom 2.10.2019 zu „Frage 1.2“ auf S. 6).
6.2. Es kann im Übrigen dahinstehen, ob mit einer besonderen Bodenbehandlung am den beiden geplanten Standorten der WEA oder mit einem besonders stabilen oder auf besondere Weise konstruierten Fundament der WEA („tiefe Gründung“) die von den WEA ausgehenden Schwingungen theoretisch so weit verringert werden könnten, dass eine erhebliche Störung der Funktionsfähigkeit des seismologischen Messstation GRC4 und/oder des GRF-Arrays nicht mehr zu besorgen wäre. Denn das zur Genehmigung gestellte Vorhaben der Klägerin hat eine derartige Gründung oder vorherige Bodenverbesserung nicht zum Inhalt; solche Maßnahmen werden lediglich im Parallelverfahren in einem „geotechnischen Bericht“ vom 7.5.2015, auf den die G** GmbH auf S. 7 und 14 ihrer Stellungnahme vom 24.9.2015 Bezug nimmt, empfohlen. Die G** GmbH hat den Unterschied zwischen einer Flachgründung und einer Tiefgründung beschrieben und zeichnerisch dargestellt (G** GmbH vom 24.9.2015 S. 44). Dieser Darstellung zufolge besteht eine Tiefgründung z.B. darin, dass unter der Fundamentplatte für die WEA sechs jeweils 15 m lange Großbohrpfähle in den Untergrund eingebracht werden; den gleichen Effekt soll eine Bodenverbesserung mittels „Rüttelstopfverdichtung“ erzielen (G** GmbH vom 24.9.2015 S. 14). Derartige Maßnahmen können – schon wegen ihrer zu überprüfenden bodenschutzrechtlichen Relevanz – nicht als bloße Details der Bauausführung eines im Wesentlichen unveränderten Vorhabens angesehen werden. Vielmehr führten sie zu einem „Aliud“ im Vergleich mit einer in Flachgründung bzw. ohne Rüttelstopfverdichtung geplanten WEA.
Die Berufung ist somit zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladenen jeweils keinen Antrag gestellt und sich somit nicht am Kostenrisiko beteiligt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, dass beide ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.


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