Baurecht

Brandmeldeanlage, Verwaltungsgerichte, Erteilte Baugenehmigung, Baugenehmigungsbehörde, Brandschutznachweis, Brandschutzkonzept, Brandschutzanlage, Entscheidung durch Gerichtsbescheid, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sachverständige, Rechtsmittelbelehrung, Integrierte Leitstelle, Prozeßbevollmächtigter, Postfachanschrift, Bescheinigung, Prüfbericht, Kostenentscheidung, Abwendungsbefugnis, Bauvorhaben, Befähigung zum Richteramt

Aktenzeichen  B 1 K 19.484

Datum:
4.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40865
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ILSG Art. 2 Abs. 2

 

Leitsatz

Gründe

I.
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 18. April 2019 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung und den Betrieb Integrierter Leitstellen (Integrierte Leitstellen-Gesetz – ILSG) sind Brandmeldeanlagen zur Feuerwehralarmierung, deren Errichtung nach einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift vorgeschrieben ist oder angeordnet wurde (notwendige Brandmeldeanlagen) an die zuständige alarmauslösende Stelle aufzuschalten.
1. Zuständige alarmauslösende Stelle nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2 ILSG ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs allein die Integrierte Leitstelle. Die Direktaufschaltung aller Brandmeldeanlagen im Bereich des Zweckverbands dient der schnellstmöglichen und zuverlässigen Brandmeldung im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr. Die Zwischenschaltung eines privaten Sicherheitsdienstes hätte demgegenüber Zeitverluste und zusätzliche Übertragungsrisiken zur Folge und ist deshalb auch angesichts des klaren Gesetzeswortlautes nicht zulässig (BayVGH, B.v. 11.11.2009 – 15 CS 09.2374 – juris Rn. 10). Die Aufschaltung an eine privat organisierte Meldestelle ist demnach nicht ausreichend.
2. Bei der Brandmeldeanlage in der …14 handelt es sich um eine notwendige Brandmeldeanlage, da sie von der Stadt … in der Baugenehmigung vom 27. April 2006 unter Nr. 2.3 angeordnet wurde. Unter „Vorbeugender Brandschutz“ wird ausgeführt: „Mit der Bescheinigung des Sachverständigen … vom 7. April 2006 gelten die öffentlich-rechtlichen Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes als erfüllt. Die Forderungen des Sachverständigen sind bei der Bauausführung zu beachten. Die ordnungsgemäße Ausführung ist durch eine Bescheinigung des Sachverständigen der Bauaufsichtsbehörde nachzuweisen (§ 13 SachverständigenverordnungBau).“
Da durch die Anordnung in der Baugenehmigung Bezug genommen wird auf die Bescheinigung „vorbeugender Brandschutz nach Art. 69 Abs. 4 BayBO in Verbindung mit § 13 SVBau“ der Brandschutzingenieure … vom 7. April 2006 für die …14 (Fl.Nr. …/2), Anbau einer Produktionshalle an den bestehenden Betrieb, werden die dort ausgeführten Anforderungen zum Gegenstand der Baugenehmigung selbst gemacht. Auf Seite 4, Nr. 8.0 der Bescheinigung steht: „Die Brandmeldeanlage ist unmittelbar bei der die öffentliche Feuerwehr alarmierenden Stelle aufzuschalten.“
Somit handelt es sich um eine behördlich angeordnete und damit notwendige Brandmeldeanlage.
3. Die Aufschaltung an die Integrierte Leitstelle der Feuerwehr ist zumindest nachweislich nicht erfolgt: In der Bescheinigung zur Teilabnahme (vorzeitige Benutzung) der Brandschutzingenieure … vom 9. März 2007 (* …14) wird ausgeführt: „Da die Brandmeldeanlage jedoch derzeit nicht bei der Leitstelle der Feuerwehr aufgeschaltet ist, kann derzeit keine abschließende Fertigstellung im Sinne von § 13 Satz 1 SVBau bestätigt werden.“ Gemäß der Bescheinigung „vorbeugender Brandschutz nach Art. 69 Abs. 4 BayBO, § 13 SVBau, Bestätigung über die Verwirklichung des Brandschutzkonzepts nach § 13 Satz 1 SVBau“ (* …14) vom 30. Mai 2007 der Brandschutzingenieure … heißt es: „Die Brandmeldeanlage ist in Abweichung zum Prüfbericht nicht unmittelbar bei der Leitstelle der Feuerwehr aufgeschaltet. Diese Situation wird für einen Zeitraum von maximal drei Jahren akzeptiert.“
Da die Frist abgelaufen ist und durch die Klägerin kein anderweitiger Nachweis vorgelegt wurde, ist davon auszugehen, dass eine Aufschaltung nicht erfolgt ist.
4. Die Notwendigkeit der Aufschaltung der Brandmeldeanlage an die Integrierte Leitstelle für das Objekt …14 ist auch durch die neu erteilte Baugenehmigung für das Objekt …16 nicht anders zu beurteilen. Unstreitig ist für das Bauvorhaben …16 eine Brandmeldeanlage nicht erforderlich. Dies ergibt sich aus dem Brandschutznachweis: Anbau einer Produktionshalle ( …16 (Fl.Nr. …/3 und 8) des Dipl. Bauingenieur … vom 6. März 2017 unter Nr. 8, Seite 14 (Automatische Brandmeldeanlage): „Formal nicht erforderlich. Im Bestand ist eine BMA vorhanden. Ob der Bauherr diese auf den Anbau erweitert, ist von ihm ggf. nach Rücksprache mit seinem Versicherer zu entscheiden.“
Zudem wird im Prüfbericht des Prof. Dr.-Ing. … (zum Objekt …16) vom 14. April 2017 in Nr. 10.5.10 auf Seite 7 ausgeführt: „Brandmelde- und Alarmanlage: Nach der gewählten Sicherheitskategorie 1 ist eine automatische Brandmeldeanlage nicht erforderlich. Eine Erweiterung der im Bestand vorhandenen BMA ist nicht Inhalt des BSN und damit auch nicht der Beurteilung.“
a) Weder aus der Baugenehmigung noch aus dem Brandschutznachweis oder dem Prüfbericht ergibt sich, dass eine Brandmeldeanlage für das Objekt …16 behördlich angeordnet und damit notwendig im Sinne des Art. 2 Abs. 2 ILSG ist. Folglich ist eine Aufschaltung einer in der …14 vorhandenen Brandmeldeanlage für das Objekt …16 auch nicht erforderlich.
Zwar mag der Wortlaut des streitgegenständlichen Bescheids in Nr. 1, dass die Brandmeldeanlage für das gesamte Objekt der Klägerin in der …14 in … auf dem Grundstück Fl.Nr. …/2 der Gemarkung … an die Integrierte Leitstelle … aufzuschalten ist, etwas missverständlich sein. Das Gericht legt Nr. 1 des Bescheids so aus, dass hiermit gemeint ist, dass für das gesamte Objekt auf dem Grundstück Fl.Nr. …/2 in der …14 die (bereits vorhandene) Brandmeldeanlage an die Integrierte Leistelle aufzuschalten ist und somit nicht auch eine Aufschaltung des Objekts in der …16 (Fl.Nr. …/3 und 8) gemeint war. Sämtlichem Schriftwechsel zwischen der Stadt …, dem Staatsministerium und der Klägerin ist zu entnehmen, dass die Beteiligten stets davon ausgingen, dass nur eine Erfüllung der Anordnungen in der Baugenehmigung vom 27. April 2006 (zum Objekt …14) im Raum stand und eine Aufschaltung des neuen Bauvorhabens …16 damit nicht gemeint war. Auch in der Begründung des Bescheids (auf Seite 4 erster Abschnitt) heißt es eindeutig: „Eine Erweiterung der bereits vorhandenen Brandmeldeanlage für die Produktionshalle… auf dem Grundstück …16 ist insoweit nicht erforderlich. In der Folge besteht jedoch aufgrund dieser isolierten brandschutzrechtlichen Betrachtung weiterhin die Verpflichtung zur Aufschaltung der vorhandenen Brandmeldeanlage für den „übrigen“ Gebäudekomplex auf dem Grundstück …14.“
b) Nicht zu folgen ist der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin, dass durch den Brandschutznachweis des Dipl. Bauingenieur … vom 6. März 2017 oder den Prüfbericht des Prof. Dr.-Ing. … vom 14. April 2017 auch für die …14 feststünde, dass dort keine Aufschaltung erforderlich ist, da eine derartige Ansicht den Gutachten explizit nicht zu entnehmen ist. Dipl. Bauingenieur … schreibt nur, dass im Bestand eine BMA vorhanden ist und dass der Bauherr selbst zu entscheiden hat, ob er diese auf den Anbau erweitert (Seite 14). Prof. Dr.-Ing. … führt ausdrücklich aus, dass eine Erweiterung der im Bestand vorhandenen BMA nicht Inhalt des BSN und damit auch nicht der Beurteilung ist (Seite 7). Unter Prüfergebnis ist vermerkt (Seite 9): Das Bauvorhaben: Anbau einer Produktionshalle (…16 in …) entspricht den Anforderungen des Brandschutzes gem. BayBO. Zum Objekt …14 werden somit keine Angaben gemacht.
Von keinem der Sachverständigen wurde ausdrücklich festgestellt, dass die vorhandene Brandmeldeanlage in der …14 tatsächlich an die Integrierte Leitstelle aufgeschaltet ist. Eine solche Feststellung kann auch nicht den Ausführungen im Brandschutznachweis des Dipl. Bauingenieur … vom 6. März 2017 auf Seite 4 entnommen werden: „Der Bestand der zwei Hallenabschnitte Formentechnik ist, außer der Zulässigkeit der Brandabschnittsfläche nicht weiter zu untersuchen, da hierfür legale Baugenehmigungen vorliegen. Die IndBauRL ist dort eingehalten. Dies wurde bei der Ortsbegehung festgestellt.“ Der Sachverständige stellte in seinem Bericht nur fest, dass eine Brandmeldeanlage vorhanden ist und dass legale Baugenehmigungen vorliegen. Durch den Satz, dass die IndBauRL eingehalten ist, ist nicht gesagt, dass eine Aufschaltung an die Integrierte Leitstelle erfolgt. Zudem behauptet die Klägerin in der Klagebegründung selbst, dass eine Aufschaltung nur bei einer privaten Stelle erfolgt sei. Dies ist aber, wie ausgeführt, nach der gesetzlichen Regelung des Art. 2 Abs. 2 ILSG nicht zulässig. Zudem kann ein gesetzliches Erfordernis nicht durch eine entgegenstehende Ansicht eines Sachverständigen aufgehoben werden.
Da auch eine Auseinandersetzung mit den Anforderungen an den Brandschutz in der Baugenehmigung vom 27. April 2006 (zum Objekt …14) in den beiden neuen Gutachten nicht erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass sich an der Beurteilung des Bauvorhabens dort nichts geändert hat. Im Brandschutznachweis für das Bauvorhaben …14 (Fl.Nr. …/2) vom 12. Dezember 2005 wird durch das Ingenieurbüro für Brandschutz und Sicherheitstechnik (Dipl. Ing. …) ausgeführt (auf Seite 11): „Der Bau der neuen Produktionshalle in der geplanten Form kann ohne brandschutztechnische Unterteilung zum Bestand erfolgen, wenn die vorgesehene Brandmeldeanlage für das gesamte Objekt installiert wird.“, (auf Seite 17): „Der Einbau der geplanten Brandmeldeanlage hat nach den anerkannten Regeln der Technik … zu erfolgen. … Das Auslösen der BMA muss auf eine ständig besetzte, alarmauslösende Stelle weitergeleitet werden. Die Brandmeldeanlage ist vor Nutzungsbeginn der neuen Produktionshalle durch einen verantwortlichen Sachverständigen nach § 16 SVBau für sicherheitstechnische Anlagen oder einer anerkannten Prüforganisation abnehmen und bescheinigen zu lassen.“, und auf Seite 23: „Bauliche Veränderungen… bedürfen einer erneuten Beurteilung und sind genehmigungspflichtig. Der Brandschutznachweis hat nur Gültigkeit in der Form der vorliegenden Planungsunterlagen i.V. mit dem grafischen Brandschutzkonzept. Er ist nur in seiner Gesamtheit anwendbar.“
Wie bereits erörtert, wurde die Erfüllung dieser Anforderungen nicht nachgewiesen (vgl. Bescheinigung vorbeugender Brandschutz vom 30. Mai 2007 der Brandschutzingenieure …: „Die Brandmeldeanlage ist in Abweichung zum Prüfbericht nicht unmittelbar bei der Leitstelle der Feuerwehr aufgeschaltet. Diese Situation wird für einen Zeitraum von maximal drei Jahren akzeptiert.“.
III.
Die Klägerin trägt als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO.
IV.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.


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