Baurecht

(Eisenbahnvermögen: Vermögensverfügungsbeschränkungen aufgrund frührer Widmungen bei Übertragung des Eisenbahnvermögens auf die DB AG und DB Netz AG; Ansprüche auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur mit Unternehmensgenehmigung und Schutz dieser Infrastruktur nach § 1004 BGB)

Aktenzeichen  V ZR 83/18

Datum:
19.6.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:190620UVZR83.18.0
Normen:
§ 6 Abs 1 AEG
§ 6 Abs 6 AEG
§ 11 Abs 1 S 1 AEG
§ 11 Abs 1 S 3 AEG
§ 11 Abs 1 S 4 AEG
§ 11 Abs 1 S 5 AEG
§ 11 Abs 1a AEG
§ 23 Abs 1 AEG
§ 20 BEZNG
§ 21 BEZNG
ENeuOG
§ 1004 Abs 1 S 2 BGB
Spruchkörper:
5. Zivilsenat

Leitsatz

1. Die Übertragung des bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens auf die DB AG und später auf die DB Netz AG im Rahmen des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) hat nicht dazu geführt, dass das bahnnotwendige Eisenbahnvermögen „freies“ zivilrechtliches Vermögen der DB AG bzw. der DB Netz AG geworden ist. Vielmehr setzen sich die aus den früheren Widmungen folgenden Beschränkungen unverändert fort. Sie lasten als Inhaltsbeschränkungen auf dem bahnnotwendigen Vermögen und gehen deshalb auch durch einen Erwerb der Grundstücke, auf denen sich Eisenbahninfrastruktur befindet, nicht verloren, sondern binden den Erwerber.
2. Eine Unternehmensgenehmigung zum Betrieb der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur nach § 6 Abs. 1 AEG vermittelt dem Inhaber zwar nach § 6 Abs. 6 AEG nicht schon als solche ein Recht auf Zugang zu der Eisenbahninfrastruktur. Der Inhaber einer solchen Genehmigung kann aber in entsprechender Anwendung von § 11 AEG von demjenigen, der das Grundstück erworben hat, ohne dass dem ein Verfahren nach dieser Vorschrift vorausging, die Unterbreitung eines Angebots zum Abschluss eines Kauf- oder Pachtvertrags über das Grundstück zwecks Betriebs der Eisenbahninfrastruktur zu den in Absatz 1 Satz 3 und Absatz 1a der Vorschrift bestimmten Bedingungen verlangen.
3. Verbunden mit dieser Aussicht auf Abschluss eines Kauf- oder Pachtvertrags vermittelt eine Unternehmensgenehmigung zum Betrieb einer Eisenbahnstrecke eine Rechtsposition, die durch Zuweisungs- und Ausschlussfunktion gekennzeichnet ist und die entsprechende Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB rechtfertigt. Der Inhaber der Genehmigung kann daher schon vor dem Abschluss des Kauf- oder Pachtvertrags verlangen, dass die Eisenbahninfrastruktur der Strecke, auf die sich die Genehmigung bezieht, weder entfernt noch beschädigt wird.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Dresden, 12. März 2018, Az: 10 U 570/17vorgehend LG Görlitz, 9. März 2017, Az: 1 O 316/14 (2)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. März 2018 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten verurteilt worden ist, ein Betreten und eine vorübergehende Nutzung der im Tenor des genannten Urteils aufgeführten Grundstücke zwecks Besichtigung der Eisen-bahninfrastrukturanlagen zu unterlassen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage über die Berechtigung einerseits der Klägerin, die Gleisgrundstücke der Halle-Hettstedter-Eisenbahn für Eisenbahninfrastrukturdienstleistungen zu benutzen, und andererseits der Beklagten, Gleisanlagen dieser Bahnstrecke abzubauen und die Grundstücke einer anderweitigen Nutzung zuzuführen. Die Halle-Hettstedter-Eisenbahn wurde aufgrund einer Genehmigungsurkunde vom 23. April 1895 am 31. Dezember 1896 eröffnet. Sie wurde später zunächst Teil der Reichsbahn und danach Teil des Netzes der DB Netz AG. In der Vergangenheit wurden Teile der Gleisanlagen, Weichen, Bahnübergänge, Signalanlagen usw. demontiert. Das Eisenbahn-Bundesamt stellte auf Antrag der DB Netz AG zwei kleine Streckenabschnitte von Zwecken des Eisenbahnverkehrs frei, über die die Parteien nicht streiten. In den Jahren von 1998 bis 2003 genehmigte das Eisenbahn-Bundesamt der DB Netz AG mehrfach die Stilllegung von Teilen der Strecke. Ein durchlaufendes Streckenband besteht nicht mehr.
2
Der Klägerin wurde durch die zuständige oberste Landesbehörde am 19. September 2008 eine Genehmigung zum Betreiben der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur zwischen Halle (Saale)-Nietleben (Bahn-km 3,6) und Hettstedt (Bahn-km 44,6) einschließlich der im räumlichen Umfang befindlichen Eisenbahninfrastruktur erteilt. Die Genehmigung erging unbeschadet der privaten Rechte Dritter und unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die Klägerin zivilrechtlich nicht mehr zu dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur berechtigt sein sollte.
3
Mit Kaufvertrag vom 12. Januar 2010 erwarb die E.   GmbH, die auf die Beklagte verschmolzen wurde, von der DB Netz AG die Grundstücke, auf denen sich die Teilabschnitte Dölauer Heide bis Dölau (Bahn-km 4,860 bis 8,240), Lieskau bis Nauendorf (Bahn-km 8,240 bis 19,860) und Rottelsdorf bis Hettstedt (Bahn-km 23,870 bis 42,97) befinden. Die Beklagte möchte die auf den verkauften Grundstücken befindlichen Eisenbahnanlagen verwerten und die Grundstücke umnutzen. Anträge der DB Services Immobilien GmbH an das Eisenbahn-Bundesamt sowie der Beklagten an das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt auf Freistellung der Grundstücke von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 AEG hatten keinen Erfolg.
4
Nachdem die E.   GmbH bereits nach Abschluss des Kaufvertrages mit Vorbereitungen für den Rückbau von Teilen der Eisenbahninfrastruktur begonnen hatte, begann die Beklagte im September 2014 zwischen Bahn-km 39 und 41 mit dem Abbruch der Gleisanlagen, was die Klägerin durch eine einstweilige Verfügung untersagen ließ.
5
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung der Entfernung von Gleisanlagen auf den im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücken in Anspruch. Widerklagend – soweit hier noch von Interesse – begehrt die Beklagte die Verurteilung der Klägerin auf Unterlassung der Inbesitznahme und Nutzung der Eisenbahngrundstücke und der Überlassung dieser Grundstücke an den Verein „F.                                e.V.“ Nach Rechtshängigkeit der Klage hat die Beklagte ein etwa 300m langes Teilstück der Strecke (Bahn-km 10,960 bis Bahn-km 11,250) an F.      J.      veräußert, der mit Bescheid des Landkreises Saalekreis vom 17. Oktober 2016 die Genehmigung zum Rückbau der Gleisanlagen auf diesem Streckenabschnitt erteilt worden ist.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht durch Teilurteil die Klage abgewiesen und die Klägerin unter teilweiser Bescheidung der Widerklage verurteilt, es zu unterlassen, die Eisenbahngrundstücke selbst oder durch Beauftragte zu betreten, zu befahren, zu verändern oder anderweitig zu gebrauchen, zu nutzen oder anderweitig den Besitz und die Nutzung auszuüben, insbesondere dem Verein der F.                              e.V., dessen Mitgliedern oder sonstigen Vereinsförderern die Nutzung der Grundstücke zu gewähren und sich einer entsprechenden Überlassungsbefugnis zu berühmen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, möchte die Klägerin weiterhin die Stattgabe der Klage und die Abweisung der Widerklage erreichen.

Entscheidungsgründe

I.
7
Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Sie könne sich weder auf Eigentum noch auf Besitz an der Eisenbahninfrastruktur berufen. Auch ein quasi-negatorischer Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB komme ihr nicht zu. Weder die Widmung der Strecke zu Zwecken des Eisenbahnverkehrs noch die Unternehmensgenehmigung – sei es allein oder in der Gesamtschau – vermittelten der Klägerin ein Abwehrrecht. Allerdings sei die Bahnstrecke auf Grund der Genehmigungsurkunde von 1895 und der nachfolgenden Eröffnung des Bahnbetriebs, jedenfalls aber aus dem Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung, für Zwecke des öffentlichen Bahnverkehrs gewidmet worden. Diese Widmung wirke in der Weise fort, dass nach dem jeweiligen Überleitungsrecht der Fachplanungsvorbehalt auch für die Altstrecke gelte, weshalb die Rechtswirkungen der Widmung denen eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 VwVfG entsprächen. Die öffentlich-rechtliche Zweckbindung der betroffenen Grundstücke zur ausschließlichen Nutzung für Eisenbahnbetriebszwecke überlagere als öffentlich-rechtliche Last auf dem Grundstück die zivilrechtlichen Rechte des Grundstückseigentümers.
8
Die Widmung berechtige aber nicht zum Gemeingebrauch, sondern nur zu der Erbringung öffentlicher Eisenbahnverkehrsleistungen und zu dem Betrieb von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen nach Maßgabe des Allgemeinen Eisenbahngesetzes. Die zivilrechtliche Berechtigung zur Inanspruchnahme der für die Eisenbahninfrastruktureinrichtung erforderlichen Flächen müsse der Vorhabenträger entweder von den Eigentümern rechtsgeschäftlich erwerben oder notfalls durch Enteignung erlangen.
9
Die Unternehmensgenehmigung erlaube der Klägerin nicht die Abwehr von Einwirkungen auf die Eisenbahninfrastruktur. Ihrem Inhaber vermittele sie zwar eine Exklusivberechtigung zu dem Betrieb der Infrastruktur. Zivilrechtliche Zugriffsrechte folgten hieraus aber nicht, weil die zivilrechtliche Nutzungsberechtigung des Antragstellers gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 AEG keine Genehmigungsvoraussetzung sei. Die Unternehmensgenehmigung sei nicht mit einer Sondernutzungserlaubnis an einer – im Privateigentum stehenden – zum Gemeingebrauch gewidmeten Sache vergleichbar, weil hier nicht die kraft Gesetzes befugte Behörde dem Begünstigten unmittelbar eine Nutzungsbefugnis an der Sache zu einem bestimmten Zweck einräume. Etwas Anderes folge auch nicht aus der Pflicht zur Aufnahme und Aufrechterhaltung des Betriebs der Eisenbahninfrastruktur. Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 AEG setze die Betriebspflicht die zivilrechtliche Nutzungsbefugnis voraus.
10
Der mit der Widerklage verfolgte Unterlassungsanspruch der Beklagten sei hingegen im zuerkannten Umfang aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Die Beklagte könne als Eigentümerin der betreffenden Grundstücke deren Nutzung durch die Klägerin oder durch Dritte untersagen. Eine Duldungspflicht der Beklagten bestehe nicht, weil die Unternehmensgenehmigung der Klägerin keine zivilrechtlichen Zugriffsrechte einräume.
II.
11
Das hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand. Die Revision ist begründet, soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung der Klage wendet. Dagegen bleibt das Rechtsmittel im Wesentlichen ohne Erfolg, soweit die Klägerin mit ihm ihre Verurteilung auf Grund der Widerklage angreift.
12
1. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht verneinen. Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt kann die Klägerin in entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB verlangen, dass die Beklagte keine Abbruch- oder Rückbaumaßnahmen vornimmt, solange die Grundstücke mit der Eisenbahninfrastruktur, die die Klägerin öffentlich-rechtlich betreiben darf, für Zwecke des Eisenbahnverkehrs gewidmet sind.
13
a) Wenn sein Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt zu werden droht, kann der Eigentümer von dem Störer nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB die Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen. Diese Vorschrift gilt kraft gesetzlicher Verweisung auch für beschränkte dingliche Rechte an einem Grundstück, die mit dessen Besitz verbunden sind (vgl. z.B. §§ 1027, 1065 BGB; § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG). Solche Rechte stehen der Klägerin an den Grundstücken der Beklagten zwar nicht zu.
14
b) Das Berufungsgericht geht aber zutreffend davon aus, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 1004 Abs. 1 BGB nicht auf die Beeinträchtigung des Eigentums oder beschränkter dinglicher Rechte an Grundstücken beschränkt ist, der negatorische Schutz vielmehr auch sämtlichen absoluten Rechten zuerkannt und darüber hinaus auf alle deliktsrechtlich geschützten Rechtsgüter ausgedehnt wird (vgl. Senat, Urteil vom 13. März 1998 – V ZR 190/97, NJW 1998, 2058, 59 f.). Hierzu gehören nur absolute, gegenüber jedermann wirkende (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 12 – I ZR 187/10, BGHZ 192, 4 Rn. 23) Rechtspositionen, die wie die in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechte und Rechtsgüter durch Zuweisungs- und Ausschlussfunktion gekennzeichnet sind (vgl. MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl., § 823 Rn. 267; Staudinger/Hager, BGB [17], § 823 Rn. B 124). Eine solche Rechtsposition hat der Senat etwa für eine Badekonzession angenommen, die ihrem Inhaber ein über den Gemeingebrauch hinausgehendes und diesen ausschließendes Sondernutzungsrecht an einem bestimmten Strandabschnitt vermittelt (vgl. Senat, Urteil vom 31. Mai 1965 – V ZR 10/63, BGHZ 44, 27, 33 f.). Im Anschluss an diese Entscheidung wird in Rechtsprechung und Literatur allgemein die durch Vertrag oder Verwaltungsakt begründete Sondernutzungsbefugnis als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB eingeordnet (vgl. OLG Bamberg, NZM 1999, 1004, 1005; LG Berlin, Magazindienst 2006, 1399, 1401; Urteil vom 29. November 2007 – 5 O 162/07, juris Rn. 24; LG Köln, Urteil vom 25. Juli 2007 – 14 O 257/07, juris Rn. 14; AG Schwerte, Urteil vom 25. Januar 2016 – 2 C 9/16, juris Rn. 23; BeckOK BGB/Fritzsche [1.5.2020], § 903 Rn. 51; MüKoBGB/Wagner, 7. Aufl., § 823 Rn. 272 und 315; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 32a).
15
c) Eine vergleichbare Rechtsposition steht der Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu. Die ihr erteilte Unternehmensgenehmigung vom 19. September 2008 zum Betrieb der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur nach § 6 Abs. 1 AEG vermittelt ihr zwar nach § 6 Abs. 6 AEG nicht schon als solche ein Recht auf Zugang zu der Eisenbahninfrastruktur. Der Inhaber einer solchen Genehmigung kann aber in entsprechender Anwendung von § 11 AEG von demjenigen, der das Grundstück erworben hat, ohne dass dem ein Verfahren nach dieser Vorschrift vorausging, die Unterbreitung eines Angebots zum Abschluss eines Kauf- oder Pachtvertrags über das Grundstück zwecks Betriebs der Eisenbahninfrastruktur zu den in Absatz 1 Satz 3 und Absatz 1a der Vorschrift bestimmten Bedingungen verlangen und dieses Angebot, ggf. nach Verhandlungen, annehmen.
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aa) Auszugehen ist davon, dass die Übertragung des bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens auf die DB AG und später auf die DB Netz AG, die im Rahmen des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) nach Maßgabe von §§ 20, 21 BEZNG mit Wirkung zum 1. Januar 1994 erfolgt ist, nicht dazu geführt hat, dass das bahnnotwendige Eisenbahnvermögen „freies“ zivilrechtliches Vermögen der DB AG bzw. der DB Netz AG geworden ist. Vielmehr setzen sich die aus den früheren Widmungen folgenden Beschränkungen unverändert fort. Sie lasten als Inhaltsbeschränkungen auf dem bahnnotwendigen Vermögen und gehen deshalb auch durch einen Erwerb der Grundstücke, auf denen sich Eisenbahninfrastruktur befindet, nicht verloren, sondern binden den Erwerber, auch wenn er von der Widmung keine Kenntnis hat.
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(1) Die Grundstücke, auf denen sich die Eisenbahnstrecke befindet, die die Beklagte abbauen möchte, sind im Zusammenhang mit der Errichtung der Eisenbahnstrecke für Bahnbetriebszwecke gewidmet worden. Das Eisenbahnrecht sieht zwar, anders als z.B. das Straßenrecht (vgl. etwa § 2 FStrG), keine ausdifferenzierten Vorschriften für die Widmung von Eisenbahnvermögen für Bahnbetriebszwecke vor. Die Widmung erfolgte vielmehr durch die Errichtung der Eisenbahnstrecken und die Aufnahme des Betriebs der Eisenbahninfrastruktur auf den genehmigten Trassen, mithin durch tatsächliche Indienstnahme der Grundstücke für Bahnbetriebszwecke. Deshalb kann bei Strecken, die länger in Betrieb gewesen sind, regelmäßig von einer Widmung für Bahnbetriebszwecke ausgegangen werden (vgl. BVerwGE 99, 166, 169; BVerwG, NVwZ-RR 1999, 720; Urteile vom 23. Oktober 2002 – 9 A 12L.02, juris Rn. 40 und vom 23. Oktober 2002 – 9 A 22L.01, juris Rn. 53). So liegt es auch hier. Die Grundstücke, auf denen sich die Eisenbahnstrecke befindet, sind der DB AG durch oder aufgrund von §§ 20, 21 BEZNG als bahnnotwendiges, also als zum Bahnbetrieb erforderliches Vermögen übertragen worden. Die Widmung der Strecke für Bahnbetriebszwecke stellt die Beklagte auch nicht in Abrede.
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(2) Die aus der Widmung folgenden inhaltlichen Beschränkungen des Eigentums an dem bahnnotwendigen Eisenbahnvermögen sind nicht mit dem Erlass des erwähnten Eisenbahnneuordnungsgesetzes von 1993 entfallen.
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(a) Als Teil dieses Gesetzes hat der Gesetzgeber zwar auch das DB-Gründungsgesetz erlassen, aufgrund dessen die DB AG als eine Aktiengesellschaft gegründet worden ist. Durch die Übertragung an diese (privatrechtliche) Aktiengesellschaft ist das bahnnotwendige Eisenbahnvermögen formal aus dem Kreis der öffentlichen Sachen ausgeschieden.
20
(b) Dadurch ist die aus der Widmung des bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens für Bahnbetriebszwecke folgende Zweckbindung dieses Vermögens zur Verwendung für Bahnbetriebszwecke aber nicht entfallen. Die Länder haben im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens Bedenken gegen eine umfassende Privatisierung der Bundeseisenbahnen und gegen eine vorrangig von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten geprägte Nutzung und Verwendung der Eisenbahninfrastruktur erhoben (vgl. BT-Drucks. 12/5014 S. 17 f., 12/5015 S. 11 und 12/6269 S. 56, 139; BVerfGE 147, 50 Rn. 4 und 262 ff.; BVerwGE 129, 381 Rn. 24 f.). Diesen Bedenken hat der Gesetzgeber durch die Schaffung einer Infrastrukturgewährleistungsverantwortung des Bundes in Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG und die Regelung in § 11 AEG Rechnung getragen, die später durch den heutigen § 23 AEG ergänzt wurde. Der Betrieb der Eisenbahninfrastruktureinrichtungen wurde zwar formal in private Hand gegeben. Ein Infrastrukturunternehmen sollte aber zu deren Betrieb verpflichtet sein. Deshalb ist der DB AG durch und aufgrund von §§ 20, 21 BEZNG auch nicht das gesamte, sondern nur das bahnnotwendige Eisenbahnvermögen übertragen worden (vgl. BVerfGE 129, 356, 358).
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(c) Nach der Konzeption des Allgemeinen Eisenbahngesetzes soll die Zweckbindung des bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens nicht durch tatsächliche Betriebsaufgabe und Verkauf der Grundstücke entfallen. Die Bindung soll nur in einem zweistufig angelegten Verwaltungsverfahren aufgehoben werden können. Gedankliche Grundlage dieser Regelungen ist der Fortbestand der aus der Widmung folgenden Zweckbindung als inhaltliche Beschränkung des der DB AG im Rahmen der Bahnreform von 1993 übertragenen Eigentums an den Gegenständen des bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – 3 StR 312/10, BGHSt 56, 97 Rn. 11 f. und BVerwGE 102, 269, 271 f. und 129, 281 Rn. 24 f.).
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(3) Daran hat die höchstrichterliche Rechtsprechung auch nach der Neufassung der Vorschrift des § 23 AEG durch das Gesetz vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138 – 3. AEG-Novelle 2005) festgehalten, die die behördliche Entscheidung über die Entlassung aus der Zweckbindung näher ausgestaltet (vgl. BVerwG, N&R 2014, 245 Rn. 13). Das entspricht zugleich der überwiegenden Meinung in der Instanzrechtsprechung und Literatur (LG Köln, Urteil vom 25. Juli 2007 – 14 O 257/07, juris Rn. 15; LG Bonn, NVwZ-RR 2009, 93, 94; OVG Koblenz, NJOZ 2014, 734, 738; VG Köln, Urteil vom 26. Januar 2007 – 18 K 1195/06, juris Rn. 24; Kramer, AEG, § 23 Rn. 2 ff.; Geiger in Eiding/Hofmann-Hoeppel, FormB-VerwR, 2. Aufl., § 30 Rn. 59; aA: BeckAEG-Komm/Hermes, 2. Aufl., § 23 Rn. 8; Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 326; Schmitt, UPR 2005, 427, 429; offen VGH München, GewArch 2014, 44 Rn. 21; BeckAEG-Komm/Gerstner, 2. Aufl., § 14 Rn. 50; BeckAEG-Komm/Vallendar, 2. Aufl., § 18 Rn. 38). Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung hat der Senat nicht. Die Regelung in dem heutigen § 23 AEG fügt sich in das beschriebene Regelungskonzept des Gesetzgebers ein. Nicht nur die Stilllegung von Eisenbahninfrastruktur, sondern auch die Entlassung der Grundstücke, auf denen sie sich befindet, aus der Zweckbindung soll nicht von der – regelmäßig nur den Grundsätzen unternehmerischen Handelns folgenden – Entscheidung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens abhängen, sondern von der – an dem in § 23 Abs. 1 AEG konkretisierten Interesse der Allgemeinheit auszurichtenden – Entscheidung der zuständigen Eisenbahnbehörde.
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(4) Auf Grund der Bestimmung für Bahnbetriebszwecke und der daraus folgenden inhaltlichen Beschränkungen des Eigentums können die Grundstücke, auf denen sich eine Eisenbahnstrecke befindet, nur durch eine förmliche Entwidmung bzw. durch eine Freistellung von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 Abs. 1 AEG entlassen werden. Hier hat das Berufungsgericht zwar Entwidmungen kleinerer Streckenteile festgestellt. Nicht festgestellt ist aber, dass die Grundstücke, auf denen die Beklagte die Entfernung von Anlagen der Eisenbahninfrastruktur unterlassen soll, förmlich entwidmet oder gemäß § 23 Abs. 1 AEG von Bahnbetriebszwecken freigestellt worden sind. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts folgt auch nicht zwangsläufig, dass die Halle-Hettstedter-Eisenbahn ihre Eigenschaft als Eisenbahnstrecke verloren hat. Denn für deren Fortbestand genügt es, wenn sie eine zwischen zwei Punkten bestehende, von A nach B führende Verkehrsverbindung aus einem oder mehreren Gleisen geblieben ist (vgl. BVerwG, NVwZ 2009, 189 Rn. 6; BVerwGE 155, 218 Rn. 17). Für das Revisionsverfahren ist deshalb zu unterstellen, dass die aus der Widmung folgenden Beschränkungen des Eigentums an diesen Grundstücken nach wie vor für alle Flächen bestehen, über die die Parteien streiten, und dass die Eisenbahninfrastruktur auf diesen Grundstücken weiterhin eine Verkehrsverbindung im beschriebenen Sinne ist.
24
bb) Das angesprochene zweistufige Verwaltungsverfahren, mit dem der verfassungsmäßige Auftrag des Bundes zur Gewährleistung von Eisenbahninfrastruktur nach der Konzeption des Gesetzgebers umgesetzt und sichergestellt werden soll, ist in den §§ 11, 23 AEG geregelt.
25
(1) Diese Vorschriften setzen das oben (Rn. 21) beschriebene zentrale Anliegen des Gesetzgebers um, zwischen der Stilllegung einer Eisenbahninfrastrukturanlage und der Entwidmung der Grundstücke zu unterscheiden, auf denen sich diese Anlage befindet. Ausgangspunkt der Regelungen ist § 11 Abs. 1 Satz 1 AEG, wonach das Eisenbahninfrastrukturunternehmen aufgrund der ihm erteilten Unternehmensgenehmigung nicht nur die exklusive Berechtigung, sondern auch die Pflicht hat, die Eisenbahninfrastruktur zu betreiben, auf die sich die Genehmigung bezieht. Dieser Betriebspflicht soll sich das Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht dadurch entledigen können, dass es den Betrieb aufgibt, wenn dies aus seiner unternehmerischen Sicht angezeigt ist. Vielmehr bedarf es für die Aufgabe des Betriebs der Eisenbahninfrastruktur der Genehmigung der zuständigen Eisenbahnbehörde. Diese hat bei der Erteilung der Genehmigung auch andere Gesichtspunkte als die unternehmerischen Beweggründe des Eisenbahninfrastrukturunternehmens zu berücksichtigen. Vor allem aber darf die Genehmigung erst erteilt werden, wenn das in § 11 Abs. 1a AEG näher festgelegte Interessenbekundungsverfahren durchgeführt worden ist. Die Genehmigung, den Betrieb der Eisenbahninfrastrukturanlage aufzugeben, führt für sich genommen allerdings nur zur Befreiung von der Betriebspflicht, aber nicht zum Erlöschen der Widmung der Grundstücke, auf denen sich die Anlage befindet, zu Bahnbetriebszwecken. Diese entfällt erst mit der Freistellung von Bahnbetriebszwecken im Verfahren nach § 23 AEG. Diese Freistellung darf nur bewilligt werden, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist.
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(2) Die wesentliche Grundlage beider Entscheidungen der Eisenbahnbehörde – sowohl der Entscheidung über die Entlassung aus der Betriebspflicht gemäß § 11 AEG als auch der Entscheidung über die Freistellung von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 AEG – ist das angesprochene Interessenbekundungsverfahren. Dieses soll das Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das den Betrieb einer Eisenbahninfrastruktureinrichtung aufgeben will, durch die öffentliche Bekanntgabe seiner Absicht einleiten und vor der Entlassung aus der Betriebspflicht nach Möglichkeit, ggf. nach entsprechenden Verhandlungen, zu einem positiven Ergebnis führen, nämlich der Übergabe der Infrastruktureinrichtungen durch Verkauf oder Verpachtung an einen anderen Interessenten. Nur wenn sich keine Interessenten melden oder wenn die Verhandlungen trotz Übernahmeangebots zu in diesem Bereich üblichen Bedingungen erfolglos geblieben sind, soll die Befreiung von der Betriebspflicht ohne Übernahme des Betriebs der Eisenbahnstruktur durch ein anderes berechtigtes Unternehmen, im Ergebnis also die Stilllegung, genehmigt werden dürfen. Das Ergebnis des Interessebekundungsverfahrens ist die wesentliche Grundlage für die danach ggf. anstehende Entlassung der Grundstücke aus der Zweckbindung in dem Freistellungstellungsverfahren nach § 23 AEG. Dieses Verfahren stellt sicher, dass eine bahnfremde Nutzung erst dann möglich ist, wenn die öffentlichen Belange, die für eine Nutzung gemäß der ursprünglichen Zweckbestimmung sprechen, mit Zeitablauf ihr Gewicht nahezu vollständig eingebüßt haben (BVerwG, N&R 2014, 245 Rn. 13). Für diese Einschätzung bietet das Ergebnis des Interessenbekundungsverfahrens eine verlässliche, marktnahe Grundlage.
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cc) Dieses der Erfüllung des verfassungsmäßigen Auftrags des Bundes zur Gewährleistung von Eisenbahnstruktur dienende Konzept würde unterlaufen, wenn ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen oder ein sonstiger Grundstückseigentümer – wie die DB Netz AG hier – die Grundstücke mit der Eisenbahninfrastruktur ohne weitere Folgen an Dritte veräußern könnte, die die Infrastruktur nicht betreiben wollen (sog. kalte oder schwarze Stilllegung). Auf diese Weise würde nämlich der Wettbewerb der interessierten Akteure um den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur ausgeschaltet. Der Erwerber der Grundstücke wäre zum Betrieb der Eisenbahninfrastruktur mangels Unternehmensgenehmigung weder berechtigt noch verpflichtet. Er hätte aus diesem Grund auch keine Veranlassung, das Interessenbekundungsverfahren durchzuführen. Dieses soll aber gerade sicherstellen, dass Eisenbahninfrastruktur erst und nur dann aus der Zweckbindung entlassen wird, wenn sich auf Dauer niemand findet, der sie betreiben möchte, und ein Verkehrsbedürfnis tatsächlich nicht mehr besteht. Die Möglichkeit, die Vorschriften über das Interessenbekundungsverfahren durch einen Verkauf von Grundstücken mit Eisenbahninfrastruktur zu umgehen, liefe dem Plan des Gesetzgebers in einem zentralen Punkt zuwider. Sie ist eine planwidrige Regelungslücke, die geschlossen werden muss.
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dd) Der dargestellten Konzeption des Gesetzes entspricht es, die planwidrige Lücke mittels einer entsprechenden Anwendung der Regelungen über das Interessebekundungsverfahren in § 11 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 und Abs. 1a AEG auf den Erwerber von nicht entwidmeten Grundstücken mit Eisenbahninfrastruktur zu schließen.
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(1) Dieses Vorgehen ist möglich, weil Grundstücke und andere Gegenstände des bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens nur mit den aus ihrer Widmung zu Bahnbetriebszwecken folgenden inhaltlichen Beschränkungen erworben werden können. Der Erwerber wird von diesen Beschränkungen erst und nur dadurch frei, dass die Freistellung von Bahnbetriebszwecken im Verfahren nach § 23 Abs. 1 AEG festgestellt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt muss er hinnehmen, dass die erworbenen Grundstücke mit einem Interessebekundungsverfahren (wieder) einer ihrer Zweckbindung entsprechenden Nutzung zugeführt werden, indem die darauf befindliche Eisenbahninfrastruktur wieder betrieben wird.
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(2) Bei der entsprechenden Anwendung der Regelungen über das Interessenbekundungsverfahren in § 11 Abs. 1 Sätze 3 bis 5, Abs. 1a AEG auf den Erwerber nicht entwidmeter Grundstücke mit Eisenbahninfrastruktur kann danach zu unterscheiden sein, ob das veräußernde Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Zeitpunkt der Veräußerung noch betriebspflichtig oder bereits im Verfahren nach § 11 AEG von der Betriebspflicht freigestellt war. Im ersten Fall müsste das Interessebekundungsverfahren in Gänze nachgeholt werden. Im zweiten Fall hat es dagegen bereits stattgefunden, sodass es „nur“ um die Berücksichtigung eines später entstandenen Interesses an dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf dem nach wie vor für Eisenbahnzwecke gewidmeten Grundstück geht. Die Einzelheiten der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über das Interessenbekundungsverfahren müssen hier nicht geklärt werden.
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(3) Hier hat ein Interessebekundungsverfahren zwar noch nicht stattgefunden. Es gibt in der Person der Klägerin aber ein Unternehmen, das über eine Unternehmensgenehmigung zum Betrieb der Strecke verfügt und aufgrund dessen die exklusive Berechtigung (und auch die Pflicht) zum Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf den Grundstücken der Beklagten hat. In einem solchen Fall bedeutet die entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Interessenbekundungsverfahren, dass zum einen die Klägerin als Inhaberin einer Unternehmensgenehmigung zum Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf den Grundstücken der Beklagten von dieser jederzeit die Unterbreitung eines den Anforderungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 AEG entsprechenden Angebots wahlweise zum Kauf oder zur Pacht der Grundstücke mit der Eisenbahninfrastruktur verlangen und zum anderen die Beklagte als Erwerberin der Klägerin jederzeit unter Auslösung der Frist von drei Monaten nach § 11 Abs. 1a Satz 3 AEG mitteilen kann, dass sie die Stilllegung der Eisenbahninfrastruktur beabsichtigt. Das Angebot zu den in diesem Bereich üblichen Bedingungen, das die Beklagte ihr auf Verlangen zu unterbreiten hat, kann die Klägerin nach § 147 Abs. 2 BGB bis zu dem Zeitpunkt annehmen, in welchem die Beklagte als Erwerberin noch nicht entwidmeter, bahnnotwendiger Grundstücke mit Eisenbahninfrastruktur den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Diese Frist entspricht dem Zeitraum von drei Monaten, in dem die Beklagte in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 1a Satz 3 AEG die Aufforderung der Klägerin zur Unterbreitung eines Angebots erwarten darf.
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ee) Die Rechtsstellung der Klägerin erschöpft sich damit nicht in der ihr erteilten Unternehmensgenehmigung zum Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf den Grundstücken der Beklagten. Sie verfügt vielmehr aufgrund ihres gesetzlichen Anspruchs auf ein Angebot zum Verkauf oder zur Verpachtung der Grundstücke zu den üblichen Bedingungen über eine gesicherte Aussicht auf den zivilrechtlichen Zugriff auf die Grundstücke, auf denen sich die Eisenbahninfrastruktur befindet. Verbunden mit einer solchen Aussicht vermittelt eine Unternehmensgenehmigung zum Betrieb einer Eisenbahnstrecke eine Rechtsposition, die durch Zuweisungs- und Ausschlussfunktion gekennzeichnet ist und die entsprechende Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB rechtfertigt. Der Inhaber einer Unternehmensgenehmigung kann daher schon vor dem Abschluss des Kauf- oder Pachtvertrags verlangen, dass die Eisenbahninfrastruktur der Strecke, auf die sich seine Genehmigung bezieht, weder entfernt noch beschädigt wird.
33
ff) Bei der entsprechenden Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB auf die geschützte Rechtsposition der Klägerin ist allerdings zu berücksichtigen, dass sie zum einen nur so lange besteht, wie die Klägerin ein Angebot der Beklagten zur Übernahme der Eisenbahninfrastruktur durch Kauf oder Pacht der Grundstücke, auf denen sie sich befindet, annehmen kann. Zum anderen darf die Klägerin vor Abschluss eines Kauf- oder Pachtvertrags nach § 1004 Abs. 1 BGB zwar verhindern, dass die auf den Grundstücken der Beklagten befindliche Eisenbahnstruktur entfernt, zerstört oder beschädigt wird. Eine exklusive Nutzungsbefugnis an der Infrastruktur, die sie mithilfe des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB verteidigen könnte, steht ihr aber erst zu, nachdem sie zusätzlich zu der Unternehmensgenehmigung die zivilrechtliche Nutzungsbefugnis hinsichtlich der Grundstücke erlangt, also mit der Beklagten einen Kauf- oder Pachtvertrag geschlossen hat.
34
d) Dem möglichen Unterlassungsanspruch der Klägerin stünde der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) nicht entgegen.
35
aa) Im Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht allerdings zutreffend davon aus, dass die Ausübung eines Rechts als Vorwand für die Erreichung unlauterer Zwecke missbräuchlich und nach § 242 BGB unzulässig ist. Es ist weiter nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht einen solchen Fall dann annehmen will, wenn ein Unternehmen die durch die Stellung als öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen erlangte Rechtsposition für Zwecke ausnutzt, die in keinem Zusammenhang mit dem Eisenbahnverkehr stehen.
36
bb) So liegt es hier nach den bisher getroffenen Feststellungen aber nicht. Es ist nicht erkennbar, dass der mit der Klage verfolgte Erhalt der vorhandenen Eisenbahninfrastruktur nicht Zwecken des Eisenbahnverkehrs dient.
37
(1) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AEG sind Betreiber von Schienenwegen zum Betrieb ihrer Eisenbahninfrastruktur verpflichtet. Betreiber eines Schienenwegs ist jedes Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das für den Bau, den Betrieb, die Unterhaltung, die Instandhaltung und die Erneuerung der Eisenbahnanlagen, einschließlich Verkehrsmanagement, Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung zuständig ist, mit Ausnahme der Schienenwege in Serviceeinrichtungen (§ 2 Abs. 7 AEG). Die in § 11 Abs. 1 Satz 1 AEG angeordnete Pflicht, die Eisenbahninfrastruktur zu betreiben, dient dem öffentlichen Interesse an dem Erhalt der Eisenbahninfrastruktur (vgl. BT-Drucks. 18/8334 S. 254). An der aus der Unternehmensgenehmigung zum Betrieb einer Eisenbahnstrecke folgenden Betriebspflicht änderte es nichts, wenn die Strecke zuvor gemäß § 11 Abs. 1 Sätze 2 bis 5, Abs. 1a bis 5 AEG stillgelegt worden sein sollte. Mit der Erteilung der Unternehmensgenehmigung und der Übernahme der Strecke entsteht die Betriebspflicht nämlich neu (BVerwG, NVwZ 2019, 1683 Rn. 20). Das gilt erst recht, wenn – wie teilweise hier – die Strecke, für deren Betrieb ein anderes Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine Genehmigung erhalten hat, ohne Einhaltung des in § 11 AEG vorgeschriebenen Verfahrens „auf kaltem Wege“ stillgelegt worden ist.
38
(2) Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt handelt es sich bei der Klägerin um ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AEG; als solches ist sie zur Unterhaltung und Instandsetzung der Eisenbahninfrastruktur verpflichtet (vgl. BVerwGE 129, 381 Rn. 12 u. 23). Mit ihrem Unterlassungsantrag stellt sie sicher, dass sie die ihr gesetzlich obliegende Pflicht zum Betrieb der Schienenwege erfüllen kann. Da sie mit ihrer Klage ein gesetzliches Gebot befolgt, verfolgt sie auch dann keine unlauteren Zwecke, wenn sie mit ihrem Betrieb in erster Linie die Belange des Vereins F.                                e.V. fördern will. Zudem hätten an der Nutzung der Eisenbahnstrecke interessierte andere Eisenbahnverkehrsunternehmen nach § 10 Abs. 1 und 2 ERegG einen gesetzlichen Anspruch auf Zugang zu den Eisenbahnanlagen zu angemessenen, nichtdiskriminierenden und transparenten Bedingungen. Über die in diesem Zusammenhang von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge muss daher nicht entschieden werden.
39
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es auch nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Klägerin ihrer Betriebspflicht bisher genügt hat. Dies zu überwachen, ist allein Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde, die durch § 6g Abs. 4 AEG ermächtigt wird zu prüfen, ob eine erteilte Genehmigung zu widerrufen ist (vgl. BT-Drucks. 18/8334 S. 253). Im Übrigen folgt aus einem eventuellen Verstoß gegen die Betriebspflicht schon deshalb keine Einrede der Beklagten, weil diese Pflicht nicht der Beklagten gegenüber besteht.
40
e) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich ein Anspruch der Klägerin auch hinsichtlich des an F.       J.     veräußerten Streckenabschnitts (Bahn-km 10,960 bis 11,250) nicht verneinen. Diese Veräußerung hat nämlich nach § 265 Abs. 2 Satz 1, § 266 ZPO auf den Prozess keinen Einfluss, solange die Erwerberin den Rechtsstreit nicht als Hauptpartei übernimmt.
41
aa) Die genannten Vorschriften sind allerdings, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, in einem Rechtsstreit über einen Anspruch auf Unterlassung einer Störung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB nicht anwendbar, wenn die Einwirkung auf das geschützte Recht auf einer Handlung beruht, die mit der Nutzung oder dem Zustand des Grundstücks nicht in Verbindung steht. Sie setzen vielmehr voraus, dass die zu unterlassende Einwirkung die Folge einer bestimmten Nutzung oder eines das Recht beeinträchtigenden Zustands des Grundstücks ist (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2008 – V ZR 222/06, BGHZ 175, 253 Rn. 8).
42
bb) Diese zuletzt genannte Voraussetzung liegt hier aber vor. Äußerer Anlass für die Klage waren zwar die von der Beklagten veranlassten Arbeiten zur Entfernung von Teilen der auf den Grundstücken befindlichen Eisenbahninfrastruktur. Die von der Klägerin geltend gemachte Störung ihres Rechts auf Übernahme des Betriebs der auf den Grundstücken der Beklagten befindlichen Eisenbahninfrastruktur liegt aber nicht in der rein tatsächlichen Entfernung von Teilen der Infrastruktur. Denn eine solche Maßnahme könnte auch bei deren ordnungsgemäßem Betrieb erforderlich sein, etwa um die Betriebssicherheit der Schienenanlagen nach altersbedingtem Verschleiß wiederherzustellen. Zu einer Störung des von der Klägerin geltend gemachten Übernahmerechts führt die Entfernung von Teilen der Gleisanlagen hier vielmehr deshalb, weil sie Ausdruck der von der Beklagten in Anspruch genommenen Befugnis ist, mit den auf ihren Grundstücken befindlichen Gleisanlagen nach Belieben verfahren zu können (vgl. § 903 BGB). Damit streiten die Parteien im Kern über den rechtlichen Zustand der Grundstücke der Beklagten, nämlich darüber, ob die Beklagte an diesen Grundstücken „freies“ oder durch die Bindung für Zwecke des Bahnbetriebs inhaltlich beschränktes Eigentum erworben hat und ob die Klägerin aufgrund ihres Rechts zur Übernahme der Eisenbahninfrastruktur berechtigt ist, deren Erhalt auf den Grundstücken der Beklagten zu verteidigen. Auch das ist ein mit dem Zustand des Grundstücks verbundener Rechtsstreit.
43
2. Die Angriffe der Klägerin gegen ihre auf die Widerklage erfolgte Verurteilung, die Nutzung der Grundstücke der Beklagten zu unterlassen, sind dagegen im Wesentlichen unbegründet.
44
a) Zugunsten der Klägerin ist für das Revisionsverfahren zwar zu unterstellen, dass ihr ein Recht auf Übernahme des Betriebs der Eisenbahninfrastruktur auf den Grundstücken der Beklagten zusteht. Dieses Übernahmerecht gibt der Klägerin aber nur die Befugnis, in entsprechender Anwendung von § 11 AEG von der Beklagten in dem oben (Rn. 31) aufgezeigten Zeitraum die Unterbreitung eines Angebots zum Kauf oder zur Pacht der Grundstücke mit der Eisenbahninfrastruktur zu verlangen und in entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB, den Abbruch der Eisenbahninfrastruktur auf den Grundstücken zu verhindern. Ein Recht, die Grundstücke der Beklagten uneingeschränkt zum Betrieb der Eisenbahninfrastruktur zu nutzen und in diesem Rahmen Dritten zur Nutzung zu überlassen, steht der Klägerin dagegen erst zu, wenn sie ein Angebot der Beklagten zur Übernahme der Eisenbahninfrastruktur angenommen hat. Vor diesem Zeitpunkt ist die Klägerin im Grundsatz weder zu einer entsprechenden Benutzung der Grundstücke noch dazu berechtigt, deren Benutzung Dritten zu überlassen und sich entsprechender Rechte gegenüber Dritten zu berühmen.
45
b) Zu beanstanden ist die Verurteilung der Klägerin allerdings insoweit, als ihr auch untersagt worden ist, die im Tenor des Berufungsurteils aufgeführten Grundstücke zur Besichtigung der Eisenbahninfrastrukturanlagen zu betreten und zu diesem Zweck vorübergehend zu nutzen (z.B. durch eine Kontrollfahrt auf den Schienen). Der Klägerin kann nach dem für das Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt ein Anspruch auf Besichtigung der Eisenbahninfrastrukturanlagen auf den Grundstücken der Beklagten zustehen.
46
aa) Der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene § 22b AEG scheidet allerdings als Grundlage eines solchen Besichtigungsanspruchs aus. Diese am 13. März 2020 in Kraft getretene Vorschrift, die mit dem Gesetz zur weiteren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich vom 3. März 2020 (BGBl. I S. 433) in das Allgemeine Eisenbahngesetz eingefügt worden ist, wäre zwar mangels abweichender Überleitungsvorschriften grundsätzlich auch in laufenden Gerichtsverfahren anwendbar. Sie betrifft aber nicht die Befugnisse von Unternehmen, die über eine Genehmigung zum Betrieb einer Eisenbahnstrecke verfügen, gegenüber den Eigentümern der Grundstücke, auf denen sich die Eisenbahnstrecke befindet. Sie regelt vielmehr in Anlehnung an § 11 WaStrG und ebenso wie die gleichzeitig erlassene neue Vorschrift in § 3a FStrG die Verpflichtung der Anrainer von Eisenbahngrundstücken, die vorübergehende Inanspruchnahme ihrer Grundstücke zur Vornahme von Instandhaltungsmaßnahmen an Grundstücken mit Eisenbahninfrastruktur zu dulden (vgl. BT-Drucks. 19/15626 S. 10 f.). Diese den nachbarrechtlichen Verpflichtungen von Anrainern entsprechende Vorschrift lässt sich nach ihrer Konzeption und ihrem Inhalt nicht auf das Verhältnis eines Unternehmens mit einer Genehmigung zum Betrieb einer Eisenbahnstrecke zu dem Eigentümer der Grundstücke übertragen, auf denen sich die Eisenbahnstrecke befindet.
47
bb) Der Klägerin kann aber nach § 809 BGB ein Anspruch auf Gestattung der Besichtigung der Eisenbahninfrastruktureinrichtungen auf den Grundstücken der Beklagten zustehen.
48
Nach dieser Vorschrift kann, wer in Ansehung der Sache gegen deren Besitzer einen Anspruch hat oder wer sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, von dem Besitzer die Gestattung der Besichtigung verlangen, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grund für ihn von Interesse ist. Diese Voraussetzungen können im Verhältnis der Klägerin zu der Beklagten gegeben sein. Die Beklagte ist nicht nur Eigentümerin, sondern auch Besitzerin der Grundstücke, auf denen sich die Eisenbahninfrastruktur befindet, um deren Beseitigung die Parteien streiten. Aufgrund des zu unterstellenden Fortbestands der eisenbahnrechtlichen Zweckbindung der Grundstücke der Beklagten kann die Klägerin von der Beklagten die Unterbreitung eines Angebots zur Übernahme des Betriebs der Eisenbahninfrastruktur auf den Grundstücken der Beklagten verlangen (oben Rn. 31). Nach (fristgerechter) Annahme eines solchen Angebots (dazu oben Rn. 32) hätte sie Anspruch auf Verschaffung des Besitzes an der Eisenbahninfrastruktur. Zugleich kann sie schon jetzt verlangen, dass nachteilige Veränderungen der Infrastruktur unterlassen werden. Daraus ergibt sich ihr Interesse, diese schon vor der Entscheidung über die Annahme des Angebots zu besichtigen.
III.
49
Der Rechtsstreit ist hinsichtlich des überwiegenden Teils der auf die Widerklage der Beklagten erfolgten Verurteilung der Klägerin zur Unterlassung zur Entscheidung reif. Insoweit ist die Revision nach § 563 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen. Nicht zur Entscheidung reif ist die Sache hinsichtlich der Klage und hinsichtlich der Widerklage, soweit die Klägerin auch dazu verurteilt worden ist, eine Besichtigung der Eisenbahninfrastruktur zu unterlassen. In diesem Umfang ist das Berufungsurteil nach § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dazu weist der Senat auf Folgendes hin:
50
1. Für den (Fort-)Bestand des Unterlassungsanspruchs der Klägerin kommt es nach dem bisherigen Sachstand darauf an, ob die Grundstücke der Beklagten insgesamt oder einzeln aus der eisenbahnrechtlichen Zweckbindung entlassen worden sind. Die nach Inkrafttreten des Eisenbahnneuordnungsgesetzes erfolgten Stilllegungen gemäß § 11 AEG stellen den Unterlassungsanspruch dagegen nicht in Frage. Eine Stilllegung lässt nämlich „nur“ die Betriebspflicht entfallen, ändert aber an der eisenbahnrechtlichen Zweckbindung der Eisenbahngrundstücke der Beklagten nichts (vgl. BVerwG, N&R 2014, 245 Rn. 12 f.).
51
2. Die Anforderungen an eine Entlassung bahnnotwendigen Eisenbahnvermögens aus der Zweckbindung („Entwidmung“) hängen davon ab, ob diese vor oder nach dem Inkrafttreten der heutigen Fassung des § 23 AEG am 30. April 2005 erfolgt sein sollen.
52
a) Vor diesem Zeitpunkt verlor eine Betriebsanlage der Eisenbahn ihre eisenbahnrechtliche Zweckbestimmung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen eindeutigen Hoheitsakt, der für jedermann klare Verhältnisse darüber schafft, ob und welche Flächen künftig wieder für andere Nutzungen offenstehen. Eine solche förmliche Entwidmung konnte auch durch eine baurechtlich genehmigte jahrzehntelange bahnfremde Nutzung im Grundsatz nicht ersetzt werden (vgl. BVerwG, NVwZ 1990, 462, 463). Zwar kann die bestehende Fachplanung einer Fläche als Bahnanlage infolge der tatsächlichen Entwicklung funktionslos und damit rechtlich obsolet werden; insoweit sind aber strenge Anforderungen zu stellen (BVerwGE 81, 111, 117 f.; 99, 166, 169 f.; BVerwG, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 12 S. 42 und Urteil vom 12. April 2000 – 11 A 23L.98, juris Rn. 44). Der Hinweis der Beklagten darauf, dass schon seit Jahrzehnten ein durchgängiges Streckenband nicht mehr bestehe, reicht deshalb nicht aus. Wesentliches Merkmal einer Eisenbahnstrecke ist ihre Verkehrsfunktion, nämlich die Verbindung zweier Orte mittels Eisenbahn durch einen Schienenweg (BVerwG, NVwZ 2009, 189 Rn. 6; 2019, 69 Rn. 30). Diese Funktion verliert eine Eisenbahnstrecke nicht schon dadurch, dass das Streckenband nicht mehr durchgängig besteht.
53
b) Seit dem 30. April 2005 erfolgt die Entlassung von bahnnotwendigem Eisenbahnvermögen aus der eisenbahnrechtlichen Zweckbestimmung durch eine Freistellung von Bahnbetriebszwecken unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 AEG durch die für die Planfeststellung zuständige Behörde. Die Freistellungsentscheidung beseitigt nicht nur die Rechtswirkungen einer etwaigen Planfeststellung, sondern auch die Wirkungen einer Widmung (vgl. BVerwG, N&R 2014, 245 Rn. 13).
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