Baurecht

Erfolglose Beschwerde des Eigentümers eines denkmalgeschützten Gebäudes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung für ein Wohn- und Geschäftshaus

Aktenzeichen  1 CS 21.2191

Datum:
6.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41314
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34
BayBO Art. 6 Abs. 4, Abs. 5
BauNVO § 12 Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 2
BayDSchG Art. 6 Abs. 1 S. 2
VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
BGB § 139

 

Leitsatz

1. Dem bayerischen Denkmalschutzgesetz lässt sich kein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers entnehmen. Es besteht allerdings ein Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme in der Nähe des Baudenkmals, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals erheblich auswirkt.  (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen ist.  (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 11 SN 21.3828 2021-08-09 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes auf dem Nachbargrundstück, wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Mit Bescheid vom 17. März 2021 genehmigte das Landratsamt dem Beigeladenen den Abriss des Bestandsgebäudes und Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit einer Tiefgarage für 12 Stellplätze. Die eingehauste bzw. überdachte Tiefgaragenzufahrt ist an der Grundstücksgrenze zum Antragsteller hin situiert. Im Gebäude sind eine Büronutzung in Form einer Rechtsanwaltskanzlei oder eines Maklerbüros und sechs Wohneinheiten geplant.
Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 9. August 2021 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung an, soweit diese Genehmigung eine über der Erdoberfläche liegende Tiefgarageneinhausung zum Gegenstand hat. Im Übrigen wurde der Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt. Die nach den genehmigten Plänen vorgesehene überdachte Tiefgaragenzufahrt sei nicht nach Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BayBO privilegiert, da sie die nach dieser Vorschrift zulässige Gesamtlänge von 9 m überschreite. Eine Befreiung nach Art. 63 BayBO sei bisher nicht erteilt worden. Das Hauptgebäude verletze den Antragsteller voraussichtlich nicht in seinen Nachbarrechten. Zwar spreche einiges dafür, dass die Gemeinde in ihrer Abstandsflächensatzung, mit der sie ein abweichendes Maß der Abstandsflächentiefe (1 H) festgelegt habe, nicht auch die Wandhöhenberechnung abweichend von der gesetzlichen Vorgabe des Art. 6 Abs. 4 BayBO n.F. regeln könne. Dies führe aber ggf. zu deren Gesamtnichtigkeit, nicht zu einer Teilnichtigkeit. Eine Verschärfung des bisherigen Rechts sei ausweislich der Begründung der Satzung nicht beabsichtigt gewesen. Die Baugenehmigung verletze den Antragsteller auch selbst dann nicht in seinem Gebietserhaltungsanspruch, wenn man von einem reinen Wohngebiet ausgehe. Die vom Antragsteller vorgenommene Gebietsabgrenzung dürfte allerdings nicht zutreffend sein. Das Vorhaben verstoße voraussichtlich nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, eine Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung folge auch nicht aus den Bestimmungen des Denkmalschutzrechts.
Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, dass die erteilte Baugenehmigung insgesamt wegen Verstoßes gegen drittschützende Vorschriften rechtswidrig sei. So sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass hinsichtlich des genehmigten Hauptgebäudes kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO gegeben sei. Gegen die Gebietsverträglichkeit des Bauvorhabens spreche vorliegend insbesondere, dass die Errichtung von 12 Tiefgaragenstellplätzen denjenigen Bedarf – massiv – überschreite, der im Sinn des § 12 Abs. 2 BauNVO durch die in einem faktischen reinen Wohngebiet der vorliegenden Art zugelassene Nutzung typischerweise verursacht werde; auch bei der konkreten Prüfung der Gebietsverträglichkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sei er in seinem Anspruch auf Wahrung des Gebietscharakters verletzt. Zur maßgeblich näheren Umgebung des Baugrundstücks sei allein die Bebauung auf den Grundstücken im Bereich zwischen H. straße (Osten), B. straße (Süden), S.gasse (Westen) sowie südlich der Anwesen H. straße … bzw. … zu zählen. Ziehe man die Gebietsgrenze weiter, komme allenfalls ein allgemeines Wohngebiet in Frage. Das genehmigte Bauvorhaben stehe auch in Widerspruch zu dem Gebot der Rücksichtnahme; dies gelte vor allem für den Betrieb der Tiefgarage. Sein Garten- und Ruhebereich sei in besonderem Maße vor Lärm- und Abgasimmissionen zu schützen. Die der Baugenehmigung beigefügten Immissionsschutzauflagen seien unzureichend und widersprüchlich. Es bestehe ein Abwehrrecht als Eigentümer eines Baudenkmals, die sein Baudenkmal charakterisierenden – städtebaulichen – Eigenschaften würden bei Umsetzung der genehmigten Planung völlig in den Hintergrund gedrängt; Stellungnahmen der zuständigen Fachbehörden fehlten.
Der Antragsgegner begehrt die Zurückweisung der Beschwerde. Das für das Vorhaben prägende Geviert werde durch die H.allee, die H. straße und die B. straße abgegrenzt, es handle sich um ein faktisches Mischgebiet. Es bestehe keine erhebliche Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Anwesens des Antragstellers durch das Bauvorhaben, zumal das Bauvorhaben im Vergleich zum vormaligen Bestandsgebäude weiter vom Baudenkmal wegrücke. Die denkmalschutzrechtlichen Verfahrensvorschriften seien grundsätzlich nicht drittschützend. Die Lärmbelästigungen, die mit der Tiefgarage bei der Ein- und Ausfahrt von Fahrzeugen verbunden seien, seien sozialadäquat; eine zweite Lüftungsöffnung der Tiefgarage könne ggf. an anderer Stelle des Baugrundstücks realisiert werden. Die immissionsschutzrechtlichen Auflagen gingen von einem faktischen Mischgebiet aus und seien hinreichend bestimmt.
Der Beigeladene macht u.a. geltend, dass sich das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben unter keinen Gesichtspunkten innerhalb eines faktischen reinen Wohngebiets befinde. So sei in dem zwischenzeitlich abgerissenen Altbestand eine Zahnarztpraxis mit angeschlossenem Labor untergebracht gewesen. Dort sei ein Kompressor 24 Stunden gelaufen, um die medizinischen Anforderungen zu gewährleisten. Entlang der B. straße bzw. H.allee befänden sich ein Elektriker sowie ein Radio- und Fernsehtechniker, zudem ein Bauunternehmen.
Mit Bescheid vom 15. September 2021 ergänzte das Landratsamt den Baugenehmigungsbescheid und erteilte hinsichtlich des Rampenbauwerks eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften. Dem hierauf vom Beigeladenen gestellten Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO gab das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. November 2021 statt und lehnte den Antrag des Antragstellers nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO nun vollständig ab. Gegen den Beschluss vom 24. November 2021 hat der Antragsteller ebenfalls Beschwerde erhoben (Az. 1 CS 21.2965). Über diese Beschwerde wird der Senat gesondert entscheiden. Angesichts des Baufortschritts (derzeitige Errichtung des Rohbaus) hat der Antragsteller ein Interesse, dass zunächst in diesem Verfahren entschieden wird.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Nachbarklage des Antragstellers im Hauptsacheverfahren, soweit sie nicht das Rampenbauwerk der Tiefgarage betrifft, voraussichtlich erfolglos bleiben wird, so dass das Interesse an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegenüber dem Vollzugsinteresse des Beigeladenen nachrangig ist.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das neue Gebäude die Abstandsflächen auf der Nordostseite zum Grundstück des Antragstellers einhält. Denn entweder hat die Gemeinde gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO entsprechend Art. 6 Abs. 5a BayBO insgesamt ein abweichendes Maß der Abstandsflächentiefe festgelegt (Wiederherstellung der bis 1.2.2020 geltenden gesetzlichen Regelung) oder es gilt die (Neu) Regelung des Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO. In beiden Fällen liegt die erforderliche Abstandflächentiefe vor. Soweit der Antragsteller nur die Satzungsregelung in § 2 Satz 3 der gemeindlichen Abstandsflächensatzung als im Widerspruch zur gesetzlichen Vorschrift des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO stehende Regelung nicht anwenden will, verkennt er die von der Regel des § 139 BGB ausgehenden Grundsätze der Gesamt- oder bloßen Teilnichtigkeit einer Satzung. Ein Fehler führt nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des Normgefüges, solange ein fehlerfreier Teil (objektiv) sinnvoll bleibt und (subjektiv) vom Normsetzungswillen des Normgebers getragen wird (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2008 – 9 B 40.08 – NVwZ 2009, 255; U.v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02 – BVerwGE 117, 58). Wie sich aus der Begründung der Satzung in Ziff. 4 und 5 ergibt, steht die Regelung über die Hinzurechnung der Höhe der Dächer in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Regelung der Abstandsflächentiefe von 1 H und dem „Schmalseitenprivileg“. Bei einem Mangel in einer nicht teilbaren Regelung hat das Gericht durch seine kassatorische Entscheidung dem Ortsgesetzgeber die Möglichkeit zu einer neuen planerischen Gesamtentscheidung zu eröffnen (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1991 – 4 NB 3.91 – NVwZ 1992, 567).
Das Bauvorhaben verletzt den Antragsteller auch nicht in einem bestehenden Gebietsbewahrungsanspruch. Zwar kann einem Nachbarn auch in einem faktischen Baugbiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 ff. BauNVO ein Abwehranspruch gegen erhebliche Verletzungen des Gebietscharakters zustehen und zu den nachbarschützenden Gebietsregelungen gehört auch die Vorschrift des § 12 Abs. 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151). Von einem faktischen reinen Wohngebiet kann aber nach summarischer Prüfung keinesfalls ausgegangen werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob für die nähere Umgebung auf die Bebauung entlang bzw. nahe der H. straße abzustellen ist oder ob ein Geviert, das bis zur H.allee reicht, heranzuziehen ist. Für ersteres könnte sprechen, dass die Bebauung beidseits der H. straße (Staats straße …) nahe dem Ortszentrum vielfach durch Ladengeschäfte und gastronomische Betriebe geprägt ist, während sich zurückliegend von der stark befahrenen H. straße zunehmend Wohnbebauung etabliert hat. Jedenfalls ist der vom Antragsteller herangezogene Umgriff mit vier Wohngrundstücken zu eng bzw. unzutreffend. Es ist anerkannt, dass für die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Art der baulichen Nutzung der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung regelmäßig weiter zu ziehen ist als bei der Beurteilung des Nutzungsmaßes oder der überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – NVwZ 2014, 1246). Selbst wenn man nur auf die westliche Seite der H. straße abstellt, ist auf dieser Seite jedenfalls der „A. …“, auch wenn er aktuell nicht als Gastwirtschaft betrieben wird, miteinzubeziehen. Inwieweit eine fortwirkende Nutzung als Gaststätte (Planvorstellungen der Gemeinde) oder eine derzeitige Zwischennutzung hinsichtlich der Art der Nutzung nicht prägend sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Neben dem bestehenden Rechtsanwaltsbüro in dem Wohngebäude H. straße … und dem Wohngebäude des Antragstellers ist auch die zum Zeitpunkt der Genehmigung bestehende Nutzung auf dem Baugrundstück mit einer Zahnarztpraxis und einem Laborgebäude zu berücksichtigen; letzteres ist bereits unabhängig von dem betriebenen Kompressor in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig (vgl. zu einem Fotolabor BayVGH, U.v. 28.9.2001 – 2 B 95.1719 – juris Rn. 21). Eine weitere gewerbliche Nutzung mit einem Fernsehfachbetrieb befindet sich in dem Gebäude B. straße *. Ob die H. straße trennende Wirkung hat und ob ein Teil des südlich der B. straße liegenden Klinikareals in den Umgriff einzubeziehen ist, bleibt der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Das gleiche gilt für die Frage, ob eine Einstufung in ein faktisches Baugebiet möglich ist oder eine „Gemengelage“ vorliegt. Bei den genannten Nutzungen in der nächsten Umgebung ist jedenfalls nicht erkennbar, dass das Bauvorhaben mit einer Büro- und Wohnnutzung und der Tiefgaragennutzung mit 12 Stellplätzen nicht zulässig sein könnte. Die vom Antragsteller angegebene Bebauungsstruktur mit (Wohn-)Gebäuden in aufgelockerter Bauweise und dazwischenliegenden großzügigen Grünflächen kann anhand des Luftbildes im BayernAtlas nicht nachvollzogen werden. Soweit der Antragsteller für die Annahme eines allgemeinen Wohngebiets nur auf die nach der Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung acht notwendigen Stellplätze abstellen will, übersieht er, dass dieser Bedarf auch bei einer fehlenden gemeindlichen Stellplatzsatzung überschritten werden kann. Die Richtzahlen für notwendige Stellplätze geben nur den Mindestbedarf an (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151). Die Überlegungen des Verwaltungsgerichts, dass die zusätzlichen vier Stellplätze angesichts der Größe der geplanten Wohnungen einem angemessenen Bedarf entsprechen, sind nicht zu beanstanden.
Das Bauvorhaben verstößt voraussichtlich auch nicht gegen das in 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO normierte bzw. in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot. Nachbarn haben die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen; besondere örtliche Verhältnisse können aber zu dem Ergebnis führen, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2006 – 4 C 11.05 – BVerwGE 127, 231; B.v. 20.3.2003 – 4 B 59.02 – NVwZ 2003, 1516; U.v. 7.12.2000 – 4 C 3.00 – NVwZ 2001, 813). Besondere Umstände, die zur Unzulässigkeit der geplanten Tiefgarage führen, sind nicht ersichtlich. Die Tiefgaragenzufahrt ist straßennah in einem Bereich vorgesehen, in dem ohne weiteres mit einer Stellplatznutzung zu rechnen war. Dass bei der vorhergehenden Nutzung des Vorhabengrundstücks die Stellplätze im südwestlichen Bereich des Grundstücks situiert waren, war auch dem bestehenden Laborgebäude im nördlichen Bereich geschuldet. Bei dem an die Tiefgaragenzufahrt anschließenden Gartenbereich des Antragstellers handelt es sich nicht um einen ruhigen rückwärtigen Gartenbereich, sondern dieser liegt an der vielbefahrenen Staats straße. Durch die Ampelanlage an der Ecke H. straße/B. straße ist nicht mit vermehrten Wartezeiten auf dem Vorhabengrundstück zu rechnen, sondern diese gewährleistet eine bessere Zufahrtsmöglichkeit zu der H. straße als dies bei ununterbrochenem Verkehrsfluss gewährleistet wäre. Eine überschlägige Berechnung der Schallimmissionen am Wohngebäude des Antragstellers wurde vom technischen Immissionsschutz vorgenommen (vgl. die Stellungnahme im Baugenehmigungsverfahren vom 3.3.2021) und ergab Beurteilungspegel von tags 40 dB(A) und nachts 35 dB(A); Werte die selbst in einem reinen Wohngebiet zulässig wären, das jedoch offensichtlich nicht gegeben ist. Soweit das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der vorgesehenen Nutzung des (Teil) Gittergaragentors als Lüftungsöffnung als unerheblich für das vorläufige Rechtsschutzverfahren angesehen hat, da eine zweite Lüftungsöffnung jedenfalls abstandskonform realisiert werden könne, werden substantiierte Einwendungen im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht.
Durch das Bauvorhaben sind auch nicht erhebliche Beeinträchtigungen des denkmalgeschützten Gebäudes auf dem Nachbargrundstück zu erwarten. Dem bayerischen Denkmalschutzgesetz lässt sich kein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers entnehmen. Es besteht allerdings ein Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme in der Nähe des Baudenkmals, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals erheblich auswirkt (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – BVerwGE 133, 347; BayVGH, B.v. 10.8.2020 – 1 CS 20.1440 – juris Rn. 3; U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – BauR 2013, 940). Eine erhebliche Beeinträchtigung des Baudenkmals wird nachvollziehbar von der unteren Denkmalschutzbehörde in Abstimmung mit dem Referenten des Landesamts für Denkmalpflege nicht gesehen (vgl. Stellungnahme vom 9.8.2021). Die „Villa G.“ war auch bisher im Wesentlichen nur von der H. straße erlebbar, auf dem Baugrundstück befand sich mit dem „Landhaus …“ und dem Laborgebäude bereits eine größere Bebauung. Eine Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des Baudenkmals ist durch das um ein Geschoss höhere Gebäude nicht gegeben. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gebäudeabstand durch den Abbruch des Laborgebäudes sogar vergrößert wird, der sichtbare Gebäudeteil der Zufahrt zur Tiefgarage hat die Gestalt einer Einzelgarage. Dass das Landesamt für Denkmalpflege erst nach Erteilung der Baugenehmigung beteiligt wurde, ist unschädlich; die Verfahrensvorschrift des Art. 15 Abs. 2 BayDSchG ist nicht drittschützend (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2020 a.a.O. Rn. 5).
Die Baugenehmigung ist auch nicht in nachbarrechtlich relevanter Weise unbestimmt. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2021 – 1 ZB 21.735 – juris Rn. 6 m.w.N.). Soweit der Antragsteller die mangelnde Bestimmtheit der immissionsschutzrechtlichen Auflagen zu der Baugenehmigung rügt, ist diese nicht erkennbar. Die Betriebsbeschreibung für die gewerbliche Nutzung Rechtsanwalts- oder Maklerbüro wird zum Gegenstand der Baugenehmigung erklärt, für die Immissionsbeurteilung dieser Nutzung einschließlich des dazugehörigen Fahrverkehrs wird von einem faktischen Mischgebiet ausgegangen und im Hinblick auf schon bestehende Vorbelastungen Immissionsrichtwertanteile u.a. für den Immissionsort des Gebäudes des Antragstellers festgesetzt. Unabhängig von einer abschließenden Gebietsbeurteilung, die einer Ortseinsicht im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt, spricht viel dafür, dass das Landratsamt auch aufgrund der Immissionsvorbelastung durch die viel befahrene Staats straße (Werte von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) am geplanten Wohngebäude) zu Recht bei der Schutzwürdigkeit des Bauvorhabens und der Nachbarbebauung von einem Mischgebiet ausgegangen ist. Es ist im Übrigen weder vorgetragen noch erkennbar, dass bei der geplanten gewerblichen Nutzung, für die eine Betriebszeit von 7 bis 20 Uhr angegeben wird, schädliche Umwelteinwirkungen am Anwesen des Antragstellers zu erwarten sind.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr.1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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