Baurecht

Erfolglose Klage gegen Befriedungsbescheid – Abschluss des Jagdpachtvertrags in Kenntnis der bevorstehenden Befriedigung

Aktenzeichen  19 B 19.1712

Datum:
28.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12880
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG § 6a Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Eine Befriedungserklärung begründet keine rügefähige Mangelhaftigkeit des Jagdausübungsrechts, wenn dem Jagdpächter vor dem Abschluss des Jagdpachtvertrages bekannt gewesen ist, dass die Grundstücke ab einem bestimmten Stichtag nach § 6a BJagdG befriedet werden.(Rn. 21 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bestimmung des § 6a BJagdG in konventionsgemäßer Auslegung ist keine eng begrenzte Ausnahmevorschrift und ihre Anwendung darf nicht im Hinblick auf eine Gefährdung von Allgemeininteressen versagt werden, da auch die konventionsstaatlich zugelassene und durch Zwangsvereinigungen geförderte privatautonome Jagd nicht hinreichend auf die Allgemeininteressen ausgerichtet ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 K 16/501 2017-01-17 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Über die Berufung konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil alle Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO).
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Das die Klage gegen den Befriedungsbescheid vom 22. März 2016 abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts hat Bestand. Es fehlt bereits an der nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO für einen Klageerfolg erforderlichen Verletzung der Kläger in subjektiven Rechten.
Die Kläger sind schon deshalb nicht klagebefugt, weil sie das für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2016 gepachtete Jagdausübungsrecht ungeschmälert nutzen konnten (die streitgegenständlichen Grundstücke der Beigeladenen sind durch den Bescheid v. 22.3.2016 erst mit Wirkung zum 1.4.2016 für befriedet erklärt worden) und den Pachtvertrag für die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 31. März 2025 in Kenntnis der bevorstehenden Befriedung der Grundstücke der Beigeladenen abgeschlossen haben (zur fehlenden subjektiven Rechtsbeeinträchtigung des Jagdpächters, wenn der Jagdpachtvertrag unter Einbeziehung der Befriedung abgeschlossen worden ist, vgl. auch Hamburgisches OVG, U.v. 12.4.2018 – 5 BF 51/16 – juris Rn. 59 und 122 ff. sowie Guber, NuR 2012, 752, 754).
Die Befriedungserklärung vom 22. März 2016 begründet – unabhängig davon, wann sie vollziehbar geworden ist (vgl. §§ 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 80a und 80b VwGO) – keine rügefähige Mangelhaftigkeit des Jagdausübungsrechts aus dem für die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 31. März 2025 abgeschlossenen Jagdpachtvertrag.
Nach der Bestimmung des § 536b BGB, die vorliegend anwendbar ist (vgl. § 581 Abs. 2 BGB sowie BGH, U.v. 21.2.2008 – III ZR 200/07 – RdL 2008, 124 ff., juris Rn. 9 ff. und U.v. 5.2.1987 – III ZR 234/85 – NJW-RR 19 87, 839 ff., juris Rn. 18), sind Gewährleistungsrechte ausgeschlossen, wenn der Mieter (Pächter) bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache (Pachtsache) kennt oder mit dem Eintritt der Störung rechnen musste (OLG München, U.v. 26.3.1993 – 21 U 6002/92 – NJW-RR 94, 654, juris Rn. 4; zur Berücksichtigung des Umstands, dass bei Abschluss des Jagdpachtvertrags mit einer Revieränderung durch Abrundung zu rechnen ist, vgl. Art. 4 Abs. 3 Satz 3 BayJG).
Nach diesen Grundsätzen können die Kläger die Befriedung der Grundstücke der Beigeladenen nicht rügen, weil ihnen bereits lange vor dem Abschluss des Jagdpachtvertrages für die Zeit ab dem 1. April 2016 die Möglichkeit bekannt gewesen ist, dass die hier streitgegenständlichen Grundstücke nach § 6a BJagdG befriedet werden.
Die Kläger sind an dem Befriedungsverfahren beteiligt gewesen, das durch das Befriedungsbegehren der Beigeladenen vom 25. März 2015 eingeleitet worden ist. Gleichwohl haben sie sich um die Jagdpacht für den Zeitraum ab dem 1. April 2016 beworben. In der „Jahreshauptversammlung“ der Jagdgenossenschaft am 19. März 2020, in der die Kläger anwesend gewesen sind, ist der Verlängerung des Pachtvertrags mit den Klägern für die Zeit vom 1. April 2016 bis zum 31. März 2025 seitens der Jagdgenossen zugestimmt worden und das vorliegende Befriedungsverfahren umfangreich erörtert worden. In den daraufhin mit den Klägern (erneut) abgeschlossenen Jagdpachtvertrag ist eine spezielle Regelung zu diesem Gesichtspunkt nicht aufgenommen worden. Die Kläger haben vom Pachtvertrag auch nicht Abstand genommen, als am 22. März 2016 die Befriedung erklärt worden war. Sie haben dadurch gezeigt, dass die vorliegende Problematik für sie keine entscheidungserhebliche Bedeutung hat.
Bei dieser Sachlage kann vorliegend offenbleiben, ob es den Klägern nicht auch deshalb an eine Klagebefugnis begründenden subjektiven Rechten fehlt, weil die Befriedung nach § 6a BJagdG einen staatlichen Eingriff (in Form der Zwangsvereinigung zwecks Jagdausübung) rückgängig macht und deshalb die behördliche Feststellung beinhaltet, dass nach neuerer Erkenntnis für die Einbeziehung des Grundstücks des ethischen Jagdgegners in die Jagdgenossenschaft und deren Jagdausübung eine hinreichende Rechtfertigung durch Allgemeininteressen nicht vorhanden ist. Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Mai 2018 (1 BvR 3250/14 – juris Rn. 10) zufolge hat der Gesetzgeber die vorhandene Einschränkung des Eigentumsrechts in Gestalt der gesetzlich auferlegten Pflicht zur Duldung der Jagd auf den in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk befindlichen Grundstücken für einen bestimmten Fall beseitigt. Am Bestehen eines privaten Anspruchs auf Aufrechterhaltung dieser Einschränkung (des staatlichen Eingriffs) bestehen erhebliche Zweifel.
Nebenbei merkt der Senat an, dass die Berufung wohl auch im Falle einer Zulässigkeit der Klage nicht erfolgreich gewesen wäre. Die Bestimmung des § 6a BJagdG in konventionsgemäßer Auslegung ist keine eng begrenzte Ausnahmevorschrift und ihre Anwendung darf nicht im Hinblick auf eine Gefährdung von Allgemeininteressen versagt werden, denn auch die konventionsstaatlich zugelassene und durch Zwangsvereinigungen geförderte privatautonome Jagd ist nicht hinreichend auf die Allgemeininteressen ausgerichtet (vgl. insoweit die Senatsentscheidungen v. 28.5.2020 – 19 BV 19.1708, 1710, 1713 und 1715). Für eine nicht hinreichend auf die Allgemeininteressen ausgerichtete Jagdausübung spricht auch die vorliegende Fallkonstellation. Dem Protokoll über die Versammlung der Jagdgenossen vom 19. März 2016 zufolge trägt die Jagdausübung der Kläger im Gemeinschaftsjagdrevier den Allgemeininteressen nicht hinreichend Rechnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 und 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht den Klägern aus Billigkeit aufzuerlegen, nachdem die Beigeladenen das Kostenrisiko i.S.d. § 154 Abs. 3 VwGO nicht übernommen haben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe nicht vorliegen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben