Baurecht

Erfolglose Klage gegen eine Plangenehmigung zur Erneuerung bzw. für den barrierefreien Ausbau von Bahnsteigen in einem Personenbahnhof

Aktenzeichen  22 A 20.40001

Datum:
14.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36720
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 91 Abs. 1, Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 173 S. 1
AEG § 2 Abs. 1, § 5a, § 11 Abs. 1, § 18 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 18c
EBO § 13 Abs. 1 S. 1
UmwRG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b, S. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1
UVPG § 5 Abs. 3 S. 2, § 7 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 4, Abs. 5, Abs. 6, Abs. 7, § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 4, § 25 Abs. 2
BNatSchG § 44 Abs. 1, Abs. 5
VwVfG § 73 Abs. 1 S. 1, § 74 Abs. 6 S. 2 Hs. 1, § 75 Abs. 1a S. 1
AEUV Art. 267 Abs. 1
Eisenbahnraum-RL

 

Leitsatz

1. Der Behörde steht im Rahmen einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen eines Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zu. (Rn. 23) (red. LS Andreas Decker)
2. Das Tatbestandsmerkmal „Vorkehrungen“ iSv § 7 Abs. 5 S. 1 Var. 3 UVPG (idF bis zum 3.3.2021) umfasst grundsätzlich Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, nicht jedoch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. (Rn. 35) (red. LS Andreas Decker)
3. Ein Drittbetroffener kann das Fehlen eines Antrags mangels drittschützender Wirkung eines solchen Antragserfordernisses nicht rügen; erst recht kann er nicht geltend machen, es habe nur ein Antrag eines unzuständigen Infrastrukturunternehmens vorgelegen. (Rn. 40) (red. LS Andreas Decker)
4. Das Tatbestandsmerkmal „Strecke“ in § 11 Abs. 1 S. 1 Var. 4 AEG (idF bis zum 17.6.2021) umfasst keine Bahnsteige. (Rn. 44) (red. LS Andreas Decker)

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Kostengläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.Die Revision wird nicht zugelassen.  

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Streitgegenstand ist die Plangenehmigung vom 12. Dezember 2019 in der Fassung der 1. Änderungsplangenehmigung vom 15. Oktober 2020, welche die Klägerin in das Verfahren einbezogen hat. Diese Klageänderung ist – soweit man unter Verweis auf eine einheitliche (unteilbare) Planungsentscheidung nicht ohnehin einen Fall des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO annehmen will (vgl. dazu W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. Stand 2021, § 91 Rn. 9 m.V.a. BVerwG, U.v. 18. März 2009 – 9 A 31.07 – juris Rn. 23 f.) – gemäß § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig, weil sich die übrigen Beteiligten rügelos darauf eingelassen haben; im Übrigen erachtet das Gericht die Einbeziehung der Änderungsplangenehmigung auch als sachdienlich.
Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Plangenehmigung vom 12. Dezember 2019 in der Fassung der 1. Änderungsplangenehmigung vom 15. Oktober 2020 ist unbegründet. Es liegt kein Verfahrensfehler gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Satz 2 UmwRG vor, den die Klägerin rügen könnte (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG; 1.1). Die angefochtene Plangenehmigung verstößt auch nicht in rechtserheblicher Weise (vgl. §§ 18 Abs. 1 Satz 3, 18c AEG in der Fassung vom 29.8.2016 – im Folgenden: AEG-2016 – i.V.m. §§ 75 Abs. 1a Satz 1, 74 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 VwVfG) gegen Vorschriften, die (auch) dem Schutz subjektiver Rechte der Klägerin dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; 1.2).
1.1 Es liegt kein Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Satz 2 UmwRG vor. Die aufgrund von § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 14. 8 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (in der Fassung nach dem Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017; im Folgenden: UVPG-2017) erforderlichen (allgemeinen) Vorprüfungen des Einzelfalls für die ursprüngliche Plangenehmigung von 11. Dezember 2019 und die (1.) Änderungsplangenehmigung vom 15. Oktober 2020 wurden entsprechend den Vorgaben des § 9 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4 bis 7 UVPG-2017durchgeführt; zudem ist die jeweilige Feststellung in den verfahrensleitenden Verfügungen vom 11. Dezember 2019 und 13. Oktober 2020, dass das Vorhaben in Gestalt der Änderungsplangenehmigung vorliegend keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann und so keine UVP-Pflicht besteht, nachvollziehbar (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 und § 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG-2017).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 UVPG-2017 i.V.m. § 9 Abs. 4 UVPG-2017 ist die allgemeine Vorprüfung auch bei Änderungsvorhaben, vorliegend in Form der Erneuerung und dem barrierefreien Ausbau der Bahnsteige des Bahnhofs Nördlingen, als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien durchzuführen. Die Durchführung wie auch die gefundenen Ergebnisse sind zu dokumentieren (§ 7 Abs. 7 UVPG-2017). Die (zuständige) Behörde muss zunächst die zu erwartenden Umweltauswirkungen in tatsächlicher Hinsicht ermitteln und anschließend diese Auswirkungen rechtlich bewerten. Dabei hat die Behörde – auch anhand bereits vorliegender Untersuchungsergebnisse i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 2 UVPG-2017 – zu berücksichtigen, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden (§ 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG-2017). Ist dies nicht der Fall bzw. kann die Änderung des Vorhabens nach Einschätzung der Behörde erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen, ist eine UVP-Prüfung durchzuführen (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UVPG-2017). Der Behörde steht dabei, also im Rahmen einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls, für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen eines Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zu. Die gerichtliche Überprüfung des Ergebnisses der Vorprüfung beschränkt sich deshalb nach § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG-2017 auf eine Plausibilitätskontrolle (vgl. dazu BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 4 C 4.17 – juris Rn. 18 m.w.N., u.a. auf U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – juris 29 zum inhaltsgleichen § 3a Satz 4 UVPG a.F.).
1.1.1 Gemessen an diesen Maßstäben hat das EBA vorliegend die Vorprüfungsverfahren zur ursprünglichen Plangenehmigung und zur späteren Änderungsplangenehmigung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG-2017 durchgeführt, § 9 Abs. 4 UVPG-2017.
Das EBA hat in seiner verfahrensleitenden Verfügung vom 11. Dezember 2019 (Bl. 177 bis 183 der Verfahrensakte 1/1) für das Vorhaben „Bahnhof Nördlingen – Erneuerung Bahnsteig 1 und barrierefreier Ausbau Mittelbahnsteig“ das Ergebnis der (ersten) allgemeinen Vorprüfung dem § 7 Abs. 7 UVPG-2017 entsprechend ausreichend dokumentiert.
Zur ausreichenden Dokumentation muss die Entscheidung (Feststellung), keine UVP durchzuführen, alle Angaben enthalten oder als Anlage umfassen, die erforderlich sind, um kontrollieren zu können, dass sie auf eine angemessene, den Anforderungen der UVP-Richtlinie entsprechende Vorprüfung gestützt ist. Dem wird entsprochen, wenn die der Vorprüfung zugrunde gelegten Unterlagen, die wesentlichen Prüfschritte und die dabei gewonnenen Erkenntnisse über nachteilige Umweltauswirkungen zumindest grob skizziert in der Zulassungsentscheidung oder in einem zu den Verwaltungsakten genommenen Dokument niedergelegt sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2017 – 7 B 1.17 – juris Rn. 9 zum insoweit inhaltsgleichen § 3c Satz 6 UVPG a.F.). Dabei kann auch auf Untersuchungen des Vorhabenträgers Bezug genommen werden (vgl. BVerwG, B v. 28.2.2013 – 7 VR 13.12 – juris Rn. 15 ebenfalls zu § 3c Satz 6 UVPG a.F.); zudem kommt der Behörde auch bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 36.13 – juris Rn 29. m.w.N.).
Vorliegend hat das EBA zunächst differenzierend anhand der laut § 7 Satz 2 i.V.m. Anlage 3 zum UVPG-2017 zu berücksichtigenden Prüfungskriterien in der verfahrensleitenden Verfügung vom 11. Dezember 2019 erläutert (und damit dokumentiert), wieso es zum Ergebnis (vgl. S. 7 des Vermerks) gekommen ist, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Es hat dabei auf diverse von der Beigeladenen im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens eingereichte Dokumente als der Vorprüfung zugrunde gelegte Unterlagen, u.a. auch den Landschaftspflegerischen Begleitplans vom 13. März 2019 (Unterlage 11 der laut A.2 von der Genehmigung umfassten Planunterlagen; im Folgenden LBP), Bezug genommen. Die Ausführungen sind einzelfallbezogen und spiegeln dabei den o.g. Prüfrahmen (überschlägige Prüfung) in formeller Hinsicht adäquat wieder. Damit geht auch der im Rahmen der mündlichen Verhandlung seitens der Klägerin geäußerte Einwand, das Ergebnis der Vorprüfung müsse sich aus der Verfügung selbst und nicht bloß aus dem in Bezug genommenen Erläuterungsbericht ergeben, ins Leere (abgesehen davon, dass sich das Ergebnis ohnehin auch aus der Verfügung selbst ergibt).
Auch die verfahrensleitende Verfügung vom 13. Oktober 2020 betreffend die Änderungsgenehmigung (1. Planänderung) entspricht den eben geschilderten Dokumentationsanforderungen. Ohnehin war die zugrundeliegende Planänderung eher „punktuell“, bezogen auf die Konkretisierung der wasserrechtlichen Anforderungen (Eingriff in Wasserhaushalt), so dass umgekehrt auch die (zweite) Vorprüfung und deren Dokumentation diesen Aspekt in den Vordergrund stellen konnte.
Beide Feststellungen zum Entfallen einer UVP-Pflicht im Einzelfall erfolgten zudem unverzüglich bzw. innerhalb der Frist des § 7 Abs. 6 Satz 1 UVPG-2017. Laut Behördenakten zum ursprünglichen Plangenehmigungsverfahren übermittelte die Beigeladene dem EBA erst am 10. Dezember 2019 eine Zustimmung der Stadtwerke bzgl. der Grundwassereinleitung (Bauwasserhaltung), also eine Angabe nach Anlage 2 zum UVPG-2017, welche für die Vorprüfung relevant i.S.v. § 7 Abs. 4 UVPG-2017 und damit auch maßgeblich für den Fristbeginn des § 7 Abs. 6 UVPG-2017 war. Daraufhin erfolgte unverzüglich die verfahrensleitende Verfügung am 11. Dezember 2019. Ebenso verhält es sich mit der Vorprüfung im Rahmen des Planänderungsverfahrens. Eine zweite Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth ging beim EBA am 17. August 2020 ein und enthielt zudem eine unklare Formulierung, zu welcher sich das Wasserwirtschaftsamt auf Bitte des EBA nochmals am 7. Oktober 2020 klarstellend äußerte. Die Antragstellerin übersandte ihre Rückäußerung zu den Stellungnahmen am 9. September 2020. Die verfahrensleitende Verfügung erfolgte damit jedenfalls innerhalb der Frist des § 7 Abs. 6 Satz 2 UVPG-2017.
1.1.2 Weiter ist das in den beiden verfahrensleitenden Verfügungen vom EBA aufgrund überschlägiger Prüfung erläuterte Ergebnis, dass das Vorhaben in Gestalt der Änderungsplangenehmigung keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 25 Abs. 2 UVPG-2017 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären, und so keine UVP-Pflicht besteht, für das Gericht nachvollziehbar, § 5 Abs. 3 Satz 2 (i.V.m. § 9 Abs. 4) UVPG-2017.
Die behördliche UVP-Vorprüfung hat sich auf eine überschlägige Vorausschau zu beschränken. Die Planungsbehörde darf nicht mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermitteln“ und damit letztere unter Missachtung der für sie obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen (BayVGH, B.v. 7.2020 – 8 CS 20.1973 – juris Rn. 33 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 juris Rn. 18; U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 -juris Rn. 24). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die ggf. durch zusätzliche Ermittlungen der Planungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – juris Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Planungsbehörde ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 9 A 1.13 – juris Rn. 18 m.w.N.).
Bei Abwägungsentscheidungen wie dem vorliegenden Plangenehmigungsverfahren liegen nach § 25 Abs. 2 UVPG-2017 zu berücksichtigende, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann vor, wenn die nach dem jeweils einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze voraussichtlich überschritten wird und damit die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können. Umweltauswirkungen sind vielmehr jedenfalls bereits dann erheblich, wenn sie in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann. Maßgeblich ist insoweit allein das materielle Zulassungsrecht; das UVPG selbst bildet keinen abweichenden oder ergänzenden Maßstab (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2013 – 4 A 1.13 – juris Rn. 37 f.).
Dass vorliegend keine (abwägungs-)erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, insbesondere nicht im Hinblick auf die Schutzgüter Tiere/biologische Vielfalt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UVPG-2017) und Wasser (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UVPG-2017) vorliegen, erscheint plausibel.
1.1.2.1 Die verfahrensleitende Verfügung vom 11. Dezember 2019 kommt insbesondere bezüglich der – auch von der Klägerin monierten – Auswirkungen auf Lebensräume von Zauneidechsen zum Ergebnis, dass aufgrund artspezifischer Vermeidungs- und Ausgleichmaßnahmen im Vorfeld der Baumaßnahme eine Erfüllung von Verbotstatbeständen gemäß § 44 Abs. 1 und 5 BNatSchG vermieden wird (vgl. Seite 5, 3. Absatz der Verfügung, Bl. 179 der Verfahrensakte 1/1). Unter ergänzender Heranziehung des von der Beigeladenen im Zuge der Antragstellung eingereichten LBP und der darin vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere der sog. CEF-Maßnahmen, ist die Bewertung des EBA, dass insoweit erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen sind, nachvollziehbar.
Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 UVPG-2017 ist bei den Vorprüfungen u.a. zu berücksichtigen, inwieweit erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch Merkmale des Vorhabens oder des Standorts oder durch Vorkehrungen des Vorhabenträgers offensichtlich ausgeschlossen werden. Das Tatbestandsmerkmal „Vorkehrungen“ i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 1 Var. 3 UVPG-2017 umfasst dabei grundsätzlich Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen (vgl. Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 4. Aufl. 2019, § 7 Rn. 23), nicht jedoch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Denn letztere setzen gerade voraus, dass es zum voraussichtlichen Eintritt erheblicher Umweltauswirkungen i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG-2017 kommt, deren Ausgleich es bedarf, und indizieren folglich das Vorliegen erheblicher Umweltauswirkungen (vgl. dazu VGH BW, U.v. 20.11.2018 – 5 S 2138/16 – juris Rn .117 unter Verweis u.a. auf Tepperwien in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG, 1. Aufl. 2018, § 7 UVPG Rn. 10; BT-Drs. 18/11499, S. 79). Abweichend davon sind CEF-Maßnahmen als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne der artenschutzrechtlichen Regelungen des § 44 Abs. 5 BNatSchG allerdings anders zu beurteilen, da sie der Schaffung und Aufwertung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dienen und dabei die zeitliche Kontinuität der Lebensstätte gesichert sein und prognostiziert werden muss, dass die betroffenen Tiere den neu geschaffenen Lebensraum annehmen (vgl. VGH BW a.a.O. unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 67). Sie unterscheiden sich aufgrund ihrer funktionserhaltenden Wirkung grundlegend von den einen anderen Zweck verfolgenden Ausgleichsmaßnahmen nach der Eingriffsregelung, sind von ihrer faktischen und rechtlichen Wirkung Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen gleichzusetzen bzw. stellen damit bereits begrifflich eigentlich keine Ausgleichsmaßnahmen, sondern eher funktionserhaltende Maßnahmen dar (vgl. Balla, NuR 2017, 239, 244 f. sowie Lau in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 44 Rn. 81 m.w.N.). Angesichts der strengen Anforderungen an deren Wirksamkeit ist es möglich, CEF-Maßnahmen in ihrer faktischen und rechtlichen Wirkung den Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen gleichzusetzen.
Die vorliegend von der Beigeladenen im Rahmen des LBP, der u.a. Grundlage für die (1.) Vorprüfung war, vorgesehenen Maßnahmen (Vorkehrungen) entsprechen diesen Anforderungen. Im Rahmen von (vom Aufwand her schon aufgrund des Untersuchungsgebiets überschaubaren/begrenzten) faunistischen Kartierungen im Bereich von Baustelleneinrichtungsflächen wurden Vorkommen von Zauneidechsen aufgefunden. Vorkommen von Schlingnattern wurden zwar nicht nachgewiesen, aber vorsorglich aufgrund der Artenschutzkartierung unterstellt. Für beide Arten sind eine CEF-Maßnahme in Form der Herstellung eines Ersatzhabitats sowie Vermeidungsmaßnahmen u.a. in Form von entsprechenden Umsiedlungen, dem Aufstellen von Reptilien- und Biotopschutzzäunen und einer strukturellen Vergrämung vorgesehen. Dass diese Maßnahmen (prognostisch) geeignet und ausreichend effizient sind, um einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 5) BNatSchG zu verhindern, legt der LBP (auf seinen S. 35 ff.) nachvollziehbar dar und wird auch von der Klägerin nicht substantiiert bestritten. Berücksichtigt man zudem, dass es sich vorliegend nur um baubedingte (v.a. Bereitstellung der Baustelleneinrichtungsflächen) und keine betriebs- und anlagenbedingten – also dauerhaften – und zudem flächenmäßig begrenzte Auswirkungen überdies auf Vegetationsbestände von mittlerer und geringer Wertigkeit handelt – also Merkmale des Vorhabens und des Standorts i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 und 2 UVPG-2017 -, ist auch die Bewertung, dass diese Vorkehrungen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen offensichtlich ausschließen, plausibel.
Auch im Übrigen, d.h. abgesehen von diesen artenschutzrechtlichen Fragestellungen, etwa im Hinblick auf die Schutzgüter Pflanzen und Mensch, ist – auch entgegen der klägerischen Äußerungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung – nachvollziehbar, dass die verfahrensleitende Verfügung vom 11. Dezember 2019 keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf Basis der insoweit durchgeführten allgemeinen Vorprüfung feststellt. Soweit die Klägerin die in der verfahrensleitenden Verfügung erwähnten konkreten Hinweise zu bestehenden Kriegsaltlasten im Bereich der Baumaßnahme anführt, legt sie nicht substantiiert dar, inwiefern sich daraus die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (zudem mit welcher konkreten Zielsetzung) ergeben soll. Die auf der Auswertung alter Luftbildaufnahmen basierenden Hinweise rechtfertigen für sich betrachtet noch nicht die begründete Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen (vgl. zum diesbezüglichen Maßstab Peters/Balla/Hesselbarth, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, 4. Aufl.2019, § 7 Rn. 8 f.) gerade durch das Vorhaben (vgl. insoweit auch den Rechtsgedanken von § 2 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 UPVG/UVPG-2017); es handelt sich hier vielmehr um eine gängige Problematik der Kampfmittelbeseitigung. Auch soweit sich erst später (im Juni 2020) infolge des hydrogeologischen Gutachtens herausgestellt hat, dass ein anders als ursprünglich angenommen zu qualifizierender Eingriff im wasser- und naturschutzrechtlichen Sinn vorliegt (dazu gleich unter 1.2.2.2), vermag dies nichts an der Plausibilität der (ersten) Vorprüfung zu ändern, da es insoweit maßgeblich auf den Zeitpunkt ankommt, an dem die Behörde ihre Feststellung dokumentiert hat, vorliegend also den 11. Dezember 2019 (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 17.1.2017 – 22 ZB 16.95 – juris Rn. 28).
1.1.2.2 Auch die infolge des hydrogeologischen Gutachtens notwendig gewordene Planänderung inkl. der Erteilung von zwei gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnissen im Rahmen der Änderungsplanungsgenehmigung vom 15. Oktober 2020 ergibt nichts anderes. Es ist plausibel, dass das Vorhaben auch in bzw. aufgrund seiner geänderten Gestalt nicht UVPpflichtig (geworden) ist. Zwar sind laut ergänzendem Erläuterungsbericht vom 21. Juli 2020 und darin u.a. enthaltenem hydrogeologischen Gutachten mit dem Vorhaben wasserrechtliche und damit auch naturschutzrechtliche (vgl. § 14 Abs. 1 BNatSchG) Eingriffe in den grundwassersensiblen Bereich verbunden. Durch die neue geplante Personenunterführung inkl. der im Boden verbleibenden Spundwände wird dauerhaft auf das Grundwasser eingewirkt; zudem wird während der Bauarbeiten eine Bauwasserhaltung notwendig. Laut ergänzendem Erläuterungsbericht (auf Basis des hydrogeologischen Gutachtens) bewegt sich der durch neue Personenunterführung verursachte Grundwasseraufstau noch im Rahmen der natürlichen Grundwasserschwankung (maximal 8,3 cm, bei Rückbau der Bestandsunterführung verbleibt Delta von (+)1,73 cm). Negative Auswirkungen auf naheliegende Gebäude bzw. allgemein auf Dritte sind nicht zu erwarten. Diese Einschätzung teilt auch das im Rahmen der Änderungsplanungsgenehmigung beteiligte Wasserwirtschaftsamt Donauwörth (Stellungnahme vom 17. August 2020); ebenso äußerte das Landratsamt Donau-Ries keine grundsätzlichen Einwendungen aus wasserrechtlicher Sicht gegen die geplanten Maßnahmen und erteilte sein Benehmen nach § 19 Abs. 3 WHG (Stellungnahme vom 27.7.2020). Im Hinblick auf den baubedingten temporären Eingriff hat das EBA auf Anregung des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth Nebenbestimmungen zur Kontrolle von Wasserandrang in der Baugrube erlassen. Vor diesem Hintergrund greift der Einwand der Klägerin, allein aus der Notwendigkeit der Planänderung bzw. aus deren Anlass ergebe sich bereits die UVP-Pflicht des Vorhabens, nicht durch. Es ist vielmehr plausibel bzw. nachvollziehbar, dass das EBA auch insoweit, nach erfolgter überschlägiger Prüfung insbesondere des hydrogeologischen Gutachtens und der zitierten Stellungnahmen, zum Ergebnis gekommen ist, dass das Vorhaben (nach wie vor) nicht der UVP-Prüfpflicht im Einzelfall unterliegt. Soweit die Klägerin weiter behauptet, eine UVP-Prüfpflicht ergebe sich schon allein deshalb, weil der räumliche Bereich des Vorhabens durch die (erste) Änderungsplangenehmigung erweitert werde, indem dort im verfügenden Teil die „Strecke 5300 Augsburg – Nördlingen“ genannt werde, während dies in der ursprünglichen Plangenehmigung vom 12. Dezember 2019 nicht der Fall sei, greift auch dieser Einwand nicht durch. Dass sich bereits die ursprüngliche Plangenehmigung auf Teile dieser Strecke bezieht, ergibt sich ohne weiteres (auch) aus den festgestellten Planunterlagen, dem Erläuterungsbericht und im Übrigen auch aus dem Deckblatt der Plangenehmigung vom 12. Dezember 2019.
1.2 Die angefochtene Plangenehmigung hat zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. BVerwG, B.v. 17.1.2013 – 7 B 18.12 – juris Rn. 26 f. m.w.N.) nicht in rechtserheblicher Weise (vgl. §§ 18 Abs. 1 Satz 3, 18c AEG-2016 i.V.m. §§ 75 Abs. 1a Satz 1, 74 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 VwVfG) gegen Vorschriften verstoßen, die (auch) dem Schutz subjektiver Rechte der Klägerin dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.2.1 Aus der von der Klägerin behaupteten fehlenden Befugnis der Beigeladenen, einen Antrag auf Plangenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben zu stellen, folgt keine Verletzung ihrer subjektiven Rechte. Ein Drittbetroffener wie vorliegend die Klägerin kann das Fehlen eines Antrags mangels drittschützender Wirkung eines solchen Antragserfordernisses nicht rügen (vgl. BVerwG, U.v. 4.4.2012 − 4 C 8.09 u.a. – juris Rn. 258); erst recht kann die Klägerin daher nicht geltend machen, es habe nur ein Antrag eines unzuständigen Infrastrukturunternehmens vorgelegen. Zum anderen dürfte es bei einer privaten Vorhabenträgerin wie der Beigeladenen fraglich sein, ob deren Plangenehmigungsantrag mit der Begründung abgelehnt werden könnte, sie sei für die betreffende Eisenbahninfrastruktur im konkreten Fall nicht zuständig, wenn sie jedenfalls grundsätzlich zulässige Trägerin von derartigen Vorhaben i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sein könnte (vgl. zur Antragsstellung durch den Vorhabensträger Vallendar/Wurster in Hermes/Sellner, Beck´scher AEG-Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 18 Rn. 86 f., aber auch BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19/07 – juris Rn. 6, 9). Nur für den Fall, dass Träger des Vorhabens eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, ist in der Rechtsprechung geklärt, dass diese für die konkrete Planung öffentlich-rechtlich zuständig sein muss (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.1999 – 8 B 98.1627 u.a. – juris Rn. 27, 37). Davon abgesehen sind gegen die zulässige Vorhabensträgerschaft der Beigeladenen keine substantiierten Einwände seitens der Klägerin vorgetragen. Wer Vorhabenträger sein kann, ist mit Blick auf das jeweilige fachplanerische Regelungssystem zu bestimmen, vorliegend anhand des systematischen Zusammenhangs von § 73 Abs. 1 Satz 1 VwVfG mit den Vorschriften des § 18 und des § 5a AEG-2016. Der Antrag eines eisenbahnrechtlichen Vorhabenträgers ist auf den Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses gerichtet, der sich auf Betriebsanlagen einer Eisenbahn bezieht. Unter Eisenbahnen sind nach der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 AEG-2016 Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu verstehen, also Unternehmen, welche dauerhaften Zugriff auf die planfestgestellten Anlagen haben, somit die Einhaltung der im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Verpflichtungen, insbesondere von Schutzvorkehrungen zugunsten Dritter, sicherstellen können und deshalb zulässige Vorhabensträger sind (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 25.7.2007 – 9 VR 19/07 – juris Rn. 6). Die Beigeladene hat als bundeseigenes Eisenbahninfrastrukturunternehmen einen solchen dauerhaften (faktischen wie auch rechtlichen) Zugriff auf den vorliegenden Bahnhof inkl. dessen Bahnsteige, was im Übrigen auch der von der Beigeladenen vorgelegte, diese betreffende Handelsregisterauszug belegt (dort heißt es zum Gegenstand des Unternehmens u.a.: „Betreiben der Personenbahnhöfe […], auch mit dem Ziel, den Zugang zum Schienenweg sicherzustellen“).
Soweit sich die Klägerin auch insoweit (im Rahmen der mündlichen Verhandlung) auf das Urteil des Europäischen Gerichts vom 10. Juli 2019 – C-210/18 – bezieht, folgen aus diesem keine unionsrechtlich zwingenden Vorgaben für die Vorhabensträgerschaft bzw. Antragsbefugnis, weil es sich insoweit ausschließlich mit Abgrenzungsfragen im Bereich des Regulierungsrechts befasst (vgl. dazu näher 1.2.3).
Vor diesem Hintergrund bedarf es mangels Erforderlichkeit (Entscheidungserheblichkeit) auch nicht der von der Klägerin beantragten Vorlage gemäß Art. 267 AEUV zum Europäischen Gerichtshof. Nach Art. 267 AEUV steht es im pflichtgemäßen Ermessen des mitgliedsstaatlichen Gerichts, ob es eine Vorlagefrage i.S.v. Art. 267 Abs. 1 AEUV an den EuGH richtet. Allein der Antrag eines Verfahrensbeteiligten begründet dabei – für sich betrachtet bzw. als solcher – weder ein Vorlagerecht noch eine Vorlagepflicht. Vielmehr hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 267 AEUV für eine Vorlage gegeben sind (vgl. dazu Marsch in Schoch/Schneider, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juli 2021, Art. 267 AEUV Rn. 33 ff. m.w.N.). Die Frage ob, wie die Klägerin wohl (unter Berücksichtigung auch ihres schriftsätzlichen Vortrags) meint, Bahnsteige aufgrund der Eisenbahnrichtlinie 2012/34/EU und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 10.7.2019 – C-210/18) der Strecke zuzuordnen sind, so dass die Klägerin die „falsche“ Antragstellerin und Vorhabensträgerin sei, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich bzw. ist eine Beantwortung dieser Frage durch den EuGH nicht i.S.v. Art. 267 Abs. 2 AEU für den Erlass des Urteils erforderlich. Denn wie eben ausgeführt kann die Klägerin als Drittbetroffene die Frage der Vorhabensträgerschaft bzw. Antragsbefugnis nicht rügen.
1.2.2 Die Planrechtfertigung (als auch zugunsten der Klägerin zu prüfende Rechtsposition, vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2006 – 4 A 2001.06 – juris Rn. 33) für das streitgegenständliche Vorhaben ist gegeben. Eine solche setzt voraus, dass ein Vorhaben im Hinblick auf die fachgesetzlichen Ziele vernünftigerweise geboten ist. Insbesondere das Ziel eines barrierefreien Ausbaus dient der Gewährleistung eines attraktiven Verkehrsangebotes im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG-2016. Die Beigeladene kommt mit dem plangenehmigten Vorhaben auch der Verpflichtung aus § 2 Abs. 3 Satz 1 EBO nach, auf die Ermöglichung einer erschwernisfreien Benutzung von Bahnanlagen und Fahrzeugen durch behinderte Menschen hinzuwirken, wobei sich Inhalt und Umfang dieser Pflicht allein aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.2006 – 9 C 1.05 – juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 16.3.2011 – 22 A 09.40041 – juris Rn. 18). Die Beigeladene weist zudem zutreffend darauf hin, dass damit auch dem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG Rechnung getragen wird. Das plangenehmigte Vorhaben ist auch grundsätzlich geeignet, die Barrierefreiheit der zu ändernden Bahnanlagen deutlich zu verbessern, was auch die Klägerin nicht substantiiert bestreitet. Eine Bahnsteighöhe von 76 cm über Schienenoberkante entspricht der für den Regelfall geltenden rechtlichen Vorgabe in § 13 Abs. 1 Satz 1 EBO. In der Plangenehmigung wird ausgeführt, dass durch die Schaffung einer bundesweit möglichst einheitlichen Bahnsteighöhe (sog. Bahnsteighöhenkonzept, vgl. bspw. BT-Drs. 17/4382 und 19/24212 sowie für Bayern LT-Drs. 17/21212) in Verbindung mit entsprechend angepasstem Fahrzeugeinsatz eine nachhaltige Barrierefreiheit erreicht werden soll. Dass dieses Konzept möglicherweise politisch diskutiert wird, entbindet das EBA als Planfeststellungsbehörde nicht vom gesetzlichen Auftrag des § 13 Abs. 1 Satz 1 EBO; inwieweit Belange der Klägerin den vorstehend genannten Zielen entgegenstehen, ist keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der Abwägung (zu letzterem vgl. auch 1.2.4).
1.2.3 Das plangenehmigte Vorhaben bedarf auch, entgegen der Auffassung der Klägerin, keiner Stilllegungsgenehmigung nach § 11 AEG-2016. Genehmigungspflichtig ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 AEG-2016 die dauernde Einstellung des Betriebes einer Strecke (Tatbestandsvariante 1) oder einer Serviceeinrichtung (Tatbestandsvariante 2), eines für die Betriebsabwicklung wichtigen Bahnhofs (Tatbestandsvariante 3) und die mehr als geringfügige Verringerung der Kapazität einer Strecke (Tatbestandsvariante 4). Keine dieser vier Tatbestandsvarianten ist vorliegend erfüllt. Die Tatbestandsvarianten 1 und 3 scheiden offensichtlich aus. Aus einem Erst-Recht-Schluss zur Tatbestandsvariante 3 ergibt sich – abgesehen davon, dass es sich vorliegend ohnehin nicht um eine Betriebseinstellung, sondern um eine bloße Änderung handelt – zudem, dass allein die Änderung der Länge und Höhe von Bahnsteigen (als Serviceeinrichtungen, vgl. § 2 Abs. 9 AEG-2016 i.V.m. Anlage 2 zum ERegG Nr. 2 Buchst. a sowie BVerwG, U.v. 5.7.2018 – 3 C 21.16 – juris Rn. 43) nicht ausreichen kann, damit Tatbestandsvariante 2 greift (vgl. dazu im Übrigen auch BVerwG a.a.O. Rn. 48). Bzgl. Tatbestandsvariante 4 hat die Beigeladene schließlich nachvollziehbar dargelegt, dass die Kapazität der hier betroffenen Strecke nicht verändert, jedenfalls aber nicht mehr als geringfügig verringert wird. Schon begrifflich umfasst das Tatbestandsmerkmal „Strecke“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 Var. 4 AEG-2016 im Umkehrschluss zu § 2 Abs. 9 AEG-2016 i.V.m. Anlage 2 zum ERegG Nr. 2 Buchst. a keine Bahnsteige (vgl. zum eher technisch bzw. infrastrukturell geprägten Streckenbegriff weiterführend BVerwG, U.v. 25.5.2016 – 3 C 2.15 – juris Rn. 17 ff.). Aus dem Urteil des Europäischen Gerichts vom 10. Juli 2019 – C-210/18 – folgt nichts anderes; insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass unionsrechtlich im vorliegenden Fall die Annahme einer mehr als geringfügigen Verringerung der Streckenkapazität geboten sein könnte. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Anhang II der RL 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (im Folgenden: Eisenbahnrichtlinie 2012/34/EU) dahin auszulegen ist, dass die in Anhang I dieser Richtlinie genannten „Personenbahnsteige“ ein Bestandteil der Eisenbahninfrastruktur sind, deren Benutzung nach Nr. 1 Buchst. c dieses Anhangs II unter das sogenannte Mindestzugangspaket fällt. Es ist nicht plausibel, dass dieses Urteil, welches sich insoweit ausschließlich mit Abgrenzungsfragen im Bereich des Regulierungsrechts zum Anwendungsbereich des Mindestzugangspakets befasst, die Tatbestandsvoraussetzungen der Genehmigungspflicht für Stilllegungsmaßnahmen determinieren soll. Zur Umsetzung der Eisenbahnrichtlinie 2012/34/EU dient im Übrigen (auch) § 11 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 AEG-2016 (vgl. dazu BVerwG, U.v. 5.7.2018 – 3 C 21.16 – juris Rn. 44 ff.). Unabhängig davon ist nicht erkennbar, inwieweit die bloße Reduzierung der Bahnsteiglängen, wenn man sie – einmal unterstellt bzw. wie von der Klägerin behauptet – dem Tatbestandsmerkmal Strecke zuordnen will, vorliegend zu mehr als einer nur geringfügigen Kapazitätsverringerung führen soll. Der von der Klägerin vorgenommene Vergleich von (behaupteter) „alter“ und „neuer“ Bahnsteiglänge ist insoweit kein tauglicher Ansatz. Denn die Kapazität einer Strecke ergibt sich daraus, was auf den sie bildenden Gleisen und zugehörigen Bahnbetriebsanlagen technisch an Eisenbahnverkehr abgewickelt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 11.4. 2019 – 3 C 19.16 – juris Rn. 23). Zur Beurteilung der Kapazitätsverringerung einer Strecke ist also denknotwenig auf das Zusammenwirken bzw. den Ausfluss aller (i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 2 AEG-2016 zu berücksichtigten) Faktoren abzustellen, nicht dagegen – so aber die Klägerin – isoliert auf einen Faktor (einmal unterstellt, die Bahnsteiglänge sei ein solcher, s.o.). So mag es durchaus Konstellationen geben, in welchen ein solcher Faktor für sich betrachtet mehr als geringfügig verringert wird, sich dies aber bezogen auf die Streckenkapazität insgesamt nicht mehr als geringfügig auswirkt, weil beispielsweise ein anderer Faktor bereits der eigentlich „limitierende“ ist. Konkrete Anhaltspunkte, dass so verstanden allein die Verringerung der Bahnsteiglängen (entgegen der obigen Ausführungen unterstellt, sie seien insoweit ein in die Bewertung der Streckenkapazität einzustellender Faktor i.S.v.§ 11 Abs. 1 Satz 2 Var. 4 AEG-2016) vorliegend die Streckenkapazität insgesamt mehr als geringfügig verringern sollte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Damit bedurfte es – weil schon keine Variante des § 11 Abs. 1 (Satz 2) AEG-2016 einschlägig ist – keines Interessenbekundungsverfahrens i.S.v. § 11 Abs. 1a AEG-2016.
Vor diesem Hintergrund bedarf es mangels Erforderlichkeit (Entscheidungserheblichkeit) auch insoweit nicht der von der Klägerin beantragten Vorlage gemäß Art. 267 AEUV zum Europäischen Gerichtshof. Die Frage ob, wie die Klägerin meint, Bahnsteige aufgrund der Eisenbahnrichtlinie 2012/34/EU und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 10.7.2019 – C-210/18) auch im Anwendungsbereich des § 11 AEG-2016 der Strecke zuzuordnen sind, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich bzw. ist eine Beantwortung dieser Frage durch den EuGH nicht i.S.v. Art. 267 Abs. 2 AEUV für den Erlass des Urteils erforderlich. Denn selbst wenn man Bahnsteige dem Streckenbegriff i.S.v. § 11 Abs. 1 AEG-2016 zuordnen würde, läge auch dann, wie eben dargelegt, keine mehr als nur geringfügige Kapazitätsverringerung vor.
1.2.4 Die angefochtene Plangenehmigung ist nicht mit Mängeln bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten und zu berücksichtigenden privaten Belange der Klägerin behaftet, die offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen wären (vgl. § 18c AEG-2016 i.V.m. § 75 Abs. 1a VwVfG).
Die auch in diesem Kontext (Abwägungsfehler) seitens der Klägerin vorgebrachte Behauptung, der räumliche Bereich des Vorhabens werde durch die (erste) Änderungsplangenehmigung erweitert, ist unzutreffend (siehe 1.1.2.2). Ob durch die Änderung des räumlichen Geltungsbereichs überhaupt ein im Rahmen des Klageverfahrens zu prüfender abwägungserheblicher Belang der Klägerin betroffen sein kann, kann daher offenbleiben.
Das Interesse der Klägerin daran, dass die bisherigen Bahnsteiglängen beibehalten werden, wurde in der angefochtenen Plangenehmigung abwägungsfehlerfrei berücksichtigt. Die Nutzungslänge soll am Gleis 4 von 197 m auf 140 m sowie an den Gleisen 5 und 7 von 205 m auf gleichfalls 140 m gekürzt werden. In der Plangenehmigung vom 12. Dezember 2019 (dort S. 31) wird nachvollziehbar dargelegt, dass der Zugangsanspruch der Klägerin hierdurch nicht verletzt wird. Grundlage für das Vorhaben ist die verkehrliche Aufgabenstellung; die Bahnsteiglängen von 140 m sind von der BEG als Bestellerin der Schienenpersonennahverkehrsleistungen für beide Bahnsteige bei der Beigeladenen bestellt und demgemäß geplant worden. Die Klägerin bestreitet nicht, dass diese Bahnsteiglängen für die von der BEG bestellten Verkehrsleistungen ausreichen. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Bahnsteiglängen anhand der maximalen Zuglänge für den längsten planmäßig an der Bahnsteigkante haltenden Reisezug bemessen werden. Weiter hat die Klägerin in ihrem Einwendungsschreiben vom 12. Juni 2019 selbst angegeben, die Bahnsteige des Bahnhofs Nördlingen mit Zügen „für touristische Sonderfahren bzw. Gelegenheitsverkehre im Personenverkehr“ durchschnittlich zweimal im Monat zu nutzen; der Bahnhof Nördlingen werde von ihrem Unternehmen beispielsweise mit Zügen angefahren, die aus acht Reisezugwagen mit einer Länge von jeweils 26,4 m und einer Gesamtlänge von mindestens 211,2 m bestünden. Die mit Schriftsatz vom 8. Mai 2020 vorgelegte Regeltrassenanmeldung zum Netzfahrplan 2020/2021 ist dabei nicht zum Nachweis geeignet, dass in der Abwägungsentscheidung regelmäßig verkehrende Reisezüge der Klägerin zu berücksichtigen gewesen wären. Es ergibt sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch ist sonst ersichtlich, dass diese Anmeldung der Planfeststellungsbehörde bereits vor dem Genehmigungserlass am 12. Dezember 2019 als dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage insoweit – trotz späterer Änderungsplangenehmigung – weiterhin maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen hätte (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt bei Planänderung in einer ähnlichen Konstellation BVerwG, B.v. 17.1.2013 – 7 B 18.12 – juris Rn. 26 f. m.w.N.). In der angefochtenen Plangenehmigung (dort S. 32 f.) wird ausgeführt, dass die Klägerin entweder mit kürzeren Zügen verkehren oder geeignete organisatorische Maßnahmen treffen (z.B. Sichern oder vorübergehendes Absperren der nicht nutzbaren Türen im Ausgangs- bzw. Zielbahnhof Nördlingen) kann, um den Bahnhof Nördlingen weiterhin nutzen zu können. Entsprechende Maßnahmen sind auch in der Anlage 2 des besonderen Teils der Schienennutzungsbedingungen der Klägerin vorgesehen. Zudem sind an der von der Klägerin gepachteten Strecke bereits jetzt Bahnsteige mit Nutzlängen vorhanden, die sowohl die jeweils verwendeten Wagenzuglängen als auch die am Bahnhof Nördlingen geplanten Nutzlängen unterschreiten. Es ergibt sich nicht konkret aus dem Vortrag der Klägerin und ist auch sonst nicht erkennbar, inwieweit diese Erwägungen sachlich oder rechtlich fehlerhaft sein sollten. Das EBA als Planfeststellungsbehörde hat bei seiner Entscheidung insbesondere berücksichtigt, dass die Nutzung der bisher von der Klägerin eingesetzten Wagen am Bahnhof Nördlingen infolge der streitgegenständlichen Baumaßnahme eingeschränkt wird; es hat diese Einschränkungen im Rahmen der Abwägung als zumutbar bewertet. Im Übrigen weist die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen keinen Anspruch auf Erhalt von Eisenbahninfrastruktureinrichtungen zusteht, die benötigt werden, um altes Zugmaterial weiterhin (uneingeschränkt) nutzen zu können (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 5.7.2018 – 3 C 21./16 – juris Rn. 39).
In der Plangenehmigung (dort S. 33 f.) wurde auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet, dass von der geplanten Bahnsteighöhe von 76 cm nicht im Hinblick auf die Interessen der Klägerin abgewichen werden muss. So hat die Vorhabenträgerin (Beigeladene) dargestellt, dass die Fahrzeuge der Klägerin an Bahnsteigen mit einer Höhe von jeweils 76 cm halten könnten und dies bereits aktuell an anderen Verkehrsstationen durchgeführt werde. Zwar mag der barrierefreie Ein- und Ausstieg der Fahrgäste und die problemlose Bedienung aller Türen bei bisher von der Klägerin eingesetztem Zugmaterial nur oder in erster Linie bei einer Bahnsteighöhe von 55 cm oder niedriger gewährleistet sein. Es ist jedoch abwägungsfehlerfrei, wenn sich vorliegend die festgelegte Bahnsteighöhe vorrangig an den Erfordernissen des für den Freistaat Bayern bestellten Schienenpersonennahverkehrs orientiert (und damit zugleich dem gesetzlichen Regelfall des § 13 Abs. 1 Satz 1 EBO entspricht, s. 1.2.2), nicht dagegen an den von der Klägerin betriebenen touristischen Sonderfahrten bzw. – von ihr so bezeichneten – Gelegenheitsverkehren im Personenverkehr. Zudem hat die BEG in ihrer Stellungnahme vom 21. Mai 2019 mitgeteilt, dass Nutzfahrzeuge mit einer Einstiegshöhe von 76 cm eingesetzt werden, so dass die neuen Bahnsteige entsprechend nutzbar sein müssen. Da die Frage der zulässigen, den Interessen aller Beteiligten entsprechenden Bahnsteighöhe bei Umbauten von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine von der Bahnsteighöhe von 76 cm abweichende Festlegung in einer anderen von der Beklagten erteilten Plangenehmigung, die einen anderen Einzelfall betrifft, die Festlegung für den vorliegenden Fall abwägungsfehlerhaft machen sollte.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
3. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
4. Nach § 132 Abs. 2 VwGO war die Revision vorliegend nicht zuzulassen.


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