Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen den “Neubau eines Hybridrasenspielfeldes” – Klagefristversäumung infolge öffentlicher Bekanntmachung

Aktenzeichen  Au 5 K 20.165

Datum:
30.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43387
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ByBO Art. 66 Abs. 2 S. 1, S. 4
VwGO § 74 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Zustellung der Baugenehmigung mittels öffentlicher Bekanntgabe gem. Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO stellt eine Möglichkeit dar, von der die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch machen kann, und die das Verfahren vereinfachen, insbesondere die Bauaufsichtsbehörde entlasten soll. Ob die Nachbarn, die nicht zugestimmt haben oder deren Einwendungen nicht entsprochen wurde, im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich beteiligt waren, ist keine Voraussetzung für die öffentliche Bekanntmachung. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Frage, ob die Baugenehmigung bei mehr als 20 Beteiligten nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO öffentlich bekannt gemacht werden darf, ist darauf abzustellen, ob nach dem persönlichen und sachlichen Umgriff des baurechtlichen Nachbarbegriffs mehr als 20 Nachbarn beteiligt sind. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergericht-lichen Kosten des Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Si-cherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweiligen Vollstreckungsgläubi-ger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Die bereits unzulässige, da aufgrund der wirksamen öffentlichen Bekanntmachung der angegriffenen Baugenehmigung verfristet erhobene Klage bleibt auch in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Kläger ist nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtordnung (VwGO) als bau rechtlicher Nachbar klagebefugt gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 4. Dezember 2019.
Nachbar im Sinne der Bayerischen Bauordnung (BayBO) ist der Grundstücksberechtigte an einem Grundstück, der durch das Vorhaben in seinen öffentlichrechtlich geschützten Belangen berührt werden kann. Dabei ist zwischen dem persönlichen und dem sachlichen Schutzbereich des Nachbarbegriffs zu unterscheiden. Persönlich bestimmt sich bei einer Mehrheit von Grundstücksberechtigten, wie etwa bei Ehegatten als Miteigentümern, einer Erbengemeinschaft oder bei Gesamthandseigentum, nach dem bürgerlichen Recht, wer als Nachbar in Betracht kommt und Rechte nach dem Baurecht geltend machen kann. Grundsätzlich sind alle Grundstücksberechtigten Nachbarn im Sinne des Baurechts (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 135. EL Dezember 2019, Art. 66 Rn. 77, 91). Sachlich ist Nachbar im Sinne des Art. 66 BayBO derjenige, der gegen die Genehmigung des jeweiligen Bauvorhabens zulässigerweise Klage erheben kann. Dies setzt eine bestimmte räumliche Beziehung zum Baugrundstück voraus. Maßgeblich ist der jeweilige Einwirkungsbereich des Bauvorhabens, der nach Art und Intensität der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen verschieden bemessen sein kann und dementsprechend flexibel den Kreis der Nachbarn bestimmt. Daraus folgt, dass Nachbar nicht nur der unmittelbare Grenznachbar ist. Ausschlaggebend ist stets und allein die konkrete Situation und damit die vor deren Hintergrund zu beantwortende Frage nach der potentiellen Rechtsbetroffenheit des Dritten durch das konkrete Bauvorhaben (VG Würzburg, B.v. 18.06.2018 – W 4 S 18.672 – juris Rn. 17). Soweit ein Grundstück belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann, ist eine potentielle Betroffenheit ausreichend (BayVGH, B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1463 – juris Rn. 26).
Der Kläger unterfällt vorliegend als (Mit-)Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. L der Gemarkung * dem persönlichen Nachbarbegriff. Zwar grenzt sein Grundstück nicht unmittelbar an die streitgegenständlichen Grundstücke Fl.Nrn. K und J der Gemarkung * an, sondern ist von diesen durch das dazwischenliegende Straßengrundstück getrennt. Da aber die mit der Realisierung der streitgegenständlichen Baugenehmigung einhergehende Nutzung als Fußballplatz mit Flutlichtanlage Lärm- und Lichtemissionen hervorruft und der Kläger sich im unmittelbaren Einwirkungsbereich dieser Immissionen befindet, ist er jedenfalls auch Nachbar i.S.d. weit zu fassenden persönlichen Nachbarbegriffs der BayBO.
2. Die nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einzuhaltende Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes ist mit der Klageerhebung vom 24. Januar 2020 nicht gewahrt.
a) Die beklagte Stadt * hat den Bescheid vom 4. Dezember 2019 öffentlich bekannt gemacht im Amtsblatt der Stadt * vom 13. Dezember 2019 (Nr. 50, S. 389, 397). Entsprechend endete die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V. m. Art. 66 Abs. 2 Satz 6 BayBO i.V.m. § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 188 Abs. 2, 187 Abs. 1 BGB am Montag, den 13. Januar 2020, 24 Uhr. Die Klageerhebung erfolgte eindeutig nach diesem Fristende.
b) Die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntgabe der Baugenehmigung lagen vor.
aa) Nach Art. 66 Abs. 1 BayBO sind im Baugenehmigungsverfahren den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnung zur Unterschrift vorzulegen. Der Nachbar ist Beteiligter i.S.d. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG im Baugenehmigungsverfahren, Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Hat ein Nachbar nicht zugestimmt oder wird seinen Einwendungen nicht entsprochen, so ist ihm eine Ausfertigung der Baugenehmigung zuzustellen, Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO. Sind an einem Baugenehmigungsverfahren mehr als 20 Nachbarn im gleichen Interesse beteiligt, ohne vertreten zu sein, kann die Zustellung nach Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden, Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO. Die Zustellung gilt mit dem Tag der Bekanntmachung als bewirkt, Art. 66 Abs. 2 Satz 6 BayBO.
Die Zustellung der Baugenehmigung mittels öffentlicher Bekanntgabe stellt dabei eine Möglichkeit dar, von der die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch machen kann, und die das Verfahren vereinfachen, insbesondere die Bauaufsichtsbehörde entlasten soll. Ob die Nachbarn, die nicht zugestimmt haben oder deren Einwendungen nicht entsprochen wurde, im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich beteiligt waren, ist keine Voraussetzung für die öffentliche Bekanntmachung. Denn durch die verfahrensrechtliche Beteiligungsvorschrift des Art. 66 Abs. 2 Satz 1 BayBO wird klargestellt, dass der Nachbar unabhängig von seiner tatsächlichen Beteiligung automatisch, kraft Gesetzes, die Stellung eines Beteiligten hat (Edenharter in BeckOK, Bauordnungsrecht Bayern, Spannowsky/Manssen, 13. Ed. Stand 1.11.2019, Art. 66 Rn. 69 ff m.w. N.). Eine Zustellung der Baugenehmigung ist in allen Fällen erforderlich, in denen keine vorbehaltlose Nachbarunterschrift angenommen werden kann. Sie ist auch dann erforderlich, wenn der Nachbar gar keine Erklärung abgegeben hat (BayVGH, B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1463 – juris Rn. 31). Somit ist für die Frage, ob die Baugenehmigung bei mehr als 20 Beteiligten nach Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO öffentlich bekannt gemacht werden darf, nicht maßgebend, ob diese Personen tatsächlich am Baugenehmigungsverfahren beteiligt worden sind (BayVGH, aaO, Rn 32-37). Vielmehr ist abzustellen darauf, ob nach dem persönlichen und sachlichen Umgriff des baurechtlichen Nachbarbegriffs mehr als 20 Nachbarn beteiligt sind.
bb) Vorliegend unterfallen mehr als 20 Nachbarn dem oben dargestellten, persönli chen und sachlichen Umgriff des baurechtlichen Nachbarbegriff zu dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben.
Wie bereits ausführt, ist zur Beurteilung der Nachbareigenschaft auf den speziellen Einwirkungsbereich des jeweiligen Bauvorhabens abzustellen. Hierzu erläuterte der Vertreter des Immissionsschutzes bei der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, in Anlehnung an die TA Lärm umfasse der Einwirkungsbereich einer Anlage den Bereich, in dem (noch) ein Lärmpegel von höchstens 10 dB(A) unter dem Richtwert ankomme. Dies sei bei Fußballplätzen umgerechnet in der Regel bei einem Abstand von ca. 100 m vom Spielfeldrand der Fall. Daher sind die in diesem Bereich liegenden Grundstücke in den sachlichen Umgriff einzubeziehen, da sie von Immissionen betroffen sein können. Denn soweit ein Grundstück belastenden Auswirkungen ausgesetzt sein kann, ist eine potentielle Betroffenheit ausreichend (BayVGH, B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1463 – juris Rn. 26). Neben den bereits im richterlichen Hinweis vom 20. Mai 2020 konkret bezeichneten Grundstücken sind somit auch die nordwestlich der Sportanlage liegenden Grundstücke mit Wohnbebauung Fl.Nrn. D, C, B und A der Gemarkung * sowie weite Teile der Wohnbebauung der Z-Straße auf den Fl.Nr. Q, R, O, P, M, N der Gemarkung * als im Einwirkungsbereich des Bauvorhabens liegend zu beurteilen. Zu den im richterlichen Hinweis benannten 16 Grundstücken (nicht: 16 Beteiligten) sowie zu den Grundstücken Fl.Nrn. D, C, B und A der Gemarkung * hat das Gericht Einsicht in die im Grundbuch eingetragenen Eigentümerstellungen genommen. Hieraus ergibt sich – unter Außerachtlassung derjenigen Nachbarn, die dem Bauvorhaben zugestimmt haben und unter nur einmaliger Berücksichtigung der jeweiligen Person – aufgrund der häufigen Miteigentümerstellung an den Grundstücken die Zahl von 34 Nachbarn und damit jedenfalls deutlich mehr als die gesetzlich geforderten mehr als 20. Unter Hinzunahme der o.g. Grundstücke an der Z-Straße, zu denen keine Einsicht in das Grundbuch genommen wurde, würde sich diese Zahl nochmals erhöhen.
c) Die Bekanntgabe durch öffentliche Bekanntmachung wurde bei Erlass der Bauge nehmigung am 4. Dezember 2019 verfügt und erfolgte im Amtsblatt vom 13. Dezember 2019. Der im Amtsblatt bekannt gemachte Text zur Baugenehmigung samt Rechtsbehelfsbelehrung:und Einsichtsmöglichkeit erfüllt die Voraussetzungen des Art. 66 Abs. 2 Satz 4 HS 2 BayBO.
d) Eine Hinweispflicht der Beklagten an den sich mit Fax vom 8. Januar 2020 für den Kläger bestellenden damaligen Bevollmächtigen auf die mit der Bekanntgabe durch öffentliche Bekanntmachung in Gang gesetzte Rechtsmittelfrist wird hier nicht gesehen. Gründe für eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO sind nicht erkennbar, eine solche wurde im Übrigen auch nicht beantragt.
Die Klage ist somit bereits unzulässig und abzuweisen.
3. Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet, da die angefochtene Baugenehmi gung den Kläger nicht in ihn als Dritten schützenden Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB. Die streitgegenständlichen Flächen, nicht aber das Grundstück des Klägers, liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. * „Südlich der XStraße“ der Beklagten. Das streitgegenständliche Vorhaben entspricht der dortigen zeichnerischen Darstellung als Sportanlage.
b) Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen eines Bebauungsplans gelege nen Grundstückseigentümers bestimmt sich grundsätzlich nur nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55/07 – NVwZ 2008, 427 f.; BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris Orientierungssatz), da typischerweise der Interessenausgleich innerhalb des Plangebietes stattfindet. Die Voraussetzungen für planübergreifenden Nachbarschutz sind vorliegend nicht erfüllt.
aa) Ob nachbarschützende Festsetzungen eines Bebauungsplans ausnahmsweise auch Grundstückseigentümern außerhalb des Plangebiets zugutekommen sollen, ob also ein gebietsüberschreitender (planübergreifender) Nachbarschutz gewollt ist, kommt indes nur ausnahmsweise in Betracht. Dies setzt stets voraus, dass sich aus der Ausgestaltung der Festsetzungen oder doch zumindest aus ihrer Begründung konkrete Anhaltspunkte dafür ableiten lassen, dass die festgesetzte Nutzungsbeschränkung auch den außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstücken zugutekommen soll. Das ist anhand des Inhalts und der Begründung der einzelnen Festsetzungen zu untersuchen (Berkemann in Hoppenberg/de Witt: Handbuch des öffentlichen Baurechts, Stand: 55. EL November 2019, § 31 Abs. 2 BauGB Rn. 238; BayVGH, B.v. 25.8.1997 – 2 ZB 97.00681 – NVwZ-RR 1999, 226, Leitsatz Nr. 3 für Art der baulichen Nutzung)
bb) Vorliegend ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus den Festsetzungen und der Begründung zum Bebauungsplan Nr. * „Südlich der X-Straße“ kein für den Kläger selbständig durchsetzbares subjektives Recht im Sinne eines planübergreifenden Nachbarschutzes.
Unter „D. Begründung 6.1 Immissionsschutzrecht“ des Bebauungsplans ist zwar ausgeführt, dass „an den anderen betroffenen Häusern … östlich des Spielfeldes der Richtwert bis zu 3 db(A) überschritten [wird]; daher ist es erforderlich, den Lärmschutzwall mit aufgesetzter Wand östlich … des Spielfeldes bis zur Spielfeldmitte zu errichten. Der Sportlärm wird gegenüber dem WA durch Festschreibung dieser Lärmschutzmaßnahmen entsprechend des o.g. Gutachtens sowie der Forderungen des Immissionsschutzes in Grenzen gehalten.“
Die Festsetzungen in Bebauungsplänen entfalten aber nur in besonders begründeten Ausnahmefällen planübergreifenden Drittschutz, also drittschützende Wirkung zugunsten von Nachbarn außerhalb des Plangebiets. Die Feststellung einer solchen ausnahmsweise drittschützenden Wirkung von bauplanerischen Festsetzungen setzt voraus, dass sich im Rahmen einer einzelfallbezogenen Auslegung des Bebauungsplans Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Plangeber außerhalb des Plangebiets bestehende Belange nicht nur in die planerische Abwägung einbeziehen, sondern darüber hinaus selbstständig durchsetzbare subjektive Rechte schaffen wollte. Maßgeblich ist insoweit der Wille des Plangebers, der sich in dem Bebauungsplan, der zugehörigen Begründung oder sonstigen amtlichen Verlautbarungen (Protokollen oä) objektiviert hat (VGH Mannheim, B.v. 2.10.2918 – 3 S 1470/19 – NVwZ-RR 2020,580 zu Nachbarschutz gegen Baugenehmigung für Fußballstadion; mit Hinweis auf OVG Münster, B.v. 28.11.2016 – 8 A 2710/13 – BauR 2017, 1144).
Aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere aus der (bloßen)
Festsetzung eines Lärmschutzwalls mit Wand und der eben genannten Begründung ergeben sich keine ausreichenden Hinweise, dass der Plangeber ausdrücklich die Absicht gehabt hätte, mit diesen Regelungen eigenständige subjektivöffentliche Rechte für Planexterne zu schaffen. Zwar mag der Kläger aus dem Begriff „Lärmschutzwall“ einen solchen ableiten. Vielmehr deutet aber die unter „D. Begründung 3.“ des Bebauungsplans formulierte „zusammenfassende Abwägung“ darauf hin, dass eine Ausstattung Planexterner mit subjektiven Rechten gerade nicht gewollt war. Denn als Planziel und damit öffentlicher Belang ist dort die Sicherung des genehmigten Baubestands (und damit auch der Sportanlage) aufgeführt unter Berücksichtigung des Immissionsschutzes nach derzeit geltenden Bestimmungen im Planungsrecht. Als in die Abwägung einzustellende private Belange werden andere Punkte, gerade aber nicht der Immissionsschutz genannt, aus dem der Kläger eigene Rechte ableiten will. c) Der Kläger kann damit Rechtsverletzungen durch die von ihm mit der Klage ange griffenen Befreiungen bzw. Abweichungen nur nach dem Gebot der Rücksichtnahme geltend machen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers ist aber nicht gegeben.
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – juris Rn. 9). Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17).
aa) Anhaltspunkte für eine unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers durch die er teilten Befreiungen betreffend den Lärmschutzwall mit aufgesetzter Wand sind nicht erkennbar.
Wie bereits ausgeführt, kann sich der Kläger auf die Festsetzung des Lärmschutzwalls nicht aus eigenen Rechten berufen. Die streitgegenständliche Nutzung als Sportanlage war bereits in der Vergangenheit des Öfteren Gegenstand immissionsschutzrechtlicher Überprüfungen. So erklärte der Vertreter des Immissionsschutzes bei der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, bei der in der Vergangenheit liegenden Nutzung des Geländes zu Trainings- und Spielzwecken seien die Immissionsschutzwerte selbst bei Punktspielen am Wochenende nur marginal überschritten worden. Dabei gehe man hinsichtlich der Schutzwürdigkeit von der Einstufung als allgemeines Wohngebiet aus, da das Grundstück des Klägers und andere der sog. * gegenüber einem Gebiet lägen, das – im o.g. Bebauungsplan Nr. * – als allgemeines Wohngebiet bestimmt worden sei. Zur Anwendung komme die VDI-Norm 3770, die für einen Trainingsbetrieb entsprechende Parameter vorgebe. Man habe schon damals mehrfach Berechnungen gemacht, denen eine Situation ohne Wall zugrunde gelegen sei. Dabei habe sich ergeben, dass bei vergleichbaren Betriebszeiten die einschlägigen Richtwerte nicht überschritten werden, zumal mit der jetzt beantragten Baugenehmigung ausschließlich Training unter der Woche und zur Tagzeit – also nicht zu besonders schutzwürdigen Zeiten in der Nacht und am Wochenende – verbunden sei. Auch fänden grundsätzlich keine Punktspiele statt, bei denen Schiedsrichterentscheidungen oft Lärmimmissionen hervorrufende Reaktionen verursachten. Ergänzend teilte der Bauamtsleiter der Beklagten mit, der Freiflächengestaltungsplan sei pflanzzeitbedingt noch nicht vollständig realisiert. Zwar sei der im Zuge der Bauarbeiten abgetragene Bereich des Lärmschutzwalls, der nicht von den Befreiungen umfasst ist, mittlerweile wieder ergänzt worden. Die vorgesehenen Nachpflanzungen, v.a. der Bäume, erfolgten vegetationsbedingt aber erst im Herbst.
Dieser Ansatz begegnet nach Auffassung des Gerichts keinen Bedenken. Es drängt sich nicht auf, dass die gegebenenfalls konstruktionsbedingte leichte Anhebung des Geländeniveaus derartige Auswirkungen hat, dass eine für den Kläger unzumutbare Situation entstünde. Zudem verpflichtet die streitgegenständliche Baugenehmigung den Bauherrn zur Einhaltung der unter „VI. Auflagen A. Immissionsschutz“ benannten Immissionsrichtwerte zu Lärm und weiteren Regelungen (auch bei ggf. erhöhtem Niveau) sowie die Beklagte im Rahmen des Vollzugs zur entsprechenden Überwachung. Dazu gehört bei berechtigten Beschwerden zu Lärmbelästigungen, beim Beigeladenen die unter „VI. Auflagen A. Immissionsschutz 2.“ durchzuführende Schallpegelmessung und ggf. Ausbreitungsrechnung bzw. ggf. die nachträgliche Errichtung des Lärmschutzwalls mit Wand zum Zwecke der Einhaltung der festgesetzten Immissionsrichtwerte (Hinweis bei Abweichung) einzufordern. Daher ist die Einhaltung der festgesetzten Immissionswerte zu Lärm nicht nur im Interesse der Nachbarn, sondern gerade auch des beigeladenen Bauherrn.
bb) Soweit sich der Kläger gegen die unter „IV. 2.“ erteilte Befreiung von Festsetzun gen zu Baumbestand und Gehölzstruktur wendet, bezwecken solche Festsetzungen eines Bebauungsplans zur Bepflanzung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB nicht den Schutz des Nachbarn (BayVGH, B.v. 25.8.1997 – 2 ZB 97.00681 – NVwZ-RR 1999, 226, Leitsatz Nr. 3), so dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots insoweit ausscheidet.
cc) Anhaltspunkte für eine unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers durch die erteil ten Abstandsflächen-Abweichungen unter „V. 3. und 4“ betreffend die drei nördlichen Flutlichtmasten sind nicht erkennbar.
Auch hierzu enthält die streitgegenständliche Baugenehmigung unter „VI. Auflagen A. Immissionsschutz“ die Festsetzung von Auflagen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerten für Licht mit (ausschließlich zur Tagzeit) 3 Lux. Wiederum wird die Einhaltung und Überwachung dieser Werte Aufgabe und im Interesse des Bauherrn wie der Beklagten sein. Im Übrigen sind die die erteilten Abstandsflächenabweichungen ohne Bezug zum klägerischen Grundstück.
dd) Weitere Hinweise für eine durch die erteilte Baugenehmigung für den Kläger ent stehende unzumutbare Situation liegen nicht vor.
Die Klage ist daher unbegründet und auch aus diesem Grund abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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