Baurecht

Erfolgloser Eilantrag der Nachbargemeinde gegen Windenergieanlagen

Aktenzeichen  AN 11 S 17.00474

Datum:
5.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 2 Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2, § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 S. 1 Nr. 5, S. 2, § 36
BayBO BayBO Art. 82, Art. 83
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1, § 4, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1, § 19
GG GG Art. 28 Abs. 2 S. 1
VwGO VwGO § 42 Abs. 2, § 80, § 80a, § 117 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Eine Nachbargemeinde ist nicht zur Sachwalterin privater Interessen ihrer Bürger berufen oder zur Kontrolleurin der zur Wahrung öffentlicher Belange berufenen staatlichen Behörden berechtigt. Eine Nachbargemeinde kann sich auf solche eigenen Belange berufen, die sich dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) zuordnen lassen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Vorschrift des Art. 82 Abs. 1 BayBO handelt es sich nicht um eine bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschrift mit drittschützendem Charakter; vielmehr setzt Art. 82 Abs. 1 BayBO eine bauplanungsrechtliche Entprivilegierung von Vorhaben fest, die den Mindestabstand von 10 H nicht einhalten. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
3. Als erhebliche Beeinträchtigung eines Denkmals ist grundsätzlich die Schaffung eines hässlichen, unästhetischen Zustands im Sinne eines Unlust erregenden Kontrastes zwischen dem Vorhaben und dem Denkmal zu verstehen. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auf ihr Selbstgestaltungsrecht kann sich eine Gemeinde bezüglich ihres Ortsbildes mit Erfolg berufen, wenn sie durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken, insbesondere die vorhandene städtebauliche Struktur von Grund auf verändern. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Der Streitwert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich als Nachbargemeinde gegen den Sofortvollzug eines immissions-schutzrechtlichen Genehmigungsbescheides.
Der Antragsgegner erteilte mittels Bescheids vom 30. Dezember 2016 der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zur Errichtung und zum Betrieb zweier Windenergieanlagen (WEA) des Typs* …mit jeweiliger Nabenhöhe von 140 m, einem Rotordurchmesser von 112,5 m und einer Gesamthöhe von jeweils 196,30 m und Nennleistung von jeweils 2,5 MW auf den Grundstücken Fl.Nr. … und … (WEA 1) und … (WEA 2) der Gemarkung … in der Gemeinde … Die Gemarkung … grenzt unmittelbar an das Gemeindegebiet des Antragstellers an. Auf den Bescheidsinhalt wird hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2017 an das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, hier eingegangen per Fax am selben Tag, ließ der hiesige Antragsteller Klage erheben gegen diesen Genehmigungsbescheid des Antragsgegners. Auf die Klagebegründung wird Bezug genommen.
Streitgegenständlich ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. März 2017 an das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, hier eingegangen am 13. März 2017, zudem Eilantrag stellen nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO mit dem Begehren,
1.die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 1. Februar 2017 gegen die der Beigeladenen von dem Antragsgegner erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30. Dezember 2016, Az.: …herzustellen;
2.dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen bekundet, der zulässige Eilantrag sei begründet, da der Antragsgegner zu Unrecht die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angenommen habe. Der Sofortvollzug liege weder im öffentlichen Interesse noch im überwiegenden Interesse der Beigeladenen. Zudem werde der Antragsteller durch den Genehmigungsbescheid in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO, da gegen Rechte des Antragstellers (Nachbargemeinde) im immissionsschutzrechtlichen Sinn verstoßen werde:
Es liege keine rechtmäßige Bebauungsplanung als Grundlage der planungsrechtlichen Zulässigkeit der beiden Windkraftvorhaben vor. Der Bebauungsplan der Gemeinde … sei rechtswidrig, weil verschiedene öffentliche Belange der Planung entgegenstünden.
So sei die Lage der WEA außerhalb der Vorbehaltsfläche WK … Dies sei ein Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Nach dem Regionalplan … (Ziffer …) könnten lediglich Einzelanlagen, die den Anforderungen des regionalplanerischen Windkraftkonzepts entsprächen, die keinen Windpark bildeten oder erweiterten und deren Standorte in einem Flächennutzungsplan ausgewiesen seien, in Ausnahmefällen außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten errichtet werden. Vorliegend werde behauptet, dass die beiden Windenergieanlagen innerhalb des ausgewiesenen Vorbehaltsgebietes für Windkraftanlagen WK … lägen, was unrichtig sei. Der Gemeinderat … habe in seiner Sitzung vom …September 2015 beschlossen, die im Jahr 2013 deklarierte Vorbehaltsfläche für Windkraftanlagen WK …, insbesondere für das zweite geplante Windrad WKA 2, zu vergrößern und dies zu beantragen. Nach dem Regionalplan sei hier aber keine Lage innerhalb eines Vorbehaltsgebietes, zumindest hinsichtlich der WKA 2, gegeben.
Frage der Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit der Regionalplanung: Unter dem Aspekt der Geltung der sogenannten 10-H-Regelung, also nach Art. 82 und 83 BayBO, stelle sich die Frage, welche Ziele eine Regionalplanung in Bayern überhaupt noch primär verfolge oder verfolgen könne. Von den Regionalplanern in Bayern werde derzeit verkannt, dass die erhebliche Veränderung der planungsrechtlichen Zulässigkeit durch die 10-H-Regelung unmittelbare Auswirkungen auf das Planungsziel und die Erforderlichkeit der Planung haben müsse. Beim Regionalplan … (Ziffer *) sei nicht ersichtlich, ob der Regionalplan nach Änderung der baurechtlichen Privilegierung ein anderes Ziel verfolge. Die planungsrechtliche Zulässigkeit könne nicht auf die uneingeschränkte Wirkung des Regionalplans gestützt werden.
Verstoß gegen die 10-H-Regelung nach Art. 82 bis 84 BayBO: Bei den hiesigen Windkraftanlagen mit ca. 200 m Höhe führe die 10-H-Regelung zu einem Abstand von 2000 m, die geringsten Abstände zur Wohnbebauung betrügen für die WKA 1 770 m und für die WKA 2 920 m, womit die Mindestabstände des Art. 82 Abs. 1 BayBO nicht eingehalten seien. Art. 82 Abs. 5 BayBO eröffne allerdings den Gemeinden die Möglichkeit, im Rahmen der Bauleitplanung Gebiete für die Nutzung der Windenergie (sog. Konzentrationsflächen) auszuweisen und mittels Durchführung eines ordnungsgemäßen Bauleitplanverfahrens solche Flächen auszuweisen. Voraussetzung hierfür sei, dass eine ordnungsgemäße Bauleitplanung auch durchgeführt worden sei, was hier nicht der Fall sei. Von daher könne auf die Ausnahmevorschrift des Art. 82 Abs. 5 BayBO nicht zurückgegriffen werden.
Ignorieren der Abstandskriterien zur Nachbargemeinde: Sowohl im Planungsverfahren als auch im hiesigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren seien die Schutzabstände hinsichtlich der Nachbargemeinde nicht eingehalten. Der Gesetzgeber habe zwar in Art. 82 Abs. 5 BayBO zum Ausdruck gebracht, dass eine Gemeinde die 10-H-Regelung mit einer entsprechenden Bebauungsplanung außer Kraft setzen könne, wenn die Bevölkerung dies mehrheitlich mittrage. Hierbei werde aber übersehen, dass durch diese Entscheidung auch die Mindestabstände im Rahmen der 10-H-Regelung gegenüber Bewohnern der Nachbargemeinden verkürzt werden. Dadurch seien die Bewohner der Nachbargemeinden in unzulässiger Weise Immissionen ausgesetzt, die der 10-H-Regelung widersprächen. Die Rechte der Nachbargemeinde könnten nicht wie bisher üblich auf eine bloße Abstimmung reduziert werden. Vielmehr sei eine objektive Betrachtung der Einschränkungen unter Berücksichtigung der 10-H-Regelung zu treffen.
Fehlendes Planerfordernis: Eine untergeordnete Planung der Kommunen habe zu unterbleiben, wenn dieser keine rechtlich einwandfreien Konzentrationsflächen oder Sondergebietszonen zur Verfügung stünden. Es fehle an einem Planerfordernis im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, denn die Ziele der Bauleitplanung könnten mit der beabsichtigten Planung nicht erreicht werden. Zu den entgegenstehenden öffentlichen Belangen gehöre auch der sogenannte vorbeugende Immissionsschutz im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, aber auch die naturschutzrechtlichen und landschaftsschutzrechtlichen Belange sowie die Belange des Waldschutzes und die weiteren in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB genannten Belange gehörten hierzu.
Grundvoraussetzung für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung der beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen sei zunächst einmal die planungsrechtliche Zulässigkeit. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan der Standortgemeinde erweise sich als rechtswidrig und könne daher die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht schaffen.
Entgegenstehende öffentliche Belange: Gegenstand der Prüfung im Bereich des Naturschutzes/Artenschutzes stellten die Aussagen aus dem Umweltbericht der Biologin … vom Büro … vom Juli 2015, der Begründung zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „…“ vom 17. Juni 2015, die Angaben aus den Umweltberichten und Begründungen zu den Regionalplänen der Industrieregion Mittelfranken (…) und des Regionalplanes … (…), die Informationen und Angaben von Gewährsleuten, sowie die sogenannte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung für den Windpark … des Büros … (…) vom 23. November 2015 dar. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren seien noch einige wenige weitere Unterlagen vorgelegt worden, wie die Ergänzung zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den Windpark … – Herbstzug Avifauna, Uhu und Fledermaus in der Fassung vom 17. Dezember 2015 sowie die Ergebnisse der Uhu-Nachkartierung im Jahr 2016 vom 29. September 2016.
Bereits im Planungsverfahren und sodann im Genehmigungsverfahren sei es zwingend erforderlich, dass die Belange des Naturschutzes gemäß § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB i.V.m. § 44 Abs. 1 BNatschG geprüft würden. Dies gelte insbesondere deshalb, weil bereits jetzt das konkrete Vorhaben an einem konkreten Standort im Rahmen des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes bekannt sei und feststünde. Keinesfalls sei es zulässig, die konkrete Artenschutzprüfung in den Bereich des nachfolgenden Genehmigungsverfahrens zu verschieben.
Aus den ersichtlichen Unterlagen sei entgegen der Ansicht der planenden Gemeinde eine Ausweisung der beiden Gebiete zur Nutzung der Windkraft WKA 1 und WKA 2 zu unterlassen, da Belange des Vogelschutzes und des Fledermausschutzes in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt seien. Dies führe dazu, dass eine vollumfängliche Prüfung erforderlich sei, ob Belange des Vogelschutzes bzw. Fledermausschutzes entgegenstünden. Eine solche Prüfung sei bisher nicht durchgeführt worden und müsse zwingend nachgeholt werden. Diesen Anforderungen genügten auch nicht die im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen aus dem Planverfahren. Es sei davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall erhebliche Belange des Naturschutzes tangiert seien. Der Gutachter des Büros … habe nicht unerhebliche entgegenstehende artenschutzrechtliche Belange festgestellt. Auf Seite 12 des Gutachtens werde festgestellt, dass innerhalb der Prüfabstände des Windkrafterlasses der unteren Naturschutzbehörde aktuell Brutvorkommen und Reviere des Uhus mit zwei Brutpaaren, drei brütende Rohrweiherpaare, ein Brutpaar Nachtreiher, fünf Brutkolonien Graureiher sowie Weißstörche mit zwölf Nester in …, zwei Nester in …, fünf Nester in …, ein Nest in …, ein Nest in … und ein Nest in … kartiert und festgestellt seien. Des Weiteren stelle das Gutachten fest, dass die Weiheranlagen des … intensiv als Rast- und Nahrungshabitate von folgenden Vogelarten genutzt würden: Schwarzmilan, Rotmilan, Purpurreiher, Fischadler und Seeadler. Das Gebiet weise auch eine ebenso intensive Nutzung durch Fledermäuse auf. Bedingt durch die Feuchtgebiete, die Weiher und Wälder biete sich für Fledermäuse ein ideales Habitat. Das Gutachten werde aber der tatsächlichen Aufgabe einer umfassenden artenschutzrechtlichen Prüfung sowohl der Avifauna als auch der Fledermäuse nicht gerecht. Es würden die entgegenstehenden naturschutzrechtlichen Belange gerade im Hinblick des § 44 Abs. 1 BNatschG verneint, um letztlich der Nutzung der Windenergie grünes Licht zu geben. Das gesamte Vorbringen dieser Stellungnahmen werde weitgehend durch den Diplombiologen …mit Stellungnahme vom 22. November 2016 widersprochen und widerlegt. Dieser komme zu dem Ergebnis, dass den gesamten Vorhaben naturschutzrechtliche und artenschutzrechtliche Belange entgegenstünden.
Die Ausweisung der Vorbehaltsflächen und Genehmigung von Windkraftanlagen verbiete sich aus Gründen des Landschaftsschutzes in diesem Bereich. Es sei die Maßgabe des § 35 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5 BauGB von Bedeutung. Durch die überdimensional hohen Anlagen mit ca. 200 mwerden die natürliche Eigenart der Landschaft und auch der Erholungswert zerstört, zumindest aber unangemessen beeinträchtigt. Unter 2.5 werde im Umweltbericht aufgeführt, dass es durch den Bau und Betrieb der Windkraftanlagen zu einer dauerhaften Veränderung und Beeinträchtigung des Landschaftsbildes komme. Dies werde mit einer Vorbelastung des Landschaftsbildes durch Windkraftanlagen einer Entfernung von ca. 5 km und einer Bundesstraße, die ebenfalls in einer Entfernung von ca. 5 km liege, entschuldigt.
Erschwerend komme hinzu, dass die Sichtbeziehungen zu den Denkmälern … …, …und ehemaliges … beeinträchtigt würden. Eine notwendige Abwägung zwischen dem Zweck des Vorhabens und dem öffentlichen Belang des Schutzes der Landschaft und der Natur sei in keiner Weise erbracht worden.
Im Umweltbericht würden unter 2.5 die landschaftsprägenden Baudenkmäler beschrieben, eine Auseinandersetzung mit diesen erfolge jedoch nicht. Eine Beeinträchtigung durch den Bau und den Betrieb der Windenergieanlagen werde in Abrede gestellt. Als Begründung werde lediglich angegeben, die Denkmäler befänden sich in einer Entfernung von ca. 4-5 km. Für eine ordnungsgemäße Begründung reiche dies jedoch nicht aus.
Laut einem Schreiben des Luftamtes Nordbayern vom 30. Oktober 2014 sei für den Standort WKA 1 eine maximale Höhe in müber NN von 546 bestimmt worden. Die Höhe der WKA 1 betrage aber in müber NN von 555. Für die WKA 2 sei laut Schreiben des Luftamtes vom 30. Oktober 2014 eine maximale Höhe in müber NN von 556 zulässig. Die tatsächliche Höhe betrage aber in müber NN von 567. Aus luftrechtlicher Sicht könne somit keine Genehmigung erfolgen.
Es sei nicht geklärt, ob durch die Windkraftanlagen die konkurrierende Vorbehaltsfläche für Wasserversorgung tangiert werde. Es stehen hier zwei konkurrierende Ziele gegenüber, wobei der Wasserschutz Vorrang genieße.
Durch das Vorhaben werde ein großes zusammenhängendes Waldgebiet zerschnitten, das dadurch seine ökologische Funktion verliere.
Durch die Genehmigung der beiden Windkraftanlagen würden die Anwohner auf dem Gebiet der Marktgemeinde im immissionsschutzrechtlichen Sinn belastet. Dies geschehe durch Schallbelastung, Belastung durch Schattenschlag und die so genannte bedrängende Wirkung. Dem Antragsteller obliege die Pflicht, Bürger der Marktgemeinde von Lärmimmissionen, die die Grenze zu erheblichen Belästigungen und/oder der Gesundheitsgefährdung überschreiten, von diesen Belastungen freizuhalten. Aufgrund der geringen Entfernung der Windkraftanlagen zu einzelnen Wohnhäusern sei davon auszugehen, dass erhebliche unzumutbare Belastungen auf diese zukämen. Es sei davon auszugehen, dass die in der TA-Lärmangegeben Höchstwerte überschritten würden. Die Schallemissionsprognose des Büros … vom 22. Juni 2016 verneine Zuschläge für Impulse, Tonhaltigkeit und auch für Vor- und Fremdbelastungen nach Ziffer 2.4 TA Lärm. Die Schallprognose könne nicht als gutachterliche Stellungnahme dienen. Es falle weiter auf, dass für keine der zu errichtenden Anlagen eine sogenannte Dreifachvermessung vorliege, die den Schallleistungspegel des Herstellers bestätige. Zudem seien Fremdbelastungen wie beispielsweise die Emissionen von Landwirtschaftsbetrieben, Handwerksbetrieben, Biogasanlagen, Wärmepumpen und dergleichen nicht berücksichtigt worden. Hieraus könnten sich weitere anzurechnende erhöhte Werte ergeben. Die von den Investoren angewandte Irrelevanzregelung gemäß 3.2.1 TA Lärm sei nicht anwendbar.
Der Antragsteller sei weiter im Hinblick auf das so genannten „Gegenstromprinzip“ des § 2 Abs. 2 BauGB verletzt. Danach seien Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Dies habe nicht stattgefunden. Durch die Bauleitplanung der Standortgemeinde und die Genehmigung durch den Antragsgegner sei es dem Antragsteller zukünftig verwehrt, Wohngebiete auszuweisen, die in Richtung Windkraftanlagen gerichtet seien, weil die geforderten Nachtimmissionsrichtwerte nicht mehr einzuhalten seien.
Mit Schriftsatz vom 28. März 2017 beantragte der Antragsgegner auch Antragsabweisung.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entspreche den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Die hiesige Drittanfechtung der Genehmigung müsse erfolglos bleiben, da drittschützende Normen nicht verletzt seien.
Die planungsrechtliche Zulässigkeit richte sich aufgrund des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes der Standortgemeinde nach § 30 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB. Den Argumenten des Antragstellers, dass die Maßgaben des § 35 Abs. 3 BauGB zu beachten seien, könne sich nicht angeschlossen werden.
Der vom Antragsteller gerügte angebliche Verstoß gegen Ziele der Raumordnung entfalte keinen drittschützenden Charakter. Zudem gehe der Antragsgegner ohnehin davon aus, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan rechtmäßig sei. Der Aussage, dass die geplanten Windkraftanlagen nicht innerhalb des ausgewiesenen Vorbehaltsgebiets für Windkraftanlagen WK … liegen solle, stehe die Aussage der Höheren Landesplanungsbehörde entgegen. Diese habe in ihrer Stellungnahme vom 17. November 2016 festgestellt, dass beide Standorte im Vorbehaltsgebiet für Windkraft WK … des Regionalplanes Region … lägen.
Bei der sog. 10-H-Regelung gemäß Art. 82 Abs. 1 BayBO handele es sich nicht um eine bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschrift mit drittschützendem Charakter. Vielmehr statuiere Art. 82 Abs. 1 BayBO eine bauplanungsrechtliche Entprivilegierung von Vorhaben, die den Mindestabstand von 10-H zu den genannten Wohngebäuden nicht einhielten (s. VG München, Beschluss vom 24.08.2016 – Az. M 1 SN 16.2024). Bei der 10-H-Regelung handele es sich ausschließlich um eine städtebauliche Norm, nicht aber um eine drittschützende Vorschrift.
Hinsichtlich der Bereiche Naturschutz, Artenschutz, Landschaftsschutz, Landschaftsbeeinträchtigung und Denkmalschutz liege keine Verletzung drittschützender Rechte vor. Eine Nachbargemeinde sei weder berechtigt, sich über die Anrufung der Verwaltungsgerichte als Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen Behörden zu betätigen, noch sei sie befugt, sich zum Sachwalter privater Interessen aufzuschwingen. Bezüglich des Denkmalschutzes scheide eine Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers aus, da der Antragsteller nicht Eigentümer des …sei und auch keine Eigentümergemeinschaft des Antragstellers bei den beiden weiter entfernteren Denkmälern anzunehmen sei.
Bezüglich der Belange des Luftrechts sei ebenfalls keine Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers gegeben. Mit Stellungnahme vom 29. August 2016 habe das Luftamt Nordbayern die Zustimmung für das beantragte Vorhaben erteilt. Die Bezugnahme des Antragstellers auf die Stellungnahme des Luftamtes Nordbayern vom 30. Oktober 2014 könne vom Antragsgegner nicht nachvollzogen werden, da die dort beurteilten Anlagen nicht Antragsgegenstand im hiesigen Verfahren gewesen seien.
Belange des Wasserrechts seien ebenfalls nicht verletzt. Vom WWA … seien keine wasserrechtlichen Bedenken geäußert worden. Zudem sei aus der Antragsbegründung nicht ersichtlich, wodurch der Antragsgegner in seinen Rechten verletzt sein könnte.
Weiter sei auch nicht ersichtlich, welche Belange des Waldrechts dem Vorhaben entgegenstünden und welche drittschützenden Rechte des Antragstellers dadurch verletzt seien.
Bezüglich der vom Antragsteller vorgebrachten entgegenstehenden Belange des vorbeugenden Immissionsschutzes könne keine Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers vorliegen, da sich der Antragsteller als Nachbargemeinde allenfalls auf solche Belange berufen könne, die sich dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie zuordnen ließen.
Der Antragsgegner sehe auch keine Einschränkung der Planungsmöglichkeiten des Antragstellers. In seiner Stellungnahme vom 22. November 2016 zum geplanten Vorhaben habe der Antragsteller mitgeteilt, dass derzeit Planungen für die Erstellung eines Vorentwurfs für die Gesamtüberarbeitung des Flächennutzungsplanes des Antragstellers liefen. Der Antragsgegner sehe hier keine hinreichend konkrete Planung, die nachhaltig gestört würden. Eine Gemeinde sei hinsichtlich Planungsvorstellungen und den Konkretisierungsstadien darlegungspflichtig.
Die durch Beschluss des Gerichts Beigeladene ließ mit Schriftsatz vom 27. März 2017 beantragen,
1.Der Antrag wird abgelehnt.
2.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Zu Begründung wurde vorgetragen, dass der Antrag bereits unzulässig sei, da der Antragsteller als Gemeinde nur Rechte geltend machen könne, die ihm selbst und unmittelbar zustünden. Nicht zulässig sei es, wenn der Antragsteller nur die Verletzung etwaiger Rechte seiner Bürger geltend machen wolle. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des BayVGH und der Verwaltungsgerichte (Aktenzeichen sind zitiert). Zulässiger Gegenstand der Klage einer Gemeinde könne nur ein Eingriff in das nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Selbstgestaltungsrecht der Gemeinden sein. Vor diesem Hintergrund seien die gesamten vom Antragsteller gerügten Sachverhalte unerheblich. Insbesondere sei die Bauleitplanung der Standortgemeinde nicht im Rahmen einer Inzidentprüfung zu überprüfen. Die Ausführungen des Antragstellers zur Einschränkung seiner Planungsmöglichkeiten seien völlig unsubstantiiert. Es werde keine konkrete Planungsabsicht genannt, die nun nicht mehr umgesetzt werden könne. Der Antrag sei demnach abzulehnen.
Am 14. März 2017 lehnte die Kammer den zusätzlichen Antrag des Antragstellervertreters auf Erlass einer Zwischenentscheidung bzw. eines Hängebeschlusses ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II.
1. Der hier gestellte Antrag, „die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen“ bezüglich der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30. Dezember 2016, ist bei gebotener Auslegung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt, da nicht völlig ausgeschlossen ist, dass bei ihm eine Verletzung des Rechts auf Beachtung des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 BauGB als Ausfluss des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts vorliegt.
Nach § 80a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag des vom Bescheidserlass Begünstigten Maßnahmen nach § 80a Abs. 1 treffen, wonach auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet werden kann, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt mit Suspensiveffekt einlegt. Nach der im vorliegenden Fall einschlägigen Nr. 2 des § 80a Abs. 1 Satz 1 VwGO besteht die im Gesetz fixierte Zielsetzung für das Gericht über § 80 Abs. 3 VwGO auf Antrag eines Dritten gegen eine behördliche Vollzugsanordnung zugunsten der durch den VA Begünstigten dahin, „die Vollziehung auszusetzen“ bei zuvor seitens der Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfolgter Sofortvollzugsanordnung – wie hier -, wobei dies im Resultat einer Wiederherstellung des Suspensiveffektes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO entspricht. Gemäß § 80a Abs. 3 VwGO gelten die für die Behörde in § 80a Abs. 1 VwGO im Gesetz genannten Möglichkeiten für das Gericht (analog), wobei § 80 Abs. 5 bis 8 VwGO entsprechend gilt.
Aufgrund dieser Rechtsgrundverweisung in § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 (u.a.) VwGO sind die für diese Vorschrift geltenden Grundsätze und Maßstäbe heranzuziehen (Eyermann / Schmidt, § 80a VwGO, Rn. 16; Kopp / Schenke, VwGO, § 80a, Rn. 23; Sodan / Ziekow, VwGO, § 80a, Rn. 25).
Das Gericht hat insoweit eine originäre Entscheidung zu treffen. Einem Antrag eines Dritten auf Suspendierung des Sofortvollzugs einer Genehmigung kann dann entsprochen werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein besonderes öffentliches oder kein überwiegendes Interesse des vom Bescheid Begünstigten an der sofortigen Vollziehung besteht. Grundsätzlich ist hierfür auf die Erfolgsaussichten „der Hauptsache“ des Dritten als maßgebliches Abwägungskriterium abzustellen, ausnahmsweise können jedoch auch zusätzliche besondere Kriterien in der Abwägung den Ausschlag geben.
2. Nach diesen Maßstäben ergibt die Abwägung im Rahmen des Eilverfahrens, dass das hiesige in Auslegung gewonnene Eilantragsziel des Antragstellers ohne Erfolg bleiben wird. Seine Klage als Hauptsache wird prognostisch ohne Erfolg bleiben, ihm stehen in der Abwägung auch keine sonstigen Gründe zur Verfügung, die gleichwohl hier eine Entscheidung zu seinen Gunsten ergäben.
2.1. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass in einem Fall des Eilantrages nach § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO die im Rahmen des bei Direktnutzung des § 80 VwGO dort in § 80 Abs. 3 VwGO und diesbezüglich nur für den Kontext des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vorgeschriebene „besondere Begründung“ für den Sofortvollzug keine Rolle spielt. Es gilt nämlich der Grundsatz, dass es bei den sogenannten „Dreiecksfällen“ nach § 80a VwGO (i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO) auf den Begründungsaspekt im Sinn von § 80 Abs. 3 VwGO überhaupt nicht ankommt, selbst ein völliges Fehlen einer behördlichen Begründung wäre somit insofern unschädlich. So führt hierzu beispielsweise das OVG Schleswig in seinem Beschluss vom 21. Januar 2015 (1 MB 39/14 –, juris Rn. 2) aus, dass selbst ein etwaiger Begründungsmangel dem Antragsteller keinen Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vermitteln kann, da das Gericht in Fällen einer privatnützigen Vollzugsanordnung im Interesse eines Beteiligten vielmehr eine eigenständige Interessenabwägung vorzunehmen habe und befugt ist, den Sofortvollzug selbst aufrechtzuerhalten bzw. anzuordnen. Eine intensivere Erörterung dieses Aspekts ist jedoch nicht erforderlich, da die hiesige Begründung des Antragsgegners zum streitgegenständlichen Bescheid den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt. Sie ist auf den hiesigen Einzelfall projiziert und betont die maßgeblichen Aspekte, die keiner Vertiefung bedürfen.
2.2. Die Abwägung des Gerichts zeigt, dass prognostisch die Klage des hiesigen Antragstellers ohne Erfolg bleiben wird und ihm keine sonstigen durchgreifenden Abwägungsgründe zur Seite stehen, weshalb der hiesige Eilantrag ohne Erfolg bleibt. Das Gericht nimmt primär, da der eigenen Rechtsauffassung entsprechend, Bezug auf die Begründung des Bescheids des Landratsamtes vom 30. Dezember 2016, § 117 Abs. 5 VwGO. Hingewiesen sei auch darauf, dass das Gericht die maßgeblichen Ausführungen des Antragsgegners in dessen Antragsreplik teilt. Angesichts dieser Aspekte bedarf es nachfolgend nur noch weniger Ergänzungen.
2.2.1. Der Bescheidserlass erfolgte ohne Verfahrensfehler. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller auf der Basis von deutschem nationalem Recht isoliert von Verfahrensfehlern nicht profitieren könnte, da solche in diesem Kontext keinen subjektiven Rechtschutz vermitteln. Ein solcher ergäbe sich allenfalls in Verbindung mit einer Verletzung materiellen und zudem drittschützenden Rechts, woran es hier fehlt (vgl. nachfolgend).
Angesichts dessen sei nur kurz darauf hingewiesen, dass hier auch die Voraussetzungen der 9. BImSchV eingehalten wurden, insbesondere die Kriterien des § 13 der 9. BImSchV erfüllt sind. Das Landratsamt durfte sich entsprechend auf die von der Beigeladenen als Vorhabensträgerin eingereichten Unterlagen stützen. Soweit die Antragstellerseite eine zum Zeitpunkt der Erstellung des Schallgutachtens nicht vorliegende Dreifachvermessung des WKA-Typs im hiesigen Fall rügt, so wurde dieses Defizit durch adäquate zusätzliche Sicherheitsaufschläge in der Schallprognose (Seite 8 Prognose) beseitigt. Hinsichtlich Verfahrensregelungen europarechtlichen Hintergrunds mag es durchaus so sein – was hier jedoch als entscheidungsunbehelflich offen bleiben kann -, dass bereits isoliert ein Verfahrensfehler auch ohne Kumulation mit einer materiellen Rechtswidrigkeit in Verbindung mit Drittschutz dazu führen könnte, dass ein Bescheidsmangel vorläge. Im hiesigen Fall ist jedoch kein solcher Verstoß gegen europarechtliche Kontexte von Amts wegen auszumachen. So sei seitens des Gerichts nur darauf hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte für eine Einschlägigkeit für die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben sind, da die Voraussetzungen der §§ 3b – 3f UVPG nicht erfüllt sind, insbesondere liegt bei den hiesigen bloß zwei Windkraftanlagen (WKA) weder eine Windfarm definitionsgemäß noch ein sogenanntes kumulierendes Vorhaben vor. Die Akten ergeben, dass die saP adäquat durchgeführt wurde.
2.2.2. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von 30. Dezember 2016 erweist sich auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig ist und verletzt den Antragsteller insoweit nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Vorhaben ist, wie im Bescheid angeführt, auf den Bezug genommen ist, nach Immissionsschutzrecht genehmigungspflichtig, §§ 4, 19 BImSchG. Das Vorhaben aus den beiden Windenergieanlagen (WEA) ist auch genehmigungsfähig nach dem Gesamtmaßstab des § 6 Abs. 1 BImSchG, sowohl die Kriterien der nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 BImSchG folgenden Voraussetzungen sind erfüllt wie auch die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG aus sonstigen materiellen Rechtsgebieten, soweit anlagenbezogen, heranzuziehenden sonstigen und für den hiesigen Fall einschlägigen Rechtsvoraussetzungen.
Der Antragsteller ist nicht Adressat der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und auch nicht Standortgemeinde, da das Vorhaben auf dem Gemeindegebiet der angrenzenden Gemeinde realisiert werden soll. Aus diesem Grund kann eine Anfechtungsklage des Antragstellers als sog. Nachbargemeinde nur dann Erfolg haben, wenn die Verletzung drittschützenden Rechts gegeben ist (vgl. BVerwG U. v. 29.6.1983 – 7 C 102/82 – NVwZ 1983, 610 Rn. 8 ff.). Dabei ist eine Nachbargemeinde nicht – auch nicht unter Berufung auf ihr verfassungsmäßig garantiertes Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG – zur Sachwalterin privater Interessen ihrer Bürger (BVerwG B. v. 26.3.2007 – 7 B 75/06) oder zur Kontrolleurin der zur Wahrung öffentlicher Belange berufenen staatlichen Behörden berechtigt (BayVGH B. v. 17.11.2014 – 22 ZB 14.1035 – Rn. 22 m. w. N.; BVerwG B. v. 15.4.1999 – 4 VR 18/98 u. a. – NVwZ-RR 1999, 554). Sie kann daher gesundheitliche Belange ihrer Gemeindebürger, Eingriffe in das Landschaftsbild oder den Wasserhaushalt, oder auch naturschutz- und landschaftsschutzrechtliche Belange nicht mit Erfolg geltend machen, da ihre Planungshoheit oder ihr Selbstgestaltungsrecht auf ihrem Gemeindegebiet insoweit nicht berührt sind (BayVGH, B. v. 27.8.2013, 22 ZB 13.927 – juris Rn. 11). Ebenso wenig kann sie Belange der Verkehrssicherheit (BVerwG, B. v. 15.4.1999 – 4 VR 18/98), Gesundheitseigentumsbelange von Privatpersonen (BVerwG, B. v. 5.11.2002 – 9 VR 14.02) oder auch ökonomische Belange landwirtschaftlicher Betreiber (BVerwG, B. v. 4.8.2008 – 9 VR 12.08 – juris Rn. 4) mit Erfolg geltend machen (vgl. BayVGH B. v. 27.8.2013 – 22 ZB 13.927 – juris Rd. 11 m.w.N.). Der Antragsteller kann sich als Nachbargemeinde allenfalls auf solche eigenen Belange berufen, die sich dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) zuordnen lassen.
2.2.2.1. Der Antragsteller kann sich nicht auf eine mögliche bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der Windenergieanlagen berufen. Selbst wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung aus diesem Grunde rechtswidrig sein sollte, würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, weil es insoweit an einer Verletzung von drittschützenden Rechten des Antragstellers fehlen würde. Es kann daher offen bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan „…“ des Marktes … einen Fehler hat, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Es kann also dahinstehen, ob der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen § 35 Abs. 3 S. 2 BauGB oder die vom Antragsteller in Frage gestellte Planungserforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes zur Folge hat. In diesem Fall würde sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nicht nach § 30 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB richten, sondern nach § 35 BauGB. Gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sind unter anderem Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert. In diesem Kontext kann offen bleiben, ob diese Privilegierung nach Art. 82 Abs. 1 BayBO entfällt und die Windenergieanlage als „sonstiges Vorhaben“ anzusehen ist, das bei Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB rechtswidrig wäre. Da eine Nachbargemeinde – ebenso wie eine Privatperson – keinen Schutzanspruch mit drittschützender Wirkung auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit einen Abwehranspruch gegen Vorhaben hat, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind (BVerwG, B. v. 3.4.1995 – 4 B 47.95 – BRS 57 Nr. 224 – juris Rn. 2), kann der Vortrag des Antragstellers, die genehmigten Windenergieanlagen verstießen gegen die sogenannte 10 H-Regelung, keine Verletzung in eigenen Rechten begründen. Bei der Vorschrift des Art. 82 Abs. 1 BayBO handelt es sich nicht um eine bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschrift mit drittschützendem Charakter; vielmehr setzt Art. 82 Abs. 1 BayBO eine bauplanungsrechtliche Entprivilegierung von Vorhaben fest, die den Mindestabstand von 10 Hzu den genannten Wohngebäuden nicht einhalten (VG München, B. v. 24.8.2016 – M 1 SN 16.3055 – juris Rn. 27).
In diesem Kontext kann auch dahinstehen, ob die Voraussetzungen des Art. 82 Abs. 4 BayBO vorliegen. Sollte einer Nachbargemeinde bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO ein subjektives Recht darauf zustehen, dass Windkraftanlagen nicht unter Missachtung der Rechtslage genehmigt werden, die durch einen auf diese Vorschrift gestützten Widerspruch herbeigeführt wurde, so könnte dieses etwaige Abwehrrecht nicht weiter reichen als der objektive Regelungsgehalt dieser Vorschrift selbst (BayVGH, B. v. 10.4.2017 – 22 ZB 16.627 – juris Rn. 15 f.). Die Ausübung des Widerspruchs hat lediglich zur Folge, dass die in Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO bezeichnete Rechtsfolge, also die 10 H-Regelung, zum Tragen kommt. Wie bereits ausgeführt, verändert Art. 82 Abs. 1 BayBO jedoch nur den Zulässigkeitsmaßstab für Windkraftanlagen innerhalb des § 35 BauGB, ohne diese pauschal für unzulässig zu erklären. Daher kann auch ein aus Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO gegebenenfalls resultierendes Abwehrrecht einer Gemeinde, die von der Widerspruchsmöglichkeit des Art. 82 Abs. 4 Nr. 3 BayBO Gebrauch gemacht hat, nicht die Folge haben, dass sie alleine wegen der erfolgten Ausübung des Widerspruchs verlangen kann, dass die Genehmigung eines konkreten Vorhabens unabhängig von der Betroffenheit ihrer geschützten Belange unterbleibt (BayVGH, a.a.O.).
2.2.2.2. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Verstoß der Genehmigung gegen öffentliche Belange berufen:
Der Antragsteller kann als Nachbargemeinde nach gefestigter Rechtsprechung (BayVGH B. v. 3.2.2009 – 22 CS 08.3194 – BayVBl 2010, 112; B. v. 17.11.2014 – 22 ZB 14.1035; BVerwG U. v. 24.6.2004 – 4 C 11/03 – NVwZ 2004, 1229 ff.) nicht die Einhaltung von naturschutzrechtlichen und landschaftsschützenden Normen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB geltend machen. Weder die Planungshoheit noch das Selbstgestaltungsrecht der Nachbargemeinde ist insoweit berührt (BayVGH B. v. 27.8.2013 – 22 ZB 13.927 – juris Rn. 11). Eine vertiefte Erörterung ist daher entbehrlich. Gleiches gilt hinsichtlich der vorgebrachten Belange des Luftrechts, des Wasserrechts und des Waldschutzes. Eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers ist diesbezüglich ausgeschlossen.
Hinsichtlich des öffentlichen Belangs „Denkmalschutz“ ist ebenfalls keine Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers ersichtlich. Drittschutz erlangt nur der Eigentümer eines denkmalrechtlich geschützten Objektes, um einen unverhältnismäßigen Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Eigentum zu verhindern (VG Ansbach U. v. 12.3.2015 – 11 K 14.01479). Zudem können Aspekte des Denkmalschutzes nur dann für den Eigentümer drittschützende Wirkung entfalten, wenn der Umgebungsschutz objektiv gegeben ist und der Denkmalwert erheblich beeinträchtigt ist (OVG NW, B. v. 12.2.2013 – 8 A 96/12). Es ist nicht ersichtlich und es wurde auch nicht vorgetragen, dass der Antragsteller Eigentümer der von ihm erwähnten Denkmäler ist. Diese Frage kann jedoch auch dahinstehen, da im Rahmen der summarischen Betrachtung keine erhebliche Beeinträchtigung dieser Denkmäler durch das Vorhaben gesehen wird. Als erhebliche Beeinträchtigung ist grundsätzlich die Schaffung eines hässlichen, unästhetischen Zustands im Sinne eines Unlust erregenden Kontrastes zwischen dem Vorhaben und dem Denkmal zu verstehen (BayVGH U. v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – BayVBl 2014, 502 m. w. N.). Neue Vorhaben müssen sich an dem Denkmal messen lassen, dürfen es nicht erdrücken, verdrängen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (BayVGH a. a. O.). Im Rahmen der Bewertung einer erheblichen Beeinträchtigung eines Denkmals kommt der fachlichen Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege tatsächliches Gewicht zu, jedoch besteht keine rechtliche Bindungswirkung für die Immissionsschutzbehörde oder gar für das erkennende Gericht (BayVGH U. v. 30.4.2014 – 22 ZB 14.680). Das Gericht hat jedoch die Aussage des Landesamts für Denkmalpflege nachvollziehbar zu überprüfen und sich eine eigene Überzeugung zu bilden (BayVGH a. a. O.). Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat mit Stellungnahme vom 12. Dezember 2016 keine gravierenden Auswirkungen auf die landschaftsprägenden Baudenkmäler im Umkreis gesehen. Aufgrund der Entfernung der Denkmäler von 4 – 5 km vom konkreten Vorhaben erscheint diese Einschätzung nach summarischer Prüfung auch plausibel und nachvollziehbar.
Immissionsschutzrechtliche Anforderungen an die Genehmigung können vom Antragsteller ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers durch das Hervorrufen schädlicher Umwelteinwirkungen i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG ist vorliegend nicht ersichtlich. Insofern ist zwar anerkannt, dass sich auch eine Gemeinde auf den Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen berufen kann, jedoch ist dieser Schutz auf konkrete Rechtspositionen wie in deren Eigentum befindliche Grundstücke oder kommunale Einrichtungen begrenzt (BVerwG U. v. 24.7.2008 – 7 B 19/08 – Rn 12). Der Antragsteller hat jedoch diesbezüglich nichts vorgetragen. Er stellt lediglich auf eine Belastung einzelner Wohnhäuser durch das Vorhaben ab und zweifelt die Richtigkeit der Schallemissionsprognose an. Dadurch schwingt er sich jedoch in unzulässiger Weise zum Sachwalter der privaten Rechte seiner Bürger auf.
2.2.2.3. Im Hinblick auf die dem Antragsteller zustehende kommunale Planungshoheit bestehen ebenfalls keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Vorhabens. Es liegt keine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes gemäß § 2 Abs. 2 BauGB vor. Der Antragsteller kann sich als Nachbargemeinde nicht auf eine Verletzung von § 36 BauGB berufen (BayVGH, B. v. 17.11.2014 – 22 ZB 14.1035 – juris Rn. 21).
Als Nachbargemeinde kann er höchstens solche eigenen Belange einwenden, die sich dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuordnen lassen, etwa ein hiernach geschütztes Selbstgestaltungsrecht, das dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie entnommen wird. Auf dieses Recht kann sich auch eine Nachbargemeinde berufen, wenn sich ein Vorhaben auf ihr Gebiet auswirkt, allerdings begrenzt durch das Selbstgestaltungsrecht der Standortgemeinde. Ein derartiges Selbstgestaltungsrecht einer Nachbargemeinde ist bauplanungsrechtlich als ungeschriebener öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu prüfen (BayVGH, B. v. 27.8.2013 – 22 ZB 13.927 – juris Rn. 15). Auf ihr Selbstgestaltungsrecht kann sich eine Gemeinde bezüglich ihres Ortsbildes allerdings nur mit Erfolg berufen, wenn sie durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken, insbesondere die vorhandene städtebauliche Struktur von Grund auf verändern (VG München, U. v. 19.1.2016 – M 1 K 15.3313 – juris Rn. 23).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen solche gewichtigen Auswirkungen auf die Planungshoheit des Antragstellers hat. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass eine konkrete Planung des Antragstellers durch das Vorhaben gestört wird. Dem Antragsteller als kommunale Selbstverwaltungskörperschaft steht zwar nach ständiger Rechtsprechung ein Abwehrrecht gegen die nachhaltige Störung der eigenen konkreten, städtebaulichen Planung durch ein Vorhaben zu (BVerwG U. v. 6.11.2013 – 9 A 9/12 – Rn 19 = NuR 2014, 277; BVerwG U. v. 30.5.2012 – 9 A 35/10 – Rn 35 = NVwZ 2013, 147 m.w.N.). Eine solche Störung kann sich auch daraus ergeben, dass durch das Vorhaben wesentliche Gemeindeteile einer weiteren Planung entzogen werden (BVerwG a.a.O.). Die Gemeinde ist hinsichtlich ihrer Planungsvorstellungen und deren Konkretisierungsstadium jedoch darlegungspflichtig (OVG Lüneburg, U. v. 17.8.2006 – 7 KS 81/03 – juris Rn. 25). Der Antragsteller hat vorliegend lediglich die Behauptung aufgestellt, dass es ihm in Zukunft verwehrt sei, Wohngebiete in Richtung des streitgegenständlichen Vorhabens auszuweisen. Er hat weder konkrete Planungsvorstellungen substantiiert vorgetragen, noch liegt ein hinreichendes Konkretisierungsstadium vor. Der Einwand des Antragstellers im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, dass derzeit Planungen für die Erstellung eines Vorentwurfs für die Gesamtüberarbeitung seines Flächennutzungsplanes laufen, ist nicht geeignet, um eine konkrete, städtebauliche Planung zu bejahen.
Prognostisch bleibt daher die Klage des hiesigen Antragstellers als „Hauptsache“ ohne Erfolg. Dieser maßgebliche Abwägungsaspekt im Eilverfahren wird vorliegend nicht in vorrangiger Weise durch sonstige zu Gunsten des Antragstellers eingreifende Kriterien überlagert, vielmehr ist es so, dass wegen prognostischer Erfolglosigkeit der Klage des Antragstellers das Interesse der Beigeladenen an sofortiger Bauausführung überwiegt, diese darf ihre auch wirtschaftlichen Interessen durchaus hier in den Vordergrund stellen.
Demzufolge bleibt der Eilantrag ohne Erfolg.
2.3. Als Unterlegener trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens, § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5, § 154 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, denn die Beigeladene hat sich mit eigenem Antrag und zudem qualifiziertem Sachvortrag am Prozessrisiko beteiligt, so dass es der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten der verlierenden Antragstellerseite aufzuerlegen nach § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 und 19.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben