Baurecht

Erfolgloser Eilantrag gegen eine der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses; kein Verstoß gegen drittschützende denkmalschutzrechtliche Vorschriften

Aktenzeichen  2 M 158/21

Datum:
28.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0228.2M158.21.00
Normen:
§ 10 Abs 1 S 1 DSchG ST
§ 42 Abs 2 VwGO
§ 14 Abs 1 Nr 3 DSchG ST
§ 10 Abs 3 DSchG ST
§ 80a Abs 3 VwGO
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Die Antragsbefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Grundstückskäufers, zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist, für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen eine seinem Nachbarn erteilte Baugenehmigung entfällt nicht schon dann, wenn der Verkäufer (und zugleich Nachbar) vom Vertrag zurückgetreten ist, die Wirksamkeit des Rücktritts aber noch Gegenstand eines Zivilrechtsstreits ist.(Rn.16)

2. Erweist sich eine Baugenehmigung bei summarischer Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig, fällt die nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung insbesondere nach der gesetzlichen Wertung in § 212a Abs. 1 BauGB in aller Regel zugunsten des Bauherrn aus; dies gilt auch dann, wenn vom Nachbarn die Beeinträchtigung eines auf seinem Grundstück vorhandenen Baudenkmals durch das Vorhaben geltend gemacht wird.(Rn.20)

3. Der von Grundrechts wegen geforderte Drittschutz des Eigentümers eines Kulturdenkmals wird nicht zwangsläufig auf die gesamte Umgebung des Denkmals ausgedehnt. Die dem Grundstückseigentum korrespondierende subjektive Rechtsstellung ist vielmehr darauf beschränkt, für das Anwesen des Eigentümers erhebliche Beeinträchtigungen für dessen Bestand, Erscheinungsbild oder städtebauliche Wirkung abwehren zu können.(Rn.25)

4. Bei der Beurteilung der Frage, ob es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmals kommt, haben Standorte, die für die Betrachtung eines Denkmals durch die Allgemeinheit praktisch nicht in Betracht kommen, außer Betracht zu bleiben (vgl. BayVGH, Beschluss vom 21. September 2015 – 22 ZB 15.1095 – juris Rn. 35).(Rn.30)

Verfahrensgang

vorgehend VG Halle (Saale), 15. November 2021, 2 B 169/21 HAL, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle – 2. Kammer – vom 15. November 2021 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück der Gemarkung A-Stadt, Flur …, Flurstück … mit der Straßenbezeichnung A-Straße.
Am 29. März 2019 beantragte die Beigeladene bei der Antragsgegnerin die Erteilung eines Vorbescheids zum Neubau einer Wohnanlage auf dem südlichen unbebauten Teil des (ehemaligen) Flurstücks …. Auf dem nördlichen Teil dieses Grundstücks, dem heutigen Flurstück …, befindet sich ein im Jahr 1922 erbautes, im Denkmalverzeichnis als Baudenkmal eingetragenes drei- bis viergeschossiges Gebäude. Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt äußerte sich hierzu in einer Stellungnahme vom 16. Mai 2019 (Beiakte A, Bl. 29 ff.) u.a. wie folgt: Das Geschäftshaus S. sei mit dem dazugehörigen Grundstück aus geschichtlichen, wissenschaftlichen, bau- und kunstgeschichtlichen und städtebaulichen Gründen als Baudenkmal ausgewiesen. Das Kulturdenkmal habe nationale Bedeutung. Die Fläche, auf der die Wohnanlage errichtet werden solle, sei als zum Kulturdenkmal gehörende Freifläche denkmalkonstituierend. Sie stehe in historischer und funktionaler Beziehung zum Bauwerk, Eine Bebauung der Fläche würde zudem zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Verwaltungsgebäudes führen, es in seiner Wahrnehmung und Wirkung gravierend beeinträchtigen. Die geplante Bebauung würde das Kulturdenkmal gleichsam erdrücken und übertönen. In einer weiteren Stellungnahme vom 28. Oktober 2019 (Beiakte A, Bl. 63 ff.) führte das Landesamt u.a. aus, zur historischen Nutzung der Freifläche lägen bislang nur wenige Informationen vor. Die ausfindig gemachte Luftaufnahme aus dem Stadtarchiv A-Stadt, die das Grundstück – schräg durchschnitten – etwa zur Hälfte darstelle, lege eine Gartennutzung nahe, ebenso die Tatsache, dass in der Hausmeisterwohnung des Bürohauses ab 1925 ein Gärtner nachzuweisen sei. Archivalische Unterlagen seien zur Gesamtanlage nicht belegt, weder zu den Bauten noch zu den Freiflächen. Auf Grund der langen Vernachlässigung des Grundstücks wären hier nur über archäologische Maßnahmen Erkenntnisse zu sichern. Die von der Bauantragstellerin vorgetragene ursprünglich vorgesehene umfassendere Planung sei bis heute lediglich durch eine kleine Skizze von A. G. und M. K. dokumentiert, die als Abbildung in einem 1924 erschienenen Beitrag von L. E. R. in der Zeitschrift “Neubau” abgedruckt gewesen sei. Darauf sei zu erkennen, dass parallel zur Straße ein ähnlich dimensionierter, d.h. in der Tiefe fünfachsiger Baukörper geplant gewesen sei und weitere Bauten parallel dazu. Schon R. habe im Zeitschriftenbeitrag angemerkt, dass die Planung nicht zur Ausführung kommen werde. Über die Gründe, die den Auftraggeber P. E. S. dazu veranlasst hätten, lediglich ein Haus statt des Ensembles zu errichten, sei nichts bekannt. Fakt sei, dass die Freifläche nie bebaut gewesen sei, sondern der Bauherr, dessen Villa auf dem Grundstück im hinteren Bereich wenig später errichtet worden sei, diese anderweitig genutzt habe. Das Luftbild belege, dass die Freifläche bepflanzt gewesen sei. Die vorgelegte Planung sei nicht denkmalgerecht, da sie die zum Denkmal gehörende Freifläche überbaue. Vom geplanten Neubau gehe zudem eine erhebliche Beeinträchtigung für den A-Hof aus, d.h. für dessen Wahrnehmung und Wirkung. Der Neubau trete durch seine Baumasse, die Höhe, die Staffelung der Geschosse und die Unruhe der Fassaden in extrem starke Konkurrenz zu zum A-Hof. Dabei sei an dieser Stelle die bewusst an die Moderne angelehnte Gestaltung dem Denkmal abträglich. Baumasse und Gestaltung führten dazu, dass das Baudenkmal erdrückt und übertönt werde.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 21. November 2019 verkaufte die Beigeladene eine 425 m2 große Teilfläche des Flurstücks … (heutiges Flurstück …), auf der sich das Baudenkmal befindet (A-Straße), an die Antragstellerin und verpflichtete sich zugleich, das Vertragsobjekt bis zum 31. Dezember 2919 bezugsfertig und bis zum 1. August 2020 vollständig fertigzustellen. In Abschnitt VIII Nr. 8 des Kaufvertrages heißt es u.a., dem Käufer sei bekannt, dass es durch den geplanten Neubau in der A-Straße zu temporärem Baulärm kommen könne. Nach Abschnitt XXII Nr. 2 des Vertrages ist, wenn und soweit auf dem Grundstück Anlagen errichtet werden, die für die Ver- oder Entsorgung des Vertragsobjektes und/oder der Gesamtanlage, insbesondere des Neubaus A-Straße, erforderlich sind, der Käufer verpflichtet, deren Errichtung und dauernden Betrieb zu dulden und zu gestatten, dass alle Maßnahmen vorgenommen werden dürfen, die zur Instandhaltung und eventuellen Erneuerung erforderlich sind. Die Antragstellerin ist – soweit ersichtlich – noch nicht als neue Eigentümerin des Flurstücks … im Grundbuch eingetragen. Eingetragen ist jedoch eine entsprechende Auflassungsvormerkung.
Am 16. Dezember 2019 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen einen Vorbescheid für die Errichtung der Wohnanlage auf dem südlichen Teil des (damaligen) Flurstücks …, in welchem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB bejaht wurde. Zudem wurden die Abstände des geplanten Objekts von 9 m zu dem Bürohaus und von 7,40 m zur Grenze des östlich angrenzenden, mit einer Villa bebauten Grundstücks (Flurstück …) denkmalrechtlich für ausreichend erachtet. In der Begründung heißt es u.a.: In Anbetracht der dürftigen Quellenlage zu der einstigen gärtnerischen Nutzung sei eine zwingende Notwendigkeit, die Grundstücksteilfläche dauerhaft von Bebauung freizuhalten, nicht mit hinreichender Rechtssicherheit zu begründen. Hinzu komme, dass die Denkmalbeschreibung zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch die Beigeladene keinen Hinweis auf den besonderen Denkmalwert der ehemals gärtnerisch gestalteten Flächen enthalten habe und eine diesbezügliche Erweiterung/Präzisierung der Denkmalbegründung erst mit der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie vom 16. Mai 2019 erfolgt sei. Insoweit könne sich die Beigeladene auf einen gewissen Vertrauensschutz dahingehend berufen, dass für sie im Zeitpunkt des Kaufs nicht ersichtlich gewesen sei, dass die Fläche ggf. aus denkmalrechtlichen Gründen von jeglicher Bebauung freizuhalten sei. Die Tatsache, dass die antragsgegenständliche Grundstücksteilfläche nie bebaut gewesen sei, sei in keiner Weise zu bestreiten. Die darauf basierende denkmalfachliche Position, diese Freifläche unverändert beibehalten zu wollen, sei im Sinne einer denkmalpflegerischen Vorzugslösung ebenfalls nachvollziehbar. Der Bauherr beziehe sich in seiner Argumentation auf einen 1924 in der Zeitschrift “Der Neubau” publizierten Beitrag von Dr. L. E. R., welcher eine Grundrissskizze der auf dem Grundstück geplanten Bebauung enthalte. Im Text heiße es dazu bei R.: “Der Bau (d.h. das heutige Baudenkmal) wurde im Rahmen einer Gruppe von Bureauhäusern projektiert …, die sich untereinander in Höhe und Masse staffeln sollen; leider wird der Plan in dieser Gestalt, die als Komplexlösung von besonderem Interesse gewesen wäre, nicht zur Ausführung kommen.” Zwingende Versagungsgründe bezüglich einer Neubebauung ergäben sich aus der daraus folgenden denkmalrechtlichen Abwägung nicht. In den Stellungnahmen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie werde mehrfach auf die Schauseite des Kulturdenkmals zur Hof- bzw. Freifläche, also nach Süden, hingewiesen. Unter anderem werde erwähnt, dass von dieser Seite auch historische Aufnahmen dokumentiert und publiziert seien. Zweifellos sei die besondere Gestaltung der Südseite mit dem Treppenhaus besonders markant. Durch einen Neubau anstelle der Freifläche werde das Erscheinungsbild der Südseite verändert, weil die historische (und bis heute überkommene) Blickposition dann nur noch eingeschränkt wahrgenommen werden könne. Auf diesen Umstand habe der Bauantragsteller jedoch in seiner Tekturplanung reagiert, indem er die Kubatur des geplanten östlichen Seitenflügels in Grundriss und Aufriss in südöstlicher Richtung jeweils zweifach gestaffelt habe. Die so entstehenden Achtungsabstände legten nahe, dass die in der Zeitschrift “Der Neubau” 1924 publizierte Gebäudeansicht von Südosten auch nach Errichtung des neuen Baukörpers grundsätzlich noch in vergleichbarer Form wahrgenommen werden könne. Der Standort des Neubaus orientiere sich am noch vorhandenen bauzeitlichen Eingangsbereich … sowie an der bauzeitlichen (a.a.O. publizierten) Planungsskizze. Der Abstand zum Bestandsgebäude sei ausreichend, um das Bauwerk aus mehreren relevanten Blickrichtungen und -abständen wahrzunehmen und damit dessen Raumwirkung zu erhalten.
Unter Datum vom 13. Juli 2020 beantragte die Beigeladene die Baugenehmigung zur Errichtung des Wohn- und Geschäftshauses. Das Gebäude erstreckt sich straßenseitig von dem grenzständig errichteten Gebäude auf dem südlich angrenzenden Flurstück … über eine Länge von ca. 26,5 m nach Norden und hält zur nördlichen Grenze zum Flurstück … einen Abstand von 5,38 m ein. In den rückwärtigen östlichen Grundstücksteil erstreckt sich der nördliche Flügel des Gebäudes teilweise auf eine Tiefe bis zu ca. 24 m. In dem 14,70 m hohen Gebäude mit Flachdach sollen im Untergeschoss eine Tiefgarage, im Erdgeschoss hauptsächlich Büroräume und in den vier Obergeschossen Wohnungen untergebracht werden.
Zu dem Bauvorhaben führte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in einer Stellungnahme vom 28 Oktober 2020 (Beiakte D, B. 255) nunmehr aus: Nun sei eine Bebauung der Fläche unmittelbar südlich des Gebäudes vorgesehen. Diese Bebauung sollte selbstverständlich das Erscheinungsbild des Baudenkmals nicht erheblich beeinträchtigen, wobei u.a. die Hauptansichten zu berücksichtigen seien. Außerdem sollte die neu zu errichtende Architektur der Qualität des Baudenkmals Rechnung tragen; (die) Qualität eines Neubaus könne sich auch in zurückhaltender und gleichwohl hochwertiger Gestaltung ausdrücken. Darüber hinaus sei noch offen, ob sich auf der Freifläche bisher unbekannte Relikte einer gärtnerischen Gestaltung erhalten hätten. Angesichts der außerordentlich bedeutsamen Architektur des Baudenkmals wäre hier eine ebenso qualitätvolle Anlage zu erwarten. Unter Datum vom 2. November 2020 erteilte die Abteilung Denkmalschutz der Antragsgegnerin die denkmalrechtliche Zustimmung.
Am 15. April 2021 erteilte die Antragsgegnerin zunächst eine Teilbaugenehmigung für vorbereitende Maßnahmen/Erdarbeiten zur Herstellung eines Planums mit denkmalrechtlichen Auflagen. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 22. April 2021 Widerspruch.
Unter Datum vom 6. Mai 2021 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung für das streitige Vorhaben. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 28. Mai 2021 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Am 5. August 2021 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Nachtragsgenehmigung, zu deren Bestandteil u.a. ein Bescheid selben Datums erklärt wurde, mit dem auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen die Abweichung von den Vorschriften des § 6 BauO LSA über die Einhaltung von Abstandsflächen zugelassen wurde.
Den von der Antragstellerin gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 6. Mai 2021 hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:
Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erweise nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung nicht als offenbar rechtswidrig. Vielmehr stelle sie sich nach dem Sach- und Erkenntnisstand – wie er sich für das Gericht aus der Aktenlage ergebe – als rechtmäßig dar.
Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften ergebe sich zunächst nicht aus dem Gebot zur Einhaltung von Abstandsflächen gemäß § 6 BauO LSA, da die Antragsgegnerin mit Erlass des Abweichungsbescheides vom 5. August 2021 geringere Abstandsflächentiefen ausnahmsweise zugelassen habe. Die Antragstellerin als künftige Eigentümerin und Inhaberin einer Auflassungsvormerkung für das Flurstück … habe hierzu ihr Einverständnis auf der Grundlage des zwischen ihr und der Beigeladenen geschlossenen notariellen Kaufvertrages vom 21. November 2019 erklärt.
Das Vorhaben verstoße voraussichtlich auch nicht gegen denkmalrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Die Antragsgegnerin habe im bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahren eine Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt zum Vorhaben der Beigeladenen eingeholt und zur Grundlage ihrer denkmalrechtlichen Genehmigung durch die Untere Denkmalschutzbehörde vom 2. November 2020 als Bestandteil der Baugenehmigung gemacht. Danach liege eine erhebliche Beeinträchtigung für das Baudenkmal der Antragstellerin nicht vor. Anders als noch in ihren Stellungnahmen vom 16. Mai 2019 und 28. Oktober 2019 vertreten, gehe die Denkmalfachbehörde in ihrer letzten Stellungnahme vom 26. Oktober 2020 davon aus, dass eine Bebauung der Freifläche den vornehmlich städtebaulichen und geschichtlichen Denkmalwert des S.-Gebäudes nicht erheblich beeinträchtige. Dabei weise die Fachbehörde nachvollziehbar zugleich darauf hin, dass bei einer Bebauung der Freifläche die Hauptansichten zu berücksichtigen seien. Ferner sollte die neu zu errichtende Architektur der Qualität des Baudenkmals Rechnung tragen, die sich auch in zurückhaltender und gleichwohl hochwertiger Gestaltung ausdrücken könne. Hinsichtlich der Frage, ob die Freifläche ursprünglich als Garten/Park angelegt war, habe die Denkmalfachbehörde in Anbetracht der außerordentlich bedeutenden Architektur des Baudenkmals gartendenkmalpflegerische Untersuchungen des Bodens empfohlen. Die vorgenannte Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt sei in dieser Form nachvollziehbar. Eine Bebauung der Freifläche werde nicht mehr in Gänze als erheblich beeinträchtigend für das Baudenkmal gewertet. Die Denkmalfachbehörde habe jedoch in nachvollziehbarer Weise erläutert, dass im Falle einer Bebauung der Neubau optisch zurückhaltend gestaltet werden müsse und insbesondere die Hauptansichten des Baudenkmals zu berücksichtigen seien. Damit gehe das Fachamt zutreffend auf die Besonderheit des S.-Gebäudes ein, dass dessen Hauptschauseite die zur Freifläche ausgerichtete Südseite sei und gerade der als besonders expressiv gewerteten Eckansicht von der Freifläche aus eine besondere Bedeutung zukomme. Die denkmalbehördliche Stellungnahme werde bestätigt durch die im Verwaltungsverfahren der Antragsgegnerin enthaltenen Fotodokumentationen aus den 1920er Jahren, die das Gebäude vornehmlich mit Blick auf die Eckansicht des Hauses von der Freifläche aus abbildeten. Die eingenommenen Fotopositionen befänden sich nahe des Gebäudes und nicht im Bereich der Freifläche, die nunmehr die Beigeladene zu bebauen beabsichtige. Mit der Rückstaffelung im seitlichen Bereich des geplanten Neubaus werde den Sichten auf das Baudenkmal insoweit Rechnung getragen. Eine erhebliche Beeinträchtigung sei vor dem Hintergrund durch den geplanten Neubau nicht zu erwarten. Das S.-Gebäude büße seine städtebauliche Bedeutung nicht schon dadurch ein, dass auf der ursprünglich zum Grundstück gehörenden Freifläche ein Neubau entstehe, der die in der A-Straße vorherrschenden Blockrandbebauung fortsetze. Die zeitgeschichtliche und städtebauliche Entwicklung des Denkmals lasse sich auch dann noch ablesen.
Die Baugenehmigung verstoße auch nicht gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Dabei könne offenbleiben, ob der Vorbescheid vom 16. Dezember 2019, dessen Gegenstand u.a. die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens gewesen sei, bereits bestandskräftig sei. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich ein Abwehrrecht gegen das Vorhaben der Beigeladenen ergeben könnte. Das Vorhaben wirke insbesondere nicht in erdrückender Weise auf das Grundstück der Antragstellerin ein. Es sei nicht wesentlich höher als das denkmalgeschützte Gebäude. Das Vorhaben der Beigeladenen erweise sich auch nicht mit Blick auf die Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, als zu massiv oder dominierend gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin. Es setze vielmehr die in der A-Straße prägende Blockrandbebauung mit Mehrfamilienhäusern fort. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ergebe auch nicht deshalb, weil der geplante Neubau zu dem Baudenkmal der Antragstellerin einen architektonischen Kontrast bilde. Das Vorhaben der Beigeladenen sei jedenfalls nach den eingereichten Bauvorlagen nicht so auffällig oder ungewöhnlich gestaltet, dass es allein aufgrund des sich nach Fertigstellung bietenden Anblicks zu unzumutbaren Belästigungen der Antragstellerin führe. Es sei vielmehr optisch durch seine ebenfalls abgerundeten Ecken und Schlichtheit an die Erscheinung des S.-Gebäudes angepasst. Im Übrigen spreche auch vieles dafür, dass sich die Antragstellerin nur eingeschränkt auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen könne. Denn ihr sei bereits zum Zeitpunkt des mit der Beigeladenen geschlossenen notariellen Kaufvertrags am 21. November 2019 bekannt gewesen, dass die Beigeladene auf der Freifläche einen Neubau plane. Zudem sei der beabsichtigte Neubau der Beigeladenen mehrfach im Kaufvertrag erwähnt und Anlass für die Erteilung von Vollmachten und erklärten Duldungen von Dienstbarkeiten, Baulasten, Nutzungsregelungen sowie Überbaurechten gewesen. Soweit sich die Antragstellerin in Kenntnis des geplanten Bauprojekts der Beigeladenen gleichwohl für den Kauf der Teilfläche mit dem S.-Gebäude entscheiden habe, sei ihr dies bei der Frage, ob der geplante Neubau ihr gegenüber als rücksichtslos einzustufen sei, entgegenzuhalten.
II.
A. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist allerdings entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht deshalb unzulässig geworden, weil die Beigeladene nach ihren Angaben mittlerweile den Rücktritt vom notariellen Kaufvertrag vom 21. November 2019 wegen Nichtzahlung des Kaufpreises und Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Antragstellerin erklärt und in dem beim Landgericht Halle diesbezüglich anhängigen Rechtsstreit im Wege der Widerklage beantragt hat, die zugunsten der Antragstellerin im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung löschen zu lassen. Dadurch ist weder das Rechtsschutzbedürfnis noch die Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO der Antragstellerin für den vorläufigen Rechtsschutzantrag entfallen.
Der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist, hat eine Rechtsposition, aus der er – wie der Eigentümer – als “Nachbar” eine für das angrenzende Grundstück erteilte Baugenehmigung abwehren kann (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1982 – 4 C 51.79 – juris). Zwar erlischt eine zugunsten des Grundstückskäufers bewilligte Vormerkung nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag, weil die durch sie gesicherte Forderung nicht mehr existiert (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 – IX ZR 66/07 – juris Rn. 12). Voraussetzung dafür ist aber, dass der Rücktritt vom Vertrag wirksam ist. Ob der von der Beigeladenen erklärte Rücktritt von dem am 21. November 2019 geschlossenen Kaufvertrag wirksam ist, ist aber noch Gegenstand des beim Landgericht Halle anhängigen Zivilrechtsstreits (4 O 252/21). Solange nicht rechtskräftig entschieden ist, dass der Rücktritt vom Kaufvertrag wirksam ist, verbleibt es bei der Antragsbefugnis der Antragstellerin und hat sie weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag. Der Senat sieht auch keinen Anlass, die Wirksamkeit des Rücktritts inzident zu prüfen. Da sich die Frage der Wirksamkeit des Rücktritts nicht offensichtlich und eindeutig im Sinne der Beigeladenen beantworten lässt, wäre es nicht sachgerecht, einer zivilgerichtlichen Entscheidung mit der Gefahr divergierender Entscheidungen vorzugreifen.
2. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen indes keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
a) Die Antragstellerin wendet ein, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts genüge für eine Interessenabwägung nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO zu ihren Lasten nicht, wenn sich die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung nicht als offenbar rechtswidrig, sondern nach Aktenlage als rechtmäßig darstelle. Die Eigentumsgarantie enthalte auch einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Dass eine erhebliche Verletzung nicht ausgeschlossen werden könne, genüge im Rahmen eines Eilverfahrens bereits. Dies folge hier aus dem herausragenden Rang des Kulturdenkmals, wie das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt feststellt habe. Damit vermag die Antragstellerin den vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Maßstab für die nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung nicht in Frage zu stellen.
Sind die Erfolgsaussichten des von einem Dritten gegen eine Baugenehmigung eingelegten Rechtsbehelfs offen, hat zwar das Gericht die gegenläufigen Interessen des Dritten und des Bauherrn gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Interessenabwägung fällt allerdings ins Gewicht, dass der Gesetzgeber in § 212a Abs. 1 BauGB dem Interesse an der Verwirklichung des Bauvorhabens „auf eigenes Risiko“ – also ohne rechtsbeständige Genehmigung – grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat, so dass es weiterer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Das Vollzugsinteresse bei offenem Prozessausgang begünstigt damit in der offenen Interessenabwägung den Bauherrn, ohne das Ergebnis zu präjudizieren. Das Verwirklichungsinteresse setzt sich damit gegenüber dem Aufschubinteresse nicht regelhaft durch, hat aber als gesetzgeberische Grundentscheidung durch eine Gewichtungsvorgabe einen Vorsprung (zum Ganzen: Beschluss des Senats vom 18. Oktober 2021 – 2 M 102/21 – juris Rn. 30; Kalb/Külpmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, BauGB § 212a Rn. 47, m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht ist indes – wie die Antragstellerin selbst vorträgt – nicht davon ausgegangen, dass die Erfolgsaussichten des von der Antragstellerin erhobenen Widerspruchs und einer ggf. nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung offen sind, sondern dass sich die Baugenehmigung bei summarischer Prüfung – nach Aktenlage – als (voraussichtlich) rechtmäßig erweise. In diesem Fall fällt die Interessenabwägung insbesondere nach der gesetzlichen Wertung in § 212a Abs. 1 BauGB (erst recht) in aller Regel zugunsten des Bauherrn aus; dies gilt auch dann, wenn vom Nachbarn die Beeinträchtigung eines auf seinem Grundstück vorhandenen Baudenkmals durch ein Vorhaben geltend gemacht wird (vgl. Beschluss des Senats vom 5. März 2014 – 2 M 164/13 – juris Rn. 10). Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem von der Antragstellerin zitierten Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 25. Januar 2011 (- OVG 2 S 93/10 – juris Rn. 9); denn in dieser Entscheidung bewertete das Gericht die Erfolgsaussichten des gegen die Baugenehmigung eingelegten Rechtsbehelfs zumindest als offen.
b) Die Antragstellerin macht geltend, die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei aber auch offensichtlich rechtswidrig. Das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals sei neben seinem Bestand ein in § 14 Abs. 1 Nr. 3 DenkmSchG LSA genannter denkmalrechtlicher Belang. Das Verwaltungsgericht „interpretiere” das Schreiben des Landesamtes für Denkmalpflege vom 2. November 2020 (gemeint ist offenbar die letzte Stellungnahme vom 26. Oktober 2020 [Bl. 255 der Beiakte D]) in einem ganz entscheidenden Punkt offensichtlich unzutreffend, indem es die Ansicht vertrete, das Landesamt habe seine Ansicht geändert. Aus der Einleitung dieses Schreibens „Nun da gebaut…“ folge vielmehr, dass es an seiner bisherigen und auch von ihr vertretenen Auffassung festhalte, dass eine Bebauung durch das Vorhaben der Beigeladenen den Denkmalcharakter ihres Grundstücks missachte und entwerte, und – womöglich in Verkennung der verfahrensrechtlichen Situation – den Umstand, dass gebaut würde, als vollendete Tatsache betrachte. Damit gebe das Landesamt zu erkennen, dass die Entscheidung durch die Untere Denkmalschutzbehörde gefallen sei und es daran nichts ändern könne. Es hätte nie ein positiver Bauvorbescheid ergehen dürfen, gegen den sie im Übrigen nach Bekanntwerden Widerspruch erhoben habe. Da das Landesamt ihren Widerspruch nicht gekannt habe, sei es davon ausgegangen, dass es seine denkmalrechtlichen Bedenken nicht aufrechterhalten könne. Die Stellungnahme vom 26. Oktober 2020 erwähne selbst die außerordentlich bedeutende Architektur des Baudenkmals und habe an mehreren Stellen die erhebliche Bedeutung festgehalten. Es werde ausdrücklich ausgeführt, dass die Freifläche wesentlich für die Wirkung des Hauses sei. Es gehe geradezu eine expressive Ansicht von der Freifläche aus. Die Freifläche sei wesentlich für die Wirkung des Hauses und werde durch den Neubau auf der Freifläche weitgehend beseitigt. Es liege damit auf der Hand, dass der konkrete Abstand bereits zu einer Entwertung des Denkmals führe. Wenn die Freifläche wesentlich für die Wirkung des Denkmals sei, sei offensichtlich, dass eine Überbauung der Freifläche diese Wirkung beeinträchtige. Der Abstand zwischen dem Baudenkmal und dem geplanten Neubau betrage nur 9 Meter. Selbst bei größerem Abstand habe die Rechtsprechung eine erhebliche und schwerwiegende Beeinträchtigung eines Denkmals angenommen. Hinzutretende bauliche Anlagen müssten sich aber an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt habe und dürften es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpere. Nicht zutreffend sei die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die historischen Aufnahmen nicht auf der Freifläche entstanden seien. Aus dem Bildaufbau sei zu erkennen, welche Technik verwandt worden sei. Hieraus ergebe sich nach sachverständiger Einschätzung ein Abstand von mindestens 15 Metern. Eine weitere Aufnahme, welche historisch publiziert sei, zeige die Hauptansicht frontal. Hier bestehe ein Abstand von 40 Metern. Auch die Aufnahmen, die die Antragsgegnerin selbst für eigene Publikationen gefertigt habe, seien von der Freifläche aus gefertigt worden. Seinen historischen Aussagewert büße das denkmalgeschützte Gebäude ein, wenn – wie hier – in seiner unmittelbaren Umgebung ein Neubau entstehe, der sich in Bezug auf sein äußeres Erscheinungsbild vom bisherigen Bestand, insbesondere vom konkreten Baudenkmal deutlich unterscheide, da dadurch das Erleben und die Erfahrbarkeit der bestehenden Bausubstanz, die Gegenstand des Denkmals sei, negativ beeinflusst werde. Aus den bereits vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie genannten Gründen werde die Ausstrahlungswirkung und die Wirkung in Bezug auf die Blickrichtungen negativ beeinflusst. Ignoriert werde, dass der Denkmalwert unter mehreren Aspekten gegeben sei; dazu zähle auch die „Zäsur in der Blockrandbebauung“, die nunmehr verlorengehe. Zu Unrecht werde unter Bezugnahme auf eine Skizze im Beitrag von L. E. R. in der Zeitschrift „Der Neubau“ aus dem Jahr 1924 argumentiert, dass ein „unvollendetes Denkmal“ vorliege. Das Denkmalrecht stelle nicht „ursprüngliche Pläne“ unter Schutz, sondern bewerte nach dem DenkmSchG LSA wesentliche Faktoren für die Unterschutzstellung eines Objekts als solchem. Der geschichtliche Hintergrund des Gebäudes mache deutlich, dass, sofern überhaupt eine konkrete Planung vorhanden gewesen sei, diese vom Bauherrn schon ab dem Jahr 1922 nicht weiterverfolgt worden sei. Durch die geplanten Balkone an der Nordseite des Neubaus ergebe sich eine stilistische Konkurrenz zum Baudenkmals, was nach der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie habe vermieden werden sollen. Das Verwaltungsgericht nehme auch fehlerhaft auf den zwischen ihr und der Beigeladenen geschlossenen Kaufvertrag Bezug. Zum Zeitpunkt seines Abschlusses sei ihr die konkrete Planung der Beigeladenen nicht bekannt gewesen. Hingegen habe die Beigeladene die Denkmaleigenschaft des vorhandenen Gebäudes gekannt. Durch die konkrete Abstandsgestaltung zu dem Baudenkmal werde dessen Denkmalwert erheblich beeinträchtigt. Die Antragsgegnerin erkenne schon nicht, dass der Gartenbereich in den Denkmalschutz des Gebäudes einbezogen sei. Die Denkmalfachbehörde habe hier jedoch eine klare Einordnung getroffen. Der Denkmalcharakter sei am 31. Mai 2019 im Denkmalverzeichnis nochmals erweitert worden unter ausdrücklichem Einschluss der Freifläche. Die fehlerhafte Wertung des Eigentums bzw. der angeblichen Verfügungsgewalt führe zu einer fehlerhaften Wertung eines angeblichen Vertrauensschutzes der Beigeladenen. Das Verwaltungsgericht habe dem Kaufvertrag insoweit eine Bedeutung beigemessen, den er nach seinem Inhalt gar nicht habe oder haben könne. Die Regelungen im Kaufvertrag gäben für eine „Treuepflicht“ gegenüber der Beigeladenen nichts her. Er enthalte an keiner Stelle Passagen, aus denen sie die konkreten Maße, Abständen und Ausprägungen des Vorhabens hätte erkennen können. Die geplante Bebauung über die Freifläche hinweg hätte im Kaufvertrag mit erwähnt werden müssen. Der Fachbereich Bauen bzw. die Untere Denkmalschutzbehörde der Antragsgegnerin hätten zwar eine Abwägungsentscheidung getroffen, ohne allerdings den Sachverhalt zu verwerten. Das Bauordnungsamt sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei den Anwesen A-Hof 29 und A-Hof 31 um ein einheitliches Grundstück handele, das in der alleinigen Verfügungsgewalt des gleichen Eigentümers stehe. Ein denkmalwürdiges Gebäude und seine Umgebung bildeten aus Gründen des Denkmalschutzes häufig eine Einheit. Die Ausstrahlungswirkung eines Denkmals könne wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung abhängen. Denkmalschutz benötige Substanz- und Umgebungsschutz. Auch dies sei vorliegend nicht berücksichtigt worden. Auch weil die Beigeladene die Antragsgegnerin nach Aktenlage nicht über den Kaufvertrag informiert habe, könnte sie sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, was sie – soweit ersichtlich – nicht einmal tue. Ihr, der Antragstellerin, sei diese erweiterte Begründung auch erst später zufällig bekannt geworden. Ganz offenkundig habe die Antragsgegnerin den Sachverhalt nicht vollständig und ordnungsgemäß ermittelt; dies möglicherweise veranlasst durch unzutreffende Informationen der Beigeladenen. In Wahrheit habe ihr, der Antragstellerin, zum Zeitpunkt der Entscheidung ein sachenrechtliches Anwartschaftsrecht bereits den Schutz aus Art. 14 GG vermittelt. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin dies fälschlicherweise zu einem Entscheidungskriterium mache, und dann auch noch den Sachverhalt falsch erfasse – möglicherweise bedingt durch eine Täuschung des Vorhabenträgers -, führe dazu, dass ein angeblich vorhandenes Ermessen auch rechtsfehlerhaft ausgeübt worden sei.
Mit diesen Einwänden vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen. Der Vorinstanz ist darin zu folgen, dass das Vorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht gegen denkmalrechtliche Vorschriften verstößt, die auch dem Schutz der Antragstellerin als Nachbarin des Baugrundstücks zu dienen bestimmt sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. April 2009 – 4 C 3.08 – juris Rn. 9 ff.) ist der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals berechtigt, die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt. Durch die Unterschutzstellung eines Kulturdenkmals wird das Eigentum daran im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG beschränkt. Die eigentumsgestaltende Wirkung der Unterschutzstellung erschöpft sich nicht in den Beschränkungen der Verfügungsbefugnis; vielmehr ist der Eigentümer darüber hinaus verpflichtet, das Kulturdenkmal im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu erhalten, zu pflegen, instandzusetzen, vor Gefahren zu schützen und, soweit möglich und zumutbar, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 DenkmSchG LSA). Die Erhaltungspflicht ist auf Dauer angelegt und vom Eigentümer grundsätzlich auf eigene Kosten zu erfüllen. Auch wenn die Unterschutzstellung allein im öffentlichen Interesse und nicht im privaten Interesse des Eigentümers liegt und dieses öffentliche Interesse grundsätzlich geeignet ist, die einschränkenden Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu rechtfertigen, genügt es nicht, den Eigentümer für die Erhaltung und Pflege in Anspruch zu nehmen. Der Gesetzgeber hat vielmehr eine umfassende Schutzpflicht für das Kulturdenkmal. Er muss es auch vor Beeinträchtigungen durch Vorhaben in seiner Umgebung schützen. Da ein denkmalwürdiges Gebäude und seine Umgebung aus Gründen des Denkmalschutzes häufig eine Einheit bilden und die Ausstrahlung eines Denkmals wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung abhängen kann, lassen sich die Ziele des Denkmalschutzes nur erreichen, wenn auch das Eigentum in der Umgebung eines denkmalgeschützten Gebäudes beschränkt wird. Denkmalschutz benötigt sowohl Substanz- als auch Umgebungsschutz. Auch wenn das Gesetz nicht jede für das Denkmal nachteilige Veränderung der Umgebung unterbinden oder einer Genehmigungspflicht unterwerfen muss, dürfen Vorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals, die dessen Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigten, nur zugelassen werden, wenn das Vorhaben seinerseits durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder durch überwiegende private Interessen gerechtfertigt ist. Inwieweit denkmalrechtliche Vorschriften, die die Zulässigkeit eines Vorhabens in der Umgebung eines geschützten Kulturdenkmals regeln, zugunsten des Eigentümers des Kulturdenkmals drittschützend sind, haben grundsätzlich der Landesgesetzgeber und die zur Auslegung des Landesrechts berufenen Gerichte des Landes zu entscheiden. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gebietet im Denkmalschutzrecht ebenso wenig wie im Baurecht, in jeder Hinsicht nachbarlichen Drittschutz vorzusehen. Soweit der denkmalrechtliche Umgebungsschutz objektiv geboten ist, muss er jedoch auch dem Eigentümer des Kulturdenkmals Schutz vermitteln. Der Schutzzweck des Denkmalrechts wird durch die Anerkennung einer subjektiven Rechtsposition des Eigentümers weder qualitativ verändert noch „privatisiert”. Der nachbarliche Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers führt nicht zu einer Veränderung der Grundlagen und Maßstäbe für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Vorhaben in der Umgebung des Denkmals; er erlaubt nur, dass der Eigentümer des Denkmals als Nachbar – bestimmte – Verletzungen objektiven Rechts geltend machen darf.
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat der Senat angenommen (vgl. Beschluss vom 5. März 2014, a.a.O., Rn. 13 f.), dass § 1 Abs. 1 DenkmSchG LSA, soweit er dem Umgebungsschutz dient, nachbarschützende Wirkung beizumessen sein dürfte. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist es die Aufgabe von Denkmalschutz und Denkmalpflege, die Kulturdenkmale als Quellen und Zeugnisse menschlicher Geschichte und prägende Bestandteile der Kulturlandschaft nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu schützen, zu erhalten, zu pflegen und wissenschaftlich zu erforschen. Nach Satz 2 erstreckt sich der Schutz auf die gesamte Substanz eines Kulturdenkmals einschließlich seiner Umgebung, soweit dies für die Erhaltung, Wirkung, Erschließung und die wissenschaftliche Forschung von Bedeutung ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber einen weiter gehenden Nachbarschutz des Denkmaleigentümers geregelt hat, sind nicht ersichtlich. Diesem Schutzziel entsprechend unterwirft § 14 Abs. 1 Nr. 3 DenkmSchG LSA der denkmalrechtlichen Genehmigungspflicht u.a. solche Maßnahmen, die ein Kulturdenkmal durch Errichtung, Wegnahme oder Hinzufügen von Anlagen in seiner Umgebung im Bestand und Erscheinungsbild verändern, beeinträchtigen oder zerstören. Die Genehmigung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 3 DenkmSchG LSA zu versagen, wenn die geplante Maßnahme gegen dieses Gesetz verstößt. Soweit es um Eingriffe in ein Kulturdenkmal im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 DenkmSchG LSA geht, ist dieser gemäß § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA zu genehmigen, wenn der Eingriff aus nachgewiesenen wissenschaftlichen Gründen im öffentlichen Interesse liegt (Nr. 1), wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse anderer Art den Eingriff verlangt (Nr. 2) oder wenn die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Betroffenen unzumutbar belastet (Nr. 3). Die Genehmigung ist zu versagen, wenn erhebliche Beeinträchtigungen des Kulturdenkmals zu erwarten sind und bei Abwägung aller Anforderungen die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege vorgehen (§ 10 Abs. 3 DenkmSchG LSA). Die Regelungen des § 10 Abs. 2 und 3 DenkmSchG LSA können zwar für die Frage, wann eine die Umgebung eines Denkmals verändernde Maßnahmen zu genehmigen ist, nicht unmittelbar herangezogen werden; denn als Eingriff im Sinne dieses Gesetzes werden in § 10 Abs. 1 Satz 1 DenkmSchG LSA nur Veränderungen in der Substanz oder Nutzung von Kulturdenkmalen, die deren Denkmalqualität erheblich beeinträchtigen können oder zur Zerstörung des Denkmals führen, genannt. Der Umgebungsschutz ist darin nicht (ausdrücklich) angesprochen. Die Bestimmungen in § 10 Abs. 2 und 3 DenkmSchG LSA dürften aber entsprechend heranzuziehen sein, weil der Landesgesetzgeber in § 1 Abs. 1 Satz 2 DenkmSchG LSA die Umgebung eines Kulturdenkmals ebenso wie dessen Substanz unter Schutz gestellt hat.
Der von Grundrechts wegen geforderte Drittschutz, um den es hier geht, wird allerdings nicht zwangsläufig auf die gesamte Umgebung des Denkmals ausgedehnt. Die dem Grundstückseigentum korrespondierende subjektive Rechtsstellung ist vielmehr darauf beschränkt, für das Anwesen des Eigentümers erhebliche Beeinträchtigungen für dessen Bestand, Erscheinungsbild oder städtebauliche Wirkung abwehren zu können (vgl. Beschluss des Senats vom 5. März 2014, a.a.O., Rn. 23, m.w.N.).
aa) Mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie des Landes Sachsen-Anhalt, das als staatliche Denkmalfachbehörde das zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderliche Fachwissen in erster Linie vermittelt und auf dessen fachkundigen Stellungnahmen das Gericht bei seiner Entscheidung zurückgreifen darf (Beschluss des vom 5. März 2014, a.a.O., Rn. 18, m.w.N.), ist zunächst davon auszugehen, dass das es sich bei dem Gebäude auf dem Flurstück …, für das ein Anwartschaftsrecht der Antragstellerin besteht, um ein Kulturdenkmal im Sinne von § 2 Abs. 1 DenkmSchG LSA in Gestalt eines Baudenkmals im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 DenkmSchG handelt. Nach der ersten Stellungnahme der Denkmalfachbehörde vom 16. Mai 2019 hat das Gebäude städtebauliche Bedeutung, weil es der einzige Bau der 1920er Jahre mit angrenzender Freifläche mit Baumbestand und Einfriedung in der ansonsten mit Blockrandbebauung versehenen Straße mit Wohnhäusern des späten 19. und sehr frühen 20. Jahrhunderts sei. Ferner ist es geschichtlich bedeutsam für die nationale und internationale Architekturentwicklung der frühen 1920er Jahre und im Kontext der halleschen Stadt- und Architekturentwicklung. Schließlich ist es wissenschaftlich bedeutsam als seltenes Frühwerk des Architekten A. G., für das Werk des Architekten M. K. und das Werk des Künstlers K. V.. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung der Denkmalfachbehörde.
bb) Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des historischen Verwaltungsgebäudes durch das Vorhaben der Beigeladenen vermag der Senat nicht zu erkennen.
Eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalqualität eines Kulturdenkmals im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 DenkmSchG LSA durch eine Veränderung seiner Umgebung, die auch dem Denkmaleigentümer ein Abwehrrecht vermittelt, liegt nicht schon dann vor, wenn neue Bauten in der Umgebung eines Baudenkmals hinzukommen, die nicht völlig an das Baudenkmal angepasst sind. Hinzutretende bauliche Anlagen müssen sich aber an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert. Das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals ist neben seinem Bestand ein in § 14 Abs. 1 Nr. 3 DenkmSchG LSA genannter denkmalrechtlicher Belang. Als Erscheinungsbild eines Denkmals ist der von außen sichtbare Teil geschützt, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Denkmal innewohnt, abzulesen vermag; das Erscheinungsbild ist von Vorhaben in der engeren Umgebung nur dann betroffen, wenn die Beziehung des Denkmals zu seiner engeren Umgebung für den Denkmalwert von Bedeutung ist. Für die Bestimmung des Erscheinungsbildes des Denkmals kommt es auf die Gründe an, die zu einer Unterschutzstellung geführt haben. Die wertende Einschätzung, ob das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals empfindlich gestört wird, wird zum einen maßgeblich bestimmt vom Denkmalwert, so dass in Relation zur Wertigkeit des Kulturdenkmals die Hinnahme einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes in gewissem Umfang geboten sein kann; zum anderen hat die Entscheidung immer „kategorienadäquat“ zu erfolgen, d.h. sie muss sich – nicht zuletzt zur Wahrung der durch Art 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerbefugnisse – an der für das Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren. Eine die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung berührende – und damit einen Abwehranspruch des Denkmaleigentümers auslösende – erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Schutzwürdigkeit des Denkmals als besonders hoch zu bewerten ist oder dessen Erscheinungsbild durch das Vorhaben den Umständen nach besonders schwerwiegend beeinträchtigt wird (zum Ganzen: Beschluss des Senats vom 5. März 2014, a.a.O., Rn. 15 f., m.w.N.).
Soweit die Fassade eines historischen Gebäudes konstitutives Element für sein Erscheinungsbild ist und ihr daher eine hervorgehobene Bedeutung für die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes zukommt, werden die Anforderungen an die denkmalrechtliche Rücksichtnahme beim Umgebungsschutz umso höher, je näher das Vorhaben an das Denkmal heranrückt. Denn bei geringeren räumlichen Abständen kommt es zwangsläufig zu stärkeren optischen Wechselwirkungen, die sich für das Denkmal beeinträchtigend auswirken können. Dies fällt dann stark ins Gewicht, wenn das Vorhaben in nahezu geschlossener Bauweise an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden soll, wo auch unmittelbar das Denkmal angrenzt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 Bs 218/15 – juris Rn. 32).
Gemessen daran ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Baudenkmals der Antragstellerin durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht zu erwarten. Zwar kommen insbesondere der Fassade der südlichen Außenwand mit dem markanten Treppenhaus sowie die südwestliche und die südöstliche Gebäudeecke, an die das Vorhaben der Beigeladenen heranrückt, für das äußere Erscheinungsbild des Verwaltungsgebäudes S. als konstitutive Elemente hervorgehobene Bedeutung zu. Nach der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie vom 16. Mai 2019 ist die Hauptschauseite des Hauses zum ehemaligen Garten/Park (?) hin orientiert. Von besonderer Bedeutung sind die Sichten von der ehemaligen Fabrikantenvilla aus, die allerdings in den letzten Jahren zugewachsen war, die Sicht auf die Hauptschauseite von der erhöhten Freifläche aus und innerhalb des Straßenraums A-Straße. Die besonders expressive Eckansicht von der Freifläche aus sei seit 1922 immer wieder über historische Aufnahmen dokumentiert und publiziert. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Beeinträchtigung der Sicht auf die Südfassade und die südlichen Gebäudeecken von der Freifläche aus, für eine Beeinträchtigung des künftig dem Antragsteller gehörenden Denkmals, wenn überhaupt, nur untergeordnete Bedeutung zukommen dürfte. Bei der Beurteilung der Frage, ob es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes eines Denkmals kommt, haben Standorte, die für die Betrachtung eines Denkmals durch die Allgemeinheit praktisch nicht in Betracht kommen, außer Betracht zu bleiben (BayVGH, Beschluss vom 21. September 2015 – 22 ZB 15.1095 – juris Rn. 35). Dem entsprechend liegt eine erhebliche Beeinträchtigung des in Rede stehenden Baudenkmals nicht schon deshalb vor, weil die Südfassade und die südlichen Gebäudeecken des Denkmals vom Grundstück der Beigeladenen aus nach einer Bebauung nicht mehr wie bisher von einer Freifläche aus wahrgenommen werden können. Denn Standorte auf der bisherigen Freifläche kamen und kommen als Beobachtungspunkte für die Öffentlichkeit nicht (mehr) in Betracht. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit diese für die Denkmaleigenschaft bedeutsamen Gebäudeteile von der A-Straße aus und ggf. vom östlich angrenzenden, mit der ehemaligen Fabrikantenvilla bebauten Grundstück durch den Neubau der Beigeladenen verdeckt werden. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die historischen Aufnahmen von der südöstlichen Gebäudeecke und der Südfassade des Verwaltungsgebäudes – wie die Antragstellerin geltend macht – von Standorten auf der früher als Garten genutzten Fläche gemacht wurden.
Dies zugrunde gelegt, ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Baudenkmals zu Lasten der Antragstellerin nicht anzunehmen. Die Ansicht auf das Baudenkmal von Südosten, insbesondere von dem mit der ehemaligen Fabrikantenvilla bebauten Flurstück …, dürfte durch die von der Beigeladenen vorgenommene Staffelung der nördlichen Außenwand (vgl. Bl. 33 der Beiakte B) weitgehend erhalten bleiben, soweit sie nicht ohnehin durch Baumbewuchs eingeschränkt ist. Die Ansicht auf die Südfassade von der A-Straße aus dürfte zwar künftig eingeschränkt sein. Die Fassade dürfte aber bei dem vorgesehenen Abstand der Gebäude zueinander von 9 m auch von dort aus noch hinreichend wahrnehmbar sein, auch wenn dies künftig von weniger Standorten aus als bisher möglich sein wird.
Der Senat vermag auch nicht der Einschätzung der Antragstellerin und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in seinen Stellungnahmen vom 16. Mai 2019 und vom 28. Oktober 2019 zur Bauvoranfrage zu folgen, wonach die geplante Bebauung das Baudenkmal gleichsam erdrücken und übertönen würde. Nach den vorliegenden Bildern und Plänen setzt der Neubau vielmehr die südlich des Baugrundstücks vorhandene Blockrandbebauung fort und ist nur geringfügig höher als das Baudenkmal. Auch wenn die Baumasse des Neubaus deutlich höher ist als die des Baudenkmals, vermag der Senat eine das Denkmal erdrückende oder übertönende Wirkung nicht festzustellen. In der letzten Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie vom 26. Oktober 2020 zum Bauantrag der Beigeladenen ist – anders als noch in der zweiten Stellungnahme vom 28. Oktober 2019 zur Bauvoranfrage – auch nicht mehr davon die Rede, dass der Neubau durch seine Baumasse, Höhe und Staffelung der Geschosse und die Unruhe der Fassaden in extrem starke Konkurrenz zum A-Hof trete und die bewusst an die Moderne angelehnte Gestaltung (Tel Aviv, Weiße Stadt) dem Denkmal abträglich sei. Die Denkmalfachbehörde hat in der letzten Stellungnahme zum Baugenehmigungsantrag diese Auffassung nicht wiederholt, sondern nur noch allgemein davon gesprochen, dass die Bebauung selbstverständlich das Erscheinungsbild des Baudenkmals nicht erheblich beeinträchtigen sollte und außerdem die neu zu errichtende Architektur der Qualität des Baudenkmals Rechnung tragen sollte. Ob dies – wie die Antragstellerin geltend macht – darauf beruht, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen ungeachtet der beiden vorangegangenen denkmalfachlichen Stellungnahme einen positiven Bauvorbescheid erteilt hatte, bleibt spekulativ. Der Umstand, dass die Denkmalfachbehörde in der letzten Stellungnahme ihre zuvor geäußerten Bedenken nicht mehr wiederholt hat, kann auch darin begründet liegen, dass die letzte Stellungnahme von einem anderen Sachbearbeiter verfasst wurde. Dies mag indes auf sich beruhen. Der Senat teilt jedenfalls die in der zweiten Stellungnahme der Denkmalfachbehörde vom 28. Oktober 2019 geäußerten Bedenken nicht. Zwar darf das Gericht – wie oben bereits ausgeführt – bei seiner Entscheidung auf die fachkundigen Stellungnahmen der Denkmalfachbehörde zurückgreifen. Die denkmalfachliche Bewertung eines Vorhabens durch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie entbindet die Genehmigungsbehörde und die Gerichte aber nicht von der Prüfung, ob die Bewertung der Denkmalfachbehörde nachvollziehbar ist (vgl. Urteil des Senats vom 6. August 2012 – 2 L 6/10 – juris Rn. 60, 81 f.).
cc) Auch eine erhebliche Beeinträchtigung der städtebaulichen Wirkung des Baudenkmals dürfte nicht vorliegen. Die städtebauliche Bedeutung des Gebäudes ergibt sich – wie oben bereits ausgeführt – nach der Einschätzung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie daraus, dass das Gebäude der einzige Bau der 1920er Jahre mit angrenzender Freifläche mit Baumbestand und Einfriedung in der ansonsten mit Blockrandbebauung versehenen Straße mit Wohnhäusern des späten 19. und sehr frühen 20. Jahrhunderts darstellt. Auf diese städtebauliche Bedeutung hat das Landesamt auch in seiner letzten Stellungnahme vom 26. Oktober 2020 nochmals hingewiesen. Diese Bedeutung wird zwar durch das Bauvorhaben der Beigeladenen deutlich geschmälert. Das Baudenkmal verliert aber seine Stellung als einziges freistehendes Gebäude mit Freifläche und Grundstückseinfriedung nicht völlig. Diese Bedeutung ist auch nach der von der Beigeladenen vorgesehenen Bebauung – wenn auch in eingeschränktem Umfang – noch ablesbar.
dd) Auf die Frage, ob die Antragstellerin aufgrund des Kaufvertrages mit der hier in Rede stehenden Bebauung rechnen musste, kommt es nach alledem nicht an.
c) Soweit die Antragstellerin rügt, das Vorhaben der Beigeladenen füge sich auch nicht gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB jedenfalls hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein, vermag dies der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil sie sich nicht mit der insoweit tragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt, die Antragstellerin könne sich im Rahmen des § 34 BauGB nur auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme berufen. Im Übrigen legt die Beschwerde auch nicht dar, inwieweit das Vorhaben der Beigeladenen in Bezug auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung den Rahmen überschreitet, den die vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorgibt (vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 4 C 13.93 – juris Rn. 17).
d) Die Antragstellerin beanstandet, auch die weitere Begründung des Verwaltungsgerichts, es liege kein erdrückender Bau vor, könne bei einer 3-fachen Größe der Nutzfläche des Vorhabens und einer Überbauung von mehr als zwei Dritteln des Grundstückes im Vergleich zum Bürogebäude der Antragstellerseite nicht nachvollzogen werden. Dies sei offensichtlich unzutreffend. Auch damit vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.
Unter dem Gesichtspunkt der erdrückenden Wirkung kann eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vorliegen, wenn das Vorhaben infolge seines Nutzungsmaßes den Nachbarn durch eine “abriegelnde” oder “erdrückende Wirkung” unzumutbar beeinträchtigt. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen “übergroßen” Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht. Eine erdrückende Wirkung durch Höhe und Volumen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise angenommen bei Errichtung eines 12-geschossigen Hochhauses in einem Abstand von 15 m an der engsten Stelle zu einem 2 ½-geschossigen Gebäude. Generell ist eine erdrückende Wirkung anzunehmen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich “die Luft nimmt”, wenn für den Nachbarn das Gefühl des “Eingemauertseins” oder eine “Gefängnishofsituation” entsteht, wenn von der baulichen Anlage eine “Riegelwirkung” ausgeht oder wenn die Größe des “erdrückenden” Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls derartig übermächtig ist, dass das “erdrückte” Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird (zum Ganzen: Beschluss des Senats vom 15. Februar 2021 – 2 M 121/20 – juris Rn. 25, m.w.N.).
Gemessen daran geht von dem Vorhaben der Beigeladenen keine erdrückende Wirkung auf das historische Verwaltungsgebäude aus. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bereits darauf verwiesen, dass der Neubau nur geringfügig höher ist als das Baudenkmal. Es hat zwar ein deutlich größeres Volumen und eine deutlich größere Baumasse als das Baudenkmal. Dies hat aber nicht zur Folge, dass der Neubau, der die in der Umgebung vorhandene Blockrandbebauung fortsetzt, dem Baudenkmal förmlich „die Luft nimmt“ oder derartig übermächtig ist, dass das Baudenkmal nur noch oder überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird. Eine „abriegelnde Wirkung“ hat der Neubau offensichtlich nicht.
e) Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Antragsgegnerin hätte sie im Baugenehmigungsverfahren und bereits im Vorbescheidsverfahren beteiligen müssen, ist schon nicht dargelegt, aufgrund welcher Rechtsvorschrift eine solche Beteiligung erforderlich gewesen sein könnte. Im Übrigen kann eine etwaig fehlende Beteiligung des Nachbarn allein keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung begründen. Hierfür bedarf es einer materiellen Rechtsverletzung (OVG NW, Beschluss vom 3. Juli 2020 – 10 A 1241/20 – juris Rn. 5). Auch soweit die Antragstellerin rügt, die Antragsgegnerin habe immer dann, wenn sich die Antragstellerin gegen vorbereitende Maßnahmen oder Tätigkeiten der Beigeladenen gewandt habe, einer „Salamitaktik“ folgend schrittweise Baugenehmigungen erteilt, um das Handeln der Beigeladenen legalisieren zu wollen, und habe ihre Bedenken nicht aufgenommen und sachlich geprüft, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich daraus eine Verletzung materieller Rechte der Antragstellerin ergeben soll. Gleiches gilt für ihren Vortrag, der Gestaltungsbeirat der Antragsgegnerin sei falsch informiert worden.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie auch im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
C. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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