Aktenzeichen 9 ZB 20.2336
Leitsatz
1. Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Es bezweckt, Missbrauchsversuchen begegnen zu können. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Umstand, dass im Außenbereich vielfach (privilegierte) landwirtschaftliche Hallen anzutreffen sind, hat nicht zur Folge, dass solche Gebäude damit zur natürlichen Eigenart der Landschaft gehörten. Diese wird vielmehr bereits dann iSd § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB von Gebäuden beeinträchtigt, wenn die vorhandene, ggf. auch kulturell überformte Landschaft nicht durch sonstige Eingriffe schon so in Mitleidenschaft gezogen ist, dass ein hinzutretendes Gebäude zu der Landschaftsinanspruchnahme nichts Wesentliches mehr beiträgt. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 4 K 18.1365 2020-08-25 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger, ein Nebenerwerbslandwirt, begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines bereits in Teilen errichteten „landwirtschaftlichen Gebäudes mit Sozialräumen im Außenbereich“, das als Maschinen- und Lagerhalle dienen soll.
Das Verwaltungsgericht hat seine (nach Ablehnung des Bauantrags durch das Landratsamt erhobene) Klage als unbegründet abgewiesen. Das Vorhaben sei genehmigungspflichtig. Die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB seien nicht erfüllt. Aufgrund des Augenscheins stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ein vernünftiger Landwirt gerade auch im Hinblick auf das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ein solches Vorhaben nicht errichtet hätte. Das Gebäude diene nicht ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken, sondern auch dem Aufenthalt von Menschen und könne jedem beliebigen Zweck zugeführt werden. Das für landwirtschaftliche Gerätehallen übliche Maß sei schon aufgrund der Bauweise (Errichtung der Außenwände mit Hohlziegeln) und der Höhe der gemauerten Wände überschritten. Zudem sei ein Sanitärbereich (mit Kanal- und Trinkwasseranschluss sowie Heizung) vorgesehen. Der Rohbau, bei dem noch eine Außenwand fehle, weise vier Fenster (davon zwei unmittelbar nebeneinanderliegend) sowie eine mit Rundbogen gemauerte Öffnung auf. Diese dienten offensichtlich der Belichtung und Belüftung und damit Aufenthaltszwecken. Es sei nicht erforderlich, dass ein Gebäude zur Unterbringung landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen auch für einen nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen geeignet sei. Als sonstiges Vorhaben (gemäß § 35 Abs. 2 BauGB) sei es aufgrund der Beeinträchtigung öffentlicher Belange (Verfestigung einer Splittersiedlung, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, sowie Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) nicht genehmigungsfähig.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltend. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in diesem Sinn bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 13.5.2020 – 1 BvR 1521/17 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.23 – juris Rn. 8). Das ist hier nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben formell (vgl. Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO) und materiell rechtswidrig ist. Die Voraussetzungen einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB liegen nicht vor und das nach § 35 Abs. 2 BauBG zu beurteilende sonstige Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
1.1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das geplante Vorhaben dem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb des Klägers nicht im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient. Der klägerische Einwand, die tatsächlich geplante Ausführung sei nicht nur objektiv sinnvoll und förderlich für die verfolgte Zweckbestimmung (Lagerhalle für Saatgut und für Getreide sowie landwirtschaftliche Maschinenhalle), sondern ein vernünftiger Landwirt hätte das Gebäude ebenfalls so errichtet, überzeugt nicht.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Vorhaben im Außenbereich nicht allein deshalb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert ist, weil der Bauherr im Nebenberuf Landwirt ist. Es muss vielmehr dem landwirtschaftlichen Betrieb auch „dienen“ (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2019 – 15 ZB 18.2106 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 1.12.2020 – 1 ZB 20.1282 – juris Rn. 6 f.). Bei der Auslegung dieses Merkmals ist der Grundgedanke des § 35 BauGB, dass der Außenbereich grundsätzlich nicht bebaut werden soll, zu beachten. Durch ihn wird die Privilegierung eingeschränkt. Ein Vorhaben „dient“ einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn es – auch äußerlich erkennbar – nach Verwendungszweck, Größe, Gestaltung, Ausstattung und sonstiger Beschaffenheit dem Betrieb zu- und untergeordnet ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.1985 – 4 C 71.82 – juris Rn.12). Dabei reicht es nicht aus, dass es für den Betrieb lediglich förderlich ist. Auf der anderen Seite muss das Vorhaben nicht unentbehrlich sein. Maßgeblich ist innerhalb dieses Rahmens, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Es bezweckt, Missbrauchsversuchen begegnen zu können. So sollen Vorhaben verhindert werden, die zwar an sich objektiv geeignet wären, einem privilegierten Betrieb zu dienen, mit denen aber in Wirklichkeit andere Zwecke verfolgt werden (BayVGH, B.v. 20.8.2019 – 15 ZB 18.2106 – a.a.O.; B.v. 1.12.2020 – 1 ZB 20.1282 – a.a.O., jew. m.w.N.). Wenn das Bauvorhaben aber tatsächlich den gegenwärtigen und auf Dauer absehbaren Betriebserfordernissen angemessen ist, kann die baurechtliche Zulässigkeit nicht allein deshalb verneint werden, weil die bloße – theoretische – Möglichkeit besteht, ein landwirtschaftliches Gebäude könnte irgendwann einmal in ein (nicht privilegiertes) Wohnhaus umgewandelt werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.1985 – 4 C 71.82 – juris Rn.13).
Gemessen an diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht das Merkmal des Dienens aus der Perspektive eines „vernünftigen Landwirts“ zu Recht verneint. Es ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung – unter Berücksichtigung von Verwendungszweck, Gestaltung, Ausstattung und sonstiger Beschaffenheit – nachvollziehbar davon ausgegangen, dass die konkrete Ausführung die üblichen und erforderlichen Standards einer Maschinen- und Saatgut- bzw. Getreidelagerhalle überschreitet. Dabei hat es nicht allein auf die theoretische Möglichkeit der Umwandlung in ein Wohnhaus abgestellt, sondern vielmehr im Ergebnis darauf, dass das Gebäude den gegenwärtigen und absehbaren Betriebserfordernissen nicht angemessen erscheint. Das Verwaltungsgericht hat bei der rechtlichen Beurteilung auch den richtigen Zeitpunkt zugrunde gelegt. Eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung ist nur begründet, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein Genehmigungsanspruch besteht (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – NVwZ 2012, 1631 = juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 16.11.2009 – 1 ZB 07.345 – juris Rn. 12; B.v. 27.3.2017 – 9 ZB 14.626 – juris Rn. 16), wobei die Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Zulassungsverfahren danach zu beurteilen ist, wie das Berufungsgericht voraussichtlich über den Streitgegenstand zu entscheiden hätte (BVerwG, B.v. 15.12.2003 – 7 AV 2.03 – NVwZ 2004, 183 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 16.11.2009 – 1 ZB 07.345 – a.a.O.; B.v. 19.3.2018 – 1 ZB 15.2574 – juris Rn. 3).
Dem setzt der Kläger nichts Durchgreifendes entgegen. Soweit er in der Zulassungsbegründung seine Motive für die (besondere) Bauweise, für die Ausführung der Fenster und der Tür sowie für die Einrichtung einer beheizbaren Nasszelle mit Dusche erläutert, vermag dies nicht zu belegen, dass ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung, Ausstattung und sonstiger Beschaffenheit für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Die Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzung liegt dabei grundsätzlich bei demjenigen, der sich auf die Privilegierung beruft (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.1998 – 4 B 100.98 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 30.3.2017 – 9 ZB 15.785 – juris Rn. 13; B.v. 20.8.2019 – 15 ZB 18.2106 – juris Rn. 21). Die massive und hochwertige Bauweise vor allem der Wände, die in voller Höhe (rund 3 m bis 4,40 m) aus Hohllochziegeln gemauert wurden bzw. werden sollen, mag zu einer erhöhten Beständigkeit sowie zu einer verbesserten Dämmwirkung führen. In der Zulassungsbegründung wird aber eingeräumt, dass solche Bauvorhaben heutzutage auch als Ständerkonstruktion mit Blechverkleidung ausgeführt werden. Das Vorbringen, alternative Bauweisen seien tatsächlich nicht billiger, sondern vielmehr teurer, überzeugt mangels konkreter Angaben nicht. Warum gerade aus Sicht eines (objektivierten) Nebenerwerbsbetriebs hier eine derart hochwertige Ausführung notwendig sein soll, ist mangels überzeugender betrieblicher Gründe nicht nachvollziehbar. Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren weist eine als Ständerkonstruktion mit Blechverkleidung errichtete Geräte- und Lagerhalle erfahrungsgemäß eine hinreichende Nutzungsdauer auf. Auf die abweichende subjektive Einschätzung des Klägers dazu kommt es nach dem zugrunde zu legenden Maßstab nicht entscheidend an. Soweit er ausführt, zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der Einbau der Nasszelle mit Dusche und Elektroheizung sinnvoll und erforderlich gewesen, weil er damals noch nicht „am Ort“ gewohnt habe, greift dies schon deshalb nicht durch, weil es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt. Er kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er bereit sei, das Vorhaben nachträglich zu ändern und auf die Dusche zu verzichten. Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Beurteilung ist das Vorhaben im Sinn von § 29 Abs. 1 BauGB, wobei es grundsätzlich Sache des Bauherrn ist, durch seinen Genehmigungsantrag den Inhalt festzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 1.12.2020 – 1 ZB 20.1282 – juris Rn. 7). Der Kläger hat hier ausweislich des Bauantrags vom 8. November 2017 und der vorgelegten Planzeichnung das landwirtschaftliche Gebäude „mit Sozialräumen“ zur Genehmigung gestellt, so dass nur dieses Vorhaben streitgegenständlich ist, nicht dagegen Abwandlungen. Weiterhin vermag er auch nicht überzeugend darzulegen, dass ein vernünftiger Landwirt den rund gemauerten Türsturz, der eine entsprechende Ausgestaltung der Tür erforderlich machen dürfte, so vorgesehen hätte. Gleiches gilt in Bezug auf die Anzahl und die Lage der Fenster. Die Ausführungen in der Zulassungsbegründung zu deren Notwendigkeit für Beleuchtung und Belüftung überzeugen angesichts der Lagerfläche von lediglich 80,18 qm, des breiten Tores im Süden sowie der separaten Tür im rückwärtigen Bereich nicht.
Bei einer Gesamtbetrachtung sprechen Gestaltung, Ausstattung und sonstige Beschaffenheit dafür, dass die im Zulassungsverfahren behauptete Zweckbestimmung nicht mehr ihre Entsprechung in dem objektiv vorhandenen Nutzungspotential des Gebäudes findet (vgl. BayVGH, U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 16), ohne dass es darauf ankommt, dass diesem noch kein „Wohnhauscharakter“ zukommen mag. Ein derartiges Vorhaben wäre aus Sicht eines verständigen Landwirts jedenfalls nicht in dieser Weise ausgeführt worden, was sich auch aus der fachlichen Einschätzung des Amts für Landwirtschaft Kitzingen vom 7. September 2017 (Behördenakte S. 39) ergibt. Die Stellungnahme kommt zum Ergebnis, dass die Art und Weise der Bauausführung weder als üblich noch als angemessen anzusehen ist. Durch die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme des Bayerischen Bauernverbands vom 22. Januar 2018 (Behördenakte S. 19), die im Wesentlichen nur pauschale Einschätzungen ohne nähere Begründungen enthält, wird diese fachliche Beurteilung im Übrigen nicht in Frage gestellt. Soweit dort der Einbau einer Dusche ausdrücklich mit dem Wohnort des Klägers in W. … gerechtfertigt wird, sind die Ausführungen – nach dessen eigenen Angaben – mittlerweile überholt, weil er „zwischenzeitlich am Ort“ wohnt.
1.2 Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulassung als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB ausgeschlossen ist, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und 7 BauGB).
1.2.1 Die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) ergibt sich daraus, dass auf den Flächen nördlich der vorhandenen Wohnbebauung die im Außenbereich zu schützende „naturgegebene“, landwirtschaftliche Bodennutzung vorherrscht. Der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zum Ausdruck kommende funktionale Landschaftsschutz, der angesichts des gesondert geschützten Landschaftsbilds keinen ästhetischen Schutz beinhaltet, verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung durch die Land- und Forstwirtschaft sowie als Erholungsraum zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen (nicht privilegierte) bauliche Anlagen abgewehrt werden, die dem Außenbereich wesensfremd sind, selbst wenn sie sich optisch unauffällig in die Umgebung einfügen sollten (vgl. BayVGH, U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 18 m.w.N.).
Der vom Kläger geschilderte Umstand, dass im Außenbereich vielfach (privilegierte) landwirtschaftliche Hallen anzutreffen sind, hat nicht zur Folge, dass solche Gebäude damit zur natürlichen Eigenart der Landschaft gehörten. Diese wird vielmehr bereits dann im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB von Gebäuden beeinträchtigt, wenn die vorhandene, ggf. auch kulturell überformte Landschaft nicht durch sonstige Eingriffe schon so in Mitleidenschaft gezogen ist, dass ein hinzutretendes Gebäude zu der Landschaftsinanspruchnahme nichts Wesentliches mehr beiträgt. Eine nicht privilegierte Maschinen- und Lagerhalle beeinträchtigt damit regelmäßig die natürliche Eigenart der Landschaft, wenn diese von baulichen Anlagen nicht schon durchsetzt ist (vgl. NdsOVG, B.v. 22.8.2011 – 1 LA 4/11 – juris Rn. 16). Das gilt auch hier, denn die Wohnbebauung grenzt nur im Süden an das Baugrundstück an.
Es liegt – entgegen dem klägerischen Einwand – auch kein Fall vor, in dem sich ein Vorhaben nicht in erheblicher Weise auf die Umgebung auswirkt. Die Errichtung eines nicht privilegierten Gebäudes steht dem Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft nur dann nicht entgegen, wenn es lediglich unerhebliche Auswirkungen auf die Umgebung hätte (vgl. BVerwG, U.v. 2.7.1963 – I C 110.62 – BayVBl 1964, 18; BayVGH, U.v. 8.4.2014 – 2 B 12.2602 – juris Rn. 29). Davon kann allerdings nicht ausgegangen werden, wenn es sich wie hier um einen massiven Baukörper handelt (Grundfläche von rund 10 m x 12 m, Höhe von etwa 3 m bis 4,40 m) und die umliegende Landschaft bis auf die südlich gelegenen Wohngebäude nicht bebaut ist (vgl. BayVGH, U.v. 8.4.2014 – 2 B 12.2602 – a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass die Landschaft in der Umgebung des Bauvorhabens bereits zersiedelt wäre, sind dagegen nicht ersichtlich.
1.2.2 Dem Senat erscheint auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht zweifelhaft, dass das klägerische Vorhaben den öffentlichen Belang der Verhinderung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) beeinträchtigen würde. Im angefochtenen Urteil wird zutreffend auf die bestehende Gefahr der Zersiedelung, die nicht nur bei der Errichtung von Wohngebäuden, sondern auch bei anderen mit dem Aufenthalt von Menschen verbundenen baulichen Anlagen besteht (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1976 – IV C 42.74 – juris Rn. 15; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2021, § 35 Rn. 104 m.w.N.), und auf die unerwünschte Vorbildwirkung des Gebäudes abgestellt.
Der Zulassungsantrag macht ohne Erfolg geltend, dass keine Splittersiedlung bestehe, weil das Bauvorhaben an eine (organische) Wohnbebauung anschließe. Der öffentliche Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB stellt auf die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung ab, wobei unter Entstehung ein Vorgang verstanden wird, der in Richtung auf eine Zersiedlung des Außenbereichs durch die Schaffung einer Splittersiedlung begründet ist, während der Begriff der „Verfestigung“ die Auffüllung des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereichs erfasst (Söfker, a.a.O. Rn. 106 m.w.N.). Selbst wenn daher keine Verfestigung einer Splittersiedlung droht, genügt es für die Beeinträchtigung öffentlicher Belange, wenn die Zulassung des ersten Vorhabens die Entstehung einer solchen Splittersiedlung bedeutet (vgl. BVerwG, B.v. 1.12.1967 – IV B 23.67 – Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 63; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 2 B 14.2817 – juris Rn. 37 m.w.N.). Ziel der Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ist es, einer Zersiedelung des Außenbereichs entgegenzutreten (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1976 – IV C 42.74 – juris Rn. 15). Dem entsprechend ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch die Ausweitung eines Ortsteils über den Bebauungszusammenhang hinaus in den Außenbereich als Vorgang einer siedlungsstrukturell zu missbilligenden Entwicklung öffentliche Belange beeinträchtigt (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1985 – 4 C 29.81 – DÖV 1985, 832 = juris Rn. 9; B.v. 11.10.1999 – 4 B 77.99 – juris Rn. 6). Gerade in den Ortsrandbereichen besteht ein anerkanntes öffentliches Interesse daran, jede vermeidbare Ausuferung der vorhandenen Bebauung zu verhindern (vgl. NdsOVG, U.v. 28.2.1994 – 6 L 3215/91 – juris Rn. 25). Dabei ist zu berücksichtigen, dass solche Vorhaben eine (möglicherweise noch nicht genau übersehbare) Vorbildwirkung besitzen, was zur Folge haben kann, dass noch weitere Bauten hinzutreten (vgl. Söfker, a.a.O. Rn. 107).
Die Gefahr einer Zersiedelung ist hier – entgegen dem Zulassungsvorbringen – auch konkret zu befürchten (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 2 B 14.2817 – a.a.O.). Der Einwand, dass keine gleich gelagerten Fälle zu erwarten seien, weil der Kläger die umliegenden landwirtschaftlichen Flächen größtenteils für seinen Betrieb nutze und weil in anderen Bereichen keine vergleichbare Erschließungssituation bestehe, greift nicht durch. Vielmehr könnte er selbst an der westlichen Grundstücksgrenze, entsprechend seiner im Juli 2016 formlos gestellten und nicht weiterverfolgten Bauanfrage (Behördenakte S. 1), weitere nicht privilegierte Vorhaben zur Genehmigung stellen. Bei der Frage einer Vorbildwirkung kommt es zudem nicht auf eine abschließende bebauungsrechtliche Prüfung zu befürchtender Folgevorhaben an (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2014 – 4 B 5.14 – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 2 B 14.2817 – a.a.O. m.w.N.). Vielmehr reicht es aus, dass die Gründe, die weiteren Bauvorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde, was hier auch in Bezug auf Vorhaben, die im Anschluss an das bestehende Baugebiet im Außenbereich verwirklicht werden sollten, der Fall wäre. Ziel ist es, mit der Versagung der Genehmigung bereits „den Anfängen zu wehren“ (vgl. BVerwG, U.v. 8.4.2014 – 4 B 5.14 – a.a.O.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013 und entspricht der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).