Baurecht

Erforderliche Abstandsfläche bei Erweiterung eines vorhandenen Baukörpers

Aktenzeichen  Au 5 S 16.856

Datum:
28.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 6 Abs. 6
BauGB BauGB § 34 Abs. 1

 

Leitsatz

Werden mehrere selbstständige Gebäude aneinander gebaut, so werden sie für die Anwendung des Art. 6 Abs. 6 BayBO als einheitlicher Gebäudekomplex betrachtet. Die Außenwände der Gebäude, die zur selben Seite des Gebäudekomplexes gehören, werden hiernach zusammengerechnet. Überschreiten die abstandsflächenrelevanten Teile einer derartigen Außenwand 16 m, so hat die gesamte Außenwand die Tiefe von 1 H einzuhalten, sofern sich die Abstandsfläche nicht auf das Nachbargrundstück erstrecken darf. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtschutzes gegen die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau einer Trocknungshalle für Betonwaren mit Lager und Büroräumen auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (…).
Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung …, in dessen nördlichem Bereich sich das Werksgelände der Firma … befindet.
Der Antragsteller ist Eigentümer des westlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks mit der Fl.Nr. … der Gemarkung …. Auf diesem Grundstück befindet sich neben einem vom Antragsteller selbst bewohnten Wohnhaus der vom Antragsteller geführte Spenglerei- und Installationsbetrieb.
Mit Formblatt vom 30. Dezember 2015 hat die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den im südlichen Grundstücksbereich des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … beabsichtigten Anbau einer Trocknungshalle für Betonwaren mit Lager und Büroräumen an das bestehende Werksgelände der Firma … beantragt. In der Baubeschreibung zum Bauantrag ist ausgeführt, dass mit dem Anbau eine gewerbliche Nutzfläche im Umfang von 1.110,55 m2 geschaffen werden soll.
Für die Grundstücke des Antragstellers bzw. der Beigeladenen besteht kein Bebauungsplan. Sie befinden sich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles der Stadt …. In der näheren Umgebung finden sich folgende Nutzungen: Gebäude mit Großflächen für Einzelhandel und Spielhalle, Einzelhandel, Gaststätte mit Wohnung, Geschäftsgebäude (Fahrradhandel), Bürogebäude (Versicherungsmakler; Wohnbaugeschäft; Bestatter), Gewerbebetrieb des Antragstellers (Heizung-, Sanitär- und Spenglerbetrieb), mehrere Wohngebäude, Werksgelände der Firma ….
Der Antragsteller hat die Baupläne der Beigeladenen nicht unterzeichnet.
Die Stadt … hat ihr gemeindliches Einvernehmen am 11. Januar 2016 als Angelegenheit der laufenden Verwaltung zum Bauvorhaben der Beigeladenen erteilt.
Die Beigeladene hat im Verwaltungsverfahren eine schalltechnische Untersuchung der Fa. …, …, zum Betrieb der Fa. … vom 13. August 2015 vorgelegt, die zusammenfassend zum Ergebnis gelangt, dass die reduzierten Immissionsrichtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) von 57 dB(A) und 42 dB(A) nachts an allen relevanten Immissionspunkten eingehalten werden. Das Betonwerk werde nur tagsüber betrieben. Am Immissionsort 1 (Wohnhaus des Antragstellers) errechnet sich nach dem Gutachten ein Beurteilungspegel von 49,5 dB(A) tagsüber. Nach Änderung der Süd-West-Fassade des geplanten Bauvorhabens hat die Firma …, …, mit Schreiben vom 20. August 2016 ergänzend ausgeführt, dass aufgrund der abgerückten Fassade der Beurteilungspegel sich um 0,2 dB(A) nochmals verringere. Nach Neugestaltung der Fassade würden die reduzierten Immissionsrichtwerte weiterhin eingehalten und sei das Bauvorhaben aus schalltechnischer Sicht genehmigungsfähig.
Auf die schalltechnische Untersuchung der Firma …, …, vom 13. August 2015 bzw. die Stellungnahme vom 20. Januar 2016 wird ergänzend verwiesen.
Mit Bescheid des Landratsamtes … vom 14. April 2016 wurde der Beigeladenen das Bauvorhaben „Neubau einer Trocknungshalle für Betonwaren mit Lager und Büroräumen“ auf Fl.Nr. … der Gemarkung … nach Maßgabe der am 30. März 2016 geprüften und revidierten Bauvorlagen unter Bedingungen, Auflagen und Hinweisen genehmigt. Gemäß Auflage 1 zum Immissionsschutz darf der Beurteilungspegel vom gesamten Betrieb der Firma … den reduzierten Immissionsrichtwert von 57 dB(A) am Wohnort des Antragstellers nicht überschreiten. Beim Bauvorhaben handle es sich um einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO). Der Bauantrag sei im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO geprüft worden. Für die immissionsschutzfachliche Beurteilung sei die schalltechnische Untersuchung der Firma … vom 13. August 2015 mit Ergänzung vom 20. Januar 2016 herangezogen worden. Das Vorhaben sei nach Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig. Es widerspreche nicht öffentlichrechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien, so- dass die Baugenehmigung mit den unter Ziffer 1 abgedruckten Vorgaben habe erteilt werden können (Art. 68 BayBO i. V. m. Art. 36 Abs. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Das Vorhaben füge sich insbesondere in die Umgebungsbebauung ein. Dies gelte für das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche. Die geplante Trocknungshalle sei genehmigungsfähig und führe in der beantragten Ausführung zu keiner bedeutenden Erhöhung der Schallimmissionen des Gesamtbetriebes.
Auf den weiteren Inhalt des Genehmigungsbescheides des Landratsamtes … vom 14. April 2016 wird ergänzend verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid am 13. Mai 2016 Klage erhoben und beantragt, den Baugenehmigungsbescheid vom 14. April 2016 aufzuheben (Az. Au 5 K 16.743). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2016 hat der Antragsteller im Wege einstweiligen Rechtschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheids des Landratsamtes … vom 14. April 2016 – Az. … – wiederherzustellen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich das Bauvorhaben aus bauplanungsrechtlicher Sicht nicht in die Umgebung einfüge. Es löse erhebliche bodenrechtliche Spannungen aus. Durch die neue Trocknungshalle für Betonwaren, die mit dem im nördlichen Teil des Betriebsgeländes der Firma … vorhandenen Bestandsgebäude baulich verbunden werde, entstehe ein massiver Baukörper, der wegen seiner Baumasse das Grundstück des Antragstellers geradezu einmauere und erdrücke. Diese Wirkungen würden zusätzlich dadurch verstärkt, dass der im nördlichen Bereich des Betriebsareals vorhandene bauliche Altbestand in nahezu seiner gesamten Länge direkt an die östliche Grenze des Grundstücks des Antragstellers gebaut sei. Durch die konstruktive Verbindung von Neubau und Altbestand entstehe von Süd nach Nord verlaufend zur östlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers eine nahezu geschlossene Riegelbebauung, die zum einen die bauliche Nutzung des Grundstücks des Antragstellers erheblich einschränke, insbesondere was die Belichtung der vorhandenen Räume an der Ostseite des Gebäudes des Antragstellers betreffe. Das Bauvorhaben sei mit diesem Umfang und dieser massiven Ausprägung an diesem innerstädtischen Standort in … bauplanungsrechtlich nicht zulässig; es füge sich nicht in die umgebende Bebauung ein. Es verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Antragsteller sei unter Würdigung der konkreten Umstände durch den grenznah entstehenden Gebäudekomplex in individualisierter Weise betroffen. Dem Gebot der Rücksichtnahme komme im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Prüfung des Vorhabens nach § 34 BauGB auch nachbarschützende Bedeutung zu, der Kläger sei also in seinen eigenen Rechten verletzt. Die bauliche Umgebung stelle sich als Mischgebiet im Sinne von § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO) dar. Mischgebiete dienten dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Durch den Bau der Halle und deren konstruktive Verbindung mit dem in Norden des Betriebsgeländes vorhandenen, auf die Grenze gebauten Altbestand erreiche der Betrieb eine Größe, die in dieser baulichen Umgebung erhebliche Probleme durch die vom Betrieb ausgehenden Lärmimmissionen verursachen. Bei dem Betrieb der Firma … handle es sich keineswegs um einen das Wohnen nur unwesentlich störenden sonstigen Gewerbebetrieb im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO. Durch die in diesem Gewerbebetrieb typischerweise ausgeübten Produktionstätigkeiten und den erheblichen Quellverkehr zu diesem Betrieb und von diesem Betrieb weg, würden für die Umgebung unzumutbare Störungen hervorgerufen. Eine Verletzung von Nachbarrechten ergebe sich auch hinsichtlich des Abstandsflächenrechts aus der BayBO. Wie sich aus den eingereichten Planvorlagen ergebe, nehme die Beigeladene das 16-m-Privileg aus Art. 6 Abs. 6 BayBO in Anspruch. Die gegliederte westliche Außenwand der Halle betrage 15,70 m und sei somit nicht länger als 16 m. Im konkreten Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass die neu zu errichtende Halle mit dem auf den Fl.Nrn. … und … der Gemarkung … vorhandenen Altbestand konstruktiv verbunden werde. Der Neubau werde bautechnisch in das vorhandene Gebäude hineingebaut. Durch diese bauliche Verbindung zwischen dem als Grenzbau realisierten Altbestand und dem Neubau entstehe eine einheitliche Wand, die die Westseite des gesamten Gebäudekomplexes entlang der Grenze zum Nachbargrundstück abschließe. Durch die fehlerhafte Anwendung des Art. 6 Abs. 6 BayBO sei der Antragsteller in seinen eigenen Rechten verletzt. Damit überwiege das Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung und der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage deutlich das Vollzugsinteresse.
Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 7. Juni 2016 wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. Juni 2016 wurde die Bauherrin zum Verfahren notwendig beigeladen.
Das Landratsamt … ist für den Antragsgegner dem Antrag mit Schriftsatz vom 20. Juni 2016 entgegengetreten und beantragt,
den Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abzulehnen.
Der Ansicht des Antragstellers, es handle sich bei der näheren Umgebung um ein reines Mischgebiet, könne nicht gefolgt werden. Die vorhandene Bebauung zeige deutlich ein starkes Maß an gewerblicher Nutzung mit gelegentlicher Wohnnutzung, so dass entweder ein Mischgebiet mit vorwiegend gewerblicher Prägung oder eine Gemengelage anzunehmen sein. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sei das beantragte Vorhaben unstreitig zulässig, nachdem der Gewerbebetrieb der Beigeladenen bereits bestehe und lediglich erweitert werden solle. Auch nach dem Maß der baulichen Nutzung sei das Bauvorhaben zulässig. Eine negative Auswirkung auf das städtebauliche Ortsbild sei nicht gegeben. Für die immissionsschutzfachliche Beurteilung werde auf das Gutachten der Firma …, …, verwiesen. Das Vorhaben sei aus immissionsschutzfachlicher Sicht genehmigungsfähig. Die in der Stellungnahme vom 20. Januar 2016 geforderten Auflagen zum Lärmschutz seien in die Genehmigung vom 14. April 2016 übernommen worden. Auch scheide eine Verletzung des Abstandsflächenrechts aus. Das 16-m-Privileg aus Art. 6 Abs. 6 BayBO könne vorliegend zur Anwendung gelangen. Das Vorhaben sei insgesamt bauplanungsrechtlich zulässig; die Vorschriften zu den Abstandsflächen seien bei der Planung beachtet worden. Der Bauherr habe daher einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung. Die Klage des Nachbarn sei zwar zulässig, aber nicht begründet. Der gestellte Eilantrag sei daher abzulehnen.
Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes des Landratsamtes … vom 20. Juni 2016 wird ergänzend verwiesen.
Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 23. Juni 2016 beantragt,
den Antrag kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Antrag sei zwar zulässig, aber unbegründet. Das Gericht habe bei der zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung die Interessen des Antragstellers, des Antragsgegners, der Beigeladenen und der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen. In Anwendung dieser Grundsätze ergebe sich im vorliegenden Fall ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Beigeladenen bzw. des Antragsgegners, hinter welches das Aussetzungsinteresses des Antragstellers zurückzutreten habe. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei insofern maßgebend, dass die angefochtene Baugenehmigung bei der in diesem Verfahren anzustellenden summarischen Prüfung keine subjektivöffentlichen Nachbarrechte des Antragstellers verletze. Unstreitig liege das Baugrundstück im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Nachbarschutz entfalte die Regelung des § 34 BauGB allenfalls im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung. Dabei könne dahinstehen, ob es sich vorliegend um ein faktisches Gewerbegebiet oder eine Gemengelage handelt. Im Rahmen einer Gemengelage gemäß § 34 Abs. 1 BauGB sei es zulässig, weil bereits ein Vorhaben gleicher Art vorhanden sei, welches zweifelsfrei auch prägende Wirkung habe. Von einem faktischen Mischgebiet könne nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben füge sich im Weiteren auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung ein, wobei dieser Parameter des § 34 BauGB per se nicht nachbarschützend sei. Wenn und soweit sich das Vorhaben im Sinne des § 34 BauGB in die nähere Umgebung einfüge, könne es zu keinen erheblichen bodenrechtlichen Spannungen führen. Soweit sich der Antragsteller auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots berufe und dies mit einer erdrückenden Wirkung bzw. einem Einmauerungseffekt des verfahrensgegenständlichen Vorhabens begründe, greife dies nicht durch. Regelmäßig sei für eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots dann kein Raum, wenn die Abstandsflächenvorschriften der BayBO eingehalten würden. Dies sei vorliegend auch der Fall. Überdies sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller selbst massive Grenzbebauung auf seinem Grundstück vorgenommen habe in Gestalt der Errichtung einer gewerblichen Halle. Zudem ende der Baukörper des verfahrensgegenständlichen Vorhabens deutlich vor dem Wohngebäude auf dem Grundstück des Antragstellers. Vom Vorhaben gingen auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen aus. Durch das Vorhaben sowie den Gesamtbetrieb auf dem Grundstück der Beigeladenen würden auf dem Grundstück des Antragstellers die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten. Eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften sei nicht festzustellen. Unstreitig halte das verfahrensgegenständliche Vorhaben auf der Westseite in einem Teilbereich die volle Abstandsfläche, im Übrigen Bereich die halbe Abstandsfläche gesichert ein. Soweit von der Anwendbarkeit der Regelabstandsflächen auszugehen sei, greife der Hinweis auf Art. 6 Abs. 6 Satz 3 BayBO nicht, wonach aneinander gebaute Gebäude wie ein Gebäude zu behandeln seien. Eine abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung von altem und neuen Wandteil sei nur dann vorzunehmen, wenn eine neu gestaltete, einheitliche Außenwand entstehe, die eine Gesamtbetrachtung erfordere. Der Eindruck einer einheitlichen Außenwand mit dem Bestandsgebäude werde dadurch unterbunden, das einerseits der Antragsteller im fraglichen Bereich selbst grenzständig angebaut habe und somit vom Süden seines Grundstücks die Außenwand des Bestandsgebäudes auf dem Grundstück der Beigeladenen gar nicht wahrnehmbar sei. Die Anwendung des 16 m-Privilegs sei zu Recht erfolgt.
Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 23. Juni 2016 wird ergänzend verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Verfahrens Au 5 K 16.743 sowie die vom Antragsgegner vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. April 2016.
Mangels aufschiebender Wirkung der Klage gegen die erteilte Baugenehmigung (§ 212a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), kann das Gericht der Hauptsache nach § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – BayVBl 1991, 720). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen als offensichtlich aussichtslos, so ist der Rechtschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2001 – 26 CS 99.2592 – juris Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 152 ff.).
Nach der im Rahmen des im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. April 2016 im Hinblick auf eine Verletzung nachbarschützender Rechte, auf die sich der Antragsteller allein berufen kann (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20), voraussichtlich erfolglos bleiben. Der mit der Klage angegriffene Bescheid vom 14. April 2016 erscheint bei vorläufiger Prüfung als rechtmäßig und nicht geeignet, den Antragsteller in seinen Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Im vorliegenden Fall kommt es für die Begründetheit der Klage in der Hauptsache nicht nur auf eine eventuelle objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14. April 2016 an. Vielmehr muss die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung den Antragsteller auch in nachbarschützenden materiellen Rechten verletzen (vgl. BayVGH, U.v. 23.11.2001 – 14 BV 10.1811 – juris Rn. 34). Dies ist im vorliegenden Fall bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache weder im Hinblick auf Normen des Bauplanungsrechts, noch hinsichtlich bauordnungsrechtlicher Vorschriften der Fall.
1. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens ist anhand der Regelung des § 34 BauGB zu beurteilen, da für das maßgebliche Gebiet kein qualifizierter Bebauungsplan besteht und sich das Baugrundstück nach Aktenlage innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile befindet.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre.
Entgegen der Rechtsauffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers dürfte die maßgebliche nähere Umgebung des Bauvorhabens – wie sie vom Antragsgegner gerichtlich unbeanstandet festgelegt worden ist (vgl. Behördenakte Bl. 25) -aufgrund der vorhandenen, wechselseitig prägenden Nutzungen keinem Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO entsprechen. Gegen die Annahme eines Mischgebietes spricht bereits der Umstand, dass in den vom Antragsgegner zutreffend gebildeten Rahmen sich nur ganz vereinzelte Wohnnutzungen finden, auf der anderen Seite jedoch großflächige Gewerbebetriebe, zu denen auch der Gewerbebetrieb des Antragstellers gehört, vorhanden sind. Ein Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO ist jedoch dadurch charakterisiert, dass die zulässigen Hauptnutzungen gleichwertig und gleichgewichtig, d. h. in einer qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung vorhanden sind (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.1988 – 4 C 34/86 – juris Rn. 18, 19; BayVGH, B.v. 16.10.2013 – 15 CS 13.1646 u. a. – juris Rn. 20; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 6 Rn. 1.1 und 1.3 m. w. N.). Da sich im maßgeblichen Beurteilungsrahmen nur untergeordnete Wohnbebauung befindet und es damit gerade an einem qualitativ gleichwertigen Durchmischungsverhältnis fehlt, geht die Annahme eines (faktischen) Mischgebiets fehl.
Die sich in der maßgeblichen näheren Umgebung befindlichen Nutzungen (vgl. Behördenakte Bl. 51) legen für die Kammer nach vorläufiger Einschätzung die Annahme einer Gemengelage nahe. Damit ist es aber für den Antragsteller ausgeschlossen, sich auf einen drittschützenden Gebietserhaltungsanspruch zu berufen. Ein solcher gibt den Nachbarn in demselben Baugebiet grundsätzlich die Möglichkeit, die Zulassung gebietsunverträglicher Nutzungen abzuwehren, auch wenn sie im Einzelnen für ihn noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung führt; der Gebietserhaltungsanspruch ist auch für ein faktisches Baugebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB anerkannt und besitzt insofern nachbarschützende Qualität (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 4 B 51/96 – juris Rn. 10). Im Rahmen einer bloßen Gemengelage im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Berufen auf den Gebietserhaltungsanspruch ausgeschlossen, da insoweit der für das Kriterium des „Sich-Einfügens“ maßgebliche Rahmen sich durch die tatsächlich vorhandenen Nutzungen bildet und diesen begrenzt. Da es sich im hier zu entscheidenden Fall ohnehin lediglich um einen Anbau/Erweiterung eines bestehenden bestandsgeschützten Gewerbebetriebes (Betrieb der Firma …) handelt, scheidet eine Verletzung des Antragstellers in drittschützenden Rechten hinsichtlich der Art der mit Bescheid vom 14. April 2016 genehmigten Nutzung von vornherein aus. Das vorhandene Bestandsgebäude der Firma … prägt insofern die Eigenart der näheren Umgebung maßgeblich mit, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sich auch das Gesamtvorhaben in seiner geänderten/erweiterten Form in diese Umgebung einfügt.
2.Soweit sich der Antragsteller nach seinem Vortrag darauf beruft, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksflächen gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, sind diese Einfügungsvoraussetzungen für sich betrachtet nicht drittschützend. Nachbarschutz gewährt in diesem Zusammenhang lediglich das im Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist demnach darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – juris Rn. 22). Nachbarrechte werden durch einen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB demnach nur dann verletzt, wenn unzumutbare Auswirkungen für das Nachbargrundstück entstehen (vgl. BayVGH, B.v. 14.6.2007 – 1 CS 07.265 – juris).
Im vorliegenden Fall sind zunächst im Hinblick auf eine mögliche Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme Lärmimmissionen durch das genehmigte Bauvorhaben zu berücksichtigen. Hierbei sind nicht nur die von der beantragten Erweiterung verursachten Immissionen, sondern die von der Gesamtanlage Betonwerk ausgehenden Immissionen zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2010 – 4 B 29/10 – juris; U.v. 15.11.1991 – 4 C 17.88 – juris Rn. 14). Die vom Vorhaben der Beigeladenen in seiner genehmigten Form möglicherweise ausgehenden Immissionen überschreiten die Grenze des dem Antragsteller Zumutbaren nicht. Die schalltechnische Untersuchung der Firma …, …, vom 13. August 2015 bzw. 20. Januar 2016 ist unter zutreffender Berücksichtigung der Immissionen aus der Gesamtanlage des Betriebes der Firma … zu dem Ergebnis gelangt, dass sich am Immissionsort des Antragstellers (Wohnhaus) ein Beurteilungspegel von 49,3 dB(A) errechnet, der den insoweit maßgeblich reduzierten Immissionsrichtwert von 57 dB(A) tagsüber deutlich unterschreitet. Dabei gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass die Firma … zugunsten des Antragstellers von reduzierten Immissionsrichtwerten für ein Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO ausgegangen ist (vgl. Nr. 6.1c TA Lärm). Selbst bei Annahme eines solchen Mischgebietes wird der maßgebliche Beurteilungsrichtwert von tagsüber 60 dB(A) bzw. reduziert 57 dB(A) in erheblichem Umfang unterschritten. Bei Annahme eines Gewerbegebietes (vgl. Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1d TA Lärm von 65 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts) wäre diese Unterschreitung nochmals größer. Bei wohl sachgerechter Annahme einer Gemengelage würde Nr. 6.7 der TA Lärm eine Zwischenwertbildung für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien nahelegen. Nach sämtlichen Betrachtungsweisen der TA Lärm unter Zugrundelegung der ermittelten Schallleistungspegel der Firma … bleibt für die Annahme einer Unzumutbarkeit zulasten des Antragstellers in immissionsschutzfachlicher Sicht kein Raum.
3. Darüber hinaus ist in tatsächlicher Hinsicht indiziert, dass auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt ist, wenn ein Bauvorhaben die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen einhält (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.1999 – 4 B 128/98 – NVwZ 1999, 879; BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris). In Bezug auf eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ist das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme vom Landesgesetzgeber in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften konkretisiert worden (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerfGE 94, 151 ff.).
Die Kammer ist der Auffassung, dass die Abstandsflächen, die im Verfahren nach Art. 60 BayBO zum Pflichtprüfprogramm gehören (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO), zum Grundstück des Antragstellers hin eingehalten werden. Der westlich zum Grundstück des Antragstellers ausgerichtete Baukörper braucht nicht durchgängig gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO als Tiefe der Abstandsfläche das Maß 1 H, ermittelt nach Art. 6 Abs. 4 BayBO, einzuhalten. Vielmehr kann für die Trocknungshalle für einen Teilbereich mit einer Länge von 15,96 m gegenüber dem Grundstück des Antragstellers das sogenannte 16-m-Privileg nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch genommen werden. Es genügt dort jedenfalls eine Tiefe von 0,5 H für die Abstandsfläche auf dem eigenen Grundstück.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die westliche Gebäudeseite des streitgegenständlichen Vorhabens insgesamt deutlich mehr als 16 m lang ist. Nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO genügt als Tiefe der Abstandsfläche 0,5 H „vor zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 m Länge“. Die Anwendung des 16-m-Privilegs an der westlichen zum Grundstück des Antragstellers gelegenen Grundstücksseite ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil diese Gebäudeseite insgesamt unstreitig länger als 16 m ist. Erforderlich ist insoweit nur, dass die Gesamtlänge aller Wandabschnitte einer Gebäudeseite, auf der die „volle“ Abstandsfläche nicht auf dem Baugrundstück selbst zu liegen kommt (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO), nicht mehr als 16 m beträgt (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2007 – 1 CS 06.3219 – juris Rn. 33 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann der Bauherr selbst entscheiden, vor welchen Wandabschnitten einer mehr als 16 m langen Gebäudeseite die „halbe“ Abstandsfläche aus Art. 6 Abs. 6 BayBO liegen soll. Dies gilt insbesondere für Gebäudeseiten, bei denen die Wand – wie hier – durch Vor- und Rücksprünge eine horizontale Gliederung aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris Rn. 30; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Eisenreich/Bauer, Die neue BayBO, Stand September 2015, Art. 6 Rn. 198 ff.; Molodovsky/Kraus in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand Mai 2016, Art. 6 Rn. 186, 191; Dhom/Franz in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2016, Art. 6 Rn. 350 m. w. N.).
Hintergrund der gesetzlichen Regelung in Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO ist es nämlich, dass den Nachbarn unter den Aspekten Belichtung, Belüftung, Besonnung, zugemutet wird, die Reduzierung des Grenzabstands auf bis zu 0,5 H auf einer Strecke von insgesamt bis zu 16 m zu akzeptieren. Ob bei einem größeren Gebäude jenseits dieser Länge die Einhaltung des erforderlichen Grenzabstandes von 1 H erreicht wird, ist für die nachbarlichen Belange hingegen irrelevant (vgl. zum Ganzen OVG MV, B.v. 27.1998 – 3 M 163/97 – BRS 60 Nr. 112 – juris Rn. 80).
Dies zugrunde gelegt, ist es der Beigeladenen möglich, für die horizontal gegliederte Außenwand auf einer Länge von 15,96 m das 16-m-Privileg aus Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO in Anspruch zu nehmen. Die übrigen, zum Grundstück des Antragsstellers hin ausgerichteten Außenwände halten auf einer Länge von 9,78 m bzw. ca. 2,50 m das gesetzlich geforderte Maß von 1 H unproblematisch ein.
4. Ein Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschrift in Art. 6 BayBO ergibt sich aber zugunsten des Antragstellers auch nicht dadurch, dass der mit Bescheid vom 14. April 2016 genehmigte Baukörper (Anbau/Erweiterung) mit dem auf dem Baugrundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … im nördlichen Grundstücksbereich vorhandenen Bestandsgebäude (Betonwerk) baulich verbunden ist. Die Kammer ist insofern der Auffassung, dass kein Fall von Art. 6 Abs. 6 Satz 3 BayBO vorliegt. Nach dieser Bestimmung sind aneinander gebaute Gebäude wie ein Gebäude zu behandeln. Werden demnach mehrere selbstständige Gebäude aneinander gebaut, so werden sie für die Anwendung des Art. 6 Abs. 6 BayBO als einheitlicher Gebäudekomplex betrachtet. Die Außenwände der Gebäude, die zur selben Seite des Gebäudekomplexes gehören, werden hiernach zusammengerechnet. Überschreiten die abstandsflächenrelevanten Teile einer derartigen Außenwand 16 m, so hat die gesamte Außenwand die Tiefe von 1 H einzuhalten, sofern sich die Abstandsfläche nicht auf das Nachbargrundstück erstrecken darf.
Art. 6 Abs. 6 Satz 3 BayBO gewährleistet, dass der Nachbar auch bei aneinander gebauten Gebäude die halbierte Tiefe der Abstandsfläche nur vor einer Wand hinnehmen muss, die insgesamt nicht länger als 16 m ist (vgl. BayVGH, Großer Senat, B.v. 21.5.1990 – GR S 2/1989 – BayVBl 1990, 498 ff.). Für die den Nachbarn begünstigende Wirkung des Art. 6 Abs. 6 Satz 3 BayBO ist erforderlich, dass durch die bauliche Verbindung eine einheitliche Wand entsteht, die eine Seite des Gebäudekomplexes abschließt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach natürlicher Betrachtungsweise (Dhom in Simon/Busse, a. a. O., Art. 6 Rn. 6 und 355).
Dies zugrunde gelegt liegt vorliegend keine einheitliche, zum Grundstück des Antragstellers ausgerichtete Außenwand vor. Nach den vorgelegten Bauplänen verhält es sich vielmehr so, dass die zum Grundstück des Antragstellers hin ausgerichtete Wand des Bestandsgebäudes einen deutlichen Abschluss findet, bevor diese beim Anschluss des Nebengebäudes zurückspringt und so optisch der Eindruck von zwei aneinander gefügten Gebäuden entsteht. Der beabsichtigte Rücksprung beim baulichen Ansatz des Nebengebäudes an das Hauptgebäude führt zu einer deutlich wahrnehmbaren Zäsur der Gebäude zueinander. Hinzu kommt, dass das neu geplante Gebäude zur Grenze des Antragstellers bereits deutlich zurückgesetzt ist. Die bisherige Außenwand des Bestandsgebäudes verläuft hingegen näher an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers und findet dort ihren baulichen Abschluss, bevor durch den Rücksprung der verfahrensgegenständliche Baukörper ansetzt. Gegen die Annahme einer einheitlichen Außenwand spricht auch die optische Gestaltung der Baukörper, die nach der vorliegenden Ansicht West klar zum Ausdruck bringt, dass nach Dachausrichtung, Giebelflächen und Wandhöhen optisch vom Vorliegen zweier Baukörper auszugehen ist, die lediglich in einem baulichen Verbund miteinander stehen. Gegen die Annahme einer einheitlichen Außenwand spricht weiter, dass im nördlichen Verlauf der Grenze zwischen dem Grundstück des Antragstellers und demjenigen der Beigeladenen die jeweiligen Gebäude grenznah ohne Abstand unmittelbar aneinander gebaut sind, so dass sich in diesem Bereich gar keine wahrnehmbare Außenwand bildet. Damit liegt auch vor dem Hintergrund und der Intention der Regelung in Art. 6 Abs. 6 Satz 3 BayBO gar keine Konstellation vor, die eine Anwendung des 16-m-Privilegs verbieten würde. Damit sind nach Auffassung des Gerichts voraussichtlich die Anforderungen des Abstandsflächenrechts gewahrt. Da sich dies bereits unter Annahme der erforderlichen Tiefe der Abstandsflächen von 1 H ergibt, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob vorliegend wegen der eventuell gebotenen Annahme eines (faktischen) Gewerbegebietes eine Reduzierung der Abstandsflächentiefe auf das Maß von 0,25 H, jedoch mindestens 3 m geboten ist (vgl. Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO).
5. Trotz Beachtung der baurechtlichen Abstandsvorschriften kann allerdings ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darin liegen, dass andere schützenswerte Belange, die nicht bereits durch die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften abgedeckt sind, in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein Nachbaranwesen durch die Außenmaße eines Bauvorhabens geradezu „erdrückt“, „eingemauert“ oder „abgeriegelt“ wird
oder weitergehende Einsichtsmöglichkeit in ein Gebäude geschaffen würden, die den sozialen Wohnfrieden erheblich stören. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – BVBl 1981, 928: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigen Nachbarhaus; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – NVwZ 1987, 34: 3 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 – 1 CS 08.2770 – BayVBl 2009, 751; B.v. 5.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlagen in Relation zur Nachbarbebauung.
Eine erdrückende Wirkung liegt bei summarischer Überprüfung von Sach- und Rechtslage voraussichtlich nicht vor. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem neu geschaffenen Baukörper auf dem Grundstück des Antragstellers der gewerbliche Sanitär- und Spenglereibetrieb gegenüber liegt. Das schutzwürdige Wohnhaus des Antragstellers befindet sich bereits deutlich vom Bauvorhaben abgesetzt in südwestlicher Richtung. Insofern ist eine nennenswerte Beeinträchtigung durch den Neubau der Trocknungshalle nicht zu erwarten. Soweit der Antragsteller an dieser Stelle auf die grenznahe Bebauung durch den entstehenden baulichen Verbund von Bestandsgebäude und verfahrensgegenständlichem Bauvorhaben verweisen lässt, ist dem zu entgegen, dass ein nicht unwesentlicher Teil des Bestandsgebäudes der Firma … mit den gewerblichen Bauten auf dem Grundstück des Antragstellers grenznah aneinander gebaut sind. Für den Antragsteller fehlt es auch insoweit an einer durchgängig wahrnehmbaren Außenwand auf dem Grundstück der Beigeladenen. Da sich gesamtbetrachtend auf den Grundstücken von Antragsteller und Beigeladener lediglich gewerblich genutzte Gebäude unmittelbar gegenüberliegen und zwischen diesen nach den Katasterauszügen auch eine größere räumliche Distanz liegt, ist eine Beeinträchtigung des Antragstellers im Sinne einer „erdrückenden“ Wirkung ausgeschlossen. Eine nennenswerte Beeinträchtigung des Wohngebäudes des Antragstellers selbst, welches südwestlich vom Bauvorhaben an der …er Straße gelegen ist, drängt sich für das Gericht nicht auf.
6. Im Hinblick auf eine Verletzung nachbarschützender Rechte, auf die allein sich der Antragsteller berufen könnte, erscheint nach summarischer Prüfung von Sach- und Rechtslage ein Erfolg der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. April 2016 unwahrscheinlich. Dies spricht für ein überwiegendes Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehbarkeit der ihr erteilten Baugenehmigung. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, das Interesse des Antragstellers an einer aufschiebenden Wirkung seiner Klage dennoch höher zu bewerten, sind nicht ersichtlich, so dass es bei der vom Gesetzgeber in § 212a Abs. 1 BauGB getroffenen Entscheidung zu verbleiben hat.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. April 2016 war daher abzulehnen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da sich die Beigeladene durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet bekommt (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 2 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei die Kammer in Anlehnung an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (BayVBl, Sonderbeilage Januar 2014) von einem Streitwert in der Hauptsache in Höhe von 10.000,00 EUR ausgegangen ist, der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes zu halbieren war (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).


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