Aktenzeichen 15 NE 16.2226
Leitsatz
1 Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Abwägungserheblich sind aber nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. (redaktioneller Leitsatz)
2 Dass bei der Abwägung die Belange der Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB), der sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), der Erhaltung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB) sowie der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB) unzureichend berücksichtigt worden seien, begründet eine Antragsbefugnis nicht, weil es sich hierbei allein um objektiv-rechtliche Belange der Allgemeinheit handelt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan „… – Erweiterung III Deckblatt Nr. 4“ des Antragsgegners.
1. Der Bebauungsplan erfasst die unbebauten Grundstücke FlNr. … und … Gemarkung W. und ersetzt den am 19. Dezember 1996 in Kraft getretenen Bebauungsplan „… – Erweiterung III Deckblatt Nr. 3“. Das „Deckblatt Nr. 4“ weist im Westen – anstelle der im „Deckblatt Nr. 3“ festgesetzten zwei Bauräume für ein Doppelhaus und zwei Dreispänner – östlich der Straße „H.-weg“ in L-förmiger Anordnung zwei Baufenster für insgesamt fünf Gebäude aus; im östlichen Teil der Grundstücke sind zwei weitere, aneinandergrenzende Bauräume festgesetzt, die nach der Planbegründung für ein Mehrfamilienhaus für „Alten- oder Singlewohnen“ bzw. für eine Ladeneinheit („Hofladen“) oder einen Gemeinschaftsraum für die Bewohner vorgesehen sind. In der Mitte der Grundstücke ist eine Verkehrsfläche mit der Zweckbestimmung „Private Erschließungsfläche für Fußgänger und Radfahrer“ (sog. A.) festgesetzt. Weiterhin sind im Plangebiet mehrere Flächen für Stellplätze und für Garagen und Nebenanlagen ausgewiesen. Die Zahl der Vollgeschosse ist mit Ausnahme des nordöstlichen Bauraums, innerhalb dessen lediglich ein eingeschossiges Gebäude zugelassen ist, auf zwei begrenzt. Die Grundflächenzahl und die Geschossflächenzahl sind auf 0,4 bzw. 0,6 festgesetzt. Die ursprüngliche Fassung des Bebauungsplans „… – Erweiterung III“, die am 12. September 1994 in Kraft getreten ist, sah auf den Grundstücken lediglich zwei Bauräume für jeweils ein Wohngebäude vor.
In seiner Sitzung vom 25. Januar 2016 hat der Marktgemeinderat des Antragsgegners den Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Bebauungsplans durch das „Deckblatt Nr. 4“ gefasst. Nach frühzeitiger Öffentlichkeitsbeteiligung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange billigte der Marktgemeinderat in seiner Sitzung vom 11. April 2016 den Planentwurf vom 27. Februar 2016. Dieser wurde in der Zeit vom 25. April bis 25. Mai 2016 öffentlich ausgelegt. Der Antragsteller erhob mit Schreiben 26. Februar und 4. Mai 2016 Einwendungen. Am 28. Juni 2016 beschloss der Marktgemeinderat nach Abwägung der Einwände der Bürger und Träger öffentlicher Belange das „Deckblatt Nr. 4“ als Satzung. Der Änderungsbebauungsplan wurde vom ersten Bürgermeister am 30. September 2016 ausgefertigt und am selben Tag ortsüblich bekannt gemacht.
2. Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. …, das im Osten außerhalb des Geltungsbereichs des „Deckblatts Nr. 4“ jenseits der Straße „A.“, aber innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans in seiner ursprünglichen Fassung liegt.
Am 7. November 2016 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan Normenkontrollantrag, über den noch nicht entschieden ist (Az. 15 N 16.2224). Zugleich begehrte er einstweiligen Rechtsschutz. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die einstweilige Anordnung sei dringend geboten. Im Fall der Verwirklichung des durch den Bebauungsplan zugelassenen Bauvorhabens würden irreversible Zustände geschaffen, die nicht nur den Antragsteller, sondern auch die Nachbarschaft beträfen, insbesondere im Hinblick auf den Wertverfall ihrer freistehenden Einfamilienhäuser. Der Antragsteller sei antragsbefugt. Durch die Verwirklichung des Vorhabens erfolge eine Beeinträchtigung seines Grundeigentums. Eine Abwägung mit seinen privaten Belangen habe offensichtlich nicht stattgefunden.
Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan führe zu einer übermäßigen Verdichtung und verletze das Abwägungsgebot. Bei seiner Aufstellung seien die öffentlichen Belange der Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen, die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung und die Belange der Erhaltung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile sowie der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbilds missachtet worden. Darüber hinaus verstoße der Bebauungsplan gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Ursprungsfassung sehe im Plangebiet nur zwei Wohneinheiten, das „Deckblatt Nr. 3“ acht Wohneinheiten jeweils mit Erd- und Dachgeschoss vor. Nunmehr würden fünf Wohneinheiten und eine weitere Wohnanlage mit sechs Wohnungen sowie ein Dorfladen mit jeweils zwei Vollgeschossen zugelassen. Sämtliche umliegenden Gebäude außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans wiesen nur ein Erd- und ein Dachgeschoss mit Kniestock auf. Auch hätten vier umliegende Nachbargrundstücke jeweils eine 2.585 m² große Grundstücksfläche; der Bebauungsplan lasse dagegen neun Wohneinheiten auf einer Fläche von 2.204 m² zu. Die Form der zugelassenen Gebäude sei kompakt und verwinkelt. Es entstehe ein massiver Baukörper, der die Abstandsflächen vollständig ausreize. Es entstehe der Eindruck einer undurchsichtigen Wand. Das Grundstück des Antragstellers werde erheblich in Mitleidenschaft gezogen, da auf der westlichen Seite ein Blick auf eine undurchsichtige Bauwand gegeben sei. Das Vorhaben füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Bebauungsdichte sei deutlich höher als bei den umliegenden Gebäuden und steche aus der Umgebung deutlich hervor. Aufgrund der zugelassenen zwei Vollgeschosse und der Dachneigung bis 34 Grad dürften die Gebäude über 8 m hinausragen. Dies sei deutlich höher als bei den Nachbargebäuden, die lediglich eine Traufhöhe von etwa 5 m aufweisen dürften. Die drei zugelassenen Baukomplexe bildeten einen Innenhof, der in der Nachbarbebauung sonst nicht vorhanden sei. Die Zahl der Stellplätze sei nicht ausreichend. Die Verkehrssituation verschärfe sich mit der Bushaltestelle und dem Umstand, dass vermehrt die öffentliche Straße als Parkmöglichkeit genutzt werden müsse. Mit der Errichtung des Dorfladens kämen ein Anlieferverkehr und ein an- und abfahrender Kundenverkehr hinzu.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den am 30. November 2016 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplan „… – Erweiterung III Deckblatt Nr. 4“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass der Antrag unbegründet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und auf die in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen.
II.
Der Normenkontrolleilantrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, darüber hinaus ist er unbegründet.
1. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist unzulässig, weil dem Antragsteller die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fehlt.
Nach dieser Bestimmung kann einen Normenkontroll(eil-)antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer – möglichen – Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. Ist im Verfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Abwägungserheblich sind aber nur private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An Letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2015 – 4 CN 5.14 – NVwZ 2015, 1457 Rn. 14; B.v. 30.11.2016 – 4 BN 16/16 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 32). Nach diesem Maßstab ist der Antragsteller nicht antragsbefugt.
a) Soweit er geltend macht, bei der Abwägung seien die Belange der Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB), der sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), der Erhaltung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB) sowie der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB) unzureichend berücksichtigt worden, sind zwar abwägungsrelevante Belange betroffen. Eine die Antragsbefugnis begründende mögliche Verletzung subjektiver Rechten des Antragstellers folgt daraus aber nicht, weil es sich hierbei allein um objektiv-rechtliche Belange der Allgemeinheit handelt, die das Eigentumsrecht des Antragstellers (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht berühren.
Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands, die im Bebauungsplan nach Art. 47 Abs. 2 Satz 2, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO festgesetzte Zahl der Stellplätze und Garagen werde den Verkehrsbedürfnissen im Plangebiet nicht gerecht. Auch insoweit handelt es sich um rein objektives Recht. Dass die Planung – auch unter Berücksichtigung der planerischen Vorbelastung durch die bisherigen Fassung des Bebauungsplans (vgl. dazu BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19/90 – BRS 55 Nr. 175 = juris Rn. 22; B.v. 14.6.2007 – 4 BN 21/07 – BRS 71 Nr. 3 = juris Rn. 7) – zu einem übermäßigen Parksuchverkehr oder zu einer mehr als nur geringfügigen Zunahme des Verkehrslärms vor dem Anwesen des Antragstellers führen würde (vgl. dazu BVerwG, B.v. 12.1.2015 – 4 BN 18.14 – ZfBR 2015, 271 = juris Rn. 20 ff.; VGH BW, U.v. 24.2.2016 – 3 S 1256/15 – juris Rn. 40), macht er selbst nicht geltend. Sowohl das „Bushäuschen“ als auch der ausgewiesene Bauraum für den „Hofladen“, durch den nach dem Vortrag des Antragstellers zusätzlicher Verkehr ausgelöst werden wird, befinden sich im nördlichen, sein Grundstück nicht berührenden Bereich des Plangebiets.
b) Die Möglichkeit, dass Rechte des Antragstellers wegen der aus den Festsetzungen des Bebauungsplans folgenden „Bebauungsdichte“ verletzt werden, scheidet ebenfalls aus.
Die sich aus den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BauNVO (zulässige Grundflächenzahl von 0,4, zulässige Geschoßflächenzahl von 0,6, zwei Vollgeschosse) ergebende Bebauungsdichte hat sich gegenüber der zuvor geltenden Fassung des Bebauungsplans („Deckblatt Nr. 3“) nicht erhöht. Gleiches gilt für die Zahl der Vollgeschosse („II“ statt bisher „I+D“), zumal Dachgeschosse grundsätzlich auch als Vollgeschosse errichtet werden können (vgl. Art. 83 Abs. 7 BayBO i.V. mit § 20 Abs. 1 BauNVO und Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayBO 1998). Dass die Festsetzungen zur Grund- und Geschossflächenzahl die Obergrenzen nach § 17 Abs. 1 BauNVO überschreiten, macht auch der Antragsteller nicht geltend. Soweit der Bebauungsplan mittels Baugrenzen (§ 23 BauNVO) zusätzliche Bauräume ausweist, ergibt sich daraus noch keine Zunahme der Baudichte, weil die Festsetzung eines Bauraums nichts darüber aussagt, welche Grund- oder Geschossfläche maximal zulässig ist, sondern nur etwas darüber, innerhalb welcher der festgesetzten Baugrenzen ein Baukörper situiert werden darf (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB, § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO). Soweit die Ausweisung der zusätzlichen Bauräume zu einer Erhöhung der Zahl der Wohneinheiten führt (fünf Einfamilienhäuser und ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen anstatt acht Reihenhäuser), ist dies unwesentlich und entspricht dem gesetzlichen Ziel, im Rahmen innerörtlicher Entwicklungsmöglichkeiten mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen und gerade auch Möglichkeiten der Nachverdichtung zu nutzen (vgl. § 1a Abs. 2 Satz 1, § 13a BauGB). Auf den Umstand, dass der Bebauungsplan in seiner Ursprungsfassung von 1994 auf den Grundstücken FlNr. 308 und 309 lediglich eine Bebauung mit zwei Einfamilienhäusern vorgesehen hat, kommt es nicht an.
Ein Gebot, dass die planende Gemeinde ein unbebautes Plangebiet hinsichtlich des Nutzungsmaßes, der Bauweise oder der überbaubaren Grundstücksflächen ebenso gestaltet wie die vorhandene Bebauung auf den umliegenden Grundstücken, wie es der Antragsteller offenbar annimmt, gibt es im geltenden Recht nicht. Insbesondere lässt sich ein solches Gebot weder aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ableiten, der eine Gemeinde schon innerhalb eines Plangebiets nicht verpflichtet, für alle Grundstücke im Plangebiet dieselben Festsetzungen zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 24.11.2010 – 4 BN 40/10 – juris Rn. 4), noch ergibt es sich aus dem vom Antragsteller als verletzt gerügten Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 BauGB. Dieses gilt schon seinem Wortlaut nach nur für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von (Einzelbau-)Vorhaben und ist für die Gemeinde bei der Überplanung einer Fläche durch einen Bebauungsplan nicht maßgeblich.
c) Auch eine mögliche Verletzung des bei der Abwägung zu wahrenden Rücksichtnahmegebots – mithin der Verpflichtung, der planenden Gemeinde, unzumutbare Beeinträchtigungen benachbarter Grundstücke zu vermeiden (vgl. BVerwG U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 = juris Rn. 14), wie die geltend gemachte erdrückende oder abriegelnde für die Bebauung auf dem Grundstück des Antragstellers, scheidet von vornherein aus.
Eine unzumutbare erdrückende oder abriegelnde Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – DVBl 1981, 928: zwölfgeschossiges Gebäude in Entfernung von 15 m zum Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – DVBl 1986, 1271: drei 11,50 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 6; VGH BW, U.v. 2.6.2015 – 8 S 1914/14 – NVwZ-RR 2016, 19 = juris Rn. 64). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer solchen Wirkung sind demnach die Höhe und Länge des Bauvorhabens sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes besteht grundsätzlich dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes oder wenn die Gebäude so weit voneinander entfernt liegen, dass eine solche Wirkung ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 30).
So verhält es sich hier. Die in Nord-Südrichtung auf einer Gesamtlänge von ca. 60 m Baukörper zulassende Planung besteht schon nicht aus einem einzigen Gebäudekomplex, sondern aus drei durch die geplante Verkehrsfläche des „A.“ mit zu pflanzenden Bäumen voneinander getrennten Gebäuden. Zudem liegt das Grundstück des Antragstellers leicht versetzt nur dem südlichen Teil des Plangebiets gegenüber. Der am nächsten zum Grundstück des Antragstellers festgesetzte Bauraum ist von seinem Wohngebäude (abgegriffen) ca. 30 m entfernt. Im Plangebiet ist ebenso wie auf dem Grundstück des Antragstellers eine zweigeschossige Bebauung („II“ bzw. „I +D“) zulässig. Eine maximale Höhe der Baukörper (§ 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ist auch auf seinem Grundstück nicht festgesetzt. Die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO) können zum Grundstück des Antragstellers ohne Weiteres eingehalten werden. Angesichts dieser Verhältnisse erscheint eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung der durch die Planung zugelassenen Gebäude auf das Anwesen des Antragstellers abwegig und scheidet offensichtlich aus. Das Interesse an einer Beibehaltung des infolge der bisher tatsächlich unbebauten Fläche freien Blicks nach Westen ist – zumal in innerörtlichen Lagen – kein schutzwürdiger, vom Eigentumsrecht des Antragstellers erfasster und damit abwägungsrelevanter privater Belang (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2009 – 1 N 08.1050 – juris Rn. 34 m.w.N.; OVG NRW, U.v. 1.12.2011 – 2 D 96/10.NE – juris Rn. 46).
d) Soweit sich der Antragsteller schließlich darauf beruft, dass der Bebauungsplan eine Wertminderung seines Grundstücks bewirken würde, kann auch dies seine Antragsbefugnis nicht begründen, weil mittelbar durch eine Planung bewirkte Verkehrswertminderungen bei umliegenden Grundstücken in der Abwägung nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.2.1995 – 4 NB 17.94 – BauR 1995, 499 = juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 16.5.2013 – 2 N 12.260 – juris Rn. 44).
2. Der Antrag ist auch unbegründet.
Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 12; B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 Rn. 4; BayVGH, B.v. 19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 17).
Nach diesem Maßstab ist der Antrag schon deswegen unbegründet, weil der Normenkontrollantrag, wie sich aus vorstehenden Ausführungen ergibt, mangels Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO voraussichtlich unzulässig ist. Darüber hinaus hat der Antragsteller die gebotene Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht glaubhaft gemacht. Selbst wenn man nämlich schon im vorläufigen Rechtsschutzverfahren annehmen würde, dass der Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben würde, weil der angegriffene Bebauungsplan unwirksam wäre, würde dies dem Normenkontrolleilantrags noch nicht zum Erfolg verhelfen, wie der Antragsteller offenbar meint. Dies ergibt schon der Wortlaut des § 47 Abs. 6 VwGO. Wie oben ausgeführt, ist der voraussichtliche Erfolg der Hauptsache zwar ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. Eine einstweilige Anordnung kann in diesem Fall aber nur dann ergehen, wenn der (weitere) Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – juris Rn. 12; B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 Rn. 4). Das kann etwa angenommen werden, wenn ein Antrag auf Erlass eines Vorbescheids zur Umsetzung des Bebauungsplans gestellt wurde und mit dem Erlass des Vorbescheids unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollhauptsacheverfahrens vollendete Tatsachen entstehen, die einen vom Antragsteller nachgesuchten Rechtsschutz leerlaufen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5/14 – juris Rn. 22). Der bevorstehende bloße Vollzug eines Bebauungsplans stellt hingegen grundsätzlich noch keinen schweren Nachteil in diesem Sinn dar (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 20; noch weiter gehend OVG NRW, B.v. 22.6.2016 – 10 B 536/16.NE – juris Rn. 3 ff.). Lediglich darauf hat sich der Antragsteller aber berufen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).