Baurecht

Festsetzung des Geschäftswerts für Notarkostenrechnung

Aktenzeichen  23 T 1483/17

Datum:
2.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 27054
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GNotKG § 36 Abs. 1, § 46 Abs. 1 u Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die notarielle Kostenrechnung vom 19. Mai 2017 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.
Den Antragstellerinnen wurde durch einen notariellen Vertrag des Notars … vom 15.05.2017 ein Grundstück in … von ihren Eltern geschenkt. Der Notar hat in seiner am 19.05.2017 ausgestellten Kostenrechnung hinsichtlich dieses Vertrages einen Geschäftswert in Höhe von 800.000,00 EUR zugrundegelegt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Kostenrechnung wird auf Anlage ASt 1 Bezug genommen.
Die Antragstellerinnen wenden sich gegen diese Festsetzung des Geschäftswertes. Sie begründen dies insbesondere damit, dass im Zuge eines Erbvertrages vom 30.07.2015, der ausschließlich die Immobilie …betraf, ein Geschäftswert von 455.000,00 EUR angesetzt wurde. Daneben berufen die Antragstellerinnen sich hinsichtlich der Ermittlung des zutreffenden Verkehrswertes der streitgegenständlichen Grundstücke auf ein Gutachten einer Steuerberatungsgesellschaft, das im schenkungssteuerlichen Kontext einen Wert von ca. 544.000,00 EUR ermittelt hatte. Daneben verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass der Großteil des Grundstückes sich im Außenbereich befinde und im Grundbuch als landwirtschaftliche Fläche eingetragen sei. Hierfür sei nach den örtlichen Vergleichswerten der Gemeinde … lediglich Werte zwischen 2,0 und 4,40 EUR pro Quadratmeter anzusetzen. Insgesamt sei somit ein Geschäftswert von ca. 550.000,00 EUR anzusetzen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Notar vorgenommene Festsetzung des Geschäftswertes auf 800.000,00 EUR erweist sich nicht als unzutreffend.
Wie alle Verfahrensbeteiligten zutreffend ausführen, bemisst sich die Festsetzung des zutreffenden Geschäftswertes hinsichtlich der hier betroffenen Grundstücke nach § 46 GNotKG. Hierbei sind vorrangig die Kriterien des § 46 Abs. 2 GNotKG heranzuziehen, da ein Verkehrswert gem. § 46 Abs. 1 GNotKG nicht feststeht. Auch im Rahmen des § 46 Abs. 2 GNotKG ist zu berücksichtigen, dass die Festsetzung des Verkehrswertes nicht nach einer starren mathematischen Formel vorgenommen werden kann, wie die Notarkasse in ihrer Stellungnahme vom 29. Mai 2018 Seite 2 (= Bl. 25 d.A.) zutreffend feststellte. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass die Kriterien in § 46 Abs. 2 GNotKG nur Ausgangspunkte der Bewertung sind. Es ist nach Beschaffenheit der Sache stets zu prüfen, ob Auf- oder Abschläge veranlasst sind. Die Ermessensausübung nach § 36 Abs. 1 GNotKG wird insoweit durch § 46 Abs. 2 GNotKG nicht ausgeschlossen. Es ist hinreichend, wenn die Kriterien eine Ableitung des Wertes ermöglichen (siehe Baumann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, § 46 GNotKG Rn. 10).
Insoweit, als die Antragstellerinnen eine Gebäudewertermittlung mit 360.830,80 EUR aufgrund der Brandversicherungswerte vorgelegt haben, ist dies für die Ermittlung des Wertes der Gebäude grundsätzlich ein geeigneter Anknüpfungspunkt. Insoweit, als die Antragstellerinnen im Rahmen der Bewertung des Grund- und Bodens von den Bodenrichtwerten ausgehen und diese obendrein für den weit überwiegenden Anteil des Grundstückes lediglich aufgrund der sehr geringen Werte für landwirtschaftliche Flächen ansetzen, ist der Auffassung der Antragstellerinnen nicht beizupflichten, dass hiermit zwingend der zutreffende Wert ermittelt wird.
Im Rahmen des § 46 Abs. 2 GNotKG wird keine höhere Wertigkeit hinsichtlich der unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten vorgegeben. Der Notar darf insbesondere auch gem. § 46 Abs. 2 Nr. 3 allgemeinkundige Tatsachen bei seiner Bewertung berücksichtigen. Amtsbekannt sind solche Tatsachen, die zwar nicht für jedermann offenkundig, aber für den jeweiligen Notar bzw. das jeweilige Gericht im amtlichen Zusammenhang bekannt und insoweit offenkundig sind (siehe Baumann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, § 46 GNotKG Rn. 20). In diesem Zusammenhang hat der Notar in seiner Stellungnahme vom 25.10.2017 Seite 4 unter Anführung seiner eigenen Erkenntnisse hinsichtlich der Nachbargrundstücke und des hier streitgegenständlichen Grundstückes ausführlich und nachvollziehbar darlegen können, dass er bei seiner Wertberechnung noch eher von sehr konservativen Faktoren ausgegangen ist und auch noch ein deutlich höherer Geschäftswert zu rechtfertigen gewesen wäre.
Auch insoweit, als man an der strikten Bewertung des überwiegenden Teils des Grundstücks als Außenbereich und Landwirtschaftsfläche festhalten wollte, ergibt sich nach den bereits vorbezeichneten Grundsätzen keine starre Verpflichtung, einen durchschnittlichen Bodenrichtwert als verbindlich anzusetzen. Der Notar … hat in seiner Stellungnahme darlegen können, dass das gesamte Ensemble im Zusammenhang zu bewerten ist. Eine Parkfläche, welche unmittelbar den streitgegenständlichen Gebäuden angeschlossen ist, ist insofern in ihrer Wertigkeit mit Sicherheit höher zu bewerten als eine reine Ackerfläche. Die vom Notar dargelegten Erkenntnisse decken sich auch mit den gerichtlichen Erkenntnissen hinsichtlich des Marktes für Immobilien in derart hervorragender Lage, wie die hier streitgegenständliche. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Gebäude sich in der äußerst privilegierten Lage mitten im weltbekannten Ort… befindet, was durch die Sackgassensituation und insbesondere auch das antragstellerseits als äußerst minderwertig betrachtete rückwärtige Parkland sich noch weiter verstärkt.
III.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst (vgl. Sikora, in: Korinthenberg, GNotKG, 20. Auflage 2017, § 127 Rn 52 ff).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben