Baurecht

Festsetzung eines Straßenausbaubeitrages

Aktenzeichen  M 28 K 18.5599

Datum:
19.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 20283
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5

 

Leitsatz

1. Wie weit eine Ortsstraße als öffentliche Einrichtung i.S. des Straßenausbaubeitragsrechts (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG) reicht, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck der tatsächlichen Verhältnisse. Maßgeblich ist, inwieweit sich die Straße als eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Dabei ist nicht auf Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder straßenverkehrsrechtlichen Regelungen, sondern auf die Straßenführung, Straßenlänge, Straßenbreite und die Straßenausstattung abzustellen (stRspr BayVGH  BeckRS 2014, 55891).  (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei gleichem Ausbauniveau mehrerer Anlagen können die entstandenen Kosten nach dem Verhältnis der jeweiligen Straßenflächen zueinander aufgeteilt werden. Ausgenommen sind nur für eine Anlage angefallene Kosten. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Berechnung der gewerblichen Nutzfläche im Verhältnis zu Wohnfläche eines Gebäudes zur Festsetzung eines erhöhten Ausbaubeitrages für gewerblich genutzte Grundstücke bleibt der Keller außer Betracht, nicht jedoch die der gewerblichen Nutzung dienenden sonstigen Räume (Eingangsbereich, Flur, Toiletten). (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2016 zum Grundstück mit der Flurnummer 282/27 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag in Höhe von 3.368,91 € übersteigt und die Klägerin insoweit zur Zahlung aufgefordert wurde. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 2016 zum Grundstück mit der Flurnummer 282/202 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag in Höhe von 1.532,62 € übersteigt und die Klägerin insoweit zur Zahlung aufgefordert wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.  Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4 zu tragen.
III.  Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der vollstreckende Beteiligte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Bescheide des Beklagten sind rechtswidrig, soweit darin Ausbaubeiträge festgesetzt sind, die einen Betrag in Höhe von 3.368,91 € hinsichtlich des Grundstücks mit der Flurnummer 282/27 sowie 1.532,62 € hinsichtlich des Grundstücks mit der Flurnummer 282/202 übersteigen und die Klägerin insoweit zur Zahlung aufgefordert wurde. Insoweit ist die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).
1. Der Beitragsbescheid der Beklagten beruht auf Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG i.V.m. der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 7. November 2002, zuletzt geändert mit Satzung vom 6. Dezember 2007 (ABS).
Die Gemeinden können gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG sollen für die Verbesserung oder Erneuerung von (u.a.) Ortsstraßen Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge zu erheben sind. Gemäß § 1 ABS „erhebt“ der Beklagte entsprechende Beiträge. Nach § 2 ABS sind beitragspflichtig solche Grundstücke, die aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme der jeweils hergestellten, angeschafften, verbesserten oder erneuerten öffentlichen Einrichtung – hier Ortsstraße – einen besonderen Vorteil ziehen können.
2. Die Beitragsbescheide des Beklagten sind teilweise rechtswidrig, weil die der Beitragsfestsetzung zugrunde zu legende Anlage fehlerhaft bestimmt worden ist.
Wie weit eine einzelne Ortsstraße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG reicht und wo eine andere Anlage beginnt, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 8; B.v. 30.1.2014 – 6 ZB 13.1011 – juris Rn. 4 jeweils m.w.N.) nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Dabei hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder straßenverkehrsrechtlichen Regelungen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise aus einem Blickwinkel am Boden, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung auszurichten. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme (BayVGH, B.v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 8).
Vorliegend beginnt die maßgebliche Verkehrsanlage zur vollen Überzeugung der erkennenden Kammer im Westen bei der Einmündung von der M … nimmt einen geraden Verlauf und endet im Osten am Wendehammer bei der Kirche. Dass die Anlage, wie der Beklagte meint, an der Kreuzung in Höhe der Flurnummern 282/63 und 282/65 abknickt und die weiterführende Anlage zur Kirche als unselbstständige Stichstraße Bestandteil der Anlage ist, kann, wie die vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder deutlich zeigen, nicht angenommen werden. Bei natürlicher Betrachtungsweise handelt es sich bei der Kreuzung um einen klassischen Einmündungsbereich, der an beiden Fahrbahnseiten trompetenförmig ausgestaltet ist. Gegen eine Fortsetzung der Anlage in einer Kurve Richtung Norden spricht auch die Straßenbreite der Verkehrsanlage. Diese wird nämlich in Richtung Osten nicht etwa schmaler, was ein Indiz für das Vorliegen eines unselbständigen Stichs darstellen könnte, sondern vielmehr breiter. Schließlich gibt es auch sonst keine optisch erkennbaren Merkmale (wie etwa verklammernde Gehwege oder ein trennender Graniteinzeiler), die für einen unbefangenen Betrachter den Eindruck vermitteln könnten, die Straße finde ihre Fortsetzung an dieser Stelle nicht – wie im Allgemeinen üblich – geradlinig, sondern knicke in Richtung Norden ab.
Bei einer Gesamtschau all dieser tatsächlichen Umstände ist davon auszugehen, dass der G* … in seiner Ost-West-Ausdehnung für die vorliegend streitbefangene Beitragsfestsetzung die maßgebliche Verkehrsanlage darstellt.
3. Die Ausbaubeiträge sind ferner hinsichtlich des zugrunde gelegten Ausbauaufwands (teilweise) rechtswidrig.
Dies gilt zunächst hinsichtlich des Aufwands, der für den Ausbau der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Anlage, die ebenfalls den Namen G* … trägt, angefallen ist. Insoweit war der Aufwand, wie aus den vom Beklagten vorgelegten Vergleichsberechnungen ersichtlich, zu kürzen. Es begegnet dabei grundsätzlich angesichts des gleichen Ausbauniveaus beider Anlagen keinen Bedenken, dass der Beklagte zur Aufteilung der für den Ausbau beider Anlagen entstandenen Kosten auf das Verhältnis der jeweiligen Straßenflächen zueinander abgestellt hat. Dabei sind allerdings solche Kostenpositionen gänzlich zu streichen, die ersichtlich nur für die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Anlage oder nur für die hier streitbefangene Anlage angefallen sein können. Dies betrifft vorliegend die Kosten der Grenzwiederherstellung für die Flurnummern 282/204 und 282/161 in Höhe von 351,36 €. Zudem sind die Kosten für die Reparatur eines Gartentors am Grundstück mit der Flurnummer 282/58 in Höhe von 327,37 € (brutto) in Abzug zu bringen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob solche Kosten grundsätzlich zum beitragspflichtigen Aufwand zu zählen sind, weil die Kosten jedenfalls nicht die hier streitige Verkehrsanlage betreffen. Ebenfalls in Abzug zu bringen sind hier die Grunderwerbskosten, da diese teilweise gar nicht den Ausbau des G* … betreffen, jedenfalls aber nur hinsichtlich der in West-Ost-Richtung verlaufende Anlage, die für das vorliegende Verfahren maßgeblich ist, zum beitragsfähigen Aufwand zählen.
Damit sind im Ergebnis von der mit Schriftsatz des Beklagten vom 29. April 2019 vorgelegten Aufstellung des Gesamtaufwandes in Höhe von 232.055,84 € zunächst ein Betrag in Höhe von 351,36 € für die genannte Grenzwiederherstellung sowie ein Betrag in Höhe von 327,37 € für die Reparatur des Gartentors in Abzug zu bringen. Der verbleibende Aufwand in Höhe von 231.377,11 € ist sodann im Verhältnis der Straßenflächen 51:49 aufzuteilen, wobei 49/100, mithin 113.374,7839 € auf die vorliegend relevante Anlage entfällt. Hinzuzuaddieren sind schließlich die Kosten des auf den G* … in Ost-West-Richtung entfallenden Grunderwerbs. Dabei ist von den im ursprünglichen Aufwand enthaltenen Grunderwerbskosten zunächst ein Betrag in Höhe von 1.140,48 € in Abzug zu bringen, da es sich insoweit um eine Fläche an der Nord-West-Ecke des Grundstücks FlNr. 282/02 handelt, die erkennbar nichts mit dem Ausbau der Verkehrsanlage zu tun haben kann. Die danach verbleibenden Grunderwerbkosten in Höhe von 23.731,26 sind zu 5/51 im Aufwand zu berücksichtigen, da von der erworbenen Grundfläche an der Ecke M* … …G* … nur 5 Quadratmeter auf die hier abgerechnete Verkehrsanlage entfallen. Der sich hieraus errechnende Betrag in Höhe von 2.326,59 € ist dem Aufwand der Ausbaumaßnahme zuzuschlagen, sodass sich ein Gesamtaufwand in Höhe von 115.701,3739 € errechnet.
Hiervon in Abzug zu bringen ist sodann der Gemeindeanteil in Höhe von 20%, mithin ein Betrag von 23.140,27478 €. Soweit die Klägerin hierzu rügt, der Beklagte habe den Gemeindeanteil fehlerhaft bestimmt, vermag sie hiermit nicht durchzudringen. Nach § 7 Abs. 2 ABS beträgt der Gemeindeanteil für die Kosten des Fahrbahnausbaus, der Beleuchtung und Entwässerung bei Anliegerstraßen 20%. Anliegerstraßen sind nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 ABS Straßen, die ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienen. Dass es sich beim G* … in der West-Ost-Achse nicht um eine Anliegerstraße handeln soll, ist nicht erkennbar, zumal die Anlage an ihrem Ende in einer Sackgasse endet. Soweit die Klägerin anführt, es sei erheblicher Verkehr zur sich in der Straße befindenden Kirche zu verzeichnen, handelt es sich dabei – entgegen der Annahme der Klägerin – gerade nicht um Durchgangs-, sondern um Anliegerverkehr. Nach alldem ist die Höhe der Eigenbeteiligung nicht zu beanstanden. Bei Abzug dieses Anteils errechnet sich sodann der für die Beitragsabrechnung maßgebliche Gesamtaufwand in Höhe von 92.561,09912 €.
Der Einwand der Klägerin, der Aufwand sei deshalb fehlerhaft ermittelt worden, weil ein zu geringer Kostenanteil auf das Wasserwerk entfallen sei, schlägt nicht durch. Zwar ist zutreffend, dass im Falle einer gleichzeitig mit der Straßenbaumaßnahme durchgeführten Kabel- oder Leitungsbaumaßnahme eine bei der Gemeinde eingetretene Kostenersparnis beiden Maßnahmen zugute zu rechnen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 33‚ Rn. 26 f.). Allerdings sind vorliegend beide Maßnahmen nicht gleichzeitig durchgeführt worden. Vielmehr hat das Wasserwerk die Erneuerung der Wasserleitungen bereits im Jahr 2011 durchgeführt und anschließend den Straßenkörper wieder verschlossen. Erst zwei Jahre später, nämlich im Jahr 2013, wurde dann der Ausbau der Straße durchgeführt. Insoweit hätte es einer Kostenbeteiligung des Wasserwerks an den Ausbaukosten der Straßen mangels eingetretener Kostenersparnis nicht bedurft. Erst recht ist dann aber der Aufwand nicht um einen (noch) höheren Kostenanteil zu kürzen.
Schließlich wurden auch die Ingenieurkosten zutreffend ermittelt. Auch insoweit wurde zu Unrecht zwar ein Kostenanteil für das Wasserwerk in Abzug gebracht. Allerdings wirkt sich auch dies zu Gunsten der Klägerin aus. Soweit sie zudem rügt, in den ersten Rechnungen des Ingenieurs sei der vertraglich vereinbarte Rabatt nicht berücksichtigt worden, hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ermäßigung nicht für diejenigen Leistungsphasen vereinbart worden sei, die vor Abschluss der Honorarvereinbarungen in Rechnung gestellt worden seien. Schließlich hat das Gericht auch keinen Grund zur Annahme, dass die Rechnung des Bauingenieurs nicht den Vorgaben der HOAI entsprochen haben könnte, zumal der Beklagte den dort genannten Betrag unstreitig tatsächlich geleistet hat.
Ebenfalls nicht durchzudringen vermag die Klägerin mit ihrer Vermutung, auch die Kosten der Herstellung des Parkplatzes an der Kirche seien im umgelegten Ausbauaufwand enthalten. Zwar legte sie einen Auszug eines Bautagebuchs der Firma G* … vor, wonach am 1. Juli 2013 am Parkplatz der Kirche und am Gehweg Arbeiten verrichtet worden sind. Dass die Kosten dieser Maßnahme in der Schlussrechnung der Straßenbaufirma zum Ausbau der Straße enthalten sind, vermochte die Klägerin jedoch nicht darzulegen. Das Gericht hat auch sonst keine diesbezüglichen Anhaltspunkte, dass dies der Fall sein könnte. Allein die Tatsache, dass dort Arbeiten der gleichen Baufirma vorgenommen worden sind, reicht insoweit nicht aus.
Im Ergebnis verbleibt es daher bei einem umlagefähigen Aufwand in Höhe von 92.561,09912 €.
4. Die Beitragsbescheide sind auch hinsichtlich der Verteilung des Aufwands teilweise rechtswidrig.
Dies gilt zunächst, soweit hinsichtlich der Grundstücke mit den Flurnummern 282/56 und 282/265 die Nutzungsfaktoren vertauscht worden sind. Die Verfahrensbeteiligten haben insoweit übereinstimmend erklärt, dass das Grundstück FlNr. 282/56 mit drei Vollgeschossen und das Grundstück mit der FlNr. 282/265 mit zwei Vollgeschossen zu berücksichtigen ist. Entsprechend errechnet sich für das das Grundstück mit der Flurnummer 282/56 eine beitragspflichtige Gesamtfläche von 512 qm, wohingegen die Flurnummer 282/265 mit einer Fläche von 585 qm zu berücksichtigen ist.
Zu berücksichtigen sind ferner die sich aus der Trennung der Anlagen ergebenden Eckvergünstigungen für die Grundstücke 282/63 und 282 /56.
Schließlich sind für die Grundstücke mit den Flurnummern 282/63, 282/102, 282/103 und 282/57 Nutzungsfaktoren in Höhe von jeweils 1,3 der Berechnung zugrunde zu legen. Insoweit hat die Beklagte zugestanden, mangels hinreichender Dokumentation der zum Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht dort bestehenden Gebäude vom Bestehen zweier Vollgeschosse auszugehen.
Nicht zu berücksichtigen sind demgegenüber die (vom Kläger erwähnten) Grundstücke mit den Flurnummern 282/35 und 282/61, die – ebenso wie die übrigen im Norden liegenden Grundstücke – nicht an der vorliegend abgerechneten Anlage gelegen sind. Gleiches gilt für das Grundstück mit der Flurnummer 282/9 östlich der Anlage. Dieses Grundstück wird von der K* … erschlossen und genießt keinen ausbaubeitragsrechtlich relevanten Vorteil des G* …, zumal es sich mangels Eigentümeridentität auch nicht um ein Hinterliegergrundstück des Grundstücks mit der Flurnummer 282/104 handelt.
All dies berücksichtigt errechnet sich vorliegend eine beitragsrechtlich relevante Gesamtfläche von 19.386,40 qm. Es ergibt sich hieraus ein Beitragssatz in Höhe von 4,77453 €, mithin 4,78 €.
5. Rechtmäßig ist die der Beitragserhebung zugrunde gelegte Fläche der klägerischen Grundstücke einschließlich der Nutzungsfaktoren. Streitig war insoweit ausschließlich der für das Grundstück der Klägerin mit der Flurnummer 282/27 angenommen Zuschlag wegen gewerblicher Nutzung gemäß § 8 Abs. 11 ABS und die deshalb unterbliebene Eckermäßigung (§ 8 Abs. 13 ABS). Dies ist indes von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Gemäß § 8 Abs. 11 ABS ist der Nutzungsfaktor eines zu mehr als einem Drittel gewerblich genutzten Grundstücks um 50% zu erhöhen. Bei einem mit einem Gebäude bebauten, gemischt genutzten Grundstück ist für den Vergleich der jeweiligen Nutzungsanteile maßgebend allein auf die Geschossflächen abzustellen, also auf die Flächen, die den in dem Gebäude ausgeübten Nutzungen zuzurechnen sind; die Freiflächen bleiben grundsätzlich außer Betracht (BayVGH, U.v. 8.6.2000 – 6 B 97.112 – juris, Rn. 28 f.; U.v. 8.3.2001 – 6 B 98.2837 – BayVBl. 2002, 469).
Nach den vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten Plänen und der Geschossflächenberechnung ist ersichtlich, dass das gewerblich genutzte Erdgeschoss des Anwesens mehr als ein Drittel der Gesamtfläche beträgt. Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich eingeräumt, dass das Erdgeschoss im maßgeblichen Zeitpunkt der Beitragsentstehung vollumfänglich und nicht, wie zuvor schriftsätzlich behauptet, nur noch teilweise gewerblich genutzt worden ist. Das Anwesen besitzt ausweislich der vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten Geschossflächenberechnung eine Geschossflächensumme von 451,23 qm, wobei das Kellergeschoss außer Betracht zu bleiben hat. Da es bei der Bestimmung des Artzuschlags nämlich um das Verhältnis zwischen Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung geht, ist in diesem Zusammenhang nur das Verhältnis der für diese Nutzungen aufgewendeten Gebäudeflächen maßgeblich (Driehaus, a.a.O., § 18 Rn. 64). Entgegen der Auffassung der Klägerin sind bei der Berechnung der gewerblich genutzten Flächen auch der Eingangsbereich, die Flure sowie die Toiletten des ausschließlich gewerblich genutzten Erdgeschosses einzubeziehen, da auch diese der gewerblichen Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss dienen. Damit wurde im maßgeblichen Zeitpunkt von einer Gesamtfläche von 451,23 qm eine Fläche von 166,85 qm, folglich mehr als ein Drittel, gewerblich genutzt, sodass der Nutzungsfaktor für dieses Grundstück um 50% zu erhöhen war und die Eckermäßigung gemäß § 8 Abs. 13 ABS zu entfallen hatte.
6. Insgesamt errechnet sich daher für das Grundstück der Klägerin mit der Flurnummer 282/27 ein Ausbaubeitrag in Höhe von 3.368, 91 €. Für das Grundstück der Klägerin mit der Flurnummer 282/202 ergibt sich ein Ausbaubeitrag in Höhe von 1.532,62 €. Die angefochtenen Bescheide sind daher rechtmäßig, soweit in dieser Höhe Ausbaubeiträge festgesetzt und die Klägerin zur Zahlung aufgefordert wurde. Soweit höhere Beiträge festgesetzt worden sind, sind die Bescheide aufzuheben.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin führen die genannten Fehler der Beitragsberechnung nicht zu einer Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide. Nach Art. 44 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt unter anderem dann nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erkennbar nicht erfüllt. Zwar ist die Beitragsberechnung des Beklagten teilweise fehlerhaft gewesen. Dies stellt jedoch weder einen besonders schwerwiegenden Fehler dar, noch ist dies bei Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig. Vielmehr führen die bereits dargelegten Berechnungsfehler zu einer Teilrechtswidrigkeit des Bescheides, der insoweit – wie aus dem Tenor ersichtlich – aufzuheben ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).


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