Baurecht

Gewerbliche Sammlung von Altpapier – Vergabe der flächendeckenden Sammlung von Papier, Pappe und Kartonagen im haushaltsnahen Holsystem mittels Altpapiertonne

Aktenzeichen  20 BV 16.8

Datum:
12.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 162415
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Nr. 4, § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 3, § 18 Abs. 5 S. 2,  Abs. 7, § 20
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 132 Abs. 2 Nr. 1, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 167
AEUV Art. 14, Art. 106 Abs. 2

 

Leitsatz

Die transparente und diskriminierungsfreie Vergabe der flächendeckenden Sammlung von Papier, Pappe und Kartonagen im haushaltsnahen Holsystem mittels Altpapiertonne durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger wird durch eine bestehende flächendeckende gewerbliche Sammlung im Holsystem unterlaufen. (Rn. 27)
1. Im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers muss auch bei einer bestehenden Entsorgungsstruktur durch eine gewerblichen Sammler ein Systemwechsel möglich sein. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Entsorgung von Haushaltsabfällen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, die von den lokalen Behörden in einer den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechenden Weise zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Kundenfreundlichkeit und Serviceorientierung stellen ebenso wie die Beteiligung am lukrativen Altpapiermarkt zur Quersubventionierung defizitärer Entsorgungsbereiche Belange dar, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Aufbau und Unterhaltung einer eigenen Entsorgungsstruktur verfolgen darf. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 C 8/14 2015-10-01 Urt BVERWG BVerwG Leipzig

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil der Untersagungsbescheid des Beklagten vom 6. September 2012 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn der klägerischen Altpapiersammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen entgegen.
1. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 18 Abs. 5 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Die Untersagung der gewerblichen Altpapiersammlung der Klägerin ab dem 1. Juli 2013 ist auf diese Vorschrift und nicht auf Satz 1 des § 18 Abs. 5 KrWG zu stützen, weil es sich bei der angegriffenen Maßnahme einheitlich um eine Untersagung mit Auslauffrist handelt. Danach hat die Behörde die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Der Sammlung der Klägerin stehen hier öffentliche Interessen entgegen, weil sie die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Beigeladenen als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger wesentlich beeinträchtigt, denn sie unterläuft die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG).
2. Die Untersagungsverfügung mit Nebenentscheidungen ist formell rechtmäßig. Die Einwände der Klägerin gegen die sachliche Zuständigkeit des Landratsamtes verfangen nicht. Dieses war zum Erlass der Untersagungsverfügung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich der Abfallentsorgung (Abfallzuständigkeitsverordnung – AbfZustV) i.d.F. vom 7. November 2005 (GVBl. S. 565), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Januar 2015 (GVBl. S. 5) i.V.m. Art. 29 Abs. 2 des Bayer. Abfallwirtschaftsgesetzes – BayAbfG sachlich zuständig. Dagegen bestehen im Hinblick auf die beim Landratsamt N. a.d. A. – B. W. vorhandene ausreichende personelle und sachliche Trennung der unteren (staatlichen) Abfallbehörde von dem Landkreis als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger unter den Gesichtspunkten des fairen Verfahrens sowie der Neutralität keine Bedenken (vgl. BayVGH, U.v. 11.5.2017 – 20 B 15.285 – juris Rn. 23 ff.; B.v. 24.7.2017 – 20 B 15.313 – juris Rn. 23 ff.). Denn beide Funktionen werden im Landratsamt N. a.d. A. – B. W. von zwei getrennten Sachgebieten wahrgenommen, die jeweils getrennten Abteilungen zugeordnet sind. Auch im Hinblick auf das Verfahren zum Erlass der Untersagungsverfügung ergeben sich keine Bedenken. In Anbetracht der Anhörung, die vor dem Erlass der inhaltsgleichen, zwischen denselben Verfahrensbeteiligten ergangenen Untersagung vom 25. Mai 2012 durchgeführt wurde, war keine erneute Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG erforderlich. Im Übrigen wäre sie auch nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG als nachgeholt zu betrachten, weil der Beklagte die Argumente der Klägerin im gerichtlichen Verfahren zur Kenntnis genommen und sich inhaltlich damit auseinandergesetzt hat.
3. Die Untersagungsverfügung ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig. Der Beklagte hat die gewerbliche Altpapiersammlung der ARGE nach der maßgeblichen Beurteilung im Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zu Recht untersagt, weil ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen (a)). Die hier maßgebliche Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG ist mit höherrangigem nationalen Recht sowie mit europäischem Unionsrecht vereinbar (b)). Im Sinne dieser Vorschrift liegt hier eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor, weil durch die Fortsetzung der klägerischen gewerblichen Sammlung die im maßgeblichen Zeitpunkt bereits erfolgte Vergabe der Entsorgungsleistung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers an ein drittes Unternehmen unterlaufen würde (c)). Der Untersagung stehen auch keine sonstigen rechtlichen Hindernisse entgegen, insbesondere ist der Vertrauensschutz für rechtmäßig durchgeführte Sammlungen (sog. Bestandssammlungen) gewahrt und die Untersagung ist auch im Übrigen verhältnismäßig (d)).
a) Der gewerblichen Altpapiersammlung stehen in dem für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 57; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris Rn. 24; U.v. 11.5.2017 – 20 B 15.285 – juris Rn. 21), d.h. hier im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen. Nach dieser Vorschrift sind gewerbliche Sammlungen sortenreiner Haushaltsabfälle – wie hier Abfälle der sog. PPK-Fraktion (Papier, Pappe, Kartonagen), im Wesentlichen also Altpapier – von der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG bestehenden Pflicht zur Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 20 KrWG) ausgenommen, soweit überwiegende öffentliche Interessen der konkreten Sammlung nicht entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen stehen nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG u.a. entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten gefährdet. Davon erfasst ist auch die Übernahme einer – wie im vorliegenden Falle – bisher durch einen oder mehrere gewerbliche Sammler im gesamten Entsorgungsgebiet rechtmäßig durchgeführten, flächendeckenden Sammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers muss auch bei einer bestehenden Entsorgungsstruktur durch einen gewerblichen Sammler ein wie vorliegend angestrebter Systemwechsel möglich sein. Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG ist eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten u.a. anzunehmen, wenn dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Dies wird insbesondere bei Vorliegen einer der Fallgruppen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 bis 3 KrWG vermutet.
Die wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin ergibt sich im vorliegenden Falle, in welchem der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, der bisher keine eigene Sammlung von Haushaltsabfällen der PPK-Fraktion im Holsystem durchgeführt hat, diese Sammlung durch Änderung seiner Abfallwirtschaftssatzung und Ausschreibung der Drittbeauftragung übernimmt, aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG. Denn die klägerische gewerbliche Sammlung würde die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb unterlaufen (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG).
b) Es bestehen keine Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Vermutungsregel des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG mit höherrangigem Recht. Soweit in der Literatur dagegen teilweise eingewendet wird, es handele sich um eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit gewerblicher Sammler, weil der „absolute“ Schutz der Ausschreibung und Vergabe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu einem „relativen Monopol“ des beauftragten Drittunternehmers führe (Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 36 f., 185 ff.; ferner Klement in Schmehl, GK-KrWG, § 17 Rn. 155 f.; Frenz in Fluck/Frenz/Fischer/Franßen, § 17 KrWG Rn. 179 f.), ist dem nicht zu folgen. Denn die Ermöglichung einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe der Verwertungs- und Entsorgungsleistungen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger stellt ein legitimes Allgemeinwohlziel dar. Dadurch wird, wie im vorliegenden Falle, erst ein diskriminierungsfreier und transparenter Wettbewerb hergestellt, wohingegen die ARGE bisher als einzige, das gesamte Entsorgungsgebiet abdeckende gewerbliche Sammlerin über ein faktisches Monopol verfügte. Bei der Entsorgung von Haushaltsabfällen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, zu deren Gunsten Art. 106 Abs. 2 AEUV die Geltung der vertraglichen Regelungen einschränkt, soweit die Anwendung dieser Vorschriften die Erfüllung der übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Nach Art. 14 AEUV tragen die Union und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Befugnisse dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können. Anhaltspunkte für diese Grundsätze und Bedingungen lassen sich dem Protokoll Nr. 26 zu Art. 14 AEUV entnehmen. Danach zählen hierzu insbesondere u.a. die wichtige Rolle und der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage, wie Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auf eine den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechende Weise zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind (Protokoll Nr. 26 über Dienst von allgemeinem Interesse in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.10.2012, ABl. C 326, S. 308, 1. Spiegelstrich). Damit stellt die Benutzerfreundlichkeit und Servicegerechtigkeit solcher Dienste einen vom Unionsrecht gebilligten Belang dar, welchen die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung des in Art. 106 Abs. 2 AEUV eingeräumten Einschätzungsspielraumes berücksichtigen dürfen. Diesen Umstand hatte der Gesetzgeber bei der endgültigen Formulierung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG im Blick (BT-Drs. 16/6052 S. 117; BT-Drs. 17/7505 S. 45; Bericht des Abg. Altmaier zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, Anlage 1 zum Stenografischen Bericht der 158. Sitzung v. 9.2.2012, S. 18996). Eine Sammlung von Altpapier im Holsystem mittels Papiertonne bedingt bei lebensnaher Betrachtungsweise jedoch, dass pro Haushalt lediglich eine Tonne dem Verbraucher zur Verfügung gestellt wird. Dies bedeutet, dass die Verantwortlichkeit für diese Papiertonne in der Regel, abgesehen von besonderen Konstellationen im Einzelfall, in die Hand eines Sammlers gegeben werden muss, jedenfalls soweit die konkurrierenden Sammlungen im gesamten Gebiet der entsorgungspflichtigen Körperschaft stattfinden sollen. Folglich stellt sich die Wettbewerbssituation hier so dar, dass eine gewerbliche Sammlung im Gebiet des Beigeladenen ohne weitere private Konkurrenz stattfindet und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger erst durch die Ausschreibung und Vergabe der Leistung an einen privaten Dritten möglichst wettbewerbsgerechte Voraussetzungen für die Sammlung von Altpapier verwirklicht. Denn es ist nicht ersichtlich, wie in einem Fall, wenn ein privater Dritter das Holsystem mittels Papiertonne quasi besetzt hält, weitere private Sammler in den Wettbewerb ohne Ausschreibung und Vergabe eintreten könnten. Demnach kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die von einem privaten Sammler gesammelte Altpapiermenge grundsätzlich an sich ziehen und über die öffentliche Ausschreibung und Vergabe des Holsystems den privaten Wettbewerbern am Markt zugänglich machen. Der Beigeladene muss sich nicht darauf verweisen lassen, etwa eine Haushaltsbefragung durchzuführen, welcher Haushalt sich für die kommunale Tonne entscheidet und welcher für die des privaten Sammlers (so aber wohl OVG Saarland, U.v. 12.1.2017 – 2 A 147/15 – AbfallR 2017, 125) und so eine parallele Sammlung des Altpapiers anzustreben. Dem europarechtlich geschützten Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit ist bereits durch die transparente und diskriminierungsfreie Ausschreibung Genüge getan (Plenarprotokoll 17/158, Anlage 2).
c) Durch eine Fortsetzung der gewerblichen Sammlung der ARGE ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Beigeladenen zu befürchten, weil sie die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG unterlaufen würde.
Die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG greift auch dann, wenn – wie hier – der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Entsorgungsleistungen nicht selbst erbringt, sondern ausschreibt und diese Ausschreibung durch gewerbliche Sammlungen erschwert oder unterlaufen würde (vgl. die amtliche Begründung, BT-Drs. 17/6052, S. 88). Dieses Kriterium, das seine endgültige Formulierung durch einen im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungsvorschlag erhalten hat, soll verhindern, dass durch die gewerbliche Sammlung eine diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb im konkreten Fall von vornherein erheblich erschwert oder nach Erteilung des Entsorgungsauftrags an einen Wettbewerber gar unterlaufen wird (vgl. Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, BT-Drs. 17/7505 S. 44, und Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, ebenda S. 3). Die Regelung schützt die wettbewerbskonforme Einbindung der privaten Entsorgungswirtschaft in die kommunale Aufgabenwahrnehmung und sichert so die „duale“ Entsorgungsverantwortung im Bereich der Entsorgung von Haushaltsabfällen ab. Sie gewährleistet damit einen fairen Interessenausgleich zwischen öffentlich-rechtlicher und privater Entsorgungswirtschaft (BT-Drs. 17/7505 S. 44; vgl. auch Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 184).
Die durch den Beigeladenen als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger mittlerweile erfolgte Vergabe würde durch eine Fortsetzung der gewerblichen Sammlung der Klägerin unterlaufen. Denn die Vergabe kann im Sinne dieser Vorschrift auch dadurch unterlaufen werden, dass ein gewerblicher Sammler, der sich nicht am Ausschreibungsverfahren beteiligt oder keinen Zuschlag erhalten hat, nun eine eigene Sammlung durchführt (Frenz a.a.O. Rn. 183; Karpenstein/Dingemann a.a.O. Rn. 188; Gruneberg in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, KrWG, § 17 Rn. 75). Eine solche Situation liegt hier vor, weil sich bei Fortsetzung der klägerischen Sammlung zwei flächendeckende Sammlungen im Holsystem im gesamten Entsorgungsgebiet gegenüber stehen würden. Der Beigeladene hat nach erfolgter Vergabe im Landkreisgebiet flächendeckend „blaue Tonnen“ an die Haushalte verteilt. Damit konkurrieren die ARGE und der Beigeladene um das gesamte haushaltsnah zu erfassende Altpapieraufkommen im Entsorgungsgebiet. Es ist daher nicht abzusehen, wie sich die einzelnen Haushalte verhalten werden, ob sie also ihr Altpapier weiter der von der ARGE bereit gestellten „grünen Tonne“ oder der „blauen Tonne“ des Beigeladenen überlassen werden. Damit besteht zum einen erhebliche Unsicherheit, ob die Altpapiermengen, auf welche die von dem Beigeladenen aufgebaute Entsorgungsstruktur ausgerichtet ist und mit denen das von dem Beigeladenen beauftragte Drittunternehmen rechnet, auch tatsächlich überlassen werden. Hierdurch kann ein erheblicher Anpassungsbedarf seitens der von dem Beigeladenen ins Werk gesetzten Entsorgungsstruktur entstehen, weil der Drittbeauftragte Ansprüche auf Vertragsanpassung bzw. auf Schadensersatz auf vertraglicher oder sonstiger Rechtsgrundlage geltend machen könnte. Zum anderen beeinträchtigt diese auch auf der Seite der Haushalte bestehende Unsicherheit die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der angebotenen Entsorgungsleistung. Dieses Kriterium, das auch in den Leistungsvergleich nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG einzubeziehen ist, stellt einen Belang dar, den die Mitgliedstaaten bei Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach dem Protokoll Nr. 26 zu Art. 14 AEUV (Protokoll Nr. 26 über Dienst von allgemeinem Interesse in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.10.2012, ABl. C 326, S. 308, 1. Spiegelstrich) berücksichtigen dürfen. Es ist daher in die Beurteilung einzubeziehen, ob die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich beeinträchtigt wird und damit eine Beschränkung der Grundfreiheiten gewerblicher Sammler nach Art. 106 Abs. 2 AEUV gerechtfertigt ist.
Die Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG steht – im Gegensatz zu den Fällen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG – nicht unter dem Vorbehalt, dass die gewerbliche Sammlung wesentlich leistungsfähiger ist, weil die entsprechende Einschränkung in § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG sich nach ihrem Wortlaut nicht auf die Nummer 3 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG bezieht (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – AbfallR 2017, 237). Diese Einschränkung des Leistungsvergleichs zwischen öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und privaten Sammlern wurde vom Gesetzgeber bewusst vorgenommen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah in § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG-E noch eine Gleichwertigkeitsprüfung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und dem privaten Sammler vor, die dazu geführt hätte, dass bei fehlender Gleichwertigkeit des öffentlichen Angebotes keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers hätte geltend gemacht werden können (BT-Drs. 17/6052 S. 17). Hierzu vertrat der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren die Auffassung, dass das Angebot des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers grundsätzlich höherwertiger sei. Die Angebote der gewerblichen Sammler lägen grundsätzlich nicht im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse, weil sie nur zeitlich und räumlich begrenzt seien und die privaten Anbieter auch nicht die sonstigen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers übernähmen, wie die Entsorgungsplanung, die Entsorgungssicherheit, die Abfallberatung etc. (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum KrWG-E, BT-Drs. 17/6052, S. 118). Die Bundesregierung wies in ihrer Gegenäußerung auf unionsrechtliche Bedenken hin (BT-Drs. 17/6645 S. 5). Die Ausschussempfehlung enthielt keine inhaltliche Änderung der vorgesehenen Gleichwertigkeitsprüfung. Diese fand durch die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses Eingang in die endgültige Gesetzesfassung (vgl. Bericht des Abg. Peter Altmaier, Anlage zum Stenografischen Bericht der 158. Sitzung am 9.2.2012, S. 18995). Damit wurde der Zweck verfolgt, die Ausschreibung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auch dann besonders zu schützen, wenn das Serviceangebot des gewerblichen Sammlers wesentlich leistungsfähiger ist; die Regelung soll insbesondere auch dem Schutz des vertraglich gebundenen Auftragnehmers Rechnung tragen. Dem Wettbewerbsgrundsatz sollte bereits durch die transparente und diskriminierungsfreie Ausschreibung Genüge getan sein.
Soweit die Klägerin meint, die Regelvermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG sei dadurch widerlegt, dass ihre Sammlung wesentlich leistungsfähiger sei, hätte sie im Übrigen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nach den allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast (Kopp/Schenke, VwGO, § 108 Rn. 11 ff.) ihre wesentlich höhere Leistungsfähigkeit darzulegen. Denn sie beruft sich darauf, dass die durch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG aufgestellte Vermutung widerlegt sei. Im systematischen Zusammenhang des § 17 KrWG handelt es sich bei dieser Vermutung um eine Konkretisierung der Ausnahme von der Überlassungspflicht für gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG. Der Beklagte hat insoweit nur darzulegen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vermutung vorliegen, hier das erhebliche Erschweren oder Unterlaufen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe durch die gewerbliche Sammlung. Der gewerbliche Sammler hat sodann darzulegen, dass zu seinen Gunsten die Ausnahme der wesentlich höheren Leistungsfähigkeit nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG vorliegt und damit die Vermutungswirkung ausgehebelt wird (Gruneberg in Jahn/Deifuß-Kruse/Brandt, KrWG, § 17 Rn. 79; teilweise a.A. Karpenstein/Dingemann in Jarass/Petersen, KrWG, § 17 Rn. 189 m.w.N.). Dies ist der Klägerin vorliegend nicht gelungen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat und wovon auch in Anbetracht des Vorbringens im Berufungsverfahren nicht abgerückt werden kann. Denn allein mit der – von dem Beigeladenen im Übrigen bestrittenen oder zumindest relativierten – negativen Entwicklung der Einnahmen seit der Übernahme der Altpapiersammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ist keine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit der Klägerin beziehungsweise der ARGE dargelegt. Diese Entwicklung dürfte sich vielmehr durch die Investitionskosten für den Aufbau des eigenen Holsystems erklären.
Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob sich eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin auch aus § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ergibt. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder dessen Beauftragter eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt, es sei denn, dass die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG). Zwar bestehen keine Zweifel daran, dass eine landkreisweite, flächendeckende Sammlung von Altpapier im Holsystem (sog. blaue Tonne), wie sie der Beigeladene hier anbietet, eine haushaltsnahe getrennte Erfassung und Verwertung in diesem Sinne darstellt. Insbesondere ist sie dem bisher vom Beigeladenen betriebenen und parallel zur nun eingerichteten haushaltsnahen Sammlung (Holsystem) noch weitergeführten Bringsystem (Wertstoffhöfe) überlegen, dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt der gemeinwohlorientierten Servicegerechtigkeit, die aus der Sicht aller privaten Haushalte im Entsorgungsgebiet des Beigeladenen zu beurteilen ist (§ 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG; vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/6052, S. 88 sowie das Protokoll Nr. 26 zu Art. 14 AEUV, ABl. C 326, S. 308, 1. Spiegelstrich). Allerdings ist bereits fraglich, ob das vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2016 (Az.: 7 C 4.15 – BVerwGE 155, 336) hierzu entwickelte Vergleichsmodell mit einer Irrelevanzschwelle auf den hier zu entscheidenden Fall der erstmaligen Einrichtung eines Holsystems durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger anwendbar ist (bejahend: OVG Saarland, U.v. 12.1.2017 – 2 A 147/15 – AbfallR 2017, 125), zumal es sich bei der Sammlung der Klägerin um eine zunächst rechtmäßig durchgeführte Sammlung, welche den Status quo prägt und den Anteil des Entsorgungsträgers am gesamten Sammelaufkommen anzeigt, handeln dürfte (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – BVerwGE 155, 336 = juris Rn. 55). Aber selbst wenn man die Sammelmengen des öffentlichen Trägers und aller gewerblichen Sammler gegenüberstellt (so wohl OVG Saarland, U.v. 12.1.2017 – 2 A 147/15 – AbfallR 2017, 125 = juris Rn. 55), bleibt fraglich, welche Sammelmenge bei einer geplanten Sammlung des öffentlichen Entsorgungsträgers anzusetzen ist. Geht man davon aus, dass durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin die gesamte Sammelmenge im Holsystem entzogen wird, so wäre offenkundig die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Irrelevanzschwelle überschritten. Dies würde bei der Sammlung von Altpapier aber bedeuten, dass im Falle der erstmaligen Errichtung eines haushaltsnahen Holsystems durch den öffentlichen Entsorgungsträger die bestehende private Sammlung zwingend zu untersagen wäre. Dies dürfte mit Art. 106 AEUV nur schwerlich zu vereinbaren sein, zumal hier der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger auch ohne Beteiligung privater Sammler durch die öffentliche Ausschreibung und Vergabe in der Lage wäre, das gesamte Altpapieraufkommen in seinem Entsorgungsgebiet abzüglich der Sammelmenge etwaiger gemeinnütziger Träger zu übernehmen. Geht man dagegen davon aus, dass der fiktive Marktanteil der geplanten Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bei der Annahme einer oder mehrerer paralleler privater Sammlungen zu prognostizieren ist, bewegt man sich auf dem Gebiet der Spekulation, jedenfalls hat der Beigeladene hierzu keine belastbaren Zahlen vorgelegt. Im Ergebnis kann es hier letztlich aber dahinstehen, ob neben den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG auch die der § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 2 KrWG vorliegen. Der Senat neigt allerdings dazu, dies zu verneinen.
d) Die Untersagung der klägerischen gewerblichen Sammlung ab dem 1. Juli 2013 ist auch verhältnismäßig.
Insbesondere wahrt die Maßnahme mit der eingeräumten Auslauffrist den Vertrauensschutz, welcher der Sammlung der Klägerin als bisher rechtmäßig betriebener Bestandssammlung nach § 18 Abs. 7 KrWG zusteht. Insoweit hatte der Beklagte eine Abwägung vorzunehmen, in welche die Belange der Klägerin mit dem ihnen gebührenden Gewicht einzustellen waren (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 63; ebenso schon BayVGH, B.v. 2.5.2013 – 20 AS 13.700 und 20 AS 13.771 – juris). Es handelt sich insoweit nicht um einen Bestandsschutz als einfach-rechtliche Konkretisierung der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG. Denn eine Genehmigung, die jedenfalls bei Ausnutzung im Rahmen der Gesetze einen solchen Bestandsschutz vermitteln könnte, wird im Anzeigeverfahren für private Sammlungen nach § 18 KrWG gerade nicht erteilt. Vielmehr konkretisiert § 18 Abs. 7 KrWG lediglich den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes als Bestandteil des Verhältnismäßigkeitsgebotes. Insoweit ist das Vertrauen der Klägerin auf weitere Durchführung ihrer rechtmäßigen Sammlung schutzwürdig. Das betroffene Schutzgut ist die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. In dieses Schutzgut wird durch die auf das Entsorgungsgebiet des Beigeladenen beschränkte, zeitlich aufgeschobene Untersagung im Wege einer Berufsausübungsregelung eingegriffen. Die Klägerin hat hingegen nicht substantiiert vorgetragen, dass aufgrund einer Existenzgefährdung in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen wird (Art. 14 GG). Da die Sammlung der ARGE bzw. ihrer Rechtsvorgänger bereits seit 1992 existierte, kommt dem Vertrauen auf Fortführung derselben im Landkreisgebiet auch ein hohes Gewicht zu. Dem gegenüber wurde durch das zwischen der ARGE und dem Beigeladenen abgeschlossene „Eckpunktepapier“ kein zusätzlicher Vertrauenstatbestand geschaffen, weil sich dieses auf einen beschränkten Zeitraum unter der Geltung anderer rechtlicher Rahmenbedingungen (KrW-/AbfG) bezog.
Dem steht auf der Seite des Allgemeinwohls, hier insbesondere der Interessen des Beigeladenen, zum einen das legitime Interesse gegenüber, durch Beteiligung am lukrativen Altpapiermarkt eine Möglichkeit der Quersubventionierung defizitärer Entsorgungsbereiche zu erhalten, zumal sich dies positiv auf die Höhe der finanziellen Belastung der entsorgungspflichtigen Haushalte und Unternehmen im Landkreisgebiet auswirken kann (vgl. die Wertung in § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG und Art. 106 Abs. 2 AEUV). Daneben stellen die Kundenfreundlichkeit und Serviceorientierung Belange dar, die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Aufbau und Unterhaltung einer eigenen Entsorgungsstruktur kraft seiner Aufgabenstellung als Unternehmen, das Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse anbietet, verfolgen darf (Art. 106 Abs. 2 AEUV, Protokoll Nr. 26 zu Art. 14 AEUV). Diesen Belangen werden zwei oder mehrere parallele, flächendeckende Altpapiersammlungen im Holsystem nicht gerecht. Diese öffentlichen Belange sind auch sehr hoch zu gewichten, zumal sie sogar einen Eingriff in unionsrechtliche Grundfreiheiten und in die Wettbewerbsordnung zu rechtfertigen vermögen. Dem gegenüber wird der Eingriff in das betätigte Vertrauen der Klägerin durch die Übergangsfrist abgemildert.
Die Untersagung ist auch im Übrigen verhältnismäßig. Aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG folgt, dass die Untersagung gegenüber anderen Maßnahmen – insbesondere nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG – die Ultima Ratio, also das letzte Mittel darstellt. Obwohl es sich um keine Ermessensvorschrift handelt, ist insoweit eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit auf der Tatbestandsebene vorzunehmen (BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 64). Diese führt hier jedoch nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Untersagung, weil ein praktikables milderes Mittel nicht ersichtlich ist. Insbesondere wären Auflagen oder Bedingungen, wie etwa mengenmäßige Beschränkungen der Sammeltätigkeit der Klägerin im Entsorgungsgebiet, mangels voraussehbarer Größenordnungen und effektiver Kontrollmöglichkeiten nicht praktikabel.
Nach alledem ist die Klage unbegründet, weshalb sie das Verwaltungsgericht zu Recht abgewiesen hat. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision war nach § 132 Abs. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben