Baurecht

Klage eines Drittbetroffenen gegen die Errichtung eines Erdwalls im vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet

Aktenzeichen  B 2 K 15.518

Datum:
28.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 45132
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 67 Abs. 2 S. 3, § 78 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 4
BayVwVfG Art. 28, Art. 45, Art. 73

 

Leitsatz

1. Amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts kommt eine besondere Bedeutung zu, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen und deshalb grundsätzlich ein weit größeres Gewicht besitzen als Expertisen von privaten Fachinstituten. (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein durch die fehlerhafte Wahl eines wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens nach § 78 Abs. 4 WHG anstelle der sonst erforderlichen Planfeststellung werden Rechte Dritter nicht verletzt. Vielmehr muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass bei einer Berücksichtigung der Belange eines klagenden Dritten, wäre er in einem Planfeststellungsverfahren angehört worden, die Planungsentscheidung in ihren Grundzügen in Frage gestellt worden wäre. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die angefochtene wasserrechtliche Zulassung verletzt keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.
Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG ist die Errichtung von Mauern, Wällen oder ähnlichen Anlagen quer zur Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmungen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt. Die zuständige Behörde kann jedoch Maßnahmen im vorgenannten Sinne nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG zulassen, wenn Belange des Wohls der Allgemeinheit dem nicht entgegenstehen, der Hochwasserabfluss und die Hochwasserrückhaltung nicht wesentlich beeinträchtigt werden und eine Gefährdung von Leben oder erhebliche Gesundheits- oder Sachschäden nicht zu befürchten sind oder die nachteiligen Auswirkungen ausgeglichen werden können.
Das Vorhaben der Beigeladenen befindet sich im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet des L.-baches und bedarf daher wegen des o.g. generellen Bauverbots von Anlagen in einem solchen Gebiet einer Ausnahme nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG. Ob eine solche Ausnahme hier erteilt werden konnte, hängt davon ab, inwieweit die Anlage wasserwirtschaftliche Folgen hat. Bei der Ermessensentscheidung nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG sind sowohl die wasserwirtschaftlichen Folgen für die Allgemeinheit als auch für die Betroffenen zu beachten (vgl. BayVGH, Urt. v. 14.02.2005, Az. 26 B 03.2579; BVerwG, Urt. v. 15.07.1987, Az. 4 C 56/83). Zwar steht bereits im Streit, ob den Vorschriften über die Freihaltung von Überschwemmungsgebieten überhaupt drittschützende Wirkung zukommt, weil diese jedenfalls nach alter Rechtslage allein dem Allgemeinwohl und nicht zumindest auch bestimmten Nachbarn im Sinne einer Betroffenheit dienten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.08.1972, Az. IV B 162.71). Unter dem Eindruck des Hochwasserschutzgesetzes 2005 stellt sich allerdings die Rechtsfrage, ob sich aus dem wasserrechtlichen Planungsverbot bzw. dem Genehmigungsvorbehalt in Überschwemmungsgebieten gemäß § 78 Abs. 4 WHG unter dem Gesichtspunkt eines grundsätzlich anerkannten wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebotes (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.07.1987, Az. 4 C 56/83) ein Abwehranspruch privater Dritter gegen die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für Planungen bzw. Bauvorhaben in Überschwemmungsgebieten ergibt. Auch spricht die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs den Hochwasserschutzbestimmungen drittschützende Wirkung mit Hinweis darauf zu, dass dies angesichts der neueren Entwicklungen des Wasserrechts (Einbeziehung auch privater Rechtsgüter in den Schutzzweck des gesetzlichen Hochwasserschutzes) und vor dem Hintergrund, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 32 WHG a. F. erging, angezeigt sei. Jedoch ist mit der Zulassung des gegenständlichen Erdwalls jedenfalls keine Verletzung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebotes auf Seiten der Klägerin verbunden.
Es fehlen Umstände, welche die Ermessensentscheidung des Landratsamtes Kronach, für das Vorhaben der Beigeladenen eine Ausnahme nach § 78 Abs. 4 Satz 1 WHG zu erteilen, fehlerhaft machen. Die Einwendungen und Befürchtungen der Klägerin sind durch das Wasserwirtschaftsamt Kronach als wasserwirtschaftliche Fachbehörde (vgl. Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG) sachverständig beurteilt worden. Die von Seiten der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren eingeholten hydraulischen Hochwasserabflussberechnungen des Ing.-Büros … wurden durch das Wasserwirtschaftsamt geprüft und für nachvollziehbar sowie plausibel befunden. In der mündlichen Verhandlung wurden die Ergebnisse dieser Begutachtung sowie die klägerseits eingeholte privatgutachterliche Stellungnahme durch den zuständigen Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes Kronach detailliert erläutert. Bereits mit Schriftsatz vom 13.08.2015 führte das Wasserwirtschaftsamt zu den von Klägerseite erhobenen Einwendungen aus, dass im vorliegenden Fall für beide betroffenen Gewässer, d. h. für den L.-bach und den S.-bach, jeweils der maßgebliche HQ100-Lastfall mittels zweidimensionaler hydraulischer Hochwasserabflussberechnung nachgewiesen worden sei. Die von Seiten des Ingenieurbüros … angewandte Berechnungsmethode entspricht nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes dem aktuellen Stand der Technik. Zudem sei das beauftragte Ingenieurbüro auf derartige Abflussberechnungen spezialisiert und bereits mehrfach für verschiedene Wasserwirtschaftsämter und das Bayerische Landesamt für Umwelt tätig geworden. Die zu berücksichtigenden HQ100-Abflussmengen seien dabei vom Wasserwirtschaftsamt mit hydrologischen Verfahren ermittelt und die Lastfallkombinationen vorgegeben worden. Die seitens der Klägerin kritisierten Lastfallkombinationen (HQ100 des Hauptgewässers [L.-bach] auf ein HQ20 des Nebengewässers [S.-bach] und umgekehrt) entsprechen nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes den Regeln der Technik und der gängigen Praxis. Damit sei für jedes betroffene Gewässer der jeweils maßgebliche HQ100-Lastfall berücksichtigt worden. Nach Auskunft des Vertreters der Wasserwirtschaftsamtes in der mündlichen Verhandlung würde eine gleichzeitige HQ100-Betrachtung (d. h. beide Gewässer führen gleichzeitig ein HQ100) ab dem Zusammenfluss ein noch größeres Hochwasser als ein HQ100 bedeuten, da die Hochwasserwellen bei zwei aus verschiedenen Bereichen kommenden Bächen niemals identisch seien. Eine gleichzeitige Überlagerung dieser Hochwasserscheitelwellen sei tendenziell kaum denkbar. Ein derartiges Ereignis entspreche dann nicht einem HQ100, sondern vielleicht einem HQ200 bis HQ500. Der Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes führt in der mündlichen Verhandlung weiter aus, dass aus den im Genehmigungsverfahren vorgelegten Plänen ersichtlich sei, dass sich durch den streitgegenständlichen Wall lediglich in einem Bereich von bis zu 70 m nordwestlich des Vorhabens Auswirkungen auf die Hochwasserstände ergeben würden. Eine Erhöhung der Wasserstände sei insbesondere im Bereich der Wiese südöstlich des Dammes und direkt zwischen Erdwall und Bachufer zu erwarten (vgl. gelbe Einfärbungen auf Bild 2 „Planzustand: Veränderung der Wasserspiegellagen gegenüber dem Istzustand bei HQ100“, Bl. 24 der Verfahrensakte). Da es sich insoweit um unbebaute Bereiche handele, seien diese Auswirkungen wasserwirtschaftlich nicht von Bedeutung gewesen. Bereits an einem im nördlichen Bereich eingezeichneten Punkt auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen (gelbe Einfärbung) betrage der Unterschied des Wasserstandes lediglich 1 cm. Hinsichtlich des klägerischen Betriebsgrundstückes seien nach Auskunft des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes keine Veränderungen infolge der Erdwallerrichtung ermittelt worden. Insoweit wird zudem auf Bild 2 des vorgenannten Planes „Überlagerungen der Überschwemmungsgrenzen HQ100 für den Ist- und Planzustand“ verwiesen, wonach an Punkt (5), d. h. im nordwestlichen Bereich des Betriebsgrundstückes der Beigeladenen, im Istzustand eine Überschwemmungsgrenze von 325,34 anzunehmen ist, während sich im Planzustand eine solche von 325,35 ergibt. Mithin stellen sich die Unterschiede infolge der Wallerrichtung bereits im nordwestlichen Bereich des Betriebsgrundstückes der Beigeladenen als marginal dar. Im Hinblick auf das ca. 500 m vom Vorhaben entfernt befindliche Grundstück der Klägerin sind auch insoweit keinerlei Auswirkungen zu erwarten. Zwar wendet die Klägerin nunmehr ein, dass sich infolge der Erdwallerrichtung negative Auswirkungen auf ihr Betriebsgrundstück jedenfalls bei kleineren Hochwässern ergeben würden. Jedoch führt der Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes aus, dass dies auszuschließen sei. Denn derartige kleinere Hochwässer des S.-baches könnten ebenfalls zu keiner Wasserspiegelerhöhung hinsichtlich des klägerischen Grundstücks führen. Entscheidend sei, dass sich infolge der Errichtung des gegenständlichen Walles keine Veränderung der Wassermenge des Baches abwärts des zugelassenen Vorhabens ergebe. Da die Wasserstände im Ist- und Planzustand nahezu identisch seien, habe der Damm insbesondere den Zweck kleinere, vom S.-bach ausgehende Hochwässer kontrollierter als bisher dem L.-bach zuzuleiten, wodurch sich ein gewisser Hochwasserschutz für das Betriebsgelände der Beigeladenen ergebe. Letztlich folge aus der Wallerrichtung lediglich, dass ein vermeintliches Hochwasser nunmehr vor, d. h. östlich des Dammes, dem L.-bach zugeführt werde, während es vor Errichtung des Erdwalles (breitflächig) weiter nordwestlich auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen in den Bach geströmt ist.
Dieser plausiblen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes kommt auch für das gerichtliche Verfahren besonderes Gewicht zu. So hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vielfach entschieden, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes eine besondere Bedeutung zukommt, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen und deshalb grundsätzlich ein weit größeres Gewicht besitzen als Expertisen von privaten Fachinstituten (vgl. BayVGH, Beschl. v. 02.05.2011, Az. 8 ZB 10.2312; Beschl. v. 31.08.2011; Az. 8 ZB 10.1961; Beschl. v. 17.07.2012, Az. 8 ZB 11.1285). Entsprechend den Angaben des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes kommt es infolge der Realisierung des geplanten Vorhabens nicht einmal zu einer geringfügigen Verschlechterung der Hochwasserabflusssituation gegenüber dem Status Quo im Bereich des klägerischen Grundstücks. Selbst wenn vorliegend eine Verschlechterung der Abflusssituation auftreten sollte, könnte die Klägerin, die sich mehr oder minder bewusst im Bereich des bereits im Jahr 1914 amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiet des L.-baches angesiedelt hat, nicht verlangen, dass das Wasserrecht sie vor allen Überschwemmungsgefahren schützt, die durch plankonforme Vorhaben weiter verschärft werden könnten. Vielmehr ist im Rahmen des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebotes allein maßgeblich, ob es infolge der genehmigten Maßnahme zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des klägerischen Betriebsgrundstückes kommt. Hierfür fehlen durchgreifende Anhaltspunkte. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass sich für das klägerische Anwesen die Hochwassergefahr in erheblicher Weise verschärft. Im Gegenteil nimmt das Wasserwirtschaftsamt unter Bezugnahme auf die Berechnungen des Ingenieurbüros … insgesamt eher eine positive Wirkung auf die Hochwasserrückhaltung und damit auf die Vorwarnzeit an. Zwar kommt es nach Einschätzung der Fachbehörde im Gewässerbett direkt unterhalb der Engstelle, bei der die Erdwallaufschüttung auf das L.-bachufer treffe, zu einer Zunahme der Hochwasserfließgeschwindigkeit. Allerdings würden sich in der nachfolgenden Gewässerstrecke und damit insbesondere am 500 m entfernt befindlichen klägerischen Anwesen keine Veränderungen ergeben. Denn das ankommende Hochwasser werde zunächst am Erdwall aufgestaut und eine gewisse Wassermenge zurückgehalten, so dass es zu einer Abflussverzögerung in die unterliegende Gewässerstrecke komme. Erst bei Rückgang des Hochwassers fließe die am Erdwall zurückgehaltene Wassermenge sodann zeitverzögert ab.
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem von Klägerseite vorgelegten Privatgutachten des Büros für Ingenieurbiologie und Wasserbau … und … GbR. Zwar werden insoweit Unzulänglichkeiten bzw. Mängel der Planunterlagen, des seitens der Beigeladenen eingeholten Gutachtens sowie der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes geltend gemacht. So wird u. a. moniert, dass die Verwallung losgelöst von anderen, dem Hochwasserschutz dienenden Bauwerken betrachtet und der Retentionsraumverlust höchst unvollständig berechnet worden sei. Insbesondere sei in unzulässiger Art und Weise die Beseitigung temporärer Ablagerungen in der Retentionsraumbilanz positiv berücksichtigt worden. Zudem würden landschaftspflegerische Bewertungen fehlen. Die Auswirkungen des Retentionsraumverlaustes auf die Hochwasserscheitel seien nicht dargestellt worden, weshalb die vorliegende hydraulische Berechnung verfahrensbedingt nicht nutzbar sei. Weiter wird geltend gemacht, dass die vorliegenden Unterlagen zur Planung und hydraulischen Berechnung einen genaueren Vergleich der Bestandssituation mit dem Planungszustand hinsichtlich der Hochwasserlagen nur eingeschränkt zulassen würden, da nur relativ grobe Differenzverhältnisse in den Übersichtplänen dargestellt worden seien. Auch würden die Planunterlagen keinen Regelquerschnitt des Walles enthalten, was Fragen im Hinblick auf seine Standsicherheit aufwerfe. Nach alledem treffe die klägerseits befürchtete Verschärfung der Hochwassersituation zu, da durch Retentionsraumverlust und Beschleunigung des Hochwasserabflusses an Fließgewässern der Spitzenabfluss von Hochwasserwellen zunehme. Insgesamt sind die Ausführungen des klägerischen Privatgutachters sehr allgemein und pauschal gehalten. Insbesondere dessen Fazit zur Richtigkeit der klägerischen Befürchtung beschränkt sich auf eine grundsätzliche Aussage, dass die Hochwassergefahr für Unterlieger bei Retentionsraumverlaust und Beschleunigung des Hochwasserabflusses an Fließgewässern generell steige. Eine Bezugnahme zu der konkret vorliegenden Situation am klägerischen Betriebsgrundstück findet nicht statt. Auch im Übrigen werden lediglich Fehler der Antragsunterlagen bzw. der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes geltend gemacht (u. a. fehlerhafte Retentionsraumverlustberechnung, Ansatz zu grober Differenzverhältnisse) ohne jedoch darzustellen, ob und inwieweit sich diese etwaigen Mängel negativ auf die Hochwassersituation am klägerischen Betriebsgrundstück auswirken können. Zudem ist aus den Antragsunterlagen (vgl. Plan auf Bl. 24 der Verfahrensakte) ersichtlich, dass die Veränderungen der Wasserspiegellagen (Bild 2), der Überschwemmungsgrenzen (Bild 3), der Fließgeschwindigkeiten (Bild 4 und 5) sowie der Strömungsverhältnisse (Bild 6) jeweils im Falle eines HQ100 im Ist- und Planzustand untersucht worden sind. Im Hinblick auf das klägerische Grundstück konnten insoweit keine Veränderungen durch die Wallerrichtung festgestellt werden. Die Untersuchungen des Ingenieurbüros … entsprechen nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes dem aktuellen Stand der Technik, sind nachvollziehbar und plausibel. Auch wurden sie von Seiten des klägerischen Privatgutachters im Hinblick auf die grundsätzliche Methodik nicht in Zweifel gezogen. Soweit das von Klägerseite vorgelegte Privatgutachten darüber hinaus das Fehlen landschaftspflegerischer Bewertungen rügt, ist bereits nicht erkennbar, weshalb dieser etwaige Mangel zu einer Rechtsverletzung der Klägerin führen sollte.
2.
Soweit ferner geltend macht wird, dass vorliegend in rechtswidriger Weise kein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden sei, führt auch dieser Umstand zu keiner Rechtsverletzung der Klägerin.
Zwar spricht einiges dafür, dass es sich bei dem gegenständlichen Erdwall um ein Deichbauwerk im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG handelt, dessen Errichtung einem Gewässerausbau gleichsteht und daher gemäß § 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung bzw. mangels Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. Bl. 29 des Beschwerdeakts, Anlage 1 zum UVPG Ziffer 13.13, § 3c Satz 1 UVPG) nach § 68 Abs. 2 WHG einer Plangenehmigung bedarf. Denn die künstliche, wallartige Erdaufschüttung mit befestigter Böschung dient augenscheinlich dem Schutz des Betriebsgeländes der Beigeladenen vor Überschwemmungen (jedenfalls bei kleineren Hochwässern). Auch dürfte nach den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamtes mit der Erdwallerrichtung eine örtliche begrenzte Einwirkung (im Wesentlichen auf das Betriebsgrundstück des Beigeladenen beschränkt) auf den Hochwasserabfluss einhergehen. Eine solche Beeinflussung ist zudem in der Regel gegeben, wenn sich Deichbauten in einem festgesetzten oder faktischen Überschwemmungsgebiet befinden.
Jedoch werden Rechte der Klägerin, auf die es im Rahmen der vorliegenden Klage allein ankommt, bloß durch die fehlerhafte Wahl eines wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens nach § 78 Abs. 4 WHG anstelle der sonst erforderlichen Planfeststellung nicht verletzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.05.1995, Az. 7 B 11.685, 7 B 116/85; BayVGH, Beschl. v. 04.07.1995, NVwZ 1996, 1128 m. w. N.). Vielmehr muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass bei einer Berücksichtigung der Belange des klagenden Dritten, wäre er in einem Planfeststellungsverfahren angehört worden, die Planungsentscheidung in ihren Grundzügen in Frage gestellt worden wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.02.1980, Az. 4 C 24/77; Kopp/Ramsauer, § 72 VwVfG, Rn. 44). Dritten steht mithin lediglich ein Anspruch auf Wahrung ihrer Rechte sowie auf fehlerfreie Berücksichtigung ihrer eigenen Belange zu. Eine solche Berücksichtigung kann aber auch in einem anderen Zulassungsverfahren erfolgen und setzt nicht notwendig ein Planfeststellungsverfahren voraus (vgl. BVerwG NVwZ 1991, 369; NJW 1992, 256).
Vorliegend fand zwar keine Anhörung der Klägerin im Rahmen des wasserrechtlichen Zulassungsverfahrens statt (Art. 73, 28 BayVwVfG). Allerdings wurde diese fehlende Anhörung jedenfalls im Rahmen des Klageverfahrens nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwfG nachgeholt und ist damit geheilt. Eine Rechtsverletzung kann die Klägerin hieraus folglich nicht mehr ableiten. Im Übrigen erscheint bereits zweifelhaft, ob es hier der Durchführung eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens überhaupt bedurft hätte oder ob nach den obigen Ausführungen die Erteilung einer Plangenehmigung (vgl. § 68 Abs. 2 WHG) in Betracht gekommen wäre. In letzterem Fall wären die Bestimmungen zum förmlichen Anhörungsverfahren nach Art. 73 BayVwVfG gemäß Art. 74 Abs. 6 Satz 2 Hs. 2 BayVwVfG bereits nicht anwendbar.
Zudem ist nach den Ausführungen unter 1. nichts dafür ersichtlich, dass die Zulassungsentscheidung im Falle einer Anhörung der Klägerin in Frage gestellt worden wäre. Eigene materiell-rechtliche Belange der Klägerin wurden nicht in rechtsfehlerhafterweise unberücksichtigt gelassen. Mit der Zulassung des Vorhabens ist kein unzumutbarer und damit rücksichtsloser Eingriff in das Eigentum der Klägerin (Art. 14 Abs. 1 GG) verbunden. Infolge der Realisierung des Vorhabens ergibt sich nach den vorliegenden Berechnungen und insbesondere den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamtes im Hinblick auf die Hochwassersituation am klägerischen Grundstück keine nennenswerte Veränderung gegenüber dem Status quo. Auch wären im Rahmen einer etwaigen Planfeststellung laut Auskunft des Vertreters des Wasserwirtschaftsamtes in der mündlichen Verhandlung von Beigeladenenseite keine weitergehenden hydraulischen Berechnungen gefordert worden. Vielmehr hätten die Gutachter auch in diesem Fall – entsprechend den fachlichen Vorgaben des Wasserwirtschaftsamtes – einen HQ100-Lastfall zugrunde legen müssen. Eine darüber hinausgehende Untersuchung geringerer Lastfälle (HQ10, HQ20 etc.) wäre mithin nicht verlangt worden, zumal der Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes auch insoweit nennenswerte Auswirkungen auf die Hochwassersituation des klägerischen Grundstücks ausschloss (vgl. Ausführungen unter Punkt 1). Rechtlich zwingende Vorgaben nach der BayWPBV (Verordnung über Pläne und Beilagen in wasserrechtlichen Verfahren) bestehen insoweit nicht; vielmehr obliegen Umfang und Bezugspunkte der einzuholenden Berechnungen der Einschätzung der Fachbehörde im konkreten Einzelfall.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da die Beigeladene sich nicht durch Stellung eines Antrags einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. Zivilprozessordnung – ZPO -.


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