Aktenzeichen Au 7 K 16.1461
WHG WHG § 5 Abs. 1, § 39
BayGO BayGO Art. 61, Art. 62
BGB BGB § 426
Leitsatz
1 Für die ordnungsgemäße Ausübung des Entschließungsermessens, ob überhaupt Kosten für Feuerwehreinsätze geltend gemacht werden, genügt in der Regel der Verweis auf das haushaltsrechtliche Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nach Art. 61, 62 BayGO. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Verursachung einer Gefahr durch Naturvorgänge lässt die Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers bzw. des Inhabers der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück grundsätzlich nicht entfallen. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Vorschriften über die Gewässerunterhaltung gegenüber der Zustandshaftung des Eigentümers als vorrangige und abschließende Regelungen anzusehen sind. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die nach Art. 28 Abs. 3 S. 1 BayFwG zum Kostenersatz Verpflichteten stehen grundsätzlich ohne Rangverhältnis nebeneinander. Die anordnende Behörde kann grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will und es diesem überlassen, bei dem oder den mithaftenden weiteren Gesamtschuldner(n) einen Ausgleich nach § 426 BGB zu suchen. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
I.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, da die Beklagte gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (BayFwG) für den geleisteten notwendigen technischen Hilfsdienst Kostenersatz verlangen kann (nachfolgend unter 1.) und die Klägerin gemäß Art. 28 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt. BayFwG zum Kostenersatz verpflichtet ist, da sie die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt hat, zwar nicht verursacht hat, aber zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr verpflichtet war (nachfolgend unter 2.). Die Haftung ist auch nicht durch eine eventuell gleichzeitig bestehende Verpflichtung des Freistaats Bayern zur Beseitigung der Baumteile, die sich auf dem Radweg und unter der Brücke befanden, deswegen ausgeschlossen, weil diesem hier die Gewässerunterhaltung der … obliegt (nachfolgend unter 3.). Der Geltendmachung der Kosten steht auch Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG (Billigkeit) nicht entgegen (nachfolgend unter 4.). Die geltend gemachten Kosten sind auch der Höhe nach angemessen (nachfolgend unter 5.).
Rechtsgrundlage für die Kostenerhebung ist Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2. Alt. BayFwG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 2 Abs. 1 der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen der Freiwilligen Feuerwehren der Beklagten vom 1. August 2014 (im Folgenden: Feuerwehrkostensatzung).
1. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BayFwG können die Gemeinden für sonstige Einsätze im technischen Hilfsdienst, mit Ausnahme der Einsätze oder Tätigkeiten, die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen und Tieren dienen, Ersatz der notwendigen Auslagen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen ihrer Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) entstanden sind.
a) Unstreitig handelt es sich sowohl beim Einsatz vom 4. August 2016 (Beseitigung der Äste über dem Radweg) als auch beim Einsatz vom 6. August 2016 (Beseitigung von Baumteilen unter der … bei …str. …) um technischen Hilfsdienst im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayFwG, für den die Gemeinde nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG Kostenerstattung verlangen kann, da diese Einsätze offensichtlich nicht der Rettung oder Bergung von Menschen und Tieren dienten.
b) Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen, also ob sie überhaupt die Kosten der Feuerwehreinsätze geltend macht, ordnungsgemäß ausgeübt. Auch wenn Art. 28 Abs. 1 und 2 BayFwG nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 17.4.2008 – 4 C 07.3356 – juris Rn. 9; U.v. 14.12.2011 – 4 BV 11.895 – juris Rn. 35) kein sog. intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall festlegt, genügt im Rahmen des Ermessens der Verweis auf das haushaltsrechtliche Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nach Art. 61, 62 der Bayer. Gemeindeordnung (GO), wenn wie hier besondere Umstände, die es angezeigt erscheinen lassen, auf den Kostenersatz zu verzichten, nicht gegeben sind. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass und warum sie für die beiden Feuerwehreinsätze Kostenersatz geltend macht.
2. Die Klägerin ist gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG zum Ersatz der Kosten für die von der Feuerwehr der Beklagten vorgenommene technische Hilfeleistung verpflichtet, da sie die Gefahr, die zum Einsatz der Feuerwehr geführt hat, zwar nicht verursacht hat, aber zur Beseitigung der Gefahr verpflichtet war (Art. 28 Abs. 3 Nr. 1, Alt. 2 BayFwG.
Eine Verursachung im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. BayFwG liegt dann vor, wenn jemand die Gefahr durch Handeln oder Unterlassen unmittelbar herbeigeführt hat (Handlungsstörer). Anhaltspunkte für ein Handeln der Klägerin, das zum Umfallen des Baumes geführt haben könnte, liegen offensichtlich nicht vor. Ebenso fehlen konkrete Hinweise dafür, dass die Klägerin gegen eine auf Grund besonderer Rechtsnorm bestehende Verpflichtung verstoßen hat und dies – durch Unterlassen – zu der eingetretenen Gefahr geführt hat.
Die Klägerin war aber im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. BayFwG als Zustandsstörerin im sicherheitsrechtlichen Sinn zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahren, nämlich zum Entfernen der Äste vom Radweg (Einsatz vom 4.8.2016) und zum Entfernen der Baumteile unter der Brücke (Einsatz vom 6.8.2016) verpflichtet, weil sie Eigentümerin des Grundstücks ist, von dem aus der Baum über die … gefallen ist.
a) Der umgestürzte Baum wuchs am Ufer des katastertechnisch erfassten, aber grundbuchmäßig nicht gebuchten Flurstücks FlNr. … der Gemarkung, bei dem es sich um ein oberirdisches Gewässer erster Ordnung (…) handelt. Eigentümer des Flurstücks FlNr. … sind die Eigentümer der jeweiligen Uferflurgrundstücke (siehe Flurstücks- und Eigentümernachweis, ALKIS-Datenbestand vom 11.7.2016, Bl. 20 der Akte der Beklagten). Im Bereich des umgestürzten Baums grenzt das Grundstück der Klägerin, Fl.Nr. … der Gemarkung, an die …. Damit ist die Klägerin auch Eigentümerin des Flurstücks FlNr., und zwar bis zur Mitte der, da das gegenüberliegende Ufer nicht in ihrem Eigentum steht (vgl. § 4 Abs. 5 Wasserhaushaltsgesetz/WHG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 Bayerisches Wassergesetz/BayWG). Da sich die Wurzeln des Baumes auf dem Flurstück … und/oder auf dem landseitig angrenzenden Grundstück FlNr. … befunden haben (müssen), welche beide im Eigentum der Klägerin stehen, war sie damit auch Eigentümerin des Baumes (§ 94 Abs. 1 BGB).
b) Die Klägerin war als Eigentümerin des umgestürzten Baumes (Grundstückseigentümerin) und als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt damit Zustandsverantwortliche im Sinne des Art. 9 Abs. 2 LStVG, da von dem Zustand dieser Sache bzw. der Veränderung des Zustands dieser Sache eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstanden ist. Im vorliegenden Fall ist durch das Umfallen des Baumes quer zur … der gegenüberliegende Radweg (vor dem Anwesen …str. …) durch Äste der umgefallenen Weide blockiert worden, was den Feuerwehreinsatz vom 4. August 2016 erforderlich machte. Durch abgeschwemmte Baumteile der umgestürzten Weide wurde der Wasserabfluss unter der Brücke (im Bereich des Anwesens …str. …) behindert, was den Feuerwehreinsatz vom 6. August 2016 erforderlich machte. In der mündlichen Verhandlung wurde durch die Aussagen des Kommandanten der FFW, Herrn, bestätigt, dass die Behinderung des Wasserabflusses unter der Brücke im Wesentlichen durch einen sich gabelnden Ast mit einem Durchmesser von ca. 30 cm verursacht wurde, der von dem umgestürzten Baum der Klägerin abgebrochen und unter die Brücke geschwemmt worden war.
Die Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit knüpfen an die aus der tatsächlichen und rechtlichen Sachherrschaft hergeleitete Rechtspflicht an, dafür zu sorgen, dass von dem Grundstück keine Störungen oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) gebietet es grundsätzlich, wenn auch nicht grenzenlos, den Eigentümer für die von seinem Eigentum ausgehenden Gefahren in Anspruch zu nehmen. Diese Auffassung hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 16. Februar 2000 (BayVBl 2001, 269/270) zum Ausdruck gebracht, wenn es dort ausführt, die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Nutzung und Verwertung des Sacheigentums korrespondiere mit der öffentlich-rechtlichen Pflicht, die sich aus der Sache ergebenden Lasten und die mit der Nutzungsmöglichkeit verbundenen Risiken zu tragen. Der Eigentümer bzw. Inhaber der Sachherrschaft könne aus der Sache Nutzen ziehen; dies rechtfertige es grundsätzlich, ihn zur Beseitigung von Gefahren zu verpflichten, die von der Sache für die Allgemeinheit ausginge. Die Verursachung einer Gefahr durch Naturvorgänge lässt die Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers bzw. des Inhabers der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück grundsätzlich nicht entfallen (vgl. BayVGH, U.v. 26.3.2009 – 4 B 06.828 – juris Rn. 30 m.w.N; VG Ansbach, U.v. 8.3.2007 – AN 5 K 06.02307 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Dass die Klägerin weder wusste, dass sich ihr Grundstück FlNr. … bis ans Ufer der … erstreckt, noch dass sie in diesem Bereich bis zur Mitte des Gewässers Eigentümerin der … ist, ändert nichts an ihrer Eigenschaft als Zustandsverantwortliche bzw. als Zustandsstörerin. Art. 28 Abs. 3 Nr. 1, Alt. 2 BayFwG setzt gerade kein Verschulden des Ersatzpflichtigen voraus und verlangt auch keine Kenntnis über seine Zustandsverantwortlichkeit. Im Übrigen fällt es in die Verantwortungssphäre der Klägerin, sich über die genaue Größe, Lage sowie Beschaffenheit ihres Grundstücks und die entsprechende Rechtslage zu informieren.
Damit konnte die Beklagte die Klägerin als Zustandsverantwortliche für den umgestürzten Baum zum Ersatz der Kosten für die Feuerwehreinsätze vom 4. und 6. August 2016 heranziehen.
3. Die Aufwendungsersatzpflicht der Klägerin ist nicht durch eine etwa gleichzeitig bestehende Verpflichtung des Freistaats Bayern zur Gefahrenbeseitigung ausgeschlossen. Auch hat die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen bezüglich der Schuldnerauswahl in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.
a) Dem Freistaat Bayern obliegt zwar gemäß Art. 22 Abs. 1 Nr. 1 BayWG die Unterhaltungslast für die, die ein Gewässer erster Ordnung darstellt (s. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BayWG i.V.m. Anlage 1 Nr. 28 zum BayWG). Die Unterhaltung wird gemäß Art. 24 Abs. 1 BayWG von den Wasserwirtschaftsämtern (hier vom Wasserwirtschaftsamt, nachfolgend: WWA) ausgeführt. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG gehört zur Gewässerunterhaltung die Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses. Dementsprechend hat das WWA auch den umgestürzten, quer zur … liegenden Baum (samt den von der Feuerwehr am 4.8.2016 abgesägten, neben dem Radweg lagernden Ästen), der eine aktuelle oder zumindest potentielle Gefährdung für den Wasserabfluss darstellte, am 12. September 2016 entfernt. Auch wäre das WWA im Rahmen der Gewässerunterhaltung (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG) zur Entfernung der unter der Brücke in der … befindlichen Baumteile (Feuerwehreinsatz vom 6.8.2016) zuständig gewesen. Es fehlt aber jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Vorschriften über die Gewässerunterhaltung gegenüber der Zustandshaftung des Eigentümers als vorrangige und abschließende Regelungen anzusehen sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2001 – 22 ZB 00.1448 – BayVBl 2002, 372/373, juris Rn. 2 m.w.N.).
b) Im Hinblick auf den Feuerwehreinsatz vom 4. August 2016 ist zudem zweifelhaft, ob das WWA im Rahmen der Gewässerunterhaltung überhaupt zum Freiräumen des Radwegs bzw. zur Entfernung der Äste, die den Radweg blockierten, verpflichtet gewesen wäre.
Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung (§ 39 Abs. 1 Satz 1 WHG). Im Gegensatz zur Entfernung des über bzw. teilweise in der … liegenden Baums durch das WWA am 12. September 2016, war das Freiräumen des Radwegs gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG nicht zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses erforderlich; dass das WWA im Rahmen seines Einsatzes am 12. September 2016 auch die von der Feuerwehr abgesägten, neben dem Radweg lagernden Äste mitentsorgt hat, ändert daran nichts. Auch die weiteren, beispielhaft aufgezählten Aufgaben der Gewässerunterhaltung in § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 5 WHG lassen nicht erkennen, dass die Entfernung der Äste eines umgestürzten Baums, die einen am Ufer entlangführenden Weg blockieren, zu den Aufgaben der Gewässerunterhaltung gehört. Vielmehr ist die Gewässerunterhaltung ihrem Umfang nach gerade nicht als umfassende Verantwortung für einen in jeder Hinsicht gefahrlosen Zustand des Gewässers einschließlich seiner Ufer ausgestaltet (vgl. OVG NW, B.v. 9.6.2011 – 20 B 151/11 – ZfW 2012, 46 ff., juris Rn. 9 m.w.N.).
c) Selbst wenn man nach den o.g. Ausführungen unter a) davon ausgeht, dass jedenfalls hinsichtlich des Feuerwehreinsatzes vom 6. August 2016 sowohl die Klägerin als Zustandsstörerin als auch das WWA im Rahmen seiner Gewässerunterhaltungspflicht zur Beseitigung der von der Feuerwehr behobenen Gefahr (Beseitigung von Baumteilen unter der …) verpflichtet waren, hat die Beklagte der Klägerin zu Recht nicht nur die Kosten des Feuerwehreinsatzes vom 4. August 2016 sondern auch diejenigen vom 6. August 2016 in Rechnung gestellt.
Die nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 BayFwG zum Kostenersatz Verpflichteten stehen grundsätzlich ohne Rangverhältnis nebeneinander. Die Vorschrift zählt lediglich diejenigen auf, die als Kostenschuldner in Betracht kommen und bestimmt sie in Satz 2 zu Gesamtschuldnern. Nach dem Wortlaut des § 421 BGB kann die Beklagte die Leistung nach ihrem Belieben von jedem Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Die Ausübung dieses Ermessens ist nur durch das Willkürverbot und offensichtliche Unbilligkeit begrenzt (BVerwG, U.v. 22.1.1993 – 8 C 57/91 – NJW 93, 1667, juris Rn. 20). Es entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, dass es bei der Einforderung entstandener Kosten, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen der anordnenden Behörde bedarf. Diese kann vielmehr grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will und es diesem überlassen, bei dem oder den mithaftenden weiteren Gesamtschuldnern einen Ausgleich nach § 426 BGB zu suchen (vgl. z.B. BayVGH U.v. 3.9.2009 – 4 BV 08.696 – juris Rn. 30 ff. m.w.N.). Dies soll der Verwaltung den Gesetzesvollzug erleichtern und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand verringern.
Die Auswahlentscheidung der Beklagten, für beide Feuerwehreinsätze nur die Klägerin in Anspruch zu nehmen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte hier die Grenzen ihres Ermessens nicht erkannt oder willkürlich gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich, zumal die Klägerin ihre Rechtsauffassung über eine (vermeintliche) primäre Verantwortlichkeit des WWAes im Rahmen ihrer Anhörung vor Bescheidserlass dargelegt hatte, diese Gesichtspunkte der Beklagten damit bekannt waren. Bei der Auswahlentscheidung zwischen mehreren Verpflichteten steht bei der maßgeblichen ex-post-Betrachtung nur noch die möglichst einfache und wirksame Befriedigung des geltend gemachten Kostenanspruchs im Vordergrund (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.5.2001 – 22 ZB 00.1448 – ZfW 2012, 46 ff., juris m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen lässt die Heranziehung der Klägerin zu den Einsatzkosten vom 4. August 2016 (Freiräumen des Radweges von Ästen) keinen Ermessensfehlgebrauch erkennen. Während die (Rechts-) Frage, ob es noch zur Gewässerunterhaltungspflicht des WWA gehört, nicht nur Baumteile aus dem Gewässerbett, sondern auch in den Radweg hineinragende Äste zu entfernen, zumindest offen ist, steht die Zustandsverantworlichkeit der Klägerin hinsichtlich des umgestürzten Baumes fest. Entsprechend dem oben dargestellten Sinn und Zweck der Gesamtschuldnerhaftung des Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayFwG erscheint die Heranziehung der Klägerin daher als sachgerecht und ermessensfehlerfrei.
Ebenso lässt die Entscheidung der Beklagten, die Einsatzkosten vom 6. August 2016 nicht dem Freistaat Bayern aufzuerlegen, keinen Ermessensfehlgebrauch erkennen. Zum einen stellt sich die von der Beklagten insoweit konkludent getroffene Auswahlentscheidung, die Klägerin in Anspruch zu nehmen, von deren Grundstück aus der Baum über die … gefallen ist, was erst eine Handlungspflicht für das WWA als Gewässerunterhaltungsverpflichteter begründet hat, jedenfalls nicht als willkürlich dar. Auch die Entscheidung, bezüglich der beiden Feuerwehreinsätze nicht zwei Leistungsbescheide an zwei unterschiedliche Verpflichtete zu erlassen, dient ersichtlich der Erleichterung bzw. Verringerung des Verwaltungsaufwands.
d) Schließlich kann die Klägerin auch nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, dass die Auswahlentscheidung der Beklagten deswegen fehlerhaft sei, weil diese nicht das WWA als Verhaltensstörer, das sich im Hinblick auf den umgestürzten Baum eine Verletzung seiner Gewässerunterhaltungspflicht oder auch Verkehrssicherungspflicht vorwerfen lassen müsse, sondern die Klägerin als Zustandsverantwortliche zur Zahlung der Ersatzvornahmekosten herangezogen habe, zumal der Klägerin die Eigentumsverhältnisse und damit ihre Haftung als Zustandsverantwortliche nicht bekannt gewesen seien und sie in der Vergangenheit weder vom WWA noch von der Beklagte darauf hingewiesen worden sei.
Abgesehen davon, dass bei der hier maßgeblichen „ex-post“ Betrachtung nicht mehr die Effektivität der Gefahrenabwehr im Vordergrund steht, sondern die möglichst einfache und wirksame Befriedigung des geltend gemachten Kostenanspruchs (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.5.2001 – 22 ZB 00.1448 – ZfW 2012, 46 ff., juris m.w.N.), trifft es auch in der Sache nicht zu, dass das WWA seine Gewässerunterhaltungspflicht oder gar eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte. Es sprechen vielmehr mehr Umstände gegen eine Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht durch das WWA als dafür. Insbesondere lässt sich aber auch nicht (mehr) feststellen, ob das WWA hinsichtlich des (umgestürzten) Baumes seine Gewässerunterhaltungspflicht verletzt hat.
Die Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung eines Gewässers werden beispielhaft („insbesondere“) erläutert durch den Katalog von § 39 Abs. 1 Satz 2 WHG. Sie sind gekennzeichnet durch ihre Ausrichtung auf die Bewirtschaftung der Gewässer. Der Rückschnitt von Bäumen am Ufer eines Gewässers oder sonstige Maßnahmen zur Sicherung der Standfestigkeit von Bäumen, um (allein) dem Gewässer benachbarte Grundstücke vor umstürzenden Bäumen oder herabfallenden Ästen zu schützen, unterfällt ihnen nicht. Das steht im Einklang damit, dass die Unterhaltung von Gewässern ein Mittel zu ihrer Bewirtschaftung ist. Die bei der Bewirtschaftung allgemein zu beachtenden Ziele (§ 6 Abs. 1 WHG) sind gerichtet auf die Verfolgung wasserwirtschaftlicher Belange und die Erfüllung wasserwirtschaftlicher Anforderungen.
Das gilt auch für das Ziel, Gewässer zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Interesse Einzelner zu nutzen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG). Dieses Ziel betrifft die Nutzung und Nutzbarkeit von Gewässern als eine von mehreren Gewässerfunktionen. In gleicher Weise wasserwirtschaftlich geprägt sind die allgemeinen Sorgfaltspflichten, die bei allen Maßnahmen zu wahren sind, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können (§ 5 Abs. 1 WHG). Der Schutzzweck des Wasserhaushaltsgesetzes, die Gewässer durch die Bewirtschaftung u. a. als Lebensgrundlage des Menschen zu schützen (§ 1 WHG), beinhaltet eine Leitlinie der Wasserwirtschaft, die, was die einzelnen Maßnahmen der Bewirtschaftung anbelangt, in den diesbezüglichen Vorschriften näher konkretisiert wird. Er besagt nicht, dass es Aufgabe gerade der Gewässerunterhaltung ist, in einen unter rein wasserwirtschaftlichen Aspekten nicht zu beanstandenden Zustand eines Gewässers einschließlich der Bäume an seinem Ufer einzugreifen, um Beeinträchtigungen von Grundstücken und Menschen in der Nachbarschaft des Gewässers zu vermeiden. Bei derartigen Beeinträchtigungen stehen spezifisch wasserwirtschaftliche Belange gerade nicht in Rede (vgl. OVG NW, U.v. 9.6.2011 – 20 B 151/11 – ZfW 2012, 46 ff., juris;).
Hier fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass in der Vergangenheit Maßnahmen zur Standsicherheit der (nun umgestürzten) Weide erforderlich waren und vom WWA nicht ausgeführt wurden, um den Bewirtschaftungszielen (§ 39 Abs. 2 Satz 1 WHG) oder dem Maßnahmenprogramm (§ 39 Abs. 2 Satz 2 WHG) zu genügen oder die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts (§ 39 Abs. 2 Satz 3 WHG) zu erhalten. Insbesondere fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Maßnahmen zur Standsicherheit der Weide aus ökologischen Gründen oder zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG) erforderlich gewesen wären. Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung (§ 39 Abs. 1 Satz 1 WHG). Sie ist damit ihrem Umfang nach nicht als umfassende Verantwortung für einen in jeder Hinsicht gefahrlosen Zustand des Gewässers einschließlich seiner Ufer ausgestaltet.
Zu einer Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht durch das WWA führt die Klägerin aus, dass der umgestürzte Baum (alte, aber nicht morsche Weide) ursprünglich wild fast im 90 Grad-Winkel aus dem Ufer schräg über das Flussbett gewachsen sei und aufgrund der Größe des Baums zu befürchten gewesen sei, dass er zumindest bei einem starken Sturm ins Gewässerbett stürzen würde, so dass ein Rückschnitt oder eine Ufersicherung im Rahmen der Unterhaltungsverpflichtung hätte erfolgen müssen. Eine solche Verpflichtung des WWA hätte aber nur dann bestanden, wenn die Gefahr des Umstürzens der Weide sich so zugespitzt hätte, dass aus diesem Grund Maßnahmen des WWA unabweisbar notwendig gewesen wären. Für einen solchen „zugespitzten“ Zustand hat die Klägerin selbst aber keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen. Auch die vorgelegten Fotos geben insoweit keinen Aufschluss. Und angesichts der Tatsache, dass der Baum vor ca. einem Jahr entsorgt wurde, erscheint eine entsprechende Sachaufklärung auch aussichtslos.
Zu einer Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ist vielmehr festzustellen, dass diese neben der Pflicht zur Gewässerunterhaltung steht und insoweit gerade der Klägerin als Zustandsverantwortlicher oblag. Verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Anderer möglichst zu verhindern, ist, wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt; dies ist die Klägerin als Grundstückseigentümerin und Eigentümerin des (umgestürzten) Baums.
e) Die Heranziehung der Klägerin zur Kostenerstattung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Kostenbescheid keine Erwägungen darüber enthält, warum der Freistaat Bayern als Gewässerunterhaltungsverpflichteter nicht zu den Kosten der Feuerwehreinsätze herangezogen wird (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2007 – 4 ZB 07.636 – juris Rn. 3 m.w.N.).
4. Die Geltendmachung des Aufwendungsersatzes ist nicht wegen Unbilligkeit nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG ausgeschlossen. Aus der gesetzlichen Formulierung „soll verzichtet werden“ ergibt sich, dass ein Verzicht nur in atypischen Ausnahmefällen erfolgen soll (vgl. Endres/Forster, Kommentar zum Bayerischen Feuerwehrgesetz, Rn. 13 zu Art. 28 BayFwG).
Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass die Zahlung der Ersatzvornahmekosten für die beiden Feuerwehreinsätze sie finanziell überfordern oder gar in eine existentielle Notlage bringen könnte. Vielmehr hat sie in der mündlichen Verhandlung erkennen lassen, dass es ihr in erster Linie nicht um die Höhe der zu entrichtenden Kosten geht, sondern dass sie es aus Gründen der Gerechtigkeit als „unbillig“ ansieht, dass sie und nicht das WWA, dem sie eine Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht vorwirft, zur Kostenerstattung herangezogen wurde.
Abgesehen davon, dass eine Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht durch das WWA („Handlungsstörer“), wie oben unter 3.d) ausgeführt wurde, schon nicht feststeht, sondern eher fern liegt, ist die Kammer zudem der Auffassung, dass sich der Gesetzgeber, wenn er in Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayFwG den in § 421 Satz 1 Halbs. 1 BGB gesetzlich definierten Begriff des Gesamtschuldners verwendet hat, auch der sich aus der Anwendung dieser Regelung des BGB ergebenden Folgen, die gesamte Schuld bei einem Schuldner geltend machen zu können, bewusst war. Er hat damit dem Gläubiger ein sehr großes Auswahlermessen eingeräumt. Wenn der Gläubiger dann davon Gebrauch macht, wie hier die Beklagte, kann das auch keine Unbilligkeit im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG darstellen. Es bleibt der Klägerin unbenommen, gegenüber dem von ihr benannten WWA, den sie als weiteren Gesamtschuldner ansieht, einen internen Ausgleichsanspruch geltend zu machen. Dass sie mit der angeforderten Zahlung an die Beklagte in Vorleistung treten muss, begründet für sich allein noch nicht die Unbilligkeit ihrer Inanspruchnahme (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 4 ZB 16.1613 – juris Rn. 10; VG Ansbach, U.v. 8.3.2007 – AN 5 K 06.2307 – juris Rn. 30).
5. Die Kammer geht schließlich, insbesondere auch aufgrund der Angaben des Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, davon aus, dass die von der Beklagten der Klägerin in Rechnung gestellten Kosten notwendig und insbesondere in der Höhe angemessenen sind (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG i. V. m. der Feuerwehrkostensatzung der Beklagten und dem Kostenverzeichnis hierzu. Verhandlung Die Klägerin hat die Höhe der festgesetzten Kosten auch letztlich nicht (substantiiert) bestritten.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).