Baurecht

Leistungen, Bauvorhaben, Leistungsphase, Tiefgarage, Zustellung, Feststellungsklage, Vertrag, Anlage, Klage, Architekt, Tragwerksplanung, Ausbildung, Kostenvorschuss, Bemessung, Kosten des Rechtsstreits, Einholung eines Gutachtens

Aktenzeichen  8 O 131/17

Datum:
20.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53053
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 254.660,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.04.2019 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin deren sämtliche notwendige weiteren Schäden zu erstatten, soweit sie – auch mittelbar – verursacht sind entweder durch Risse im Beton der Tiefgaragenbodenplatte der … oder durch die Ursachen dieser Risse.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 18 % und die Beklagte zu 82 %. Die Kosten der Streithelfer der Klägerin trägt die Beklagte zu 82 % und die Kosten der Streithelferin der Beklagten trägt die Klägerin zu 18 %. Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
6. Der Streitwert wird auf 327.946,37 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch ist der Zahlungsantrag nicht vollumfänglich begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung in Höhe von 254.660,- €.
Die Feststellungsklage war vollumfänglich begründet.
Hierzu im Einzelnen:
I. Zahlungsantrag Mängelkostenvorschuss:
1. Vertrag:
Die Klägerin hat die Beklagte mit Vertrag vom 12.03./15.03.2006 (Anlage K 1) mit Projektmanagement und Baucontrolling-Leistungen zur Realisierung des Bauträgervorhabens Wohnanlage … mit Tiefgarage in der R. straße in S. beauftragt.
Bei der Realisierung des Bauvorhabens Tiefgarage durch den ausführenden Unternehmer, die Streithelferin der Beklagten … wurde die Tiefgarage mangelhaft erstellt.
2. Mängel:
Nach dem Gutachten des Sachverständigen … vom 07.05.2019 wurden bei den Untersuchungen im Rahmen der Ortstermine am 17.10.2018 sowie am 11.12.2018 (Bl. 209 d.A.) aufgrund der Begutachtung des Sachverständigen der Tiefgaragenbodenplatte zahlreiche Risse in unterschiedlicher Breite festgestellt. Nach Sichtung der technischen Unterlagen wie statischen Berechnung und Bewehrungspläne hat der Sachverständige festgestellt, dass keine rissbreitenbeschränkende Bewehrung für den äußeren Zwang im späten Alter in der Abmessung Berücksichtigung fand. Dadurch bedingt wurde eine nicht ausreichende Bewehrungsmenge in den Betonquerschnitten vorgesehen.
Des Weiteren sind durch die konstruktive Ausbildung des Tiefgaragentunnels äußere Zwangspunkte, wie steife Ecken der Wandanschlüsse und Fundamentverdickungen unter den Stahlbetonstützen vorhanden. Diese stellen behindernde Elemente für eine frei verformbare Betonplatte dar. Durch die fehlende Bemessung über eine rissbreitenbeschränkende Bewehrung in der Tragwerksplanung ist die Vielzahl der Rissbildungen in der Bodenplatte überwiegend entstanden.
Durch die stattgefundene Rissbildung in der gesamten Bodenplatte ist, bedingt durch den Eintrag von Chloridionen (Tausalzfracht) ist bereits eine Bewehrungskorrosion im Rissuferbereich entstanden.
Wie der Sachverständige in der Sitzung vom 05.08.2020 überzeugend und fachkundig ausgeführt hat, ist für die außergewöhnliche Vielzahl der Risse sowie der großen Breiten der Risse im Tiefgaragenboden ursächlich, dass zu wenig Stahl für die Bewehrung verplant worden und verbaut worden ist. Wäre in der Tiefgarage die richtige Menge Stahl verbaut worden, wären die Rissbreiten weder qualitativ noch quantitativ in der vorgefundenen Größenordnung aufgetreten. Die aufgebrachte OS8-Beschichtung, die nach einem Wartungsgang am 12.10.2018 in Teilen der Tiefgarage aufgebracht wurde, vermochte die Rissbildung nicht aufzuhalten, da sich die Rissbildung im Beton auch in der Beschichtung fortsetzt, so der Sachverständige.
Hierfür ist die Beklagte als beauftragte Projektmanagerin gemäß den vertraglichen Vereinbarungen mitverantwortlich, §§ 631, 633, 634, 254 BGB.
3. Mängelbeseitigungskosten:
a) Höhe:
Wie der Sachverständige in der Sitzung vom 05.08.2020 anschaulich erläuterte, entstehen zur Beseitigung der Mängel Kosten in Höhe von 320.000,- € brutto (vgl. Aufstellung in der Anlage zum Protokoll vom 05.08.2020).
Zur Mängelbeseitigung muss nach Ausführung des Sachverständigen die alte Beschichtung abgetragen und eine neue aufgebracht werden.
b) Abzug von Sowieso-Kosten:
Wie der Sachverständige anschaulich und überzeugend ausgeführt hat, wäre für die ordnungsgemäße Errichtung der Tiefgarage eine Mehrmenge an Stahl erforderlich gewesen, die Kosten in Höhe von 55.000,- € netto verursacht hätte. Hierbei handelt es sich um Sowiesokosten, die von der Klägerin zu tragen sind, da sie die streitgegenständliche Tiefgarage als Bauträgerin realisiert hat. Die Ausführungen der Streithelferin der Klägerin im Schriftsatz vom 06.08.2020 – denen sich die Klägerin angeschlossen hat – verfangen nicht, da es der Klägerin als Bauträgerin unbenommen blieb, die Ansprüche gegen ihren Tragwerksplaner – den sie laut Klageschriftsatz vom 02.01.2027 selbst beauftragt hat – in unverjährter Zeit geltend zu machen. Die zitierte Rechtsprechung des BGH wird vom Pozessbevollmächtigten der WEG insofern mißgedeutet, da vorliegend gerade die Klägerin selbst die Auftraggeberin/Bestellerin ist und in jeden Fall die Mehrkosten für den Stahl zu tragen gehabt hätte.
Somit errechnen sich die Kosten für die Mängelbeseitigung auf 254.660,- € (269.000,- € netto lt. Sachverständigen … Anlage zum Protokoll vom 05.08.2020, abzüglich 55.000,- € netto Sowiesokosten + 19 % MWSt, da das Bauvorhaben lt. Ausführung des Sachverständigen in 2020 nicht mehr ausgeführt werden kann = 254.660,- € brutto).
c) Insgesamt hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung des Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung in der Tiefgarage in Höhe 254.660,00 €.
d) Im Übrigen war der Zahlungsantrag abzuweisen.
II. Zum Festgtellungsantrag:
Dem Feststellungsantrag ist zu entsprechen, da es nicht auszuschließen ist, dass bei Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten weitere (Mangelfolge-)Schäden durch die streitgegenständlichen Risse der Tiefgarage entstehen. Die Beklagte hat aus den oben unter I. genannten Gründen allerdings nur hierfür einzustehen, sowie diese Schäden notwendigerweise auf den Rissen und den Ursachen beruhen, die der Sachverständige … in seinem Gutachten vom 07.05.2020 und der Anhörung vom 05.08.2020 ausgeführt hat. Insofern war der Feststellungsantrag klarzustellen.
III. Kosten/vorläufige Vollstreckbarkeit/Streitwert: §§ 91, 101, 709 ZPO.
Der Streitwert beträgt 307.946,37 € zzgl. pauschal 20.000,00 € betreffend den Feststellungsantrag, § 3 ZPO.


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