Baurecht

Mobilfunkanlage im Außenbereich, Unzulässiger Antrag bei fehlender Nachbarschaft

Aktenzeichen  M 9 SN 21.5652

Datum:
10.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 45690
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 iVm § 80a
BauGB § 35 Abs. 1 Nr.3, Abs. 3 Nr.3 und Nr.5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. zu tragen. Der Beigeladene zu 2. trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst
III. Der Streitwert wird auf 3750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die der beigeladenen Bauherrin erteilten Baugenehmigung zur Errichtung eines Mobilfunkmasten auf dem Grundstück FlNr. … im Eigentum des beigeladenen Markt Kösching.
Das Vorhabensgrundstück ist ein Waldgrundstück im Außenbereich am Rande des Geltungsbereichs der Landschaftsschutzgebietsverordnung vom 14.9.1995“ Naturpark Altmühltal“.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücke FlNrn. … und … im Geltungsbereich des Bebauungsplan “E. …“, der dort ein Allgemeines Wohngebiet festsetzt.
Mit Antrag vom 18.5.2020 beantragte die Beigeladene zu 1. (im folgenden: Bauherrin) die Erteilung einer Baugenehmigung für einen 35 m hohen und ca.1,50m breiten Mobilfunkmast als Stahlgittermast mit 2 Plattformen und Outdoortechnik sowie Fundamentplatte. Beigefügt waren eine Verpflichtungserklärung nach § 35 Abs. 5 S.2 BauGB zum Rückbau und ein Landschaftspflegerischer Begleitplan vom 30.4.2020, ausweislich dessen die Rodung von 60 qm Wald am Standort und einem 1 m breiten Zuweg nötig war.
Der Beigeladene zu 2. (im folgenden: Markt) hat mit Beschluss v. 18.6.2020 das gemeindliches Einvernehmen für 4 G und 5 G erteilt (Bl.53 BA).
Die Untere Naturschutzbehörde hat mit Schreiben vom 28.7.2020 (Bl.60 BA) und vom 18.8 2021 (Bl.119 BA) Stellung genommen und eine Erlaubnis nach § 7 Abs. 2 der Landschaftsschutzgebietsverordnung (im folgenden: VO) erteilt. Es handele sich hier um ein Landschaftsschutzgebiet nach der weiterbestehenden Schutzzone Naturpark Altmühltal. Ein Eingriff iSd. § 14 BNatschG mache Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen nach der Bayerischen Kompensationsverordnung (BayKompV) notwendig. Wegen des Artenschutzrechts, § 44 BNatschG, sei eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände für alle europarechtlich geschützten Arten erforderlich. Erforderlich seien die vorgeschlagenen Auflagen bezüglich der Rodung, der Naturverjüngung durch Sukzession, der ökologischen Baubegleitung bei der Baustelleneinrichtung, dem Verbot von Fahren und Abstellen auf angrenzenden Flächen und der Bauzaunerrichtung.
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Ingolstadt, Bereich Forsten nahm mit Schreiben vom 21.7.2020 Stellung (Bl.66 BA). Es seien 127 qm Gemeindewald betroffen mit einem ca.50 Jahre altem Bestand, geschätzt zu 45% Kiefer, 30% Lärche, 20% Fichte und 5% Bergahorn. Die Bäume hätten eine Höhe von ca. 20 m und in 40-50 Jahren von ca.30 m. Nach dem Waldfunktionsplan handele es sich um Wald mit einer besonderen Funktion als Lebensraum, für das Landschaftsbild und als regionaler Klimaschutzwald im Landschaftsschutzgebiet Naturpark Altmühltal. Der Rodung nach Art. 9 Abs. 2 BayWald werde unter der Auflage einer Aufforstung mit Laubbäumen der temporär genutzten Fläche und der Landwirtschaftsfläche FlNr. … im Eigentum des Marktes zugestimmt.
Nach einer Vereinbarung vom 13.10.2020/2.11.2020 (Bl.91 BA) hatte die Bauherrin mangels geeigneter Ausgleichsflächen eine Ersatzzahlung in Höhe von 7735,00 Euro an den Bayer. Naturschutzfond zu leisten; das Geld ist bezahlt.
Nach der saP des Büros für naturschutzfachliche Gutachten J. … vom November 2020 (Bl.96ff BA) bestehen keine Bedenken bei Umsetzung der Vermeidungs- und Ersatzmaßnahmen.
Der Marktgemeinderat hat am 15.10. 2020 (Bl.112) einen Beschluss über Einholung eines Gutachtens über den Standort und den Bedarf für eine Grundversorgung mit Telefonie gefasst. Nach dem Gutachten der Technischen Hochschule Deggendorf über fünf Alternativstandorte 0-4 sind die Standorte 0 und 1 technisch geeignet. Planungsbedarf bedeute heutzutage die Sicherstellung der mobilen Datenkommunikation, nicht die der Sprachtelefonie.
Mit Bescheid vom 20.August 2021 erteilte das Landratsamt die beantragte Baugenehmigung (Ziff.I) unter Auflagen (Ziff. II). Danach besteht Verpflichtung zum Rückbau (II.1). Ziff.3: Vereinbarung über Ersatzzahlung v.20.11.2020 ist Bestandteil der Genehmigung (II.3). Die Genehmigung nach § 7 Abs. 2 der Verordnung Naturpark Altmühltal wurde erteilt (II.11). Die Rodungserlaubnis nach Art.9.BayWaldG wurde erteilt (II.12).
Die Aufforstung temporär genutzter Flächen mit Laubbäumen (II.13) und die Neuaufforstung ebenso großer Fläche im Nahbereich (II.14) wurde angeordnet. Ebenfalls aufgenommen wurde ein Vorbehalt weiterer Auflagen im öffentlichen Interesse (II.19).
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erhob mit Schriftsatz vom 20.9.2021 Klage (M 9 K 21.5002) und beantragte mit Schriftsatz vom 25.10.2021 gem. § 80 Abs. 5 iVm § 80a Abs. 1 Nr.2 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Es fehle eine gewissenhafte Untersuchung und Dokumentation der Alternativstandorte. Es gebe keinen staatlichen Grundversorgungsauftrag nach Art.87f Abs. 1 GG, da Mobilfunk kein Universaldienst iSd § 78 Abs. 2 TKG sei (BayVGH v.18.3.2003-15 N 98.2262). Der Standort 3 sei von Wohnbebauung abgerückt und decke den Grundbedarf, der aus Empfang im Freien, Notrufe und in gewissem Umfang Datentransfer bestehe. Es fehlten Vorsorgeregelungen für die Belange des § 1 Abs. 5 S.2 BauGB (natürliche Lebensgrundlagen), des § 1 Abs. 6 Nr.1 BauGB (gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse) und des § 1 Abs. 6 Nr.7c BauGB (umweltbezogene Auswirkungen, hier Strahlenschutz durch Minimierung der Exposition und Vorsorge); zumindest seien diese nicht erkennbar. Die Unterlagen der Betreiber seien unvollständig. Die Abstimmung mit dem Markt sei deshalb defizitär und das Einvernehmen falsch erteilt worden, da Gemeinde von alternativlosem Standort ausging. Eine Privilegierung läge nicht vor. Der Mobilfunkmast sei ein Fremdkörper und habe erdrückende Wirkung. Das Gebot der Rücksichtnahme im Außenbereich in seiner Ausprägung durch § 35 Abs. 3 S.1 Nr.3 BauGB sei verletzt, da die Immissionen zu Lasten der Nachbarn schädliche Umwelteinwirkungen iSd § 3 Abs. 1 BImSchG wegen der optisch lauten Anlage und der baulich besonderen Konfliktsituation sowie wegen der elektromagnetische Felder (EMF) seien. Falsch sei insofern die Entscheidung BayVGH v.22.4.2021 – 15 CS 21.398, da der Bayer Verwaltungsgerichtshof eine eigene Prüfpflicht trotz Standortbescheinigung – die hier fehle – verkenne. Es handle sich nicht um eine Nebenanlage sondern wegen Bedeutung um eine Hauptanlage. Mit weiterem Schriftsatz vom 8.November 2021 ergänzte der Bevollmächtigte, dass die Genehmigung wegen der im Verwaltungsverfahren fehlenden Standortbescheinigung unbestimmt sei, da es eine bauaufsichtliche Prüfpflicht gebe und Immissionsbelastungen ohne Standortbescheinigung nicht geprüft werden konnten. Es gebe keinen Pflichtauftrag zur umfassenden Versorgung aufgrund der Lizenzauflagen. Auch ohne den verfahrensgegenständlichen Standort bestehe eine angemessene und ausreichende Versorgung im Freien, weshalb das öffentliche Interesse am Mobilfunk nicht schwerer wiege als Belange des Naturschutzes.
Der beigeladene Markt hat Stellung genommen. Maßgeblich für die Standortwahl sei die Zahl der Betroffenen gewesen. Der Eingriff in das Natur- und Landschaftsbild sollte zugleich so gering wie möglich gehalten werden. Der Markt habe sich seit November 2011 bis August 2021 insgesamt 24-mal mit dem Mobilfunkmasten beschäftigt, eine Aufstellung der Termine sei beigefügt. Die Alternativstandorte seien begutachtet worden, auf die beigefügte Präsentation werde verwiesen.
Der Antragsgegner nahm mit Schreiben vom 25.10.2021 und 14.11 2021 Stellung und beantragte,
Antragsablehnung
Ein Baubeginn sei nicht erfolgt. Die Standortbescheinigung müsse im Baugenehmigungsverfahren nicht vorgelegt werden und sei jetzt da. Die Ausgleichszahlungen seien bezahlt worden. Ein gleich geeigneter Standort sei im Innenbereich nicht verfügbar. Naturund Landschaftspflege seien nicht drittschützend. Schädliche Umwelteinwirkungen durch den Mast als Bauwerk gebe es nicht. Es gebe keinen Gebietserhaltungsanspruch für Vorhaben im Außenbereich und kein Recht auf eine unverbaute Landschaft (VG Augsburg U.v.26.9.2016 – Au S 16.316). Der Mobilfunkmast sei nach § 35 Abs. 1 Nr.3 BauGB im Außenbereich privilegiert. Es läge kein Fall des § 35 Abs. 3 Nr.3 BauGB vor, da die Strahlung der Anlage nicht Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren sei (BayVGH B.v.8.6.2015 – 1 CS 15.914). Der Naturschutz stehe nicht gem. § 35 Abs. 3 Nr.5 als öffentlicher Belang dem Vorhaben entgegen. Es läge keine erhebliche Beeinträchtigung des Naturhaushalts iSd § 14 Abs. 1 BNatschG vor, da keine ökologisch wertvollen Flächen erheblich beeinträchtigt würden und es kein Biotop sei. Deshalb seien keine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach § 15 Abs. 2 BNatSchG nötig. Wegen des mastartigen Eingriffs höher als 20 m sei eine Ersatzzahlung beruhend auf der Intensität „hoch“ des Eingriffs in Natur- und Landschaftsbild festgesetzt worden, da dafür keine Kompensation real möglich sei. Im Übrigen drohe keine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbilds, da der Mast eher schmächtig wirke.
Die beigeladene Bauherrin beantragte zuletzt,
Antragsablehnung
die Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur liege vor und werde den Beteiligten übergeben. Auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten im Verfahren M 9 SN 21.5136 werde verwiesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Mobilfunkmasten ist unzulässig, da die Antragstellerin keine Nachbarin ist.
Vorliegend fehlt es an der Antragsbefugnis der Antragstellerin und der Klagebefugnis im Hauptsacheverfahren als Sachurteilsvoraussetzung, § 42 Abs. 2 VwGO. Danach ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein; dies gilt entsprechend für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Durch die Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO soll verhindert werden, dass sich im Wege der verwaltungsgerichtlichen Klage Dritte zum Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit oder einzelner anderer zur Wahrung von Gesetz und Recht machen (Sodan in Sodan/Ziekow, Kommentar VwGO, 5. Auflage 2018 Rn. 386).
Die Antragstellerin ist nicht als Grundstückseigentümerin im selben Baugebiet bzw. unmittelbare Nachbarin klagebefugt, da sie sich nicht als unmittelbar angrenzende und möglicherweise von Immissionen betroffene Nachbarin im baurechtlichen Sinn auf die Möglichkeit der Verletzung von drittschützenden Normen und eigener Rechte berufen kann. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs und des Rücksichtnahmegebots als nachbarschützende Vorschriften ist ausgeschlossen.
1. Ein Dritter, der nicht Adressat des Verwaltungsaktes ist, hat nur dann die Befugnis zur Erhebung einer Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, wenn die Verletzung eigener subjektiv-öffentlicher Rechte als möglich erscheint (hM, sog.Möglichkeitstheorie). Die Antragstellerin kann als Eigentümerin der Grundstücke. FlNrn. … und … nicht geltend machen, durch die der Bauherrin erteilte Baugenehmigung in subjektiven Rechten verletzt zu sein.
Baurechtlich setzt die mögliche Verletzung eigener Rechte voraus, dass es sich um den Eigentümer eines benachbarten Grundstücks handelt. Klagebefugt ist nur der baurechtliche Nachbar. Der baurechtliche Nachbarbegriff setzt eine räumliche Nähe des klägerischen Grundstücks zu dem Baugrundstück voraus. Wenn wie hier das Grundstück der Antragstellerin nicht an das Vorhabensgrundstück angrenzt hängt diese räumliche Nähe, die für den Nachbarbegriff maßgeblich ist, davon ab, wie weit durch nachbarschützende Vorschriften der Kreis der Berechtigten gezogen wird.
2. Die Antragstellerin kann sich nicht auf eine mögliche Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs berufen. Da hier das Grundstück der Antragstellerin im durch Bebauungsplan festgesetzten Allgemeinen Wohngebiet liegt und das Vorhabensgrundstück im Außenbereich fehlt grundsätzlich eine rechtlich relevante Nachbarschaft. Der Gebietserhaltungsanspruch besteht zwar unabhängig von der Entfernung zwischen den Grundstücken und einer konkreten Beeinträchtigung durch eine gebietsfremde Nutzung, er scheidet allerdings aus, wenn die Grundstücke wie hier jeweils zu einem anderen Gebietstypus gehören.
3. Eine Klagebefugnis kann auch nicht einer möglichen Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme entnommen werden, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, § 35 Abs. 3 S.1 Nr.3 BauGB. Da sich das angegriffene Vorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindet, folgt das Gebot der Rücksichtnahme aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Die Antragstellerin hat allerdings nicht dargelegt, dass das Vorhaben für sie schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen könnte, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen wären.
a) Die Ausführungen zur Strahlenbelastung, die von der Mobilfunkanlage ausgehen, sind nicht zu der Herleitung einer Klagebefugnis aufgrund einer möglichen Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften geeignet.
Die Standortbescheinigung ist nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens und es besteht keine Prüfpflicht der Baugenehmigungsbehörde (BayVGH, B.v. 19.10.2017 – 1 ZB 15.2081); eine Konzentrationswirkung des Baugenehmigungsverfahrens besteht nicht. Die Standortbescheinigung liegt außerdem vor und ist anfechtbar. Es ist nicht ersichtlich, worin ein Recht des Nachbarn auf entsprechende Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung bestehen könnte, dass die Baugenehmigung selbst die Einhaltung der Vorgaben der 26. BImSchV sicherstellen muss.
Bei der Mobilfunkanlage handelt es sich um eine nicht genehmigungspflichtige Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die Pflichten der Betreiber derartiger Anlagen sind in § 22 BImSchG geregelt. Die 26. BImSchV konkretisiert das vom Normengeber für erforderlich gehaltene Maß dessen, was an Umwelteinwirkungen im Sinne der §§ 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG für die Nachbarschaft zumutbar ist. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Februar 1997 ist die 26. BImSchV eine geeignete Maßnahme zur Abwehr von Gesundheitsgefahren aus elektromagnetischen Feldern. Ausweislich der Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 9.11.2021, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde, hält die Mobilfunkanlage der Bauherrin die standortbezogenen Sicherheitsabstände zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern basierend auf den Grenzwerten des § 3 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) ein. Ist die Standortbescheinigung erteilt, sind die immissionsfachlichen und gesundheitlichen Aspekte geklärt (BayVGH, B.v. 22. 11. 2021 – 9 CS 21.2520 mit weiteren Nachweisen). In diesem Fall liegt die Standortbescheinigung vor und es ist davon auszugehen, dass die nach der 26. BImSchV erforderlichen Sicherheitsabstände eingehalten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder hervorgerufen werden (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 4 C 2.12). Nach der Standortbescheinigung beträgt bei einer Höhe des geplanten Mastens von 32,93 m die Hauptrichtung vom Gesamtstandort 16,39 m und vertikal (90 Grad) 4,84 m. Damit ist offensichtlich ausgeschlossen, dass dieser Sicherheitsabstand auf dem Grundstück der Antragstellerin liegt. Eine Klagebefugnis kann deshalb hieraus nicht abgeleitet werden. Abgesehen davon hat die Antragstellerin in keiner Weise dargelegt, weshalb sie trotz der großen Entfernung ihres Grundstücks zum Bauvorhaben konkreten schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sein könnte (VG Stuttgart, B.v. 29.6.2021 – 11 K 1585/21).
b) Der Anblick des Mobilfunkmasten („optisch laut“) gibt keine Klagebefugnis, da dies keinen Verstoß Gebot der Rücksichtnahme darstellen kann. Eine einmauernde oder verschattende Wirkung ist wegen der Entfernung, der dazwischen liegenden weiteren Grundstücke und der Bauweise des Mobilfunkmasten ausgeschlossen.
4. Sonstige mögliche Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts oder des Bauordnungsrechtes sind nicht ersichtlich und wurden nicht vorgetragen. Die Abstandflächen werden eingehalten. Entgegen einer von der Antragstellerin hier vertretenen Rechtsauffassung hat sie kein subjektives eigenes Recht darauf, einen anderen Standort auszuwählen oder über die Erforderlichkeit einer Mobilfunkanlage zu entscheiden. Weder der Inhalt der Lizenzauflagen über die flächendeckende Versorgung noch Art.87f GG geben ein Abwehrrecht gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung, aufgrund derer eine Klagebefugnis vorhanden sein könnte.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzulehnen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. waren gem. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO der Antragstellerin aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Der Beigeladenen zu 2. hat keinen Antrag gestellt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG iVm. Streitwertkatalog.


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