Baurecht

Nachbarklage gegen Baugenehmigung für einen Mobilfunksendemast

Aktenzeichen  M 1 SN 21.2740

Datum:
30.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25814
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80a Abs. 3
26. BImSchV

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Errichtung einer Funkübertragungsstelle auf der FlNr. …/14 Gem. …
Die Antragstellerin ist Mieterin einer vom Standort des Bauvorhabens ca. 740 Meter entfernten Wohnung. Der streitgegenständliche Funkmast soll im Auwald des Landschaftsschutzgebiets Inntal-Süd beim …werk … mit einer Höhe von 35 Metern errichtet werden.
Unter dem 19. Februar 2020 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Funkübertragungsstelle auf der FlNr. …/14 Gem. … Mit Bescheid vom 5. Juni 2020 erteilte die Bundesnetzagentur eine Standortbescheinigung für die streitgegenständliche Flurnummer. Der zuständige Dorfentwicklungsausschuss der Gemeinde … lehnte den Antrag der Beigeladenen mit Beschluss vom 9. Juni 2020 ab. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2020 forderte der Antragsgegner die Gemeinde … dazu auf, die Ablehnung des Antrags einer erneuten Prüfung zu unterwerfen. Dieses Schreiben wurde den Gemeinderatsmitgliedern mit der Einladung zur Sitzung vom 21.Oktober 2020 zugeleitet. Ein Beschluss zu diesem Schreiben erging nicht.
Daraufhin ersetzte der Antragsgegner das gemeindliche Einvernehmen und erteilte die streitgegenständliche Baugenehmigung nach Maßgabe der eingereichten Bauvorlagen mit Bescheid vom 17. Dezember 2020. Zur Baugenehmigung wurden mehrere Auflagen festgesetzt. Vor dem Baubeginn ist der Antragsgegnerin die Bestätigung eines Sachverständigen (z.B. Vermessungsingenieur oder Planfertiger entsprechend der gesetzlichen Vorlageberechtigung) über die Einhaltung der in der Baugenehmigung festgelegten Grundfläche, Höhenlage und Grenzabstände der baulichen Anlage vorzulegen (Nr. 4 des Bescheids). Die Bauarbeiten dürfen nur ausgeführt werden, wenn und soweit die positiv geprüften Nachweise für die Standsicherheit einschließlich der Feuerwiderstandsdauer tragender Teile vorliegen. Der/die Prüfbericht(e) von Prof. Dr.-Ing. … G. sind vollinhaltlich einzuhalten (Nr. 5 des Bescheids). Der Brandschutznachweis von Ing.-Büro C. … GmbH vom 31. März 2020 ist bei der Bauausführung und Nutzung vollinhaltlich einzuhalten (Nr. 6 des Bescheids). Zudem wird die Erlaubnis nach § 5 Abs. 2 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet “Inntal Süd” sowie das erforderliche naturschutzrechtliche Einvernehmen unter der Auflage erteilt, dass das geplante Vorhaben durch die Pflanzung von standortgerechten, heimischen Laubhölzern (z.B. (Obst-)Bäume, Sträucher) einzugrünen ist. Dadurch werde das Vorhaben in die Landschaft eingebunden und der Eingriff in das Landschaftsbild minimiert (Nr. 7 des Bescheids). Für die nicht ausgleichsfähigen Eingriffe sind 3.615 ? an Ersatzzahlungen zu leisten (Nr. 8 des Bescheids).
Das gemeindliche Einvernehmen habe ersetzt werden dürfen, da die Begründung der Gemeinde, das Einvernehmen wegen eines laufenden Bürgerbegehrens zu verweigern, keine im Genehmigungsverfahren relevante planungsrechtliche Begründung darstelle. Auch sonst liege keine Verletzung zu beachtender öffentlich-rechtlicher Vorschriften vor. Die Auflagen aus dem Bereich Natur- und Landschaftsschutz dienten dazu, negative Wirkungen des Vorhabens auf Natur und Landschaftsbild zu vermeiden sowie die nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen auszugleichen und somit die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der Baugenehmigung zu schaffen.
Mit Schriftsatz vom … Januar 2021 hat die Antragstellerin Klage gegen die Baugenehmigung vom 17. Dezember 2020 erhoben, die bei Gericht unter dem Aktenzeichen M 1 K 21.302 anhängig und über die noch nicht entschieden ist. Unter Zugrundelegung mehrerer Studien führt die Antragstellerin aus, dass die Baugenehmigung wegen Nichtigkeit der 26. BImSchV ohne rechtmäßige Standortzusage erteilt worden sei und deshalb ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) vorliege. Dadurch sei die Antragstellerin in ihren Rechten auf gesundheitliche Unversehrtheit und Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt. Es sei unter anderem eine Verschlimmerung der bei der Klägerin diagnostizierten MCS Erkrankung (Multiple-chemical-sensitivity-Syndrom) absehbar. Zudem verstoße die Baugenehmigung gegen Art. 60 Nr. 1 BayBO in Verbindung mit § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, da von der Funkanlage erhebliche gesundheitliche Gefahren für die Allgemeinheit und damit auch für die Antragstellerin ausgehen würden. Die Baugenehmigung verstoße gegen die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Belange des Umweltschutzes und widerspreche den Erfordernissen des Klimaschutzes. Diese Verstöße gegen die Vorschriften des Umwelt- und Klimaschutzes würden Verstöße gegen das Recht der Antragstellerin auf Nachhaltigkeit darstellen und damit ihr Recht auf gesundheitliche Unversehrtheit auch in der Zukunft.
Mit Schriftsatz vom … April 2021 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen die Standortbescheinigung mit der Begründung, die in der Anlage 1 der 26. BImSchV enthaltene Grenzwertregelung für Mobilfunkstrahlung sei mit der Ermächtigungsgrundlage § 7 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht vereinbar. Selbst bei Einhaltung der Grenzwerte würden schädliche Umwelteinwirkungen eintreten und sonstige Gefahren und Nachteile für die Nachbarschaft und die Allgemeinheit mit aller Wahrscheinlichkeit hervorgerufen. Zudem ergebe sich die Rechtswidrigkeit der Standortbescheinigung aus der Möglichkeit, dass bei dem Funkmast adaptive Antennen verwendet würden, die die Einhaltung von Grenzwerten aus technischen Gründen nicht sicherstellen könnten. Dadurch sei die Antragstellerin in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 13 Abs. 1 GG verletzt.
Mit Schriftsatz vom … Mai 2021 begehrt die Antragstellerin zudem einstweiligen Rechtschutz und beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom … Januar 2021 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2020 anzuordnen.
Die Antragstellerin verweist auf die in der Klagebegründung genannten Rechtsverstöße und führt weiter an, dass die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig gewesen sei. Zudem sei die Baugenehmigung materiell rechtswidrig, da sie gegen die Normen der Regionalplanung, des Wald-, Natur- und Klimaschutzgesetzes sowie die Schutzgebietsverordnung verstoße. Auch sei durch die Inbetriebnahme des Funkmasts mit erhöhten Strahlenwerten und einer Überschreitung von 0,01 W/kg in der Wohnung der Antragstellerin zu rechnen. Ein Aussetzungsinteresse ergebe sich aus den genannten Rechtsverstößen. Durch die Inbetriebnahme des Funkmasts würde die Antragstellerin womöglich irreversibel unmittelbar durch die tumorfördernde Wirkung von Mobilfunkstrahlung und deren Kalziumkanäle öffnende Wirkung auch unterhalb der geltenden Grenzwerte durch Anbringung der adaptiven Antennen in ihrem Recht auf gesundheitliche Unversehrtheit verletzt werden. Mittelbar würde sie durch die mit der Inbetriebnahme des Funkmasts verbundenen weiteren, die Lebensgrundlage der Menschheit und damit auch die der Klägerin bedrohende Zerstörung bzw. Schädigung der Pflanzen- und Tierwelt bedroht. Mit dem Beginn der Bauarbeiten zur Errichtung des genehmigten Funkmasts und damit einer irreversiblen Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin sei jederzeit zu rechnen. Ein Interesse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen an einem sofortigen Vollzug der Genehmigung sei nicht ersichtlich, da die von der Beigeladenen zu erfüllende Mobilfunkversorgungsleistung von 100 Mbits/s an dem streitgegenständlichen Standort bereits bestehe.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Baugenehmigung sei rechtmäßig ergangen und Normen, die zum Drittschutz bestimmt sind, seien nicht verletzt worden. Weder könne die Antragstellerin eine Rechtverletzung mit Rekurs auf das Naturschutzrecht für sich ableiten, noch sei auf das Landesentwicklungsprogramm und das Waldgesetz abzustellen. Ein Anordnungsanspruch sei nicht zu erkennen.
Die Beigeladene hat sich mit Schriftsatz vom 21. Juni 2021 zur Sache schriftlich geäußert und beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zurückzuweisen.
Die Klage sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin als Mieterin nicht gemäß § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt sei. Zudem sei die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Eine Verletzung sei bereits aufgrund der Entfernung des Funkmasts zu dem streitgegenständlichen Grundstück von ca. 1 Kilometer ausgeschlossen. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Betroffenheiten berührten ausschließlich öffentliche Interessen, die sie prozessual nicht wahrnehmen könne.
Mit Schreiben vom … Juli 2021 ergänzte die Antragstellerin ihre Ausführungen zu den Klage-, Widerspruchs- und Antragsbegründungen. Die Entfernung zwischen der Wohnung der Antragstellerin und dem streitgegenständlichen Funkturm betrage 430 Meter. Von dem Haus, in dem die Antragstellerin wohne, habe sie freie Sicht auf den Funkmast und sei nicht durch Bebauung oder durch einen Waldstreifen geschützt. Durch die Hanglage liege das von der Antragstellerin bewohnte Haus gegenüber der in Richtung Funkturm vorgelagerten Bebauung der … straße um ca. 3 Meter erhöht, sodass der Blick aus der Wohnung über deren sehr gelockerte Bebauung hinweggehe. Zwischen dem streitgegenständlichen Funkmast und der Wohnung befinde sich an beiden Seiten des Inns ein schmaler Auwaldstreifen. Die dort befindlichen Bäume seien aber deutlich niedriger als die Montagehöhe der Funkantennen. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB schütze nicht nur Eigentümer, sondern auch Nutzer der Grundstücke der Nachbarschaft. Es komme nicht darauf an, wer Eigentümer oder Nutzer der Nachbargrundstücke sei, sondern vielmehr auf die bei den Nachbargrundstücken zu erwartende Strahlenbelastung bei einer persönlichen Betroffenheit. Zudem führe die Erhöhung des oxidativen Stresses durch Mobilfunkanlagen bei der Antragstellerin zu spürbaren Symptomen wie Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Verkrampfung, Nervosität und Schlaflosigkeit, die, wenn sie länger und verstärkt auftreten, zu einer reduzierten Belastbarkeit der Antragstellerin führen würden, was die Gefahr einer Berufsunfähigkeit mit sich bringe und sie somit in ihrem Recht aus Art. 12 GG verletzt sei.
Mit am 28. August 2021 eingegangenem Schriftsatz verwies die Antragstellerin zudem auf ein Review des Arbeitskreises Zukunft der Wissenschaft und Technologie des Europäischen Parlaments aus dem Juli 2021 über die Auswirkungen von 5G auf die Gesundheit. Danach ergebe die Auswertung diverser Studien, dass eine krebserregende Wirkung bei Menschen wahrscheinlich sei. Weiterhin verwies die Antragstellerin auf ein Urteil des US-Bundesgerichts von Columbia vom 13. August 2021. Danach habe das Gericht den Petitionen zahlreicher Organisationen und Privatpersonen gegen die oberste US-Strahlenschutzbehörde stattgegeben, mit denen eine Überprüfung der Angemessenheit der in den USA geltenden Strahlenschutzrichtlinien eingefordert worden sei. Die Strahlenschutzbehörde sei ihrer Verpflichtung darzulegen, dass die aktuellen Richtlinien angemessen gegen die schädlichen Effekte von hochfrequenter elektromagnetischer Strahlen schützen würden, nicht nachgekommen. Das US-Bundesgericht von Columbia habe sein Urteil damit begründet, dass es aufgrund der von den Petenten zitierten Forschungsergebnissen ernsthafte Zweifel an der Angemessenheit der Strahlenschutzrichtlinien habe. Aus der Entscheidung ergebe sich, dass in den USA inzwischen erhebliche Zweifel an der Angemessenheit der im Mobilfunkbereich geltenden Grenzwerte bestünden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses sowie des Hauptsacheverfahrens M 1 K 21.302 und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 18. Januar 2021 nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ist zulässig, da die Antragstellerin insbesondere antragsbefugt ist.
Nach § 42 Abs. 2 VwGO, der auch im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes analog anzuwenden ist, ist die Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Antragsbefugnis reicht bereits das Vorbringen der Antragstellerin, dass eine Rechtsverletzung möglich ist. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung aber nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20, 22). Eine Norm des Baurechts ist immer dann drittschützend, wenn sie nicht ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der städtebaulichen Ordnung, sondern zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dienen soll. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei neben dem Gesetzeswortlaut auch der Sinn und Zweck der Norm sowie ihre Entstehungsgeschichte zu berücksichtigen sind.
Der Antragstellerin stehen mehrere behauptete Abwehrrechte gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht zu, da die Normen entweder nicht drittschützend sind oder sie sich nicht auf diese berufen kann.
a) Die Regelungen zum gemeindlichen Einvernehmen gem. § 36 BauGB sind weder nachbarschützend noch schützen sie private Belange (BVerwG, B.v. 7.5.1997 – 4 B 73.97 – juris). Die Vorschriften dienen vielmehr der aus der gem. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG herzuleitenden grundgesetzlich geschützten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und sind lediglich für die Gemeinde drittschützend (BVerwG, U.v. 14.02.1969 – IV C 215/65 – juris Rn. 14).
b) Auch aus Art. 57 GO kann die Antragstellerin kein Recht auf Schutz ihrer Gesundheit und Recht auf Fürsorge gegenüber der Gemeinde herleiten, da die Norm nicht drittschützend ist. Art. 57 GO ergänzt in seinen Absätzen 1 und 2 die Art. 1, 6 und 7 GO, ohne jedoch die Aufgabengebiete des eigenen Wirkungskreises abschließend aufzuzählen (Wachsmuth in PdK Bay B-1, Art. 57 GO). Die Norm ist Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde und dient nicht dazu, Individualinteressen zu schützen.
c) Ein Drittschutz aus den Normen zur Aufstellung von Bauleitplänen, insbesondere aus der von der Antragstellerin genannten Norm des § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a und c BauGB ergibt sich nicht. Diese Normen betreffen lediglich die Aufstellung von Bauleitplänen. Ein solcher liegt hier nicht vor.
d) Die Antragstellerin kann auch nicht die Verletzung eigener Rechte durch vermeintliche Verstöße gegen die Regionalplanung, die Landschaftsschutzverordnung sowie das Natur-, Wald- und Klimagesetz durch die Erteilung der Baugenehmigung geltend machen. Die Normen des Bundesnaturschutzgesetzes, des Bayerischen Naturschutzgesetzes, des Waldschutzgesetzes und des Klimaschutzgesetzes entfalten ebenso wenig wie der Regionalplan und die Landschaftsschutzverordnung nachbarschützende Wirkung. Die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind dem öffentlichen Interesse zuzuordnen. Durch das Naturschutzrecht werden nur die Interessen der Allgemeinheit geschützt und es ist nicht dazu bestimmt, dem Schutz Dritter zu dienen (VG München, B.v. 3.11.2005 – M 9 E 05.3590 – juris Rn. 32). Auch der Tier- und Pflanzenschutz verfolgt vielmehr das Ziel des Gemeinwohls (BVerwG, U.v. 17.1.2001 – 6 CN 3.00 – juris Rn. 8). Der verfassungsrechtlich verankerte Umweltschutz als Staatsziel begründet kein Abwehrrecht. Es handelt sich ausschließlich um objektiv-rechtlich zu verstehende Verfassungssätze ohne anspruchsbegründende Wirkung. Ein “Grundrecht auf Umweltschutz” existiert nicht (BayVGH, B.v. 27.7.2010 – 15 CS 10.37 – juris Rn. 25).
e) Der Antragstellerin fehlt es auch insoweit an einer Antragsbefugnis, als sie geltend macht, das streitgegenständliche Vorhaben verletze ihr Recht auf Rücksichtnahme, weil von dem Funkmast schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ausgingen. Zwar hat § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB grundsätzlich, auch in Verbindung mit dem Gebot der Rücksichtnahme, drittschützende Wirkung. Die Antragstellerin als Mieterin kann sich jedoch nicht auf diese Norm berufen.
Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts kann grundsätzlich nur der jeweilige – zivilrechtliche – Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in Anspruch nehmen. Denn das Bebauungsrecht regelt die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke. Es ist grundstücks-, nicht personenbezogen. Zu den Aufgaben des Bauplanungsrechts gehört es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Indem es in dieser Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte zielt, bestimmt es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Demgemäß beruht bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Grundstücksnachbarn durchsetzen. Dem Eigentümer gleichzustellen ist, wer in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich berechtigt ist. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet (Mieter, Pächter usw.), hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht (BVerwG, U.v. 11. Mai 1989 – 4 C 1/88 – juris Rn. 43).
Nichts Anderes gilt, soweit sich die Antragstellerin auf ein aus dem Immissionsschutzrecht folgendes Abwehrrecht beruft. Denn das Immissionsschutzrecht ist nicht unmittelbar Prüfungsgegenstand im Baugenehmigungsverfahren. Lediglich bei der Frage, ob das Vorhaben den Anforderungen des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots genügt, ist darauf abzustellen, welche Einwirkungen die Betroffene nach den Wertungen des Immissionsschutzrechts hinzunehmen hat (BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22/75 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 20.4.2000 – 4 B 25/00 – juris Rn. 8 m. w. N.). Nachdem das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme weder ein eigenständig zu prüfendes Zulässigkeitserfordernis (BVerwG, B.v. 25.9.2003 – 4 B 68/03 – juris Rn. 4) noch eine allgemeine Härteklausel ist, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist (BVerwG, B. v. 11.1.1999 – 4 B 128/98 – juris Rn. 6), reicht der durch das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme vermittelte Nachbarschutz nicht weiter, als der sich aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts ergebende Nachbarschutz (BayVGH, B.v. 11.8.2014 – 15 CS 14.740 – juris Rn. 18). Da die Antragstellerin Mieterin der streitgegenständlichen Wohnung ist, kann sie sich als lediglich obligatorisch Berechtigte nicht auf die Verletzung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots berufen.
f) Die Antragsbefugnis kann weiterhin nicht aus einer etwaigen Verletzung von Art. 12 GG oder Art. 13 GG hergeleitet werden, da eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit oder der Unverletzlichkeit der Wohnung durch die Errichtung des Funkmasts in 740 Metern Entfernung bereits von vornherein nicht in Betracht kommt.
g) Die Antragstellerin kann auch einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 BEMFV nicht geltend machen. Zwar haben die Normen der BEMFV nachbarschützende Wirkung (BayVGH, B.v. 24.3.2004 – 21 CS 03.1536 – BeckRS 2004, 33998). Die Antragstellerin kann sich aber in diesem Verfahren nicht darauf berufen. Liegt nämlich eine entsprechende Standortbescheinigung vor, dann sind die immissionsfachlichen und gesundheitlichen Aspekte durch die hierfür zuständige Bundesnetzagentur geklärt und folglich im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren nicht weiter zu prüfen (BayVGH, U.v. 23.11.2011 – 14 BV 10.1811 – juris Rn. 60). Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Antragstellerin zunächst Widerspruch und anschließend Klage gegen die Standortbescheinigung erhoben hat (Az. M 28 K 21.3469), über die noch nicht entschieden ist. Die Standortbescheinigung ist nicht der inzidenten Überprüfung im vorliegenden Verfahren gegen die Baugenehmigung zugänglich, da das Verfahren über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der BEMFV einer anderen Behörde, namentlich der Bundesnetzagentur obliegt, §§ 5 Abs. 2 Satz 1, 14 Satz 1 BEMFV (VG Koblenz, U.v. 01.03.2011 – 1 K 1099/10 – BeckRS 2011, 49011). Deshalb kann sich die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren auch nicht mit Erfolg auf die Möglichkeit des Einsatzes adaptiver Antennen berufen. Selbstverständlich haben auch diese die Grenzwerte der 26. BImSchV einzuhalten, was in o.g. Verfahren nach dem BEMFV zu prüfen ist.
h) Durch das Vorbringen der Antragstellerin besteht damit lediglich die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, § 42 Abs. 2 VwGO analog.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 18. Januar 2021 nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ist unbegründet. Die Klage der Antragstellerin wird in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben, da die angefochtene Baugenehmigung vom 17. Dezember 2020 die Antragstellerin bei summarischer Prüfung nicht in ihren Rechten verletzt, sodass das Vollzugsinteresse überwiegt.
Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Erhebt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung Anfechtungsklage, so kann das Gericht der Hauptsache nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn die vorzunehmende, eigene Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Maßgeblich dafür sind in erster Linie die Erfolgsaussichten der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt nach gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig, so ist die Vollziehung regelmäßig auszusetzen, da an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erscheint der Verwaltungsakt nach vorläufiger Betrachtung hingegen als voraussichtlich rechtmäßig, so überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse am Vollzug rechtmäßiger Verwaltungsakte das Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen Nichtvollziehung der Maßnahme.
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin in der Hauptsache voraussichtlich unterliegen wird.
Die Antragstellerin ist nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt. Anhaltspunkte für eine schwere Gesundheitsschädigung durch eine die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschreitende Immissionsbelastung aufgrund der vom streitgegenständlichen Funkmast ausgehenden Strahlung ergeben sich nicht. Von dem Mobilfunkmasten gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG aus.
Auf die Errichtung und den Betrieb von Hochfrequenzanlagen finden die Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) und die BEMFV Anwendung. In der nach § 4 Abs. 1 BEMFV für die streitgegenständliche Mobilfunkanlage notwendigen Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 5. Juni 2020 wird bestätigt, dass außerhalb eines standortbezogenen Sicherheitsabstandes (§ 5 Abs. 1 und 2 BEMFV), der in der Hauptstrahlrichtung horizontal 19,30 m und vertikal 4,75 m bei einer Montagehöhe der Anlage von 32,50 m über Grund beträgt, die für den Betrieb der Antennen festgelegten Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 26. BImSchV i.V.m. § 3 BEMFV eingehalten sind. Folglich werden diese Grenzwerte insbesondere auch in der ca. 740 Meter entfernten Wohnung der Antragstellerin nicht überschritten, da die Stärke elektromagnetischer Felder mit zunehmender Entfernung vom Funkmast abnimmt. Die Entfernung der Wohnung zum Mast ergibt sich aus der vom Gericht eigens vorgenommenen Vermessung über das Vermessungstool geoportal.bayern.de. Das Vorbringen der Antragstellerin legt nicht dar, weshalb sie gleichwohl konkreten schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sein soll, obwohl sich ihre Wohnung weit außerhalb des für Hochfrequenzanlagen nach der 26. BImSchV zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen errechneten Einwirkungsbereichs befindet.
Die Antragstellerin konnte bei der Kammer keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grenzwerte der 26. BImSchV hervorrufen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die in der 26. BImSchV normierten Anforderungen an den Betrieb von Hochfrequenzanlagen die Pflicht des Staates zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor schädlichen Umwelteinwirkungen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen.
Die Antragstellerin verweist auf eine vom Bundesamt für Strahlenschutz (im Folgenden: BfS) in Auftrag gegebene Kontrollstudie einer bereits im Jahr 2010 vom Fraunhofer Institut durchgeführten Pilotstudie. Im Rahmen der beiden Studien wurden trächtigen Mäusen der Tumorintitiator Ethylnitrosoharnstoff verabreicht und zusätzlich mit einem hochfrequenten elektromagnetischen Feld nach dem UMTS Standard chronisch ganzkörperexponiert. Damit sollte überprüft werden, ob hochfrequente elektromagnetische Felder krebsfördernd wirken, ohne selbst Krebs auslösen zu können. Die Ergebnisse beider Studien zeigen in dem gewählten Mausstamm übereinstimmend eine tumorwachstumsfördernde Wirkung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern für bestimmte Tumore bei gleichzeitigem Vorliegen einer krebserregenden Substanz. Die hochfrequente elektromagnetische Felder-Exposition alleine löste keine Tumore aus. Hochfrequente elektromagnetische Felder waren auch nicht an der Tumorentstehung beteiligt, sondern beschleunigten das Tumorwachstum, als der Krebs bereits entstanden war. Die tumorwachstumsfördernde Wirkung zeigte sich hauptsächlich für Lungen- und Lebertumore im verwendeten Mausstamm. Laut eigenen Angaben des BfS ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse der Studie auf den Menschen aber nicht möglich, da die Exposition des Menschen völlig andere körperinterne Feldverteilungen zur Folge hat. In der Gesamtschau der vorliegenden Studienergebnisse geht das BfS daher nicht von einer tumorwachstumsfördernden Wirkung durch hochfrequente elektromagnetischer Felder beim Menschen aus. Auch durch eine weitere Studie des BfS, auf die die Antragstellerin Bezug nimmt, konnten die Hinweise auf eine mögliche krebserregende Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder nicht bestätigt werden. Das BfS hat festgestellt, dass nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch hochfrequente Felder – etwa aus dem Mobilfunk – zu erwarten sind, wenn die Grenzwerte eingehalten werden. Wenn das BfS bis zur Klärung von offenen Fragen zu biologischen und möglichen gesundheitlichen Wirkungen auch unterhalb der Grenzwerte dazu rät, die individuelle Belastung vorsorglich zu verringern, so handelt es sich hierbei um allgemeine Lebenshinweise und nicht um wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine negative Wirkung auf den Menschen belegen.
Auch die Studie des International Journal of Molecular Sciences, durchgeführt von D. S. und M. M., nach der elektromagnetische Felder zu oxidativem Stress führen sollen, kann keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grenzwerte hervorrufen. Die Ausführungen basieren hauptsächlich auf den Ergebnissen von Tierstudien, insbesondere mit Mäusen. Diese Ergebnisse können aber nicht auf den Menschen übertragen werden. Es wird angegeben, dass gesundheitliche Auswirkungen, insbesondere auf Personen mit Vorerkrankungen, wahrscheinlich sind. Einzelne Vulnerabilitäten können aber nicht berücksichtigt werden. Nach eigenen Angaben der Autoren bedarf es noch weiterer Untersuchungen, um genaue Erkenntnisse über die Wirkung elektromagnetischer Felder zu erhalten.
Dieses Ergebnis wird auch durch das Review des Arbeitskreises Zukunft der Wissenschaft und Technologie des Europäischen Parlaments über die gesundheitlichen Auswirkungen von 5G, verfasst von Dr. F. B., bestätigt. Das Review kommt zu der Schlussfolgerung, dass hinsichtlich der krebserregenden Wirkungen von hochfrequenten Strahlen bei Menschen im Frequenzbereich FR1 450 MHz – 6000 MHz nur ein begrenzter Nachweis vorliegt, in der Bandbreite 24 GHz bis 1000 GHz erlaubten die wenigen Daten keine Evaluation (6.1.1 bzw. 6.2.1 des Reviews). Zusammenfassend wird ausgeführt (6.3.1), dass hochfrequente Strahlung im Bereich 450 MHz – 6000 MHz voraussichtlich Krebs hervorrufen kann; im Frequenzbereich 24 GHz – 1000 GHz lagen keine ausreichenden Studien vor. Bei diesen Aussagen wird nicht zwischen den verschiedenen Strahlenquellen differenziert. An anderer Stelle (executive summary, 8.1) wird ausgeführt, dass Mobilfunktelefone die größte Gefahr darstellten, während Masten von manchen Menschen als größte Gefahrenquelle wahrgenommen würden. Studien hätten beobachtet, dass eine statistisch relevante Zunahme an Gehirntumoren und Schwannzellentumoren bei Menschen auftritt, die sehr oft Mobiltelefone benutzen. Das Review gibt damit gerade keinen Anlass, die bisherigen Erkenntnisse in Frage zu stellen.
Schließlich führt auch die Entscheidung des US-Bundesgerichts von Columbia vom 13. August 2021 zu keinem anderen Ergebnis. Nach Auffassung der Kammer ist schon nicht ersichtlich, inwieweit ein USamerikanisches Urteil, das den Petitionen von Organisationen und Privatpersonen gegen die oberste US-Strahlenschutzbehörde, die Angemessenheit der in den USA geltenden Strahlenschutzrichtlinien zu überprüfen, stattgab, für das hiesige Verfahren von Bedeutung sein kann.
Auch wenn bei der Antragstellerin erst kürzlich eine Tumorerkrankung festgestellt wurde, kann dies dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen, weil durch die von der Antragstellerin vorgelegten Studien kein hinreichender Zusammenhang zwischen der Erkrankung und hochfrequenten elektromagnetischen Feldern nachgewiesen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grenzwerte der 26. BImSchV verfassungsgemäß und nicht zu beanstanden (BVerwG, U.v. 12.11.2020 – 4 A 13/18 – juris Rn. 44 m.w.N.). Die staatliche Schutzpflicht ist nicht bereits dann verletzt, wenn einzelne Stimmen im fachwissenschaftlichen Schrifttum ein schärferes Vorgehen des Staates, etwa in Form strengerer Grenzwerte oder weitergehender Vorsorgepflichten, verlangen (VG München, B. v. 27.2.2017 – M 8 SN 17.496 – juris Rn. 21). Liegen noch keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse über komplexe Gefährdungslagen – wie hier den schädlichen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder – vor, verlangt die staatliche Schutzpflicht auch von den Gerichten nicht, ungesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Hilfe des Prozessrechts durch Beweisaufnahmen zur Durchsetzung zu verhelfen oder die Vorsorgeentscheidung des Verordnungsgebers unter Kontrolle zu halten und die Schutzeignung der Grenzwerte jeweils nach dem aktuellen Stand der Forschung zu beurteilen, oder gar einen aktuellen Stand der Forschung erst im Gerichtsverfahren zu schaffen. Es ist vielmehr Sache des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen treffen zu können. Dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht und die obergerichtliche Rechtsprechung, namentlich auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, angeschlossen (BVerwG, U.v. 21.9.2010 – 7 A 7/10 – juris Rn. 17f.; B.v. 26.9.2013 – 4 VR 1/13 – juris; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 3.7.2014 – OVG 6 S 26.14 – juris Rn. 7f.; BayVGH, B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 13.612 – Rn. 9).
Da das Vorhaben mithin dem Stand der Technik entspricht und die Wohnung der Antragstellerin zudem auch in erheblicher Distanz zur Grenze der Sicherheitsabstände für hochfrequente Felder gelegen ist, sind vorhabenbedingte schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu besorgen. Der Antrag war deshalb abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Antragstellerin als unterliegende Partei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die mit ihrem Antrag das Risiko einer eigenen Kostenpflicht übernommen hat.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es erscheint angemessen, den für die Hauptsache anzunehmenden Streitwert von EUR 10.000,00 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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