Baurecht

Nachbarklage gegen Notfallunterkünfte für Asylbewerber wegen Lärmimmissionen und Verstoßes gegen Brandschutzvorschriften

Aktenzeichen  M 8 K 17.1285

Datum:
5.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 5871
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1, § 246 Abs. 9 u. Abs. 10
BayBO Art. 12

 

Leitsatz

1 Bezüglich etwaiger von einer Asylbewerberunterkunft ausgehender Lärmemissionen ist festzustellen, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen des § 246 Abs. 9 BauGB und insbesondere auch des § 246 Abs. 10 BauGB – Zulässigkeit von Asylbewerberunterkünften bis zum 31.12.2019 auch in Gewerbegebieten – davon ausgegangen ist, dass das Schutzniveau der Bewohner solcher Einrichtungen dem in Gewerbegebieten üblicherweise hinzunehmenden Lärmimmissionen unterworfen ist. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
2 Brandschutzvorschriften dienen mittelbar dem Schutz der Umgebung, damit auch den Interessen der Nachbarn. Die Vorschriften, die das Übergreifen von Feuer auf Nachbargebäude verhindern sollen, sind als nachbarschützend anzusehen. Das gilt insbesondere für die Vorschriften über die Brandwände als Gebäudeabschlusswände und Öffnungen in diesen Brandwänden. Nicht nachbarschützend sind die allgemeinen Anforderungen an den Brandschutz in Art. 12 BayBO und alle diejenigen Brandschutzanforderungen, die nur dem Schutz der Bewohner und Benutzer des Gebäudes dienen.   (Rn. 69 – 70) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig.
Das Gericht geht – wie die Beteiligten – davon aus, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung – geändert durch die Nachgangsbescheide vom 28. Oktober 2015, 10. Dezember 2015, 16. November 2016 und zuletzt vom 14. März 2017 nur mehr in dieser Fassung existiert, weshalb der in der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2017 gestellte Antrag nicht zu beanstanden ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2015 in der Fassung der Nachgangsbescheide vom 10. Dezember 2015, 16. November 2016 und 14. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
I.
1. Hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für Anfechtungsklagen – wie im hier anhängigen Hauptsacheverfahren – zwar für den Regelfall anerkannt, dass auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist (vgl. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 45). Als Ausnahme von diesem Regelfallbeurteilungszeitpunkt ist jedoch für baurechtliche Nachbarklagen anerkannt, dass bei einer für den beigeladenen Bauherren nachträglich geänderten günstigeren Rechtslage auf diese abzustellen ist (Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 53 a.E.; vgl. auch BVerwG, B.v. 23.4.2010 – 4 B 40/98 – juris Rn. 3; B.v. 8.11.2010 – 4 B 43/10 – juris Rn. 9). Damit kommt vorliegend das Baugesetzbuch in der Fassung zur Anwendung, die es durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl. I S. 1748) mit Wirkung ab dem 26. November 2011 und zuletzt durch Art. 6 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) mit Wirkung vom 24. Oktober 2015 erhalten hat, zur Anwendung.
2. Die Baugenehmigung vom 28. Oktober 2015, i.d.F.der Nachgangsbescheide vom 10. Dezember 2016, 16. November 2016 und 14. März 2017 wurde zutreffend für einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 Bayerische Bauordnung (BayBO) erteilt, so dass das umfassende Prüfprogramm des Art. 60 Satz 1 BayBO zur Anwendung kommt.
3. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungs-verfahren zu prüfen waren (BayVGH, a.a.O.).
II.
1. Dem Kläger steht gegen das Bauvorhaben des Beigeladenen kein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs zu.
1.1 Die planungsrechtliche Zulässigkeit des streitbefangenen Vorhabens richtet sich nach § 35 Abs. 1 BauGB, da für den Bereich, in dem das streitgegenständliche Grundstück liegt, kein qualifizierter Bebauungsplan gilt und das Grundstück auch nicht innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegt.
1.2 Da das Vorhaben im Außenbereich, das klägerische Grundstück demgegenüber in einem Bereich, in dem durch qualifizierten Bebauungsplan Nr. … „Gewerbegebiet“ festgesetzt ist, liegt, kann sich der Kläger gegen das Vorhaben nicht mit Erfolg auf den allgemeinen bauplanungsrechtlichen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Dieser ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind und setzt voraus, dass die Grundstücke in einem festgesetzten oder faktischen Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung liegen (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 – juris Rn. 13). Der Gebietsbewahrungsbzw. Gebietserhaltungsanspruch wurde vom Bundesverwaltungsgericht im vorgenannten Urteil vom 16. September 1993 als neues Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes begründet und zunächst aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 Baugesetzbuch (BauGB) hergeleitet, später dann direkt aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG); BVerwG, U.v. 23.8.1996 – 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 – juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 26.5.2008 – 1 CS 08.881/882, BauR 2008, 1556 – juris Rn. 28). Er gewährt dem Eigentümer eines Grundstückes hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht und zwar unabhängig davon, ob die zugelassene gebietswidrige Nutzung des Nachbarn ihn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht (BayVGH, U.v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211, BayVBl 2013, 51 – juris Rn. 27 m.w.N.). Alleine die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet (BVerwG, U.v. 16.9.1993 a.a.O.; U.v. 23.8.1996 a.a.O.; B.v. 18.12.2007 – 4 B 55/07, BayVBl 2008, 583 – juris Rn. 5). Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (BVerwG, U.v. 11.5.1989 – 4 C 1.88, BVerwGE 82, 61 – juris Rn. 43; B.v. 18.12.2007 a.a.O.). Durch Festsetzungen eines Bebauungsplanes über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümern diesen Beschränkungen unterworfen sind (BVerwG, U.v. 16.9.1993 a.a.O.; B.v. 18.12.2007 a.a.O.). Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebietes – unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung – verhindern können (BayVGH, U.v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211, BayVBl 2013, 51 – juris Rn. 27; U.v. 9.10.2012 – 2 ZB 11.2653 – juris Rn. 4).
1.3 Vorliegend fehlt es aber am wechselseitigen Austauschverhältnis zwischen dem Grundstück des Klägers und dem Grundstück der Beklagten, da das Vorhaben auf einem Grundstück errichtet werden soll, das bislang im Außenbereich liegt, weshalb sich daher die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB i.V.m. § 246 Abs. 9 BauGB und nicht nach § 30 Abs. 1 BauGB und auch nicht nach § 34 BauGB beurteilt. An der Beurteilung der bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB – die von der Klagpartei auch nicht bestritten wird – kann im Hinblick darauf, dass sich östlich der Bebauung auf der Ostseite der … Straße über mehrere hundert Meter – sowohl in Ost-West-Richtung als auch in Nord-Süd-Richtung – bislang keine Bebauung befindet, kein Zweifel bestehen.
2. Der Kläger macht geltend, er werde in seinem Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, da die Gefahr bestehe, dass infolge der fehlenden ordnungsgemäßen Erschließung des Vorhabensgrundstücks ein Notwegerecht über sein Grundstück entstehe.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Nachbar mit Erfolg eine Baugenehmigung anfechten, wenn diese dazu führt, dass der Bauherr zur wegemäßigen Erschließung ein Notwegerecht über das Grundstück des Nachbars in Anspruch nimmt (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1976 – IV C 7.74 – juris Rn. 20 m.w.N.). Wird durch eine Baugenehmigung einem Nachbarn rechtswidrig die Duldung eines Notwegerechts aufgezwungen, so liegt darin ein von der Baugenehmigung ausgehender Angriff auf das Eigentum des Nachbarn, der von öffentlich-rechtlicher Qualität ist und gegen den sich dementsprechend auch ein öffentlich-rechtlicher Abwehr- und Beseitigungsanspruch des Nachbars richtet, der vor den Verwaltungsgerichten durchzusetzen ist (vgl. BVerwG a.a.O.). Die Notwendigkeit, dem Eigentümer einen vor den Verwaltungsgerichten durchsetzbaren öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch zuzubilligen, folgt daraus, dass die Baugenehmigung, sollte sie bestandskräftig werden, wegen der von ihr ausgehenden Feststellungswirkung zu seinem Nachteil auf die im Zivilprozess zu beurteilende Rechtslage von Einfluss wäre. Würde eine notwegerhebliche rechtswidrige Baugenehmigung bestandskräftig, so könnte die Ordnungsmäßigkeit der Benutzung im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB gleichwohl aus diesem Grunde nicht mehr in Frage gestellt werden (BayVGH, B.v. 24.10.1996 – 2 B 94.3416 – BayVBl. 1997, 758, 759 m.w.N.). Darin liegt, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist, ein vom öffentlichen Recht ausgehender Eingriff in das Eigentum, gegen den sich der Betroffene mit den Rechtsbehelfen des öffentlichen Rechts wehren kann (BVerwG, U.v. 26.3.1976 – IV C 7.74 – juris Rn. 27).
2.1 Dem Vorhabensgrundstück fehlt es – jedenfalls nicht mehr – an einer ordnungsgemäßen Erschließung. Es müssen die allgemeinen Anforderungen an die straßenmäßige Erschließung erfüllt sein. Für eine wegebzw. straßenmäßige Erschließung ist allgemein zu fordern, dass das Baugrundstück einen gesicherten Zugang zu einer öffentlichen Straße hat, die eine Zufahrt von Kraftfahrzeugen einschließlich öffentlicher Versorgungsfahrzeuge (Müllabfuhr, Feuerwehr, Krankenwagen) erlaubt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, Baugesetzbuch, 115. EL 2014, § 30 Rn. 46). Diese straßenmäßige Erschließung muss gesichert sein.
Aufgrund des Nachgangsbescheides vom 14. März 2017 mit dem auch der Freiflächengestaltungsplan (Plan-Nr. …*) zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurde, ist die planungsrechtliche Erschließung über die im Eigentum der Beklagten stehende Fl.Nr. … gesichert.
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 1990 – 4 C 45/88 – juris – kann die ausreichende Erschließung eines „sonstigen Vorhabens“ im Außenbereich bei dessen tatsächlich vorhandener Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz über ein der Gemeinde gehörendes Wegegrundstück trotz des Fehlens einer Widmung oder anderer förmlicher Sicherungen ausnahmsweise dann rechtlich gesichert sein, wenn die Gemeinde aus Rechtsgründen dauernd gehindert ist, den Anliegerverkehr zum Baugrundstück zu untersagen.
Dies muss erst Recht gelten, wenn – wie vorliegend – die Gemeinde sowohl Bauherr als auch Eigentümer des nicht gewidmeten Wegegrundstücks ist. Die Mindestanforderungen an die Sicherung einer ausreichenden Erschließung bestimmen sich jeweils nach Art und Umfang des konkreten Vorhabens (BVerwG, U.v. 30.8.1985 – 4 C 48/81 – juris).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Erschließung über die 3 m breite Fl.Nr. … als „gesichert“ anzusehen. Die im Vorhaben unterzubringenden Asylbewerber verfügen grundsätzlich nicht über Kraftfahrzeuge, sodass sich die Frage der planungsrechtlichen Erschließung vorliegend nur im Hinblick auf die Ver- und Entsorgung bzw. auf die Erreichbarkeit des Vorhabensgrundstücks für Kraftfahrzeuge der Polizei, Feuerwehr und des Rettungswesens – und allenfalls einiger weniger dort Beschäftigter – stellt.
Im Hinblick darauf ist die Breite des Zufahrtsweges von 3 m nicht zu beanstanden (vgl. Ziff. III.2 der Richtlinien für die Feuerwehr des Kreisverwaltungsreferates der Beklagten v. Mai 2016). Ein etwaiger Begegnungsverkehr von Ver- und Entsorgungsfahrzeugen kann ohne weiteres über eine entsprechende Ampelanlage geregelt werden. An der ausreichenden planungsrechtlichen Erschließung für das hier streitgegenständliche Vorhaben bestehen daher keine Zweifel, sodass der Kläger auch nicht die Entstehung eines Notwegerechtes befürchten muss.
3. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt auch nicht gegen das in § 35 Abs. 3 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot.
Es ist weder geltend gemacht worden noch ersichtlich, dass von dem Vorhaben Lärmeinwirkungen zu befürchten sind, die dem Kläger gegenüber rücksichtslos wären; auch ist nicht zu erwarten, dass sich das Vorhaben vom Grundstück des Klägers ausgehenden unzumutbaren Lärmeinwirkungen aussetzt, die Einschränkungen für die gewerblichen Nutzungen des klägerischen Grundstücks erwarten lassen.
Dies ergibt sich schon aus der Situierung des Vorhabens gegenüber dem Grundstück des Klägers. Das Vorhaben ist gegenüber dem klägerischen Grundstück bzw. den hierauf errichteten Gebäuden nach Süd-Osten um 30 m – 40 m versetzt. Aufgrund der E-förmigen Gestaltung der Notfallunterkünfte sowie der Ausrichtung der Freizeitanlagen nach Osten bzw. Süd-Osten hin ist nicht damit zu rechnen, dass für ein Gewerbegebiet nicht zumutbare Lärmimmissionen auf das Grundstück des Klägers einwirken.
Bezüglich etwaiger – vom klägerischen Grundstück ausgehenden – Lärmemissionen ist festzustellen, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen des § 246 Abs. 9 BauGB und insbesondere auch des § 246 Abs. 10 BauGB – Zulässigkeit von Asylbewerberunterkünften bis zum 31. Dezember 2019 auch in Gewerbegebieten – davon ausgegangen ist, dass das Schutzniveau der Bewohner solcher Einrichtungen dem in Gewerbegebieten üblicherweise hinzunehmenden Lärmimmissionen unterworfen ist.
Insoweit ist nicht zu befürchten, dass der Kläger aufgrund des Vorhabens im Lichte des Rücksichtnahmegebotes Einschränkungen für seine gewerblichen Nutzungen wird hinnehmen müssen.
4. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg die Verletzung von – im Prüfprogramm enthaltener (Art. 60 BayBO) – bauordnungsrechtlicher Vorschriften geltend machen.
4.1 Soweit die Beklagte im Bescheid vom 14. März 2017 eine Abweichung von Art. 4 Abs. 1 BayBO erteilt hat ist festzustellen, dass Art. 4 BayBO keinen Nachbarschutz vermittelt (BayVGH, B.v. 22.1.2010 – 14 B 08.887; Simon/ Busse, Komm. zur BayBO, Art. 4 Rn. 24). Der Kläger kann daher im Rahmen des Art. 63 BayBO lediglich geltend machen, dass ihn die Abweichung in seinen nachbarlichen Interessen verletzt.
Dies ist aber – wie oben unter 3. dargestellt – nicht der Fall.
Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Begriffe der „planungsrechtlich gesicherten Erschließung“ und der „bauordnungsrechtlich ausreichenden Zugänglichkeit eines Grundstücks“ nicht gleichzusetzen sind, auch wenn ein sachlicher Zusammenhang besteht.
Landesrechtliche Regelungen über die Zugänglichkeit von Grundstücken können insofern Bedeutung erlangen, als sie das bundesrechtliche Erfordernis ergänzen (BVerwG, U.v. 3.5.1988 – 4 C 54.85 – juris).
Da – wie oben unter 3. dargestellt – vorliegend die Erschließung des Grundstücks im Wesentlichen nur im Hinblick auf Ver- und Entsorgungsfahrzeuge sowie Einsatzfahrzeuge der Polizei des Rettungswesens und der Feuerwehr notwendig ist, private Fahrzeuge der Bewohner diesen Weg nicht als Zufahrt benutzen werden und können, ist nicht ersichtlich, inwieweit die hier erteilten Abweichungen die Interessen des Klägers verletzen könnten.
Dies gilt auch, soweit davon auszugehen ist, dass der Zufahrts Weg von Betreuern mit Kraftfahrzeugen benutzt wird. Auch hier sind nur vereinzelte Fahrbewegungen und kein Dauerverkehr zu erwarten, sodass die Regelung des Begegnungsverkehrs über eine Ampelanlage auch insoweit ausreichend ist, weshalb eine Rechtsverletzung des Klägers nicht erkennbar ist.
4.2. Soweit der Kläger geltend macht, dass aufgrund der gegebenen Umstände Brandschutzvorschriften nicht ausreichend berücksichtigt werden und deren Verletzung nachbarrelevant sei, ist Folgendes festzustellen:
Brandschutzvorschriften dienen mittelbar dem Schutz der Umgebung, damit auch den Interessen der Nachbarn. Die Vorschriften, die das Übergreifen von Feuer auf Nachbargebäude verhindern sollen, sind als nachbarschützend anzusehen. Das gilt insbesondere für die Vorschriften über die Brandwände als Gebäudeabschlusswände und Öffnungen in diesen Brandwänden (Famers in: Molodovsky/Waldmann, BayBO, Stand: September 2017, Art. 12 Rn. 3; ähnlich Bauer in: Jäde u.a., Die Neue BayBO, Stand: September 2017, Art. 12 Rn. 12: Nachbarschützende Wirkung einzelner Vorschriften wie über Brandwände gegenüber Grundstücksgrenzen und eines Abstandes von Öffnungen zur Brandwand bei traufseitig aneinander gebauten Gebäuden; Dirnberger in: Simon/Busse, BayBO, Stand: Oktober 2017, Art. 66 Rn. 279, nennt in diesem Zusammenhang nur die Vorschriften über äußere Brandwände; undifferenziert und zu weit: König in: Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 5; ähnlich pauschal: BayVGH, B.v. 29.10.2004 – 15 ZB 04.1265 – juris Rn. 8).
Nicht nachbarschützend sind die allgemeinen Anforderungen an den Brandschutz in Art. 12 BayBO und alle diejenigen Brandschutzanforderungen, die nur dem Schutz der Bewohner und Benutzer des Gebäudes dienen wie solche über die Rettungswege, notwendige Treppenräume und Umwehrungen (Jäde a.a.O., Art. 66 Rn. 479 m.zahlr.w.N.). Das entspricht der auch in der jüngeren Rechtsprechung einhellig vertretenen Meinung: BayVGH, B.v. 3.9.2015 – 15 ZB 12.2142 – NVwZ-RR 2016, 27 = juris Rn. 18: Kein Nachbarschutz der Anforderungen an innere Brandwände; VG Karlsruhe, U.v. 16.10.2014 – 9 K 3426/13 – juris Rn. 37: Die Vorhaltung einer Feuerwehrfunkanlage oder Vorgaben zur höchstzulässigen Länge des Rettungsweges dienen primär der Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Bauvorhabens und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber dem Nachbarschutz, OVG LSA, B.v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 – NVwZ-RR 2013, 87 = juris Ls. 2 und Rn. 21: Nachbarschützender Charakter kommt nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen; VG Augsburg, U.v. 21.1.2009 – Au 4 K 08.718 – juris Rn. 32: … Demgegenüber kann der Kläger mit Erfolg keine Brandgefahren geltend machen, deren Auswirkungen sich auf das Anlagengelände und die dort Beschäftigten beschränken, OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 14.5.2007 – OVG 11 S 83.06 – juris Rn. 70: … Demgegenüber kann die Antragstellerin keine Brandgefahren geltend machen, die sich auf das Anlagengelände und die dort Beschäftigten beschränken; OVG Saarl., U.v. 26.1.2006 – 2 R 9/05 – juris, Ls. 6 und Rn. 59 – 66: Die Brandschutzanforderungen der LBO sind insoweit nachbarschützend, als sie die Ausbreitung von Feuer über die Grundstücksgrenzen hinaus auf die Nachbargrundstücke verhindern sollen, VGH BW, U.v. 26.2.1992 – 3 S 2947/91 – ZfBR 1992, 247 = juris Ls. 1 und Rn. 22: Die Vorschriften über die Errichtung von Brandwänden innerhalb ausgedehnter Gebäude dienen nicht dem Nachbarschutz (aktuell zum Ganzen: BayVGH B.v.30.01.2018 -15 ZB 17.1459 – juris RdNr. 15f).
Die Anforderungen an eine geeignete Feuerwehrzufahrt sollen schnelle und wirksame Brandbekämpfungsmaßnahmen vor Ort ermöglichen; sie bezwecken damit den Schutz der auf dem Baugrundstück vorhandenen Anlagen sowie deren Benutzer. Sie dienen grundsätzlich nicht dem Schutz von Nachbargrundstücken und der darauf befindlichen baulichen Anlagen. Wenn Gebäude mit Aufenthaltsräumen und Feuerstätten – wie hier – mit weit über die Erforderlichkeit äußerer Brandwände (vgl. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO: 2,50 m gegenüber der Grenze, alternativ mindestens 5 m zu bestehenden oder baurechtlich zulässigen künftigen Gebäuden) hinausgehenden Grenzabständen errichtet werden, hat es mit dem baulichen Brandschutz – im Hinblick auf die Nachbargrundstücke – sein Bewenden. Vor dem Übergreifen eines Gebäudebrandes vonseiten des Baugrundstücks ist der Kläger – angesichts der Lage des streitigen Neubauvorhabens – ausreichend geschützt; dieses ist auch in seinem grenznächsten Bereich mindestens 30 m vom Grundstück des Klägers entfernt.
Der Einwand der Klagepartei, die Feuerwehrzufahrt sei weitgehend mit parkenden Fahrzeugen verstellt, kann daher schon aus diesen Gründen nicht durchgreifen, ganz abgesehen davon, dass dieser Einwand nicht die streitige Baugenehmigung betrifft.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

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