Baurecht

Rechtsgrundlose Gestattung einer Veranstaltung

Aktenzeichen  M 22 SN 17.2847

Datum:
3.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
LStVG LStVG Art. 19
GastG GastG § 4, § 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2).
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Genehmigung für die Durchführung einer öffentlichen Vergnügung im Bereich der unmittelbar am … … gelegenen Schank- und Speisewirtschaft „… … …“ im ehemaligen „…“ …
Die Beigeladene zu 1) ist wirtschaftlich der Betreiber der Schank- und Speisewirtschaft, der Beigeladene zu 2) ist gemäß Nachtrag vom 29. März 2016 zum Gesellschaftsvertrag vom 6. März 2016 ihr zur alleinigen Vertretung nach außen berechtigter Gesellschafter (insbesondere im Zusammenhang mit solchen Handlungen, Unterlassungen und Tätigkeiten, die der Erlaubnis nach § 2 GastG bedürfen). Gesellschaftszweck ist gemäß § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Betrieb des „… … …“ im „…“ …
Der „… … …“ wird von der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage einer auf den Beigeladenen zu 2) lautenden, bestandskräftigen, gaststättenrechtlichen Erlaubnis betrieben, die das Landratsamt … diesem am 21. September 2016 in seiner Eigenschaft als Vertreter der Beigeladenen zu 1) auf seinen für die Beigeladene zu 1) gestellten Antrag hin erteilt hat. Mit der für die Betriebsart „Schank- und Speisewirtschaft“ mit der „besonderen Betriebseigentümlichkeit regelmäßige Musik- und Tanzveranstaltungen (Ü-Party, Hochzeiten, Geburtstage, Firmenfeiern)“ (vgl. Ziffer III. des Erlaubnisbescheids vom 21.09.2016) erteilten Erlaubnis wird zum einen der Normalbetrieb der Schank- und Speisewirtschaft ohne regelmäßige Musik- und Tanzveranstaltungen (vgl. Ziffer IV.3) als auch der Betrieb mit regelmäßigen Musik- und Tanzveranstaltungen (Ü30-Partys, vergleichbare Veranstaltungen, vgl. Ziffer IV.3 des Erlaubnisbescheids vom 21.09.2016) geregelt. Die Nebenbestimmung IV. 2 legt fest, dass durch den gesamten Betrieb des „… … …“ an den Immissionsorten … Str. 11, 13, 15, …, die gemäß Ziffer 2.10 der TA-Lärm zu bildenden Beurteilungspegel die Immissionsrichtwerte von 52 dB(A) tagsüber (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) und von 37 dB(A) nachts (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) nicht überschreiten dürfen.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens … Str. 15 und Miteigentümer des Anwesens … Str. 13 in … Die im Eigentum des Antragstellers stehenden Anwesen liegen – durch eine Bahnlinie getrennt – ca. 70 m süd-westlich der Gaststätte „… … …“. Die nähere Umgebung ist durch Wohnbebauung geprägt, ein Bebauungsplan existiert nicht.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 forderte die Antragsgegnerin die Beigeladene zu 1) auf, mitzuteilen, welche nach dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) erlaubnispflichtigen Veranstaltungen diese 2017 plane, damit für diese von den politischen Gremien eine Genehmigung eingeholt werden könne. Erlaubnispflichtig seien insbesondere Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern und Musik im Außenbereich nach 22.00 Uhr. Mit E-Mail vom 30. Januar 2017 übersandte die Beigeladene zu 1) der Antragsgegnerin eine Auflistung von zehn Veranstaltungen, die diese Voraussetzungen erfüllen würden (vier „White Nights“, eine Ü30-Party sowie fünf weitere Motto-Partys).
Mit Beschluss vom 20. März 2017 ermächtigte der Haupt- und Finanzausschuss der Antragsgegnerin die Verwaltung, für den „… … …“ maximal acht Veranstaltungen (mit Ausweichterminen) bis längstens 24:00 Uhr im Freien zu genehmigen.
Unter dem 14. Juni 2017 beantragte die vom Beigeladenen zu 2) vertretene Beigeladene zu 1) bei der Antragsgegnerin eine Erlaubnis für die Durchführung der Veranstaltung „White Night“ am 1. Juli 2017 (Ausweichtermin 7. Juli 2017) für zeitgleich 1.500 Personen im Gebäude sowie auf dem Außengelände der Schank- und Speisewirtschaft „… … …“.
Unter dem 16. Juni 2017 erteilte das Ordnungsamt der Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1) auf der Grundlage von Art. 19 LStVG die Erlaubnis für die Durchführung der Veranstaltung „White Night“ am 1. Juli 2017 (Ausweichtermin 7. Juli 2017) mit Musik (DJ) von 19:00 Uhr bis 24:00 Uhr im … und …-Außenbereich des „… … …“ und anschließendem Gaststättenbetrieb in den Innenräumen (Ziff. I.1 des Bescheids). Unter Ziff. I.2 wurde die sofortige Vollziehung der unter Ziff. I.1. erteilten Erlaubnis sowie der unter Ziff. II des Bescheids ergangenen Auflagen angeordnet. Unter Ziffer II.2 wird der Beigeladenen zu 1) u.a. aufgegeben, mittels eines verplombbaren dB-Zahl-Begrenzers bzw. Limiters sicherzustellen, dass am Wohngebiet (bis 24:00 Uhr) nur „der nach TA-Lärm zulässige Wert ankommt (max. 55 dB/A)“. Nach 24:00 Uhr dürfe keine Musik mehr im Außenbereich gespielt werden. Für den Innenbereich seien die Bestimmungen der Gaststättenkonzession maßgeblich, wobei alle Fenster und Türen geschlossen zu halten seien.
Unter dem 23. Juni 2017 ließ der Antragsteller seine Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom selben Tag Anfechtungsklage gegen die dem Beigeladenen zu 1) bzw. dem Beigeladenen zu 2) erteilte Erlaubnis nach Art. 19 LStVG erheben. Zugleich beantragen die Bevollmächtigten nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 a Abs. 3 und 1 VwGO:
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 23.6.2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.06.2017, Az. 41-1310 cro, durch den die Durchführung der öffentlichen Vergnügung „White Night“ im Seegarten des … am 01.07.2017 (Ausweichtermin 07.07.2017) genehmigt worden ist, wird wiederhergestellt.
II.
Zur Sicherung der Rechte des Antragstellers werden folgende Maßnahmen erlassen:
1. Die Durchführung der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.06.2017; Az. 41-1310 cro, genehmigten öffentlichen Vergnügung „White Night“ im Seegarten des … am 01.07.2017 (Ausweichtermin 07.07.2017) wird untersagt.
Hilfsweise
2. Den Beigeladenen wird aufgegeben, bei der Durchführung der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.06.2017; Az. 41-1310 cro, genehmigten öffentlichen Vergnügung „White Night“ im Seegarten des … am 01.07.2017 (Ausweichtermin 07.07.2017) im Innen- und Außenbereich des „…“ den Musikbetrieb ab 22:00 Uhr einzustellen.
Hilfsweise
3. Den Beigeladenen wird aufgegeben, bei der Durchführung der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 16.06.2017; Az. 41-1310 cro, genehmigten öffentlichen Vergnügung „White Night“ im Seegarten des … am 01.07.2017 (Ausweichtermin 07.07.2017) die generellen immissionsschutzrechtlichen Vorgaben zum Gaststättenbetrieb – Festsetzungen Ziffer IV.2 des dem Beigeladenen zu 2) erteilten Bescheides des Landratsamtes … vom 21.09.2016, Az. 311.1/8231.1.XI – und die besonderen Vorgaben in Bezug auf den Musikbetrieb – Festsetzungen Ziffern IV.3, IV.4 und IV.5 des dem Beigeladenen zu 2) erteilten Bescheides des Landratsamtes … vom 21.09.2016, Az.311.1/8231.1.XI – einzuhalten.
Zur Begründung wird ausgeführt, der auf Art. 19 LStVG gestützte Genehmigungsbescheid sei rechtswidrig, da der Anwendungsbereich des LStVG nicht eröffnet sei. Art. 19 Abs. 9 LStVG statuiere einen grundsätzlichen Vorrang des Gaststättenrechts vor dem LStVG. Da die Musikdarbietung bei der geplanten Veranstaltung nicht das prägende Element sei, sei diese folglich nach Gaststättenrecht zu beurteilen und müsse sich als Unterfall des besonderen Betriebs der Schank- und Speisewirtschaft, wie er in Ziffer IV.4 des Erlaubnisbescheids geregelt sei, an dessen Vorgaben messen lassen. Die Antragsgegnerin irre, wenn sie die Meinung vertrete, die Veranstaltung falle nicht unter die gaststättenrechtliche Erlaubnis, da auch die gaststättenrechtliche Erlaubnis unzweifelhaft den Musikbetrieb bis 22.00 Uhr gestatte. Da der LStVG-Bescheid der Antragsgegnerin bis 24:00 Uhr höhere Immissionsschutzwerte vorsehe als die Gaststättenkonzession werde der Antragsteller auch in seinen Rechten verletzt. Zur Sicherung der Rechte des Antragsstellers seien über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinaus zudem die unter Ziff. II. des Eilantrags beantragten Maßnahmen zu treffen, da davon auszugehen sei, dass die Beigeladenen die Veranstaltung auf jeden Fall durchführen werden. Auch seien ausweislich einer Stellungnahme des Immissionsschutzes des Landratsamtes … vom 5. Mai 2017 die in der Gaststättenkonzession festgesetzten drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Auflagen noch nicht umgesetzt worden.
Der Beigeladene zu 2) teilte dem Gericht am 27. Juni 2017 telefonisch mit, dass die für den 1. Juli 2017 geplante „White Night“, die wesentlicher Bestandteil des Betriebskonzepts sei, witterungsbedingt auf den 7. Juli 2017 verschoben werde.
Die Antragsgegnerin erwiderte auf den Antragsschriftsatz mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017, sie sei für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Juni 2017 sachlich und örtlich zuständig gewesen. Die angezeigte Veranstaltung sei auch nicht von der gaststättenrechtlichen Erlaubnis umfasst, da es sich dabei um keine Veranstaltung handle, die wegen der Regelmäßigkeit oder Vielzahl gleichartiger Veranstaltungen den Gaststättenbetrieb präge. Die genannte Veranstaltung werde zwar jährlich häufiger, aber nicht regelmäßig veranstaltet. Zudem werde der Zutritt nur Personen gestattet, die vorab Eintrittskarten gekauft hätten und weiß gekleidet seien. Einen Antrag stellt die Antragsgegnerin nicht.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27. Juni 2016 den Antrag,
die Anträge des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen abzulehnen.
Zur Begründung führen sie aus, der streitgegenständliche Bescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig. Insbesondere handle es sich bei der „White Night“ um keine Veranstaltung innerhalb der Gaststättenkonzession. Sie stelle von ihrem Umfang, der Anzahl der Gäste, den Anforderungen an diese, der Veranstaltungszeit und von der Ausstattung sowie der genutzten Terrassenfläche her eine eigenständige Veranstaltung im Sinne des Art. 19 LStVG dar, und habe als nicht regelmäßig stattfindende Veranstaltung keine betriebsprägenden Charakter. Selbst im Falle der formellen Unzuständigkeit der Antragsgegnerin werde der Antragsteller aber jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt, da es sich bei der beantragten Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 S. 1 LStVG um eine gebundene Entscheidung handle, die selbst im Fall der Unzuständigkeit der Antragsgegnerin gleichlautend als gaststättenrechtliche Erlaubnis vom Landratsamt … hätte erteilt werden müssen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage und den Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 80 a Abs. 3 VwGO gerichtete Antrag des Antragstellers gegen den sofort vollziehbar erklärten Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Juni 2017 ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO, auf den § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO im hier vorliegenden Fall eines Verwaltungsaktes mit Doppelwirkung verweist, eine eigene, originäre Entscheidung über die Aufhebung der Vollziehung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheids gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können. Es sind dabei umso geringere Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen, je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind. Umgekehrt müssen seine erfolgsunabhängigen Interessen umso höher sein, je geringer die Erfolgsaussichten der Klage zu bewerten sind (Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rdn. 152 ff.). Lässt sich bei summarischer Überprüfung eine Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung zwischen den für eine sofortige Vollziehung sprechenden Interessen und dem Interesse des Betroffenen an einer Aussetzung der Vollziehung an.
Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, da die Anfechtungsklage nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Aussicht auf Erfolg hat. Der mit dieser Klage angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin nach Art. 19 LStVG vom 16. Juni 2017 ist zwar aller Voraussicht nach zu Unrecht ergangen, verletzt den Antragsteller aber gleichwohl nicht in seinen Rechten.
2. Die Antragsgegnerin stützt ihren Bescheid auf Art. 19 Abs. 3 Nr. 3 LStVG. Hiernach bedürfen öffentliche Vergnügungen der Erlaubnis, wenn zu einer Veranstaltung, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll, mehr als eintausend Besucher zugleich zugelassen werden sollen. Jedenfalls letzteres ist zwar vorliegend der Fall, da zu der mit streitgegenständlichem Bescheid genehmigten „White Night“ laut Antragsunterlagen 1.500 Personen gleichzeitig erwartet werden. Allerdings sind die Art. 19 Abs. 1 bis 5 LStVG und damit auch Art. 19 Abs. 3 LStVG nicht anzuwenden, soweit bundesrechtliche oder besondere landesrechtliche Vorschriften bestehen (Art. 19 Abs. 9 LStVG). Besteht eine Erlaubnispflicht nach anderen Vorschriften (z.B. nach dem GastG) beschränken sich Anordnungen und Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG auf den Bereich, der nicht sondergesetzlich geregelt ist.
3. Für ein solches „überschießendes“ Regelungsbedürfnis verbleibt vorliegend jedoch kein Raum, da sich die streitgegenständliche „White Night“ als eine dem Betriebskonzept entsprechende Veranstaltung, die den Betrieb nicht unwesentlich mitprägt, darstellt und damit allein dem gaststättenrechtlichen Regelungsregime unterfällt, das die Aufgabe hat, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die typischen Problembereiche der Nutzung (vgl. §§ 4,5 GastG) einer angemessenen Regelung zuzuführen.
Dem Beigeladenen zu 2) wurde unter dem 21. September 2016 vom sachlich und örtlich zuständigen Landratsamt … (§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BayGastV) eine im Weiteren in Bestandskraft erwachsene Gaststättenkonzession für eine Schank- und Speisewirtschaft mit der besonderen Betriebseigentümlichkeit „regelmäßige Musik- und Tanzveranstaltungen (Ü-Party, Hochzeiten, Geburtstage, Firmenfeiern)“ erteilt, die sowohl „für den Normalbetrieb ohne regelmäßige Musik- und Tanzveranstaltungen“ als auch für den „Betrieb mit Musik- und Tanzveranstaltungen (Ü 30-Party oder vergleichbare Veranstaltungen) diverse immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmungen für den Innen- und Außenbereich der Gastwirtschaft enthält. Hiernach dürfen vom gesamten Betrieb des „H´ugo´s Beach Club“ (Innen- und Außenbereich, Normalbetrieb und Betrieb mit Musik- und Tanzveranstaltungen) u.a. keine Immissionen ausgehen, deren Beurteilungspegel an den Gebäuden auf den Grundstücken … Straße 11,13,15 – und damit auch auf den Grundstücken des Antragstellers – tags (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) den Richtwert von 52 dB(A) überschreiten und nachts (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) den Richtwert von 37 dB(A).
Die besondere Betriebseigentümlichkeit „regelmäßige Veranstaltung von Musik- und Tanzveranstaltungen“ ist ausdrücklich Gegenstand der erteilten Gaststättenerlaubnis. Hierfür war ausschlaggebend, dass die Gaststätte den im Erlaubnisverfahren gemachten Angaben zufolge nach ihrem (von einer Einzelveranstaltung losgelösten) Gesamtgepräge vom Grundtyp in einer Weise abweicht, die unter dem Gesichtspunkt der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 GastG, u.a. unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG), ins Gewicht fällt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.07.1988 – 1 B 89.88 – GewArch 1988, 387). Der Beigeladene zu 2) hat die Veranstaltung von Tanz- und Musikveranstaltungen, insbesondere auch der „White Night“, in Übereinstimmung hiermit denn auch in einem mit dem Gericht am 27. Juni 2017 geführten Telefonat als wesentlichen Teil des Betriebskonzepts geschildert. Der Argumentation der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu 1) und 2), bei der „White Night“ handle es sich von ihrem Veranstaltungscharakter und Zielpublikum her gleichwohl um eine außerhalb der Gaststättenkonzession liegende Veranstaltung mit Ausnahmecharakter, vermag das Gericht nicht zu folgen. Bei der „White Night“ handelt es sich von ihrer Konzeption her um eine Musik- und Tanzveranstaltung im Innen- und Außenbereich des „… … …“, die ebenso wie die in der Gaststättenkonzession explizit benannten vergleichbaren Ü-Partys, Hochzeiten, Betriebs- und Geburtstagsfeiern dadurch charakterisiert ist, dass nicht jedermann ohne weiteres Zutritt hat, sondern eine Auswahl der Gäste stattfindet, und dass je nach Programm und Bedarf eine Änderungen der Bestuhlung sowie Bühnenaufbauten erfolgt und hierfür ggf. auch ein den erhöhten Aufwand abgeltendes, zusätzliches geringes Entgelt erhoben wird. Die Gaststättenkonzession enthält auch keine der geplanten Veranstaltung „White Night“ widerstreitenden Festlegungen bezüglich der einzuhaltenden Sperrzeit oder der maximal zulässigen Besucherzahl. Auch ein generelles Musikverbot im Außenbereich nach 22:00 Uhr ist der Gaststättenkonzession – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin – nicht zu entnehmen (vgl. hierzu etwa Ziffer IV.4.10, die auch Vorgaben zur Beschallung der Tanzfläche auf der Terrasse nachts, mithin nach 22:00 Uhr, enthält). Beide Elemente der „White Night“ – Speisen- und Getränkeausgabe einerseits und Musik (mit Tanzgelegenheit) andererseits – bilden zudem eine Einheit, die die Veranstaltung gleichermaßen prägen und lassen sich bei natürlicher Betrachtung auch nicht in ein Anlass-Folge-Verhältnis, das eine die Gaststättenkonzession ggf. flankierende Genehmigung nach § 12 GastG erforderlich machen könnte, zerlegen. Insoweit kommt auch eine Umdeutung der von der Antragsgegnerin erteilten LStVG-Genehmigung in eine ebenfalls in ihre Zuständigkeit fallende Genehmigung nach § 12 GastG (vgl. § 1 Abs. 2 BayGastV) wohl schon mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen („besonderer Anlass“) nicht in Betracht. Ihr stünde im Übrigen aber auch der Charakter der Vorschrift als Ermessensvorschrift entgegen.
Die Mottoparty „White Night“ stellt sich also eindeutig als eine dem Betriebskonzept entsprechende und dieses mitprägende Veranstaltung dar, mit der Folge, dass von der Konzession abweichende Modalitäten dieser Veranstaltung (vorliegend: geringere Lärmschutzvorgaben im Außenbereich bis 24:00 Uhr nebst Nutzung der zum See hin gelegenen Freischankflächen auch als Tanzfläche) nur im Rahmen des gaststättenrechtlichen Regelungsregimes legalisiert werden können. Eine gleichwohl für eine solche Veranstaltung erteilte Erlaubnis nach Art. 19 LStVG vermag die Vergnügung in ihrer Abweichung nicht zu legalisieren, sondern geht ins Leere (vgl. auch Bengl/Berner/Emmerig, LStVG-Komm., Stand Juli 2013, Rdn 27 und 28 zu Art. 19; BayVGH, B.v. 24.8.1984 – 22 CS 84 A.1590 – GewArch 1985, S. 72).
4. Dieser Wertung steht auch nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1) als Inhaberin der Genehmigung nach Art. 19 Abs. 3 LStVG in der Gaststättenerlaubnis vom 21. September 2016 nicht ausdrücklich als Erlaubnisinhaber benannt ist. Der Sache nach ist die Erlaubnis nach Art. 19 LStVG für den Gaststättenbetrieb erteilt worden, hinsichtlich dessen der Beigeladene zu 2) Erlaubnisinhaber ist, der aber betriebswirtschaftlich von der Beigeladenen zu 1), deren Gesellschaftszweck der Betrieb des „… … …“ ist, geführt wird. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass die von der Beigeladenen zu 1) beantragte gaststättenrechtliche Erlaubnis nur deshalb auf den geschäftsführungsberechtigten Gesellschafter (Beigeladener zu 2)) ausgestellt wurde, weil die Gesellschaft selbst als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht erlaubnisfähig ist (vgl. insoweit auch das Schreiben des Landratsamtes … vom 28.06.2017).
5. Auch wenn nach alledem davon auszugehen ist, dass die für die Veranstaltung erteilte Gestattung rechtswidrig ist, so kann der Antragsteller deren Aufhebung aller Voraussicht nach nicht beanspruchen, da er hierdurch nicht in eigenen Rechten verletzt wird.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die in dem Bescheid zum Nachbarschutz getroffenen Regelungen, wenn eine Gestattungspflicht nach Art. 19 Abs. 3 LStVG bestünde, ausreichend wären, wobei aber bemerkt sei, dass nach Aktenlage durchaus einiges dafür spricht, dass Nachbarrechte bei einer entsprechenden Erhöhung der Lärmwerte für sog. seltene Ereignisse nicht verletzt würden (eine vergleichbare Regelung also ggf. auch in einen gaststättenrechtlichen Änderungsbescheid übernommen werden könnte).
Wesentlich für die Beurteilung ist vielmehr der Umstand, dass eine rechtsgrundlose Gestattung, wie im vorliegenden Fall, die zuständigen Behörden nicht hindert, nach dem einschlägigen Fachrecht tätig zu werden und diese insoweit auch in nachbarrechtlicher Hinsicht keine irgendwie geartete Legalisierungswirkung entfaltet. Die rechtswidrige Gestattung nach dem LStVG steht einer etwaigen gaststättenrechtlichen Nachgenehmigung, sonstigen Bescheidsmodifizierungen bzw. auch einem sicherheitsrechtlichen Einschreiten nicht entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.1984 – 22 CS 84 A.1590 – GewArch 1985, S. 72; Bengl/Berner/Emmerig LStVG-Komm., Stand Juli 2013, Rdn. 76 zu Art. 19 unter Bezugnahme auf BayObLG, B.v. 9.1.1970, BayVBl. 1970, 108; Beckscher Online Kommentar, Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 20.04.2017, Rdn. 20 ff. zu Art.19 LStVG). Hinsichtlich der den Betrieb prägenden Veranstaltungen verbleibt es folglich – bis zu einer etwaigen Abänderung der Gaststättenkonzession – bei der derzeit in der Gaststättenkonzession getroffenen Regelung, u.a. zum Immissionsschutz. Soweit wiederum gegen diese Vorgaben verstoßen werden sollte, ist Nachbarschutz im Rahmen des gaststättenrechtlichen Regelungsregimes und nicht im Rahmen eines zu Unrecht ergangenen LStVG-Bescheides zu suchen.
Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage hat insoweit keine Aussicht auf Erfolg, weshalb der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen war.
Der Erlass einstweiliger Sicherungsmaßnahmen nach § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO (Ziffer II. des streitgegenständlichen Antrags), die die Durchsetzung einer angeordneten aufschiebenden Wirkung sichern sollen, kommt mangels anzuordnender aufschiebender Wirkung gleichfalls nicht in Betracht.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 4 VwGO. Durch den angegriffenen Bescheid nach Art. 19 Abs. 3 LStVG hat die Antragsgegnerin den Anschein erweckt, bezüglich der Rügen der Antragsteller zum Lärm- und überhaupt zum Nachbarschutz sei eine Anfechtung des auf der Grundlage des LStVG ergangenen Bescheides der richtige Rechtsschutz. Dadurch hat die Antragsgegnerin das (voraussichtlich erfolglose) Klageverfahren M 22 K 17.2846 sowie das vorliegende erfolglose Eilverfahren herbeigeführt. Die aus der Wahl des Rechtsschutzes resultierenden Kosten sind deshalb durch Verschulden der Antragsgegnerin entstanden und konnten dieser (auch hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen) auferlegt werden (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 18.07.2014 – W 5 S.14.638 – juris).
7. Die Festsetzung des Streitwerts stützt sich auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei war die Hälfte des Werts der Hauptsache anzusetzen.


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