Baurecht

Rechtsschutz gegen Lichtimmissionen – Verpflichtung einer Gemeinde zur Veränderung von Straßenlaternen

Aktenzeichen  M 19 K 17.4863

Datum:
28.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34074
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 906, § 1004
BImSchG § 22 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Frage, wann Lichtimmissionen unzumutbar sind, ist nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit zu bewerten. Dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeine Akzeptanz in eine wertende Gesamtbeurteilung im Sinne einer Güterabwägung einzubeziehen. Diese kann nicht allein anhand allgemeingültiger Grenzwerte und Bewertungsmethoden vorgenommen werden, sondern ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Schutzbedürftigkeit des Nachbarn kann im Einzelfall davon abhängen, inwieweit sich dieser im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten selbst vor Lichtimmissionen schützen kann, etwa durch Anbringung von Vorhängen oder Jalousien im Wohnbereich oder durch Anpflanzungen auf seinem Grundstück. Bezüglich der Schutzwürdigkeit des Emittenten ist in die Abwägung einzustellen, inwieweit die Lichtimmissionen tatsächlich notwendig sind oder vom Emittenten vermieden werden können. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle kann auf die Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2012 zurückgegriffen werden. Zwar sind diese für Anlagen zur Beleuchtung des öffentlichen Straßenraums grundsätzlich nicht anwendbar. Dennoch erscheint es sachgerecht, auf die LAI als sachverständige Entscheidungshilfe zurückzugreifen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei der Ausleuchtung öffentlicher Straßen und Gehwege ist darauf zu achten, störende Lichteinwirkungen auf die Nachbarschaft soweit wie möglich zu vermeiden. Lichteinwirkungen, die für die öffentliche Straßenbeleuchtung nicht erforderlich sind, müssen nicht hingenommen werden. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, die beiden Laternen, die sich in der Straße „… …“ vor dem klägerischen Wohnhaus (Entfernung 11 m und 25 m) befinden, durch Austausch der Leuchtenköpfe oder Einbau einer Abschattung an den bestehenden Leuchtenköpfen so zu verändern, dass die Richtwerte der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2002 für das straßenseitige Obergeschoss des klägerischen Wohnhauses bezüglich der psychologischen Blendung eingehalten werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweissicherungsverfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Die Klage hat weitgehend Erfolg.
I.
Sie ist zulässig.
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Kläger machen einen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch gegenüber der Beklagten geltend. Abwehransprüche gegen die von Straßenlaternen ausgehenden Lichtimmissionen sind nach allgemeiner Ansicht öffentlich-rechtlicher Natur. Die Gemeinden erfüllen mit der Beleuchtung ihrer Verkehrsflächen öffentliche Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge (BayVGH, U.v. 18.12.1990 – 8 B 87.3780 – NJW 1991, 2660; VG Düsseldorf, U.v. 18.3.2008 – 16 K 3722.07 – juris Rn. 11 m.w.N.).
2. Statthafte Klageart ist vorliegend die allgemeine Leistungsklage. Streitgegenstand ist die Frage, ob die Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung oder Verringerung der Beeinträchtigung durch Lichtimmissionen durch die kommunalen Einrichtungen der Straßenbeleuchtung haben.
II.
Die Klage ist weitgehend begründet.
1. Von den beiden streitgegenständlichen Straßenlaternen gehen für die Kläger unzumutbare Beeinträchtigungen in Form von Lichtimmissionen aus, die diese nicht dulden müssen. Sie können daher von der Beklagten verlangen, dass diese entweder Abschattungsmaßnahmen vornimmt oder die Leuchtenköpfe austauscht und damit die unzumutbaren Beeinträchtigungen unterlässt.
Als Anspruchsgrundlage für diesen Abwehranspruch können sich die Kläger auf §§ 906, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in analoger Anwendung berufen. Zwar ist die Herleitung des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs dogmatisch umstritten, seine Existenz ist jedoch in der Rechtsprechung geklärt (BVerwG, U.v. 29.4.1988 – 7 C 33.87 – juris Rn. 12 m.w.N.). Das Gericht folgt der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 18.12.1990 – 8 B 87.3780 – NJW 1991, 2660), der als Anspruchsgrundlage für den Unterlassungsanspruch wegen der Gleichartigkeit der Interessenlage die §§ 906, 1004 BGB analog heranzieht. Eine Berufung auf § 22 Abs. 1 Satz1 BImSchG ist nicht möglich, da diese Vorschrift wegen der Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 3 BImSchG auf Lichtimmissionen nichtgewerblicher Anlagen unanwendbar ist.
Die Voraussetzungen des gewohnheitsrechtlich anerkannten Unterlassungs- bzw. Abwehranspruchs sind vorliegend erfüllt. Die durch die kommunale Straßenbeleuchtung entstehenden Lichtimmissionen stellen einen Eingriff in subjektive Rechte der Kläger (Art. 2 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz – GG) dar, der hier wesentlich und unzumutbar im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. a)) und von den Klägern nicht zu dulden ist, § 1004 Abs. 2 BGB (vgl. b)).
a) Die an und in ihrem Wohnhaus auftretenden Lichtimmissionen stellen für die Kläger wesentliche Beeinträchtigungen dar, die ihnen nicht zumutbar sind.
(aa) Zwar fehlen bislang rechtsverbindliche Regelungen zur näheren Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen Erheblichkeitsschwelle bei Lichtimmissionen. Die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind auf den vorliegenden Fall – wie ausgeführt – nicht unmittelbar anwendbar, jedoch können sie bei der Bestimmung von Art und Umfang der Lichtimmissionen durch Straßenlaternen, die Anlieger zu dulden haben, einen gewichtigen Anhalt bieten. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass auch der durch Immissionen einer öffentlichen Einrichtung Gestörte nicht zur Duldung bis an die Grenze der Gesundheitsschädigung oder des schweren Eigentumseingriffs verpflichtet ist. Die Zumutbarkeit auch hoheitlich verursachter Immissionen ist grundsätzlich nach den allgemein geltenden Maßstäben zu bestimmen (BVerwG, U.v. 29.4.1988 – 7 C 33.87 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 18.12.1990 – NJW 1991, 2660; NdsOVG, U.v. 13.9.1993 – 12 L 68.90 – juris Rn. 19; VG Koblenz, U.v. 23.11.2009 – 4 K 473.09.KO – juris Rn. 15).
Die Frage, wann Lichtimmissionen unzumutbar sind, ist nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit zu bewerten. Dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeine Akzeptanz in eine wertende Gesamtbeurteilung im Sinne einer Güterabwägung einzubeziehen. Diese kann nicht allein anhand allgemeingültiger Grenzwerte und Bewertungsmethoden vorgenommen werden, sondern ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen (OVG NW, U.v. 15.3.2007 – 10 A 998.06 – juris Rn. 71). Die Schutzbedürftigkeit des Nachbarn kann im Einzelfall davon abhängen, inwieweit sich dieser im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten selbst vor Lichtimmissionen schützen kann, etwa durch Anbringung von Vorhängen oder Jalousien im Wohnbereich oder durch Anpflanzungen auf seinem Grundstück. Bezüglich der Schutzwürdigkeit des Emittenten ist in die Abwägung einzustellen, inwieweit die Lichtimmissionen tatsächlich notwendig sind oder vom Emittenten vermieden werden können (Heilshorn/Sparwasser in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 87. EL Juli 2018, § 22 BImSchG Rn. 28).
Bei der Beurteilung der Erheblichkeitsschwelle kann nach Auffassung des Gerichts auf die Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2012 (im Folgenden: LAI-Hinweise) zurückgegriffen werden. Zwar sind diese für Anlagen zur Beleuchtung des öffentlichen Straßenraums grundsätzlich nicht anwendbar (LAI-Hinweise, S. 3 oben). Es erscheint jedoch sachgerecht, auch im vorliegenden Fall auf die LAI-Hinweise als sachverständige Entscheidungshilfe zurückzugreifen (VG Koblenz, U.v. 23.11.2009 – 4 K 473.09.KO – juris Rn. 21; VG Düsseldorf, U.v. 18.3.2008 – 16 K 3722.07 – juris Rn. 14). Dafür spricht, dass für die Frage, ob Beeinträchtigungen durch Lichtimmissionen die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten, die Herkunft des Lichts grundsätzlich unerheblich ist. Die in den LAI-Hinweisen genannten Richtwerte können damit einen fachkundigen pauschalierten Bewertungsmaßstab und belastbaren Anhalt dafür geben, bei welchen Größenordnungen in etwa die Schwelle erheblicher Belästigungen durch Lichtimmissionen überschritten wird (BayVGH, U.v. 18.12.1990 – 8 B 87.3780 – NJW 1991, 2660).
Die LAI-Hinweise (vgl. dort S. 4) gehen davon aus, dass bei der Beurteilung von Lichtimmissionen auf die Kriterien „Raumaufhellung“ und „psychologische Blendung“ abzustellen ist. Raumaufhellung bedeutet dabei eine Aufhellung des Wohnbereichs insbesondere des Schlafzimmers, aber auch des Wohnzimmers, der Terrasse oder des Balkons durch eine in der Nachbarschaft vorhandene Beleuchtungsanlage. Eine psychologische Blendung entsteht durch die ständige und ungewollte Ablenkung der Blickrichtung zur Lichtquelle hin.
(bb) Eine unzumutbare Belästigung durch Raumaufhellung liegt nicht vor. Gutachter T. hat seiner Begutachtung ebenfalls die LAI-Hinweise zu Grunde gelegt. Er kommt bezüglich der Raumaufhellung zum Ergebnis, dass diese lediglich im Bereich des Küchenfensters (gemessen für die Küche: 1,02 lx) geringfügig oberhalb der Immissionsrichtwerte der LAI-Hinweise (für Wohngebiete 1 lx im Zeitraum von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) liege. Aufgrund von Messtoleranzen sei hierin jedoch noch keine Überschreitung zu sehen. Die Messwerte für alle übrigen Räume lägen unterhalb von 1 lx.
(cc) Durch die streitgegenständlichen Laternen werden jedoch die Immissionsrichtwerte bezogen auf die psychologische Blendung nach den LAI-Hinweisen erheblich überschritten. Hierin liegt eine erhebliche Belästigung, die den Klägern nicht zumutbar ist. Für die Nachtzeit liegt der Richtwert für die psychologische Blendung für Wohngebiete bei 32 ks. Eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte kann wegen der Fehlergrenzen der zugrunde gelegten Messtechnik und bei sorgfältiger Messdurchführung messtechnisch erst dann festgestellt werden, wenn das Blendmaß der zu beurteilenden Lichtquelle mindestens 40% oberhalb des entsprechenden Immissionsrichtwerts liegt (LAI-Hinweise, S. 9 unten). Damit liegt konkret eine Überschreitung des Blendmaßes ab einem Wert von 44,8 ks vor. Die Messungen des Gutachters haben für das Arbeitszimmer 57,8 bzw. 65,6 ks, für das Schlafzimmer 69,0 bzw. 73,1 ks, und für die Küche 72,1 bzw. 173,8 ks ergeben. Neben den gemessenen Werten, die sämtlich den „korrigierten“ Immissionsrichtwert bereits erheblich überschreiten, hat der Gutachter darüber hinaus ausgeführt, dass er beim Blick in die streitgegenständlichen Laternen eine deutlich spürbare Blendwirkung empfunden habe (Gutachten v. 5.10.2015, S. 17). Die von den Leuchten ausgehende Blendwirkung werde insbesondere in Zeiten mit ausgeschalteter Innenbeleuchtung der Räume, bei denen die Augen der Beobachter auf sehr niedrige Umgebungsleuchtdichten adaptiert sind, als stark störend und sehr grell wahrgenommen (3. Ergänzung v. 27.5.2017, S. 10). Er hat dargestellt, dass die Blendung als deutlich stärker störend wahrgenommen werde als zum Beispiel nächtlicher Mondschein. Dies sei u.a. der horizontalen Positionierung der LED-Module geschuldet (3. Ergänzung v. 27.5.2017, S. 11). Insgesamt hat er daher für die psychologische Blendung eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung festgestellt (Gutachten v. 5.10.2015, S. 23).
Im vorliegenden Fall ist daher von einer wesentlichen Belästigung der Kläger auszugehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Lichtimmissionen der Straßenbeleuchtung in jeder Nacht und ganznächtig auftreten. Ferner sind sämtliche Räume des klägerischen Wohnhauses zur Straßenseite hin betroffen, insbesondere auch der besonders schutzwürdige Wohn- und Schlafbereich.
Die Beeinträchtigungen durch die psychologische Blendung sind unzumutbar. Die Kläger müssen sich insbesondere nicht entgegenhalten lassen, dass sie die Blendwirkungen durch eigene Verdunkelungsmaßnahmen (Vorhänge, Jalousien) abwenden könnten. Der Gutachter hat ausgeführt, dass die am Gebäude der Kläger vorhandenen Rollläden und Fensterläden gegen die von den Straßenleuchten verursachten Lichtimmissionen nur bedingt wirkten, da diese aus einer eher unnatürlichen Einstrahlrichtung nahe der Horizontalen kämen. Von den Klägern ist im vorliegenden Fall nicht zu verlangen, dass sie weitergehende Verschattungsmaßnahmen ergreifen. Denn die derzeitige Beleuchtungsanlage der Beklagten mit Einsatz der streitgegenständlichen Pilzleuchten mit horizontal ausgerichteten LED-Modulen, die die hohen Blendwerte zu Lasten der Nachbarschaft erzeugen, ist nicht erforderlich, um eine ausreichende Ausleuchtung der Straße „Z. K.“ zu gewährleisten. Aus den vorliegenden Gutachten ergibt sich eindeutig, dass andere – mit Blick auf die Straßenbeleuchtung gleich oder sogar besser wirksame Möglichkeiten – zur Verfügung stünden, die für die Kläger weniger belastend wären. Zugunsten der Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass sie die Straßenbeleuchtung im Interesse der Verkehrssicherheit betreibt. Ferner handelt es sich nach den Ergebnissen der vorliegenden Gutachten um hochwertige, moderne und technisch einwandfreie Straßenlaternen, die die nach DIN EN 13201/5 erforderliche Beleuchtungsstärke von mindestens 1 lx in der Straße „Z. K.“ knapp einhalten. Der Gutachter hat ausgeführt, dass eine weitere Reduktion der Leuchtenleistung nicht möglich sei. Er erläuterte allerdings auch, dass durch Anbringung einer Abschattung an den streitgegenständlichen Laternen eine Reduktion der Lichtimmissionen am klägerischen Wohnhaus erreicht werden könnte, ohne dass eine Einschränkung der Beleuchtungsqualität auf der Straße zu befürchten wäre (Aufbringen von lichtdichtem, wärmebeständigem Klebeband oder Lack, dünnes Stahl oder Aluminiumblech, Austausch der Leuchtenköpfe). Im 2. Ergänzungsgutachten vom 1. Dezember 2016 stellt er ausführlich dar, dass ein Austausch der Leuchtenköpfe gegen solche der neuesten Generation, wie sie zum Beispiel in Nachbarstraßen der Kläger montiert worden seien (Siteco LED Modul 540), mit vergleichsweise geringem Montage- und Kostenaufwand (ca. 1.600 Euro) möglich sei. Dadurch könnten die lichttechnischen Ergebnisse für die Straßenbeleuchtung im Hinblick auf Beleuchtungsniveau und Gleichmäßigkeit sogar verbessert werden. Die Verteilung der Werte auf die Fassade des klägerischen Wohnhauses würde sich ebenfalls verbessern, die Situation der psychologischen Blendung würde sich sogar deutlich verbessern (Arbeitszimmer 4,5 bzw. 5,7 ks; Schlafzimmer 4,4 bzw. 7,1 ks; Küche 12,5 bzw. 70,6 ks).
(dd) Vor diesem Hintergrund kommt eine Gesamtabwägung im vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis: Zwar ist die Beklagte verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Straßenbeleuchtung zu sorgen. Dies ist jedoch auf die angemessene Ausleuchtung von Straße und Gehweg beschränkt. Sie umfasst nicht (auch) die Anstrahlung von Gebäudewänden oder das Hineinstrahlen in Gebäude. Insoweit ist die Beklagte nicht schutzwürdig. Sie kann daher nicht die Hinnahme solcher Lichteinwirkungen beanspruchen, die für die öffentliche Straßenbeleuchtung nicht erforderlich sind (OVG SH, B.v. 5.7.2017 – 1 LA 12.17 – juris Rn. 15). Das bedeutet, dass bei der Ausleuchtung öffentlicher Straßen und Gehwege darauf zu achten ist, störende Lichteinwirkungen auf die Nachbarschaft soweit wie möglich zu vermeiden. Nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters kann die Beklagte eine ordnungsgemäße Straßen- und Gehwegbeleuchtung sicherstellen, auch wenn an den derzeit verbauten Leuchtenköpfen eine Abschattungsmaßnahme zum Grundstück der Kläger hin vorgenommen wird. Alternativ kann die Beklagte die streitgegenständlichen Leuchtenköpfe durch solche austauschen, durch die die Lichtbelastung der Kläger geringer ist.
Durch die derzeitige Straßenbeleuchtung vor ihrem Wohnhaus werden die Kläger unzumutbar beeinträchtigt.
b) Sie sind auch nicht mit Blick auf § 126 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) zur Duldung der auf ihr Grundstück einwirkenden Lichtimmissionen verpflichtet. Durch diese Vorschrift wird die Errichtung von Straßenlaternen auf Privatgrundstücken ermöglicht. Sie schließt hingegen nicht aus, dass sich betroffene Grundstückseigentümer gegen von Straßenlaternen ausgehende unzumutbar beeinträchtigende Lichtimmissionen zur Wehr setzen (NdsOVG, U.v. 13.9.1993 – 12 L 68.90 – juris Rn. 25).
2. Soweit die Klage darauf gerichtet war, die streitgegenständlichen Laternen so zu verändern, dass Licht- und Blendwirkungen auf das Obergeschoss des klägerischen Hauses unterbleiben, war sie im Übrigen abzuweisen. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, von Aufhellung bzw. psychologischer Blendung vollständig verschont zu bleiben. Ihrer Schutzwürdigkeit wird durch die Einhaltung der Immissionsrichtwerte in den LAI-Hinweisen Rechnung getragen. Weitergehende Unterlassungsansprüche haben sie nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Kläger unterliegen mit einem im Verhältnis unbedeutenden Anteil am Streitgegenstand, der die Auferlegung der gesamten Kosten an die Beklagte rechtfertigt. Zu den Kosten des Verfahrens gehören vorliegend auch die Kosten des selbstständigen Beweissicherungsverfahrens gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 493 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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