Baurecht

Straßenausbaubeitrag – Vorauszahlung muss geleistet werden

Aktenzeichen  B 4 K 15.471

Datum:
31.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 151981
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 5 Abs. 1, Abs. 5 S. 1, S. 3
ABS § 7

 

Leitsatz

1. Bei der Einordnung einer Straße in die Kategorien der Ausbaubeitragssatzung ist ausgehend von den Definitionen der Satzung auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. An einer im Rahmen der Verkehrsplanung vorgenommenen Einstufung einer Straße ändert es nichts, wenn entgegen dieser Funktionszuweisung unerwünschter „Schleichverkehr“ stattfindet. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten vom 14.10.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Wunsiedel vom 29.06.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG kann die Beklagte auf Grund einer besonderen Abgabesatzung zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG Vorauszahlungen auf den Beitrag verlangt werden, wenn mit der Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Einrichtung begonnen worden ist.
Demgemäß war die Beklagte auf Grund ihrer Ausbaubeitragssatzung vom 24.02.2011 (ABS) dem Grunde nach berechtigt, für die Erneuerung der B …straße nach Maßnahmenbeginn Vorauszahlungen auf den Straßenausbaubeitrag zu verlangen. Sie hat sich bei der Bemessung der Höhe der Vorauszahlungen auf 60% des voraussichtlichen Ausbauaufwands beschränkt.
Die Beteiligten streiten ausschließlich um die Zuordnung der B …straße zu einem bestimmten Straßentyp und damit einhergehend um den von der Beklagten zu tragenden Eigenanteil an den Ausbaukosten. Rügen gegen die Festlegung des Abrechnungsgebiets werden nicht (mehr) erhoben.
Gem. § 7 Abs. 2 Ziff. 1.1. ABS beträgt der Eigenanteil der Beklagten bei Maßnahmen an Anliegerstraßen jeweils 40% der Kosten für Fahrbahn, Gehwege sowie Beleuchtung und Entwässerung. Als Anliegerstraße gilt gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS eine Straße, die ganz überwiegend der Erschließung von Grundstücken dient.
Dagegen ist gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 2 ABS eine Haupterschließungsstraße als Straße definiert, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem durchgehenden örtlichen Verkehr dient und keine Hauptverkehrsstraße ist. Bei solchen Straßen hat die Beklagte gemäß § 7 Abs. 2 Ziff. 1.2 ABS für Maßnahmen an der Fahrbahn 60% und für Maßnahmen an Gehwegen oder Beleuchtung und Entwässerung 45% des beitragsfähigen Aufwands zu übernehmen.
Ausgangspunkt für die gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare Einstufung von Straßen in eine der Kategorien ist die Vorgabe, dass sich die Gemeinde bei Erneuerungs- oder Verbesserungsmaßnahmen an einer Ortstraße selbst in einem Umfang zu beteiligen hat, der die Vorteile der Allgemeinheit angemessen berücksichtigt. Deshalb muss sie ihre Ortsstraßen nach ihrer Verkehrsbedeutung typisierend gliedern, d.h. sie muss verschiedene Straßentypen hinsichtlich des Vorteils der Allgemeinheit gegeneinander abgrenzen. Während Anliegerstraßen ganz überwiegend dem Anliegerverkehr und Hauptverkehrsstraßen ganz überwiegend dem Durchgangsverkehr dienen, haben bei Haupterschließungsstraßen Anlieger- und Durchgangsverkehr in etwa das gleiche Gewicht.
Bei der Einordnung einer Straße in die Kategorien der Ausbaubeitragssatzung ist ausgehend von den Definitionen der Satzung auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt. Lediglich „daneben“, gewissermaßen als Bestätigungsmerkmal, können auch die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein. Die Begriffswahl „ganz überwiegend“ soll verdeutlichen, dass es nicht um rechnerisch exakte Größenordnungen, sondern, wie es dem Grundsatz der Typengerechtigkeit entspricht, um einen Schwerpunkt gehen soll (BayVGH, B.v. 08.01.2015 – 6 ZB 13.557, juris Rn. 12; B.v. 27.07.2012 – 6 ZB 12.848 – juris Rn. 5; U.v. 09.02.2012 – 6 B 10.865 – juris Rn. 18 m.w.N.). An einer im Rahmen der Verkehrsplanung vorgenommenen Einstufung einer Straße ändert es nichts, wenn entgegen dieser Funktionszuweisung unerwünschter „Schleichverkehr“ stattfindet (VGH Kassel, B.v. 19.12.2014 – 5 A 1420/14).
Legt man diese Maßstäbe zugrunde, handelt es sich bei der B …straße um eine Anliegerstraße.
Dafür sprechen in erster Linie die kommunale Verkehrsplanung und das gewählte Ausbauprofil der Straße.
Der Gesamtverkehrsplan (Bestand von 1985) wurde mit Stadtratsbeschluss vom 02.12.1986 zum verbindlichen Generalverkehrsplan erhoben. Der Flächennutzungsplan wurde am 21.06.2001 amtlich bekannt gemacht. In beiden nach wie vor gültigen Plänen ist die B …straße nicht den hervorgehobenen Hauptverkehrs- bzw. Sammelstraßen zugeordnet. Dem liegt der planerische Wille zugrunde, die im Verhältnis zur H …-S …-Straße, L …straße und N …-U …-Straße schmalere B …straße, in die außer dem kurzen Arm der L-förmigen Bauvereinsstraße keine Seitenstraße einmündet, in erster Linie dem Anliegerverkehr vorzubehalten. Die unübersichtliche Einmündung der B …straße in die an dieser Stelle eine Innenkurve bildende Hauptverkehrsstraße T …straße (St 2176) spricht dafür, einen zahlenmäßig größeren Durchgangsverkehr in der B …straße vermeiden zu wollen.
Dem entspricht auch das geringere Ausbauprofil der B …straße, die mit einer Fahrbahnbreite von 5,50 m (gegenüber 6,00 m bzw. 6,60 m bei den Sammelstraßen) gerade einen Begegnungsverkehr von zwei PKWs oder einem PKW mit einem LKW ermöglicht. Der an der südlichen Straßenseite in voller Länge ausgebaute, durch eine Pflasterrinne von der Fahrbahn abgegrenzte Mehrzweckstreifen von 0,8 bis max. 1,25 m Breite dient den Anwohnern gleichermaßen als Parkfläche und Gehweg. Bei parkenden Fahrzeugen verschmälert sich die für den Verkehr zur Verfügung stehende Fahrbahn weiter, weil der Mehrzweckstreifen nicht die Breite eines PKW aufweist. Dieser Effekt soll die B …straße für durchgehenden Verkehr unattraktiv machen.
Allein vom Lageplan her betrachtet, ist die B …straße in der Tat die geradlinige Verlängerung der H …-S …-Straße. Ein ungebremstes Geradeausfahren aus der H …-S …-Straße in die B …straße ist jedoch schon deshalb nicht möglich, weil am Ende der H …-S …-Straße die Vorfahrt der rechtwinklig kreuzenden, als Sammelstraße eingeordneten L …straße zu beachten ist. Dem planerischen Willen der Beklagten zufolge sollen die Verkehrsteilnehmer an dieser Stelle entweder rechts oder links in die L …straße einbiegen, um je nach ihrem Ziel über die M … Straße oder die N …-U …-Straße weiter Richtung Innenstadt oder stadtauswärts zu fahren.
Dass es dennoch Verkehrsteilnehmer gibt, die weder die schmalere Fahrbahn der B …straße noch die unübersichtliche Einmündung B …straße/T … Straße scheuen, sondern den für sie kürzesten Weg wählen, entspricht dem „unerwünschten Schleichverkehr“, der grundsätzlich nichts an der Einordnung in die Straßenkategorie anhand der Verkehrsplanung der Gemeinde ändert.
Ergänzend wird auf die Gründe 4.1 des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Wunsiedel vom 29.06.2015 Bezug genommen.
2. Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.


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