Baurecht

Streitwert bei Anfechtung der Ausübung des Vorkaufsrechts

Aktenzeichen  9 C 20.1864

Datum:
1.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 32
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, § 68 Abs. 1
RVG § 32
BauGB § 28
BGB § 467

 

Leitsatz

1. Nach Nr. 9.6.1 des zugrunde zu legenden Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 ist bei Anfechtung der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Käufer ein Viertel des Kaufpreises als Streitwert anzusetzen. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bezieht sich ein Gesamtkaufpreis auf Grundstücke unterschiedlicher Nutzung und Qualität, orientiert sich im Falle der teilweisen Ausübung des Vorkaufsrechts die Streitwertberechnung nicht am Größenverhältnis, sondern am Wertverhältnis der betroffenen Flächen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 5 K 19.1578 2020-06-25 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. Juni 2020 wird der Streitwert auf 4.837,35 Euro festgesetzt.

Gründe

Die von den Bevollmächtigten des Klägers in eigenem Namen eingelegte Beschwerde (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 GKG), mit der sie eine Heraufsetzung des Streitwerts für die Klage des Käufers gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 2019 begehren, ist zulässig und begründet.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat legt hierbei regelmäßig den jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde, derzeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (Streitwertkatalog 2013). Danach ist gemäß Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs 2013 bei Anfechtung der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Käufer ein Viertel des Kaufpreises als Streitwert anzusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2006 – 9 B 04.1217 – juris Rn. 36; B.v. 27.6.2006 – 9 ZB 05.1233 – juris Rn. 39).
Aus dem notariellen Kaufvertrag vom 6. Dezember 2018 ergibt sich ein Kaufpreis in Höhe von 20.000,– Euro. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass von dem notariellen Kaufvertrag insgesamt fünf Grundstück erfasst werden und für alle Grundstücke zusammen ein einheitlicher Gesamtkaufpreis vereinbart war, während die Beklagte ihr Vorkaufsrecht nur für zwei Grundstücke ausgeübt hat. Die Beklagte hat daher in einem solchen Fall auch nur den hierauf entfallenden verhältnismäßigen Teil des Gesamtkaufpreises zu entrichten (vgl. § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 467 Satz 1 BGB).
Da sich dem notariellen Kaufvertrag vom 6. Dezember 2018 keine (anteilige) Wertbestimmung oder Zusammensetzung des Kaufpreises für die zwei Grundstücke, für die die Beklagte das Vorkaufsrecht mit Bescheid vom 4. Februar 2019 ausübte, entnehmen lässt, hat das Verwaltungsgericht der Streitwertbemessung den durchschnittlichen Kaufpreis in Höhe von 2,15 Euro/m2 zugrunde gelegt. Hierbei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die vom Gesamtkaufpreis umfassten insgesamt fünf Grundstücke aufgrund ihrer unterschiedlichen Nutzung und Qualität (Wiese, Acker und Wohnbauflächen nach dem geltenden Flächennutzungsplan der Beklagten) wohl keinen einheitlichen Verkehrswert aufweisen. Dies legt der Bevollmächtige des Klägers auch dar, ohne dass die Beklagte dem entgegentritt. Der verhältnismäßige Teil kann sich deshalb nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – am Größenverhältnis der betroffenen Flächen orientieren, sondern an ihrem Wertverhältnis (BGH, U.v. 5.7.1990 – III ZR 229/89 – juris Rn. 34; Paetow in Berliner Kommentar, BauGB, Stand August 2020, § 28 Rn. 18; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2020, § 28 Rn. 40). Dies entspricht auch der Bedeutung der Sache für den Kläger nach dessen Wertvorstellungen für die von der Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstücke (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2001 – 9 ZB 99.241 – juris Rn. 16).
Für die Streitwertbemessung ist hier von den vom Klägerbevollmächtigten angegeführten Verkehrswerten der einzelnen Flächen auszugehen, weil diese nicht unrealistisch zu sein scheinen, die Beklagte dem nichts entgegensetzt und das Verwaltungsgericht bei der Bestimmung des Streitwerts keine umfangreichen Ermittlungen anstellen oder gar Gutachten zur Bestimmung des Verkehrswerts einholen muss. Ausgehend von 3.490 m2 Wiesenfläche (FlNr. 3756 Gemarkung Bad Kissingen), 3.120 m2 Ackerflächen (FlNrn. 3728 und 3729 Gemarkung Bad Kissingen) und 2.710 m2 Wohnbauflächen (FlNrn. 3769 und 3770 Gemarkung Bad Kissingen), ergibt sich danach ein Verkehrswert in Höhe von 223.923,– Euro. Unter Berücksichtigung des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 20.000,– Euro errechnet sich daraus ein anteiliger Kaufpreis für die beiden Grundstücke, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde (FlNrn. 3769 und 3770 Gemarkung Bad Kissingen) von 7,14 Euro/m2 und insgesamt in Höhe von 19.349,40 Euro; ein Viertel hieraus entspricht dem festzusetzenden Streitwert in Höhe von 4.837,35 Euro.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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