Baurecht

Teilunwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans

Aktenzeichen  Au 5 K 15.397

Datum:
27.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 51852
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO
BayBO Art. 71, 60 BayBO
BauNVO 1968 §§ 8, 9, 11 Abs. 3 BauNVO 1968

 

Leitsatz

1 Die Teilunwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt nicht zu seiner Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können. Erforderlich ist, dass nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck kommenden Willen der Stadt, diese im Zweifel auch den Plan dieses eingeschränkten Inhaltes beschlossen hätte. (redaktioneller Leitsatz)
2 § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 ist auch Ausfluss der Erkenntnis, dass Einkaufszentren regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne eine förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen (ebenso BVerwG BeckRS 2010, 45891). (redaktioneller Leitsatz)
3 Wenn mehr als 50% des zu erwartenden Umsatzes eines Vorhabens von außerhalb des politischen Gemeindegebiets kommt, dient es vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung. Entscheidend für die Beurteilung sind objektive Merkmale, die geografische Lage, Verkehrsverbindungen, Einwohnerzahlen, Kaufkraft und Umsatzerwartungen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Vorbescheid des Landratsamtes … vom 14. Mai 2013 für die Errichtung eines SB-Warenhauses mit Shop-Zone mit einer Verkaufsfläche von insgesamt 6.500 m2 – aufgeteilt auf max. 3.400 m2 Sortiment Lebensmittel und max. 3.100 m2 für Nicht-Lebensmittel (einschließlich der Shops in der Shop-Zone) – zuzüglich Dienstleistungsbetriebe und Gastronomie mit 1.500 m2 in der Shop-Zone sowie 850 Pkw-Stellplätzen auf dem Grundstück Flnr. … der Gemarkung … ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger kann geltend machen, möglicherweise in seinen Schutz bezweckenden Vorschriften verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Der Kreis der Anfechtungsberechtigten einer Baugenehmigung deckt sich grundsätzlich mit den als Nachbarn nach Art. 66 Bayerische Bauordnung (BayBO) zu beteiligenden Personen, die sachlich und personell den Nachbarbegriff erfüllen. Der Nachbarbegriff im Baurecht ist relativ weit gefasst. Er erfasst im Regelfall die direkt – auch nur punktuell – an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke. Der Begriff des Nachbarn darf aber nicht allein nach den äußeren Merkmalen des Angrenzens im Sinne einer gemeinsamen Grundstücksgrenze bestimmt werden. Ob und welche Grundstücke benachbart sind, muss in jedem Einzelfall geprüft und entschieden werden. Entscheidend sind jeweils die Lage des Vorhabens, die Art des Vorhabens und insbesondere die von ihm für die Umgebung zu erwartenden Auswirkungen, soweit sie öffentlich-rechtlich von Bedeutung sind (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2013, Rn. 58 ff. zu Art. 66). Angesichts dessen, dass die Grundstücke des Klägers mit den Flnrn …, … und …, jeweils der Gemarkung …, nur durch die … getrennt dem Baugrundstück der Beigeladenen gegenüberliegen und ebenso wie das Baugrundstück dem Regime des Bebauungsplans Nr. … der Stadt … unterworfen sind, ist der Kläger als Nachbar im baurechtlichen Sinne anzusehen.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der Vorbescheid des Landratsamts … vom 14. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinem Gebietsbewahrungs- bzw. Gebietserhaltungsanspruch, der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes begründet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151).
Nachdem es sich bei dem Vorhaben der Beigeladenen um einen Sonderbau (Art. 2 Abs. 4 Nr. 4 BayBO) handelt, bestimmt sich der Prüfungsumfang der Baugenehmigungsbehörde nach Art. 60 BayBO. Bei Sonderbauten prüft die Bauaufsichtsbehörde u. a. nach Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB. Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach der Art seiner Nutzung als einzelne Frage Gegenstand eines Vorbescheids sein. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt, soweit es vorliegend um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach der Art der Nutzung geht, nicht gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … (§ 30 Abs. 1 BauGB).
a) Der 1974 in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. … der Stadt … ist zwar in Teilbereichen als unwirksam zu qualifizieren. Die Teilunwirksamkeit der einzelnen Festsetzungen führt allerdings nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans, weil die übrigen Festsetzungen, insbesondere die Festsetzungen als Industriegebiet bzw. Gewerbegebiet, für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und weil nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen der Stadt … diese im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhaltes beschlossen hätte. Insoweit wird auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. Juli 2013 (Au 5 K 13.94) und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. März 2015 (15 ZB 13.2248) in vollem Umfang Bezug genommen. Die Beteiligten haben hierzu nicht Neues vorgetragen.
b) Hinsichtlich der zulässigen Art der baulichen Nutzung ist die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans Nr. … der Stadt … geltende Fassung der Baunutzungsverordnung maßgeblich. Der im Jahr 1974 in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. … bezieht sich auf die Baunutzungsverordnung 1968. Er setzt auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung 1968 im nördlichen und südlichen Geltungsbereich ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO 1968 und im mittleren Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1968 sind in Gewerbegebieten Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, soweit diese Anlagen für diese Umgebung keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können, zulässig. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1968 sind im Industriegebiet Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten i. S. des 11 Abs. 3 BauNVO 1968 zulässig.
Nach § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sind Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die außerhalb von Kerngebieten errichtet werden sollen und die nach Lage, Umfang und Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollen, als Sondergebiete darzustellen und festzusetzen. Der Vorschrift liegt die Wertung zugrunde, die darin bezeichneten Betriebe, die typischerweise ein Beeinträchtigungspotential aufweisen, einer Sonderregelung zu unterwerfen. Das Ziel der Vorschrift ist es, Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Umgebung aus Gewerbegebieten und Industriegebieten fernzuhalten. Dem Verordnungsgeber war bewusst, dass die Ansiedlung solcher Betriebe in den genannten, städtebaulich häufig nicht integrierten Baugebieten infolge ihrer Anziehungswirkung auf die Bevölkerung als günstige und attraktive Einkaufsstätten die Wirtschaftsstruktur der Umgebung erheblich beeinträchtigen kann und eine bedarfsgerechte wohnungsnahe Versorgung in Frage stellen kann. Auch kann die Errichtung großflächiger Einzelhandelsbetriebe Auswirkungen auf die örtliche und überörtliche Verkehrsplanung haben bzw. ihr zuwiderlaufen, weil eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf den umliegenden Zufahrtsstraßen zu erwarten ist. § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 ist daher auch Ausfluss der Erkenntnis, dass Einkaufszentren regelmäßig geeignet sind, Nachbargemeinden in so gewichtiger Weise zu beeinträchtigen, dass sie ohne eine förmliche Planung, die dem Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gerecht wird, nicht zugelassen werden dürfen (BVerwG, B.v. 22.12.2009 – 4 B 25.09 – juris; U.v. 18.6.2003 – 4 C 5.02 – BRS 66 Nr. 85).
Ein Vorhaben dient dann vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung, wenn mehr als 50% des zu erwartenden Umsatzes von außerhalb des politischen Gemeindegebiets kommt. Dabei kommt es nicht auf die Absichten des Betreibers, sondern auf objektive Merkmale, die geografische Lage, Verkehrsverbindungen, Einwohnerzahlen, Kaufkraft und Umsatzerwartungen an. Entscheidende Kriterien sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 1.9.1989 – 4 B 99/89 – DÖV 1989, 1094 f.) die Lage, der Umfang und die Zweckbestimmung des Vorhabens sowie eine sachkundige Analyse der Marktverhältnisse, nicht etwa die subjektiven Vorstellungen oder unternehmerischen Zielsetzungen des Betreibers.
c) Zur Überzeugung des Gerichts haben die Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens vom 18. Dezember 2015, die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 6. Juni 2016 sowie die Erläuterungen des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2016 ergeben, dass das Vorhaben der Beigeladenen nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 dient, sondern vorwiegend der Versorgung der Standortgemeinde ….
aa) In dem Gutachten ist zusammenfassend Folgendes ausgeführt:
Um die tatsächliche Begutachtung durchführen zu können, habe die … Beratungs GmbH im Juli/August 2015 eine erneute Vor-Ort-Begehung des Einzelhandelsbesatzes in den maßgeblichen Gemeinden auf Basis der Bestandsdaten der Voruntersuchung von 2012 vorgenommen. Anschließend sei eine Umsatzschätzung anhand verschiedener Parameter vorgenommen worden. Die Einschätzungen von November 2012 seien durch eine ausführliche Vor-Ort-Begehung des Projektleiters im Sommer 2015 noch einmal neu geprüft und aktualisiert worden. Die qualitative Bewertung des Mikro-Standortes sowie der projektrelevanten Angebotssituation inklusive der im Einzugsgebiet vorhandenen Zeit-Wegedistanzen sei durch eine intensive Vor-Ort-Begehung des Projektleiters im November 2012 sowie durch erneute Recherchen vor Ort im Sommer 2015 erfolgt. Zudem seien sämtliche vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen, darunter alleine vier vorangehende Studien weiterer Gutachter sowie alle relevanten amtlichen und externen Daten aufbereitet und in die Untersuchung mit einbezogen worden. Zur Modellierung der anzunehmenden Kaufkraftströme sei ein langjährig in einer Vielzahl von unterschiedlichen Aufgabenstellungen bewährtes und stetig weiterentwickeltes statistisches Verfahren verwendet worden.
Bei der Beantwortung der durch den Beweisbeschluss des Gerichts gestellten Frage komme es auf die räumliche Herkunft der zu erwartenden Einzelhandelsumsätze des Vorhabens an. Dazu habe der Gutachter im Herbst/Winter 2015 eine Markt- und Standortanalyse durchgeführt, die auf Basis der Befunde und Ergebnisse der Analyse 2012 für damals geplante 7.900 m² Verkaufsfläche eine Aktualisierung darstelle, die als Grundlage die nunmehr reduzierte Planung für 6.500 m² ohne Shopzone habe. Aufgrund der insgesamt guten Standortqualität und der in … und im Einzugsgebiet vorhandenen Wettbewerbssituation sei für den Standort mit einem Projektumsatz von ca. 36,85 Mio.. EUR p.a. zu rechnen (24,5 Mio.. Euro Food und 12,35 Euro Non-Food). Die hierbei zu unterstellenden Flächenproduktivitäten seien mit aktuellen, betriebstypischen Leistungskennziffern und Echtumsatzmeldungen von … sowie eigenen Flächenbegehungen abgestimmt worden.
Mit Hilfe eines langjährigen erprobten Verfahrens zur Modellierung von Kaufkraftströmen und Berechnung von Umsatzumlenkungen sei auf Basis der in 2012 formulierten Ergebnisse und Befunde eine Aktualisierung der möglichen Umsatzherkunft des nunmehr auf reduzierter Verkaufsfläche geplanten … SB-Warenhauses geprüft worden. Im Vergleich zur vorangegangenen Planung sei das nunmehr geplante Angebot mit 6.500 m² als in seinem Marktauftritt deutlich kleiner und weniger attraktiv einzuschätzen. Hinsichtlich der relevanten Überlegungen zur räumlichen Herkunft der zu erwartenden Einzelhandelsumsätze dürfte sich dies aus gutachterlicher Sicht dahingehend auswirken, dass das Vorhaben eine geringere räumliche Ausstrahlung habe und damit geringere Umsatzanteile aus weiter entfernten Zonen des Einzugsgebietes erzielt würden. In … selbst dürfte das reduzierte Vorhaben zwar im Vergleich zu Wettbewerbern wie … oder … in der Lage sein, nahezu gleiche Abschöpfungsquoten vor Ort zu generieren. Für weiter entfernte Kunden sei der Grund für die Überwindung des teils beträchtlichen Distanzunterschieds jedoch geringer geworden. Auf Basis dieser Überlegungen zu den zukünftig für … in … als plausibel einzuschätzenden Abschöpfungsquoten, die ebenfalls durch eine erneute Umsatzumlenkungsberechnung für den Bestand im Einzugsgebiet validiert worden seien, werde die Kaufkraftabschöpfung für das untersuchte Projekt von … aus der Standortgemeinde … selbst 50,9% betragen, während von außerhalb von … insgesamt 49,1% des Umsatzes stammen werden. Das Vorhaben werde demnach nicht mehr mehrheitlich der übergemeindlichen Versorgung dienen.
Nachdem im Gutachten zunächst davon ausgegangen wurde, dass das Vorhaben ohne eine zusätzliche Shopzone von 1.500 m² im Mallbereich verwirklicht werden soll, nahm der Gutachter auf Nachfrage des Gerichts mit ergänzendem Gutachten vom 6. Juni 2016 zur Frage Stellung, wie sich eine separate Shopzone von 1.500 m² auf die Verteilung der Kaufkraftströme auswirkt. Er führte hierzu aus, dass die räumliche Ausstrahlungskraft einer solchen Shopzone kaum eigene Kundenbindungen aufbauen werde, die von der des dominierenden SB-Warenhauses signifikant abweichen würden. Vielmehr sei von Ergänzungsnutzungen auszugehen, die eher die Nahversorgungsausrichtung bestätigen würden. Aus gutachterlicher Sicht sei deshalb eine zusätzliche Shopzone von 1.500 m² im Mallbereich nicht relevant für eine abweichende Beurteilung der räumlichen Zusammensetzung der Kunden- bzw. Umsatzherkunft des Projektes … SB-Warenhaus mit einer geplanten Verkaufsfläche von 6.500 m².
Dieses Gutachten nebst Ergänzung und Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung stellen eine hinreichende Grundlage für die Entscheidung der Kammer über die vorliegende Klage dar. Das überzeugungskräftige Gutachten legt ausführlich und nachvollziehbar im Einzelnen dar, auf welchem Weg und unter Einsatz welcher Methoden der Gutachter zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben der Beigeladenen ca. 50,9% der gesamten Umsatzerwartung von … Kaufkraft generieren wird, wohingegen ca. 49,1% des prognostizierten Umsatzanteils von Kaufkraft von außerhalb … erwartet wird. Der Gutachter hat die einzelnen Schritte aus Sicht des Gerichts detailliert dargelegt, plausibel dargestellt und nachvollziehbar seine Ergebnisse aufgeschlüsselt. Hierauf wird im Einzelnen verwiesen. Das methodische Vorgehen des Gutachters begegnet keinerlei Bedenken. Das der Modellierung der anzunehmenden Kaufkraftströme zugrunde gelegte statistische Verfahren war bereits im Gutachten vom 21. Dezember 2012 angewandt worden und begegnete keinen rechtlichen Bedenken. Das Vorgehen des Gutachters trägt insgesamt den Kriterien, die das Bundesverwaltungsgericht für die Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben vorwiegend der gemeindlichen oder aber der übergemeindlichen Versorgung dient, aufgestellt hat, Rechnung (BVerwG, B.v. 1.9.1989 a. a. O.) Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der vom Gutachter dargestellten Aktualisierung der Datengrundlagen hat das Gericht keine Zweifel an der Einschätzung des Gutachters, dass das Vorhaben der Beigeladenen vorwiegend der gemeindlichen Versorgung … diene.
bb) Die vom Kläger vorgelegten Stellungnahmen und Einschätzungen anderer Fachstellen vermögen die Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen nach Auffassung des Gerichts nicht zu erschüttern. Der Sachverständige ist in seiner (ergänzenden) gutachterlichen Stellungnahme vom 6. Juni 2016 eingehend und plausibel auf sämtliche von dem Bevollmächtigten des Klägers vorgetragenen Einwände und Rügen eingegangen.
(1) Er hat zunächst zur ergänzenden Shopzone von 1.500 m² im Mallbereich nachvollziehbar ausgeführt, dass dieser Bereich kaum eigene Kundenbindungen aufbauen werde, die von der des dominierenden SB-Warenhauses signifikant abweichen würden. Die in solchen Zonen üblichen Mieter wie Bäckerei- und Metzgereiangebote nebst angegliederten Cafe- und Imbissflächen würden Ergänzungsnutzungen mit einer klaren Nahversorgungsausausrichtung darstellen, die eher noch die Kundenherkunft aus dem Nahbereich verstärken würden. Weitere typische Anbieter in den Shopzonen von … SB-Warenhäusern seien Apotheken oder Augenoptiker, deren räumliche Kundenherkunft sicherlich ebenfalls die des SB-Warenhauses überschreiten würde. Denkbar seien noch Anbieter aus dem Bereich Kleidung oder Lederwaren, deren räumliche Kaufkraftbindung zwar der des gesamten SB-Warenhauses entsprechen dürfte, diese jedoch ebenfalls nicht signifikant überschreiten würde. Die Shopzone von 1.500 m² im Mallbereich sei aus gutachterlicher Sicht nicht relevant für eine abweichende Beurteilung der räumlichen Zusammensetzung der Kunden- bzw. Umsatzherkunft des Projektes … SB-Warenhaus mit einer geplanten Verkaufsfläche von 6.500 m². Das Vorbringen des Gutachters der Klägerseite (…), wonach das nach dem Bauvorbescheid nur zulässige Dienstleistungs- und Gastronomieangebote bei einem Flächenangebot von 1.500 m² besonders großzügig und attraktiv sein müsse und der Shopzone deshalb ein Alleinstellungsmerkmal zukomme, welches bei den Marktanteilen gerade in den Zonen 3 bis 5 hätte berücksichtigt werden müssen, vermag die Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht zu erschüttern. Dies ergibt sich zum Einen bereits daraus, dass die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals darauf hingewiesen hat, dass mit dem Antrag auf Erteilung des Bauvorbescheids nur eine Fläche von 600 m² für Gastronomie (bezogen auf die gesamte Dienstfläche, soweit sie für den Kunden einsehbar ist) und von 400 m² für Dienstleistungen beantragt worden seien. Insoweit sicherte die Beigeladene zu, dass dem streitgegenständlichen Bauvorbescheid, soweit er darüber hinausgehen sollte, keine Bindungswirkung zugemessen werde. Damit steht fest, dass in der Shopzone ausschließlich ein Angebot von 600 m² Gastronomie – wobei die Nettofläche deutlich unter 600 m² liegt – und 400 m² Dienstleistungen verwirklicht werden wird. Eine Ausstrahlungskraft, wie sie vom Gutachter des Klägers einer Fläche von 1.500 m² zugemessen wird, kommt der Shopzone bei einer um ein Drittel reduzierten Fläche offensichtlich nicht mehr zu. Nach den Festsetzungen im Vorbescheid ist ausgeschlossen, dass neben den in Shopzonen üblichen Gastronomie- und Dienstleistungsangeboten weitere Shops entstehen, die Kunden jedenfalls aus weiter entfernten Zonen anziehen könnten. Der gerichtlich bestellte Gutachter nahm in der mündlichen Verhandlung nochmals dahingehend Stellung, dass der große Flächenanteil für Gastronomie für … eher typisch sei und diese Gastronomie dann noch mit Bäckerei- und Metzgereiangeboten zusammenhänge. Zu einer Veränderung der Kaufkraftströme führe ein solches Angebot nicht. Die Gastronomie sei nämlich ebenfalls an die Ladenöffnungszeiten gebunden und werde deshalb in der Regel bei Gelegenheit des Einkaufes im Warenhaus von den Kunden besucht. Soweit die Gastronomie singulär aufgesucht werde, spreche dies vorrangig Besucher aus dem Nahbereich an. Damit hat die Shopzone zwar, wie auch der gerichtlich bestellte Gutachter nicht ausschließt, nach wie vor möglicherweise attraktivitätssteigernden Charakter. Die vom Gutachter des Klägers angenommene Größenordnung und die ihr deshalb zugedachte Anziehungskraft auch über den Nahbereich hinaus erreicht sie nach Überzeugung des Gerichts jedoch nicht.
(2) Die vom klägerischen Gutachter angesprochenen Übertragungsfehler hat der gerichtlich bestellte Gutachter eingeräumt. Er hat jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass diese auf das Ergebnis des Gutachtens keinen Einfluss gehabt hätten. Soweit die Verkaufsfläche für … im Bereich Food mit 1.250 m² statt mit 12.500 m² angegeben wurde (S. 18 des Gutachtens), handelte es sich um ein reines Schreibversehen, das, wie auch der klägerische Gutachter einräumt, ohne Folgen für die weitere Berechnung blieb. Der vermeintliche Umsatzrückgang in … im Bereich Food von 12,1 Mio.. Euro im Jahr 2012 auf 10,4 Mio.. Euro im Jahr 2015 (S. 18 des Gutachtens) ergibt sich nach Angaben des Gutachters daraus, dass bereits im Jahr 2012 der Umsatz mit 10,4 Mio.. Euro hätte angegeben werden. Es müsse im Jahr 2012 ein Übertragungsfehler vorgelegen haben. Alle Nachberechnungen hätten ergeben, dass der Umsatz Food auch im Jahr 2012 mit 10,4 Mio.. Euro hätte beziffert werden müssen. Zu Zweifeln an der Validität der Datengrundlagen oder den darauf basierenden Schlussfolgerungen führe dies jedoch nicht, weil der wertmäßige Anteil an der gesamten Datenbasis zu gering sei. Diese Ausführungen sind ohne weiteres nachvollziehbar und werden auch nicht durch die Annahme des klägerischen Gutachters, wonach rein rechnerisch eine zusätzliche Kaufkraft frei geworden sei, die u. a. auch vom streitgegenständlichen Vorhaben abgeschöpft werden könnte, substantiiert in Zweifel gezogen. Denn angesichts des in den dem Gutachten von … zugrunde gelegten Zonen errechneten Gesamtumsatzes Food von insgesamt 368,6 Mio.. Euro bedeutet ein zusätzlicher Umsatz von 1, 7 Mio.. Euro (Differenzbetrag zwischen 10,4 Mio.. Euro und 12,1 Mio. Euro) eine Steigerung von weniger als einem halben Prozentpunkt. Eine auch im Sinne der entscheidungserheblichen Fragestellung relevante Auswirkung kann sich demnach durch den Ansatz des Umsatzes Food für … mit 10,4 Mio. Euro nicht ergeben, weil die Auswirkungen auf die Kaufkraftabschöpfung rein rechnerisch unerheblich sind.
(3) Bedenken an der Richtigkeit des Gutachtens von … ergeben sich entgegen der klägerischen Auffassung auch nicht deshalb, weil im Bereich Food im Gewerbegebiet … und … jeweils im Vergleich zu 2012 ein Umsatzrückgang angenommen wurde. Der Gutachter hat hierzu ausgeführt, dass für das Gewerbegebiet … im Vergleich zu 2012 die Umsatzleistung von … etwas vorsichtiger eingeschätzt worden sei, weil die Kundenfrequenz vor Ort und der Marktauftritt im Vergleich zu … ebenfalls in … weniger leistungsfähig gewirkt hätten. Auch sei nach einer Veröffentlichung der …gruppe die allgemeine Flächenproduktivität bei … leicht rückläufig. Zudem habe noch die Bäckerei … geschlossen, die zwar keinen großen Umsatz gemacht habe, insgesamt habe die Schließung aber auch zur Verringerung des Gesamtumsatzes im Gebiet beigetragen. In … habe ein Sonderpostenmarkt mit 1.700 m² Verkaufsfläche geschlossen, der nicht durch neue Verkaufsflächen ersetzt worden sei. Vor diesem Hintergrund bezeichnete auch der klägerische Gutachter die Umsatzrückgänge als plausibel.
(4) Auch das Vorbringen der Klägerseite zur leicht sinkenden Zentralität im Bereich Food, wie sie sich im gerichtlich bestellten Gutachten ergebe, vermag die Richtigkeit dieses Gutachtens nach Auffassung der Kammer nicht zu erschüttern. Der Gutachter des Klägers ist der Auffassung, dass angesichts der positiven Kaufkraftentwicklung im Einzugsbereich des Vorhabens und der positiven Bestandsentwicklung im Sortimentsbereich Food im Einzugsgebiet eine gleichbleibende oder sich positiv zu entwickelnde Zentralität im Sortimentsbereich Food zu erwarten gewesen wäre. Der überproportional hohe Rückgang der Zentralität in Zone 3 mit 18,2% sei weder plausibel noch nachvollziehbar. Dort liege das gut frequentierte …. Gleiches gelte auch für Zone 1 und 2. Vor allem im Discounterbereich wie bei … und … sei die Flächenproduktivität deutlich gestiegen. Vor diesem Hintergrund sei die Gesamtumsatzberechnung von … fraglich. Der Gutachter von … hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass sich die Flächenproduktivität im Einzelhandel allgemein und im Bereich Food im Besonderen kaum positiv entwickelt habe. Dies bedeute bei größtenteils gleichbleibenden Flächen in den einzelnen Teilflächen der Untersuchung, dass folgerichtig auch die Umsätze im Wesentlichen gleich blieben. Demgegenüber hätten sich die Kaufkraftpotenziale bei nur leicht gestiegener Bevölkerung erhöht. Das höhere Kaufkraftvolumen führe also rechnerisch zwangsläufig zu einer geringeren Zentralität. In der mündlichen Verhandlung ergänzte der Gutachter sein Vorbringen noch dahingehend, dass er die gestiegene Flächenproduktivität bei den Discountern nachvollziehen könne, dies jedoch für die übrigen SB-Warenhäuser nicht in gleichem Maße gelte. Im Übrigen führte er in diesem Zusammenhang schlüssig aus, dass die entsprechenden Umsatzsteigerungen bei … und … wieder entsprechend in die Abschöpfungs- und Umlenkungsberechnung hätten einfließen müssen, was – angesichts der flächendeckenden Versorgung mit Discountern – letztlich eher zu einer Steigerung der Kaufkraftabschöpfungsquote aus … selbst geführt hätte. In der gutachterlichen Stellungnahme, die die Beigeladene mit Schriftsatz vom 14. Juli 2016 vorgelegt hat (Büro …) ist zur Problematik der Zentralitätsentwicklung ausgeführt, dass der Zeitvergleich von Zentralitätsindices grundsätzlich methodisch problematisch sei und die Interpretation der Zentralitätsentwicklung sehr komplex sei. Neben der Bevölkerungsentwicklung würden auch die Kaufkraftentwicklung und die Umsatzentwicklung einfließen. Zudem würden über den Kaufkraftindex und die Verwendung bundeseinheitlicher Pro-Kopf-Werte noch Trends mit eingerechnet, die die Interpretation der Zentralitätsentwicklung noch komplexer machen. Konstellationen, in denen die Kaufkraft stärker steige als der Umsatz, seien deshalb nicht selten und führten selbst bei positiver Kaufkraft- und Umsatzentwicklung zu einer negativen Zentralität. Zudem mache die Betrachtung der Zentralität von Regionen und Zonen methodisch keinen Sinn, weil sich der Zentralitätsbegriff auf einen abgegrenzten zentralen Ort beziehe. Auf die Interpretation der Zentralitätsentwicklung komme es deshalb vorliegend nicht maßgeblich an. Auch nach Auffassung der Kammer sind die Ausführungen der Klägerseite zur gesunkenen Zentralität letztlich nicht entscheidungserheblich. Denn die gesunkene Zentralität ergibt sich unstreitig daraus, dass die vom gerichtlich bestellten Gutachter zugrunde gelegten Umsätze nicht in gleichem Maße gestiegen sind wie die Kaufkraft. Damit macht der Kläger im Kern aber – wie der Hinweis auf die gestiegene Flächenproduktivität im Discounterbereich bestätigt – geltend, dass die Umsätze im Bereich Food im Gutachten von … zu niedrig angesetzt wurden. Insoweit war das Vorbringen des Klägers, wie bereits ausgeführt, auch unter Berücksichtigung der gestiegenen Umsätze im Bereich Food bei den Discountern … und …, nicht geeignet, das gerichtlich bestellte Gutachten in Zweifel zu ziehen.
(5) Plausibel und nachvollziehbar dargestellt ist im Gutachten von … nach Auffassung der Kammer auch der Umstand, dass beim geplanten … SB-Warenhaus die Flächenproduktivität trotz Verringerung der Verkaufsfläche sinkt. Zwar bestand zwischen allen im Verfahren tätigen Gutachtern Einigkeit dahingehend, dass in der Regel eine Verringerung der Verkaufsfläche mit einer Erhöhung der Flächenproduktivität einhergeht. Der gerichtlich bestellte Gutachter konnte jedoch schlüssig darlegen, weshalb er die Flächenproduktivität für das streitgegenständliche Vorhaben nach Verringerung der Verkaufsfläche geringer angesetzt hat als bei durchschnittlichen …. Er führte hierzu aus, dass die Flächenproduktivität des geplanten … am konkreten Standort geringer sei als die Durchschnittswerte bei …, weil hier ein starker Wettbewerb herrsche. Entgegen sonstiger Erfahrungen führe die Verringerung der Verkaufsfläche vorliegend nicht zu einer höheren Flächenproduktivität, weil das Verhältnis zwischen Verkehrs- und Warenflächen gleich bleibe. Auch die Gangbreite werde voraussichtlich nicht verändert, ebenso wenig das Verhältnis von Food- und Nonfood-Bereichen. Die schon vor drei Jahren ermittelte Gesamtproduktivität gelte deshalb auch für eine Fläche von 6.500 m². Dementsprechend seien bei der Flächenproduktivität nur Anpassungen im Hinblick auf die gestiegene Kaufkraft vorgenommen worden. Im Übrigen liege die für das geplante … SB-Warenhaus angesetzte Flächenproduktivität mit 7.200 Euro/m² im Bereich Food deutlich oberhalb der Produktivität systemgleicher Wettbewerber mit durchschnittlich 4.150 Euro/m². Das geplante Vorhaben könne nicht mit … an anderen Standorten verglichen werden. So sei etwa der … in … ein Vollstandort, der eine deutlich höhere Ausstrahlungskraft besitze und günstigere Wettbewerbsbedingungen vorfinde. Im Vergleich hierzu sei bei … nach der Flächenreduzierung eine unterdurchschnittliche Flächenleistung zu erwarten. Der Vortrag der Klägerseite, wonach die durchschnittliche Flächenproduktivität von … SB-Warenhäusern nach dem … Report der … 2014/2015 mit durchschnittlich 6.510 Euro/m² angegeben sei, vermag die Berechnung des gerichtlich bestellten Gutachters nicht zu erschüttern. Denn bei der Gesamtflächenproduktivitätsberechnung für … im …-Report ist, wie von Klägerseite nicht bestritten wurde, auch der Umsatzanteil der Tankstellen, Waschstraßen und Reifencenter, der 16,16% am Gesamtumsatz ausmacht, mit berücksichtigt. Im geplanten … SB-Warenhaus sind jedoch weder eine Tankstelle oder Waschstraße noch ein Reifencenter vorgesehen. Im Übrigen ist auch kein Getränkemarkt, der attraktivitätssteigernd wirken könnte, geplant. Nachdem das geplante … SB-Warenhaus auch nur die Hälfte der durchschnittlichen Verkaufsfläche von … aufweist, ist für das Gericht ohne weiteres nachvollziehbar, dass die ermittelten Durchschnittswerte für die … insgesamt nicht ohne standort- und vorhabenspezifische Anpassungen übernommen werden können.
(6) Soweit die Klägerseite rügt, dass der Rückgang der Kaufkraftabschöpfungsquote von außerhalb … von 56% im Jahr 2012 auf 49,1% im Jahr 2015 nicht plausibel sei, vermag auch dies die Feststellungen im gerichtlich bestellten Gutachten nicht zu erschüttern. Der Gutachter der Klägerseite vertrat die Auffassung, dass die vom gerichtlichen Gutachter ermittelten Marktanteile für die Kaufkraftabschöpfung einerseits aus … selbst und andererseits von außerhalb … bei der Verkleinerung der Verkaufsflächen nicht plausibel seien. Dies gelte insbesondere für die Reduzierung der Marktanteile in den Zonen 3, 4 und 5. Eine Reduzierung von über 40% etwa in Zone 5 sei hier zu hoch angesetzt. Dies gelte vor dem Hintergrund, dass die Marke … auf Kunden eine besondere Anziehungskraft habe, … eine hohe Kundenzufriedenheit vorweisen könne und ein besonderes Konzept habe. Während es von den Mitwettbewerbern … und … im näheren Umfeld weitere Standorte gebe, sei … das einzige Warenhaus seiner Art im Einzugsbereich. Das Warenhaus ziehe deshalb Kunden an, die speziell zu … kommen wollten und die Mitwettbewerber nicht als Alternative ansähen. Die Verringerung der Verkaufsfläche führe zwar zu einer gewissen Attraktivitätssenkung, das grundsätzliche Angebot bleibe jedoch in gleicher Weise erhalten. Die zusätzliche Shop-Zone werde die Attraktivität des Standorts weiter erhöhen, auch wenn sie das Einzugsgebiet des Marktes nicht verändere. Dementsprechend seien die Absenkungen in Zone 3, 4 und 5 zu hoch und würden deshalb das ohnehin knappe Ergebnis des Gutachters in Frage stellen.
Sowohl im ergänzenden Gutachten als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter von … hierzu ausführlich Stellung genommen und nachvollziehbar dargelegt, weshalb es trotz der auch von ihm anerkannten besonderen Stellung der Marke … auf dem Markt zu der ermittelten, gesunkenen Kaufkraftabschöpfung von außerhalb … kam. So hat er dargelegt, dass angesichts der sinkenden Flächenzahl bei der Sortimentsgestaltung Abstriche in Breite und Tiefe vorgenommen werden müssten. Dies bedeute einen Rückgang der Wettbewerbsstärke gegenüber den Konkurrenzstandorten in Zone 4 und 5, deren Sortiment sich nun weniger von … unterscheide. Diese Annahme des Gutachters wurde bestätigt durch die Vertreter der Beigeladenen, die darauf hinwiesen, dass angesichts der verringerten Verkaufsfläche in … kein komplettes Sortiments-Konzept mehr durchgeführt werden könne. Es müssten nicht nur ein Teil des Randsortiments ausgelistet werden, sondern ganze Sortimentsbereiche wie etwa Oberbekleidung, Schuhe oder Lederwaren. Auch Camping- und Gartenartikel könnten nicht geführt werden. Auch profitiere … in Bereichen, in denen das Warenhaus auf dem Lebensmittelmarkt noch nicht bekannt sei, nicht so sehr vom guten Markennamen. In diesen Bereichen erziele man teilweise nur Leistungen von unter 4.000 EUR pro qm. Vor diesem Hintergrund erscheint der Kammer die Annahme des Gutachters von …, wonach sich mit der Verringerung der Verkaufsfläche und dem damit verbundenen reduzierten Sortimentsangebot zwangsläufig die Distanzempfindlichkeit der Kunden zulasten von … und zugunsten der lokalen Anbieter erhöhe, durchaus plausibel. Weiter führte der Gutachter aus, dass sich eine reduzierte Abschöpfungsleistung in Zone 3 wegen des gut laufenden … in der …straße und … und … ergebe, wobei zu … kaum mehr ein Flächenunterschied bestehe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite, wonach die Wettbewerbssituation bei der Prognose keine entscheidende Rolle spielen dürfe, kommt es nach Auffassung des Gerichts bei der Feststellung der Kaufkraftabschöpfung stets auf den konkreten Standort und die konkret dort vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisse an. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind entscheidende objektive Merkmale bei der Prognose der Kaufkraftherkunft u. a. auch die Umsatzerwartungen sowie eine sachkundige Analyse der Marktverhältnisse (B.v. 1.9.1989 – 4 B 99/89 – DÖV 1989, 1094 f.). Eine solche Analyse kann jedoch ohne Berücksichtigung der konkreten Wettbewerbssituation am Standort nicht getroffen werden. Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der vom Klägerbevollmächtigten zitierten Entscheidung des OVG Münster vom 2. Oktober 2013 (7 D 18/13.NE). Die Entscheidung betraf einen mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbaren Sachverhalt. Dabei vertrat das OVG Münster die Auffassung, dass Wettbewerbssituationen nicht statisch beurteilt werden könnten, sondern Veränderungen, die von der Ansiedlung eines geplanten Vorhabens (hier: Ansiedlung eines „Möbelgiganten“) auf das vorhandene Umfeld ausgehen können und die Wettbewerbssituation entscheidend beeinflussen können, mit berücksichtigt werden müssten. Vorliegend ist jedoch eine derartige Prägung des vorhandenen Umfelds durch das streitgegenständliche Vorhaben dahingehend, dass eine Veränderung der Wettbewerbsdichte zu erwarten wäre, nicht erkennbar. Wie der Gutachter von … auf Grundlage einer eingehenden Standortanalyse festgestellt hat, handelt es sich beim geplanten … SB-Warenhaus angesichts der reduzierten Fläche nunmehr um einen Wettbewerber unter vielen, dem damit auch keine entscheidende wettbewerbsverändernde oder gar -verdrängende Kraft zugemessen werden kann. Zudem hat der gerichtlich bestellte Gutachter die von der Klägerseite betonte besondere „Leuchtkraft“ der Marke … in seinem Gutachten durchaus berücksichtigt. Er führte hierzu in der mündlichen Verhandlung aus, dass eigentlich bei einer Verringerung der Verkaufsflächen auch das Einzugsgebiet hätte verringert werden können. Dies habe er bewusst nicht getan, um der „…“ Rechnung zu tragen. Das Einzugsgebiet sei ohnehin schon wegen der Sonderstellung von … relativ weit gefasst worden. In der Zone 1 verändere sich durch die Verringerung der Verkaufsfläche noch relativ wenig an der Kaufkraftabschöpfung. In Zone 2 sei der Abschlag schon etwas höher anzusetzen, weil Mitwettbewerber an Gewicht gewännen. Die Zone 3 liege hinter …, … und …, die einen Abfangeffekt ausüben würden, der sich in der Kaufkraftabschöpfung deutlich niederschlagen müsse. Im Verhältnis zu diesen Warenhäusern hebe sich … mit der verringerten Verkaufsfläche nicht mehr hervor. In den Zonen 4 und 5 betrage die Fahrtzeit zum Standort bereits 30 Minuten, weshalb hier von einer ganz deutlichen Verringerung der Kaufkraftabschöpfung auszugehen sei.
cc) Insgesamt betrachtet ist der gerichtlich bestellte Sachverständigengutachter auf sämtliche in der mündlichen Verhandlung von Seiten der Beigeladenen gestellten Fragen und Rügen eingegangen, hat sie plausibel und nachvollziehbar, zum Teil unter Bezugnahme auf sein schriftliches Sachverständigengutachten und seine ergänzende Stellungnahme vom 6. Juni 2016 beantwortet. Zweifel an der Richtigkeit des methodischen Vorgehens hat das Gericht nicht. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers die Auffassung vertritt, dass das Gutachten auf einen Prognosehorizont bis 2018/2019 gestützt werden müsste, vermag dies die Richtigkeit des Gutachtens nicht zu erschüttern. Der Gutachter hat die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts geforderten Erhebungen und Analysen zugrunde gelegt und hieraus die zu erwartende Kaufkraftabschöpfung errechnet. Er hat die Prognose mit dem aktuell zur Verfügung stehenden Datenmaterial begründet. Eine Prognose auf der Grundlage derzeit noch nicht vorhandener, valider Daten, wie etwa einer künftigen Bevölkerungsentwicklung ist, worauf der Gutachter zu Recht hingewiesen hat, methodisch bedenklich. Denn die prognostizierten, entscheidenden Parameter wie etwa die Bevölkerungsentwicklungen, Umsatzentwicklungen oder die Kaufkraftentwicklung in bestimmten Bereichen können sich innerhalb kurzer Zeiträume in erheblichem Maße anders als prognostiziert entwickeln. Eine methodisch einwandfreie und belastbare Prognose kann hierauf schwerlich gestützt werden. Das Gericht hat deshalb angesichts der ausführlichen und überzeugenden Ausführungen des Gutachters, zuletzt in der mündlichen Verhandlung, keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Schlussfolgerung, die der Gutachter in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten gezogen hat, Bestand hat.
Die Klage war demnach abzuweisen.
3. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Da die Beigeladene einen Sachantrag gestellt hat und sich damit am prozessualen Kostenrisiko beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert auf 7.500 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg, Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg, schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben