Baurecht

Umfang des Kostenvorschussanspruchs im Baurecht bei bis zum Zeitpunkt der Vornahme geänderten Regeln der Technik

Aktenzeichen  28 U 1686/20 Bau

Datum:
22.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39631
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 97 Abs. 1, § 522 Abs. 2
EnEV 2014

 

Leitsatz

1. Der Kostenvorschuss wegen Mängeln umfasst auch Mehrkosten, die deshalb anfallen, da die Mängelbeseitigung die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden anerkannten Regeln der Technik einhalten muss. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es handelt sich dabei nicht um Sowieso-Kosten. Dies sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH diejenigen (Mehr-)Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre.  (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

28 U 1686/20 Bau 2020-09-01 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung der Streithelfer Dipl.-Ing. C. R. und Dipl.-Ing. S. W. gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.02.2020, Aktenzeichen 8 O 16867/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Streithelfer Dipl.-Ing. C. R. und Dipl.-Ing. S. W. tragen samtverbindlich die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Streithelfer Dipl.-Ing. C. R. und Dipl.-Ing. S. W. können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.839,32 € festgesetzt.

Gründe

I.
Streitgegenständlich ist ein Kostenvorschussanspruch der Klägerin für die Durchführung einer Dachsanierung.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 20.02.2020 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 151.709,14 € nebst Zinsen verurteilt.
Es hat sich dabei auf den Standpunkt gestellt, dass auch soweit in den vom gerichtlichen Sachverständigen angegebenen Mängelbeseitigungskosten Mehrkosten für die Ausbildung gemäß den Vorgaben der EnEV 2014 enthalten seien, diese zuzusprechen seien, da eine Mängelbeseitigung die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden anerkannten Regeln der Technik einhalten müsse.
Hinsichtlich der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand und hinsichtlich der Begründung des Ersturteils wird auf dessen Entscheidungsgründe sowie auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 1.9.2020 (Bl. 255/261 d.A.) unter Ziffer I. Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil haben die Streithelfer der Beklagten C. und S. insoweit Berufung eingelegt, als das Landgericht die Beklagte verurteilt hat, an die Klägerin als Kostenvorschuss auch den Betrag zu bezahlen, der notwendig sei, um bei der Sanierung die erhöhten Anforderungen der EnEV 2014 einzuhalten. Dies betreffe einen ausgeurteilten Hauptsachebetrag in Höhe von 21.839,32 € sowie die hierauf entfallenden Zinsen. Hilfsweise beantragen die Berufungsführer die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beteiligt sich an der Berufungseinlegung ihrer Streithelfer ausdrücklich nicht.
Wegen der Berufungsrügen der Berufungskläger wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 1.9.2020 (Bl. 255/261 d.A.) unter Ziffer II. Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragen die Berufungskläger,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit das Landgericht die Beklagte verurteilt hat, mehr als 129.869,82 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 93.342,99 € seit dem 30.01.2016 und weiteren 36.526,83 € seit dem 30.10.2019 zu bezahlen.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Wegen der Berufungserwiderung der Klägerin wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 1.9.2020 (Bl. 255/261 d.A.) unter Ziffer III. Bezug genommen.
Der Senat hat mit Verfügung vom 1.9.2020 (Bl. 255/261 d.A.) darauf hingewiesen, dass und warum er beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Hierauf ging binnen antragsgemäß verlängerter Frist ein Schriftsatz der Berufungskläger vom 9.10.2020 ein.
Auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.02.2020, Aktenzeichen 8 O 16867/16, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
Die Ausführungen in der Gegenerklärung geben weder zu einer Änderung der Senatsauffassung noch zu einem erneuten Hinweis des Senats Anlass.
Zur Gegenerklärung ist Folgendes auszuführen:
Bei den Mehrkosten, welche durch die notwendige Ausführung der Sanierung nach den Vorgaben der EnEV 2014 gegenüber denjenigen der EnEV 2002 entstehen, handelt es sich entgegen der Auffassung der Berufungskläger bereits begrifflich nicht um Sowieso-Kosten.
Sowieso-Kosten sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH diejenigen (Mehr-)Kosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer geworden wäre (BGH, Urteile vom 29.10.1970, Az.: VII ZR, 14/69; vom 23.9.1976, Az.: VII ZR 14/75; vom 22.3.1984, Az.: VII ZR 50/82; vom 18.1.1990, Az.: VII ZR 171/88 etc.).
Vorliegend wären die Mehrkosten für die notwendige Ausführung der Sanierung nach den Vorgaben der EnEV 2014 nicht angefallen, wenn die Beklagte ihre Werkleistung ursprünglich ordnungsgemäß erbracht hätte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die EnEV 2014 zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnanlage durch die Beklagte in den Jahren 2001/2002 noch nicht existent war.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da bereits die Prämisse der Berufung, es würden Sowieso-Kosten vorliegen, nicht zutrifft.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorliegend handelt es sich um eine isolierte Berufung der Streithelfer Dipl.-Ing. C. R. und Dipl.-Ing. S. W. Die Beklagte hat sich an der Berufung ihrer Streithelfer ausdrücklich nicht beteiligt. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind daher den Berufungsklägern als Gesamtschuldner aufzuerlegen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG bestimmt.


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