Aktenzeichen AN 9 K 21.00188
BayBO Art. 55 Abs. 1
BayBO Art. 64
Leitsatz
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A.
Klagegegenstand ist einerseits die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau einer Wohnanlage mit Gewerbeeinheit (31 WE und 1 Gewerbeeinheit) einschließlich einer Tiefgarage mit 31 Stellplätzen – TEKTUR über Aufstockung Haus 3“.
Weiterhin wendet sich die Klägerin auch ausdrücklich gegen die Kostenentscheidung, die zum ablehnenden Bescheid ergangen ist
B.
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Bezüglich der Verpflichtungsklage mangelt es der Klägerin an einem Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung (siehe 1.). Es besteht auch kein Anspruch auf Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (siehe 2.).
Auch die insoweit als Anfechtungsklage auszulegende gegen die Gebührenfestsetzung gerichtete Klage ist unbegründet (siehe 3.).
1. Gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind, d.h., wenn das Vorhaben sowohl genehmigungspflichtig als auch genehmigungsfähig ist.
1.1 Die beantragte Änderung des bereits genehmigten Vorhabens stellt sich unzweifelhaft als genehmigungspflichtig dar, da durch die geplante Aufstockung die bauliche Substanz verändert wird (siehe Decker in Busse/Kraus, BayBO, Stand 2021, Art. 55 Rn. 26), Art. 55 Abs. 1 BayBO.
1.2 Das nunmehr streitgegenständliche Vorhaben erweist sich indes als nicht genehmigungsfähig, da keine vollständigen Bauvorlagen vorgelegt wurden.
Ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung kann nur gegeben sein, wenn das beantragte Vorhaben auf der Grundlage des Bauantrags und der Bauvorlagen (Art. 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO) anhand der heranzuziehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft werden kann.
Gem. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO sind mit dem Bauantrag die für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen. Art, Umfang und Inhalt der vorzulegenden Bauvorlagen regelt die Bauvorlagenverordnung (Art. 80 Abs. 4 BayBO).
Sofern die für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen nicht vollständig eingereicht worden sind und somit kein prüffähiger Bauantrag gegeben ist, darf die Behörde auch nicht im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens zur Erteilung der Baugenehmigung verpflichtet werden. Dies gilt auch für den Fall, dass es die Bauordnungsbehörde entgegen Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBO unterlassen hat, den jeweiligen Bauherren zur Ergänzung der Bauvorlagen aufzufordern (siehe hierzu BayVGH, B.v. 26.9.2002 – 26 ZB 99.1925 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 21.9.2020 – M 8 K 18.3139 – juris Rn. 23; VG Ansbach, U.v. 10.5.2021 – AN 3 K 20.01651 – juris Rn. 32; siehe auch allgemein: BayVGH, U.v. 29.4.1996 – 15 B 95.1843).
Gem. § 8 Abs. 2 Nr. 3 BauVorlV sind unter anderem die Ansichten der geplanten baulichen Anlage mit dem Anschluss an Nachbargebäude vorzulegen. Vorliegend hat es die Klägerin unterlassen, die Ostansicht des streitgegenständlichen Gebäudes vorzulegen, in den Bauvorlagen findet sich nur die Westansicht. Nach Auffassung der Kammer ist aber gerade die Ostansicht für die Beurteilung des Vorhabens von wesentlicher Bedeutung, da auf diese Weise die Grenzbebauung auf den östlich angrenzenden Nachbargrundstücken gemeinsam mit dem streitgegenständlichen Vorhaben in die Blickbeziehung genommen werden kann. Diese Zusammenschau kann sowohl für Fragen des Einfügens hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, als aber auch für das Rücksichtnahmegebot von Bedeutung sein. Zwar finden sich in den Schnitten auch Einzeichnungen bezüglich der Nachbarbebauung, diese vermögen aber nicht die unterschiedlichen Höhenverläufe der Bebauung auf den im Osten angrenzenden Grundstücken wiederzugeben. Gerade auch die Wirkung des sich dort befindlichen Kamins, der sich über die Höhe von einem Geschoss erstreckt, ist für eine sachgerechte Beurteilung des Vorhabens in einer Ansicht gemeinsam mit dem streitgegenständlichen Vorhaben abzubilden. Die vorgenannten Ausführungen gelten insbesondere auch deshalb, weil das durch den Bauantrag und die Bauvorlagen gekennzeichnete Vorhaben den Gegenstand möglicher Nachbareinwendungen bestimmt (VGH Mannheim, U.v. 1.4.1998 – 4 S 722/98; BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 15 ZB 11.01480).
Die Verpflichtungsklage war somit im Hauptantrag abzuweisen.
2. Auch bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, erweist sich die Klage als unbegründet, da die erforderliche Spruchreife gerade – wie soeben ausgeführt – nicht gegeben ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
3. Soweit die Klägerin sich gegen die Gebührenfestsetzung wendet, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Die Beklagte hat nachvollziehbar die Berechnung anhand der von ihr zugrunde gelegten Baukosten in Höhe von 6.758.500,00 EUR und des Baukostenindexes dargelegt. Die durch die Beklagte angesetzten Baukosten wurden durch die Klägerin auch nicht substantiiert bestritten. Gründe, warum dieser Ansatz fehlerhaft sein sollte, wurden weder vorgetragen noch sind sie in sonstiger Weise ersichtlich.
C.
Nach alledem waren die Klagen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.