Baurecht

Unwirksamer Bebauungsplan wegen fehlerhafter Festsetzung einer privaten Grünfläche zur gemeinschaftlichen Nutzung

Aktenzeichen  1 N 17.1142

Datum:
17.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30416
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 6, Abs. 7, § 2 Abs. 4, § 3 Abs. 2 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 15, Nr. 21, Nr. 22, § 9a, § 34
BayBO 2008 Art. 7

 

Leitsatz

Das Planungsziel der Sicherung eines durchgängigen Grünzugs zur (Freizeit-) Nutzung der Bewohner im Plangebiet kann nicht mit der Festsetzung einer privaten Grünfläche zur gemeinschaftlichen Nutzung erreicht werden. Der bezweckten gemeinschaftlichen Nutzung der Flächen, die nur mit einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB erreicht werden kann, steht die Festsetzung der Flächen als private Grünflächen entgegen. (Rn. 22 – 24)

Tenor

I. Der Bebauungsplan Nr. …” vom 26. September 2017, bekannt gemacht am 26. September 2019, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 VwGO). Der Antragsteller ist Miteigentümer von Grundstücken im Plangebiet und kann geltend machen, durch den angegriffenen Bebauungsplan möglicherweise in seinem Recht auf gerechte Abwägung seiner Eigentümerbelange aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht deshalb teilweise, weil der Antragsteller als Miteigentümer der im Plangebiet gelegenen Grundstücke FlNr. … und … den Bebauungsplan insgesamt und nicht nur den nördlichen und den mittleren Planbereich angreift. Nur wenn ein Bebauungsplan offensichtlich teilbar ist und eine Rechtsverletzung nur bei einem Teil in Betracht kommt, muss der Antrag von vornherein auf diesen Teil beschränkt werden. Greift der Antragsteller offensichtlich und damit auch für ihn erkennbar abtrennbare Teile der Norm an, die ihn nicht belasten, ist der Antrag insoweit unzulässig (vgl. BVerwG, U.v. 9.4.2008 – 4 CN 1.07 – NVwZ 2008, 899). Die Voraussetzungen dieser Einschränkung sind jedoch nicht erfüllt. Die von dem Antragsteller angegriffene Überplanung seines Grundeigentums ist Bestandteil des der Planung zugrunde liegenden Gesamtkonzepts, die Wohnbebauung im Plangebiet zu erhalten und einer Verschlechterung der Wohnverhältnisse durch weitere Verdichtungen entgegen zu wirken.
2. Der Antrag ist begründet.
Zwar weist der angegriffene Bebauungsplan weder formelle Mängel auf (1.) noch verstößt er gegen das Gebot der Erforderlichkeit (2.). Die Festsetzung zur Sicherung der gemeinschaftlichen Spielplätze „erforderlichenfalls“ durch Anordnung von Dienstbarkeiten (textliche Festsetzung 1.3.7) sowie die Festsetzung mit dem Planzeichen 6 Nr. 1 „Private Grünfläche zur gemeinschaftlichen Nutzung mit Pflanzbindungen und -geboten“ sind aber fehlerhaft erfolgt (3.). Letzteres führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.
1. Die Ausfertigungs- und Verfahrensfehler wurden behoben. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat in der Sitzung vom 26. September 2017 den Bebauungsplan in der Fassung vom 13. April 2016 unter Abwägung der im Normaufstellungsverfahren vorgebrachten Stellungnahmen erneut als Satzung beschlossen und die gerügten Ausfertigungs- und Verfahrensfehler geheilt. Die (erneute) Bekanntmachung vom 26. September 2019 enthält den Hinweis auf die Rückwirkung des In-Kraft-Tretens der Satzung sowie die Möglichkeit der Einsichtnahme in die im Bebauungsplan aufgeführten DIN-Vorschriften. Die Antragsgegnerin hat auch einen Umweltbericht erstellt und ausgeführt, welche verfügbaren umweltbezogenen Informationen zu den Auswirkungen der Planung vorliegen (vgl. Bekanntmachung vom 23. September 2015 über die Öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB). Ob die Planung den sich bisher aus § 34 BauGB ergebenden Zulässigkeitsmaßstab wesentlich verändert, muss daher nicht entschieden werden. Die nach § 2 Abs. 4 BauGB erforderliche Umweltprüfung wurde durchgeführt. Ausführungen in einem Umweltbericht zum umweltbezogenen Zustand eines Plangebiets sind auch dann umweltbezogene Informationen im Sinn von § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB, wenn der Umweltbericht – wie hier – zu der Einschätzung gelangt, die beabsichtigte Planung wirke sich auf den Zustand nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.2015 – 4 CN 1.15 – juris Rn. 9; U.v. 18.7.2013 – 4 CN 3.12 – BVerwGE 147, 206). Die Bekanntmachung vom 23. September 2015 ist auch insoweit ordnungsgemäß, als sie ausreichende Angaben darüber enthält, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar waren (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2014 – 4 CN 3.14 – BayVBl 2015, 203). Diese Angaben (vgl. Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien – EAG Bau vom 24.6.2004 – BGBl I S. 1359) sollen eine Anstoßwirkung entfalten und müssen daher geeignet sein, dem an der beabsichtigten Bauleitplanung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Abgabe von Stellungnahmen bewusst zu machen und dadurch die gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen. Dafür ist eine schlagwortartige themenartige Auflistung unter Hinweis darauf, welche Stellungnahmen vorliegen, vorzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.6.2019 – 4 CN 7.18 – – BauR 2019, 387; U.v. 18.7.2013 a.a.O.; BayVGH, U.v. 13.12.2016 – 1 N 13.1987 u.a. – juris Rn. 15; U.v. 5.2.2009 – 1 N 07.2713 u.a. – juris Rn. 40). Diesen Anforderungen werden die Hinweise auf die verfügbaren umweltbezogenen Informationen in der genannten Bekanntmachung gerecht. Sie ermöglichen eine inhaltliche Einschätzung darüber, welche Informationen der Gemeinde zu den durch die Planung berührten umweltbezogenen Belangen vorgelegen haben.
2. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Für die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung ist demgegenüber das Abwägungsgebot maßgeblich, das gemäß § 1 Abs. 7 BauGB darauf gerichtet ist, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen und unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen zu vermeiden (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537).
Nach diesen Maßgaben kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Planung der Antragsgegnerin nicht erforderlich und damit nicht gerechtfertigt wäre. Aus der Begründung des Bebauungsplans und den Beschlüssen der Antragsgegnerin ergibt sich das städtebauliche Ziel, den bereits entstandenen städtebaulichen Zustand rechtlich festzuschreiben, eine quantitative und qualitative Verbesserung des Spielplatzangebots zu erreichen und in den drei Teilbereichen zu sichern, die Grün- und Freiflächen vor weiterer Bebauung zu schützen sowie die Durchlässigkeit des Wegenetzes zu sichern. Damit verfolgt die Antragsgegnerin städtebauliche Belange im Sinn von § 1 Abs. 6 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 16.1.1996 – 4 NB 1.96 – NVwZ-RR 1997, 83; U.v. 16.2.1973 – IV C 66.69 – BVerwGE 42, 5).
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass es zur Umsetzung des Planungsziels des Bebauungsplans nicht bedürfe, weil der Erhalt bzw. die Erneuerung der vorhandenen drei Kinderspielplätze auch über § 6 der Kinderspielplatzsatzung der Antragsgegnerin erreicht werden könnte, steht dies einer bauplanungsrechtlichen Regelung für den Bereich der seit über 40 Jahren fertiggestellten Wohnanlage nicht entgegen. Auch eine fehlende Umsetzbarkeit der Festsetzungen im Plangebiet aufgrund einer mangelnden Unterstützung der Miteigentümer zur Umsetzung des Konzepts, soweit es ihr Grundstück betrifft, vermag die städtebauliche Erforderlichkeit der Gesamtplanung nicht in Frage zu stellen. Allein der Wille eines Grundstückseigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, ist regelmäßig nicht geeignet, diese Festsetzung außer Kraft treten zu lassen (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 – BVerwGE 156, 336). Soweit eine derartige Bauleitplanung eine bislang vorhandene Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränkt, ist dies keine Frage der Erforderlichkeit der Planung, sondern vielmehr eine Frage der Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537; B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338). Unerheblich ist auch, ob die Bauleitplanung ihren Ausgang in einem Antrag betroffener Grundstückseigentümer genommen hat, da Gemeinden solche Vorgänge zum Anlass nehmen können, um ihre städtebaulichen und gestalterischen Vorstellungen in Bebauungsplänen festzuschreiben.
3. Die Festsetzung der Gemeinschaftsanlage Spielplatz I auf dem im Miteigentum des Antragstellers stehenden Grundstück (textliche Festsetzung 1.3.4) „zur Erfüllung der Spielplatzherstellungs- und Unterhaltungspflicht gemäß Art. 7 BayBO 2008“ für den bezeichneten räumlichen Einzugsbereich (Wohnanlage Bereich Nord) ist von § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB gedeckt. Die Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans, der Spielplatz solle – ebenso wie die für die Bereiche Mitte und Süd festgesetzten Spielplätze – auch den Kindern der benachbarten Wohngebiete bzw. ihren Freunden zugänglich sein, steht damit nicht in Widerspruch. Denn damit wird lediglich den Begegnungen der Kinder und deren Bewegungsmöglichkeiten Rechnung getragen. Die (faktische) Schaffung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, die der Allgemeinheit dient, ist damit nicht verbunden. Im Übrigen ist der Begriff der Gemeinschaftsanlage nur vom Bauplanungsrecht her zu definieren. Die Durchführung der Maßnahmen und die Unterhaltung der Anlage wird nach den bauordnungsrechtlichen Regeln über Gemeinschaftsanlagen sichergestellt (vgl. Taft in Simon/Busse, BayBO, Stand April 2019, Art. 7 Rn. 88).
Demgegenüber fehlt der Festsetzung zur Sicherung der gemeinschaftlichen Spielplätze „erforderlichenfalls“ durch Anordnung von Dienstbarkeiten (textliche Festsetzung 1.3.7) eine gesetzliche Rechtsgrundlage. Die Gemeinde bestimmt durch den Bebauungsplan Inhalt und Schranken des im Planbereich gelegenen Grundeigentums. Die gesetzliche Grundlage ist in § 9 BauGB und den ergänzenden Vorschriften der nach § 9a BauGB erlassenen BauNVO enthalten. Durch sie wird der festsetzungsfähige Inhalt eines Bebauungsplans abschließend geregelt (vgl. BVerwG, B.v. 15.8.1991 – 4 N 1.89 – NVwZ 1992, 879). Die Festsetzung wird nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB erfasst. Danach können im Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen festgesetzt werden. Ziel der Planung der Antragsgegnerin ist aber keine solche Belastung mit einem Geh-, Fahr- und Leitungsrecht, sondern vielmehr die Sicherstellung der dauerhaften Nutzung der Spielflächen nach Art. 7 BayBO 2008. Der Plangeber ist an den numerus clausus der planerischen Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB gebunden. Ein Festsetzungsfindungsrecht steht der Gemeinde nicht zu (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1993 – 4 C 18.91 – BVerwGE 92, 56; U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151). Nach Auffassung des Senats dürfte es sich hier weniger um eine normative Festsetzung, sondern vielmehr um einen (lediglich) informatorischen Hinweis auf Art. 7 BayBO handeln. Die sich daran anschließende Frage, ob eine Umdeutung der Einstufung der textlichen Festsetzung 1.3.7 bei einem Bebauungsplan in Betracht kommen kann – offen gelassen in den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.6.2014 (4 CN 4.13 – BVerwGE 150,101) und 27.10.2011 (4 CN 7.10 – BayVBl 2012, 248) – muss nicht entschieden werden. Denn auch in diesem Fall unterliegt die Festsetzung dann der – deklaratorischen – Unwirksamkeitserklärung. Da die Antragsgegnerin sie als Festsetzung bezeichnet, erweckt sie den Eindruck, eine solche zu sein. Handelt es sich in Wahrheit aber um einen Hinweis, ist dieser Anschein regelmäßig durch einen Unwirksamkeitsausspruch zu beseitigen.
Weiter ist die Festsetzung mit dem Planzeichen 6 Nr. 1 „Private Grünfläche zur gemeinschaftlichen Nutzung mit Pflanzbindungen und -geboten“ fehlerhaft. Denn wesentliches Planungsziel des Bebauungsplans ist nach dem Vortrag der Antragsgegnerin, dass diese Flächen, die eine eigenständige Grün- und Nutzungsstruktur darstellen und als durchgängiges Netzwerk die Wohnanlage durchziehen, vor Begehrlichkeiten der baulichen Nachverdichtung verschont werden und allen Bewohnern der Wohnanlage die Möglichkeit für den Aufenthalt im Freien – in Wohnungsnähe und innerhalb des eigenen Quartiers – sichern sollen. Die somit maßgeblich bezweckte gemeinschaftliche Nutzung der Flächen kann nur mit einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB erreicht werden. Die Festsetzung einer privaten Grünfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB anstelle einer Gemeinschaftsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB ist damit nicht vereinbar.
Zwar schließt das Baugesetzbuch Kombinationen oder Überlagerungen verschiedener Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 – 4 CN 4.13 – BVerwGE 150, 101). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die jeweiligen im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmale vorliegen müssen. § 9 BauGB fordert zudem nicht, dass im Bebauungsplan die jeweilige Nummer in § 9 Abs. 1 BauGB bezeichnet wird, auf die die einzelne Festsetzung gestützt wird. Die Festsetzung muss als solche lediglich ausreichend bestimmt und in ihrem Regelungsgehalt durch § 9 BauGB gedeckt sein. Der Regelungsgehalt einer Festsetzung kann auch – innerhalb der Grenzen, die sich aus dem sich aus dem Bebauungsplan und seiner Begründung erschließenden planerischen Willen der Gemeinde ergeben – durch Auslegung ermittelt werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.1998 – 4 NB 4.97 – NVwZ 1999, 984).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB fehlerhaft, da sie widersprüchlich zu der maßgeblichen Zielsetzung des Bebauungsplans ist, die Grünflächen für die Bewohner der Anlage für den Aufenthalt im Freien zu sichern, und damit das Planungskonzept der Antragsgegnerin in Frage stellt. Zwar ist anerkannt, dass eine Überlagerung der Festsetzungen Nr. 15 mit Nr. 22 zulässig ist (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2008 – 4 BN 6.08 – ZfBR 2008, 592). Allerdings hat die Antragsgegnerin die Grünflächen als „privat“ ausgewiesen (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2011 – 4 BN 10.11 – BauR 2011, 1941). Einer Auslegung insoweit bedarf es daher – anders als in der von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. März 1986 (15 B 85 A.1733) – nicht. Es kommt nicht mehr entscheidend darauf an, dass im vorliegenden Fall der für die Festsetzung einer Gemeinschaftsanlage zu benennende Personenkreis, dem die Flächen zur gemeinschaftlichen Nutzung zugewiesen sind, nicht ausdrücklich benannt wurde, sich nach dem Planungsziel des Bebauungsplans aber auf den Personenkreis der Eigentümer und Bewohner der Wohnanlage, also des gesamten Plangebiets, erstrecken sollte (vgl. Begründung, S. 6 zur Bebauungsstruktur und S. 15, 16) und damit (noch) mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot vereinbar sein dürfte. Gleichermaßen kann dahinstehen, dass die Antragsgegnerin nach den vorliegenden Unterlagen die sich aus der Festsetzung einer Gemeinschaftsanlage für die Eigentümer der Grundstücke in der Wohnanlage ergebenden Folgen, anders als bei der Festsetzung der Gemeinschaftsanlagen für die Kinderspielplätze, nicht erkannt und in die Abwägungsentscheidung miteinbezogen hat.
Der fehlerhafte Festsetzung der privaten Grünfläche zur gemeinschaftlichen Nutzung führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Ganzen (vgl. BVerwG, B.v. 11.9.2014 – 4 CN 3.14 – BayVBl 2015, 203). Die unwirksame Festsetzung stellt eine zentrale Frage der Gesamtplanung dar und steht mit dem Bebauungsplan in einem untrennbaren Zusammenhang (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02 – BVerwGE 117, 58). Es ist nicht anzunehmen, dass die Antragsgegnerin nach ihrem im Aufstellungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen, die durchgängige Grünausstattung in der Wohnanlage zu erhalten und die (Freizeit-)Nutzung der Grünflächen für die Bewohner der Wohnanlage zu sichern, im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nummer I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie den angegriffenen Bebauungsplan (§ 10 Abs. 3 BauGB).


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