Baurecht

Vergabenachprüfungsverfahren: Kostentragung bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags

Aktenzeichen  Verg 4/21

Datum:
26.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 32577
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GWB § 7, § 173, § 175 Abs. 2, § 182 Abs. 3 S. 5, Abs. 4 S. 3

 

Leitsatz

Hat der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag zurückgenommen, entspricht es regelmäßig der Billigkeit, ihm sowohl die Verfahrenskosten einschließlich der Kosten eines etwaigen Beschwerdeverfahrens und der durch einen erfolglosen Antrag nach § 173 GWB verursachten Kosten als auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen. (Rn. 3 – 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Verg 4/21 2021-03-25 Bes BAYOBLG BayObLG München

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 19. März 2021, Az. RMF-SG-21-3194-5-45, ist mit Ausnahme der Festsetzung der Gebühren für das Verfahren vor der Vergabekammer durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags wirkungslos geworden.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners einschließlich der durch den Antrag nach § 173 GWB verursachten Kosten.
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 19.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Vergabestelle hat am 21. Oktober 2020 im Rahmen eines offenen Verfahrens einen Auftrag zur Beschaffung eines dreiachsigen LKWs, 26 Tonnen mit Ladekran und Wechselbrücke zum Zwecke des Einsatzes im Winterdienst, europaweit ausgeschrieben. Den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin, die eine unzulässige produktspezifische Ausschreibung beanstandet hat, hat die Vergabekammer mit Beschluss vom 19. Februar 2021 zurückgewiesen. Nachdem der Senat den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 25. März 2021 zurückgewiesen hatte, ist der Zuschlag erteilt worden. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2021 hat die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag und die sofortige Beschwerde zurückgenommen.
II.
1. Durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags, die in der freien Disposition des Antragstellers steht und auch im Beschwerdeverfahren ohne Zustimmung der übrigen Beteiligten erklärt werden kann (BGH, Beschluss vom 24. März 2009, X ZB 29/08, NZBau 2009, 466, juris Rn. 12), ist das Verfahren beendet. Der Beschluss der Vergabekammer ist – abgesehen von der Gebührenfestsetzung – hinfällig und damit gegenstandslos (OLG Düsseldorf vom 09.11.2009, Verg 35/09; Schäfer in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 5. Auflage, § 178 GWB, Rn. 29), was der Senat in Ziffer 1 des Beschlusstenors deklaratorisch aufgenommen hat.
2. Über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die Tragung von notwendigen Aufwendungen der Beteiligten entscheidet der Senat gemäß § 182 Abs. 3 S. 5, Abs. 4 S. 3 GWB nach billigem Ermessen. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin, die sich durch die Rücknahme ihres Nachprüfungsantrags in die Rolle der Unterlegenen begeben hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 6. November 2020, Verg 9/20, juris Rn. 4; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Oktober 2020, Verg 13/20, juris Rn. 15; Beschluss vom 20. Mai 2019, VII-Verg 60/18, juris Rn. 9), die Verfahrenskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen. Gesichtspunkte der Billigkeit, die dafür sprächen, einem Beteiligten hiervon abweichend Kosten aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich, zumal der Beschluss der Vergabekammer aus den im Senatsbeschluss vom 25. März 2021 dargelegten Gründen ohne Rücknahme des Nachprüfungsantrags aller Voraussicht nach Bestand gehabt hätte.
3. Bezüglich des Beschwerdeverfahrens beruht die Kostenentscheidung auf § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 GWB. Aus den in Ziffer 2 dargelegten Gründen entspricht es der Billigkeit, der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch den erfolglosen Antrag nach § 173 GWB verursachten Kosten und der notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen.
4. Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 50 Abs. 2 GKG.


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