Baurecht

Vergabeverfahren: Jahresumsatz als Auswahlkriterium; Auswirkung von Vergaberechtsverstößen im Teilnahmewettbewerb auf das weitere Verfahren

Aktenzeichen  Verg 4/18

Datum:
21.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
VergabeR – 2019, 200
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VgV § 45 Abs. 5
GWB § 97 Abs. 6

 

Leitsatz

1 Wird in der Bekanntmachung als Eignungskriterium eine Erklärung des Bewerbers über dessen Gesamtumsatz in den letzten drei Geschäftsjahren gefordert und darauf hingewiesen, dass die Höchstpunktzahl bei einem durchschnittlichen Umsatz von mehr als 1,5 Mio. Euro pro Jahr erzielt wird, so genügt es für die Höchstpunktzahl nicht, wenn zwar der Gesamtumsatz der letzten drei Jahre mehr als 4,5 Mio. Euro beträgt, der Umsatz von mehr als 1,5 Mio. Euro jedoch in einem der drei Jahre nicht erreicht worden ist. (Rn. 30 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Unternehmen, dass durch Verschmelzung entstanden ist, kann sich für den Nachweis seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht auf die früheren Umsätze der verschmolzenen Unternehmen berufen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3 Für die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung iSd § 97 Abs. 6 GWB genügt es, dass nicht oder nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob der Antragsteller bei vergaberechtskonformer Korrektur des Verfahrens in der Wertung den ersten Platz erringen kann. Darüber hinaus hat der Bewerber in einem Teilnahmeverfahren einen subjektiven Anspruch darauf, dass das Auswahlverfahren auch in Bezug auf alle Konkurrenten eingehalten wird. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
4 Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsgespräch bauen aufeinander auf. Vergaberechtsverstöße im Teilnahmewettbewerb setzen sich daher in der zweiten Stufe des Verfahrens fort und können auch noch nach Abschluss der zweiten Stufe gerügt werden. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RMF-SG21-3194-3-6 2018-04-19 Bes VKNORDBAYERN Vergabekammer Ansbach

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 19.04.2018, Az.: RMF-SG21-3194-3-6, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin bei fortbestehender Beschaffungsabsicht bei der Vergabe des streitgegenständlichen Auftrags die Rechtsauffassung des Senats beachten hat.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

Gründe

A.
Die Antragsgegnerin, ein selbständiges Kommunalunternehmen, veröffentlichte am 11.10.2017 im EU-Supplement die Vergabe eines Auftrags über Ingenieursleistungen (Projektsteuerung gemäß HAV-KOM) zur Generalssanierung und Erweiterung ihrer Klinik R. im Verhandlungsverfahren.
Nach der Bekanntmachung ist beabsichtigt, folgende Leistungen stufenweise zu beauftragen: Projektsteuerungsleistung gemäß HAV-KOM, Projektstufen 1-2 teilweise (die Leistungen bis zum Antrag auf Vorwegfestlegung wurde bereits erbracht), Projektstufen 3-5 und besondere Leistungen für die Erweiterung und Sanierung der Klinik, 1. Bauabschnitt. Die Dienstleistung sollte am 01.02.2018 begonnen werden. Als optionale Auftragserweiterung sind weitere Bauabschnitte möglich.
Unter II. 2. 9 war in der Bekanntmachung festgelegt, dass mindestens 3 und höchstens 5 Bewerber zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden, wobei die Auswahl der Teilnehmer gemäß der in Abschnitt III. dargestellten Kriterien 1 – 1. 3) erfolgen sollte. Auf eine detaillierte Bewertungsmatrix mit Angabe über die Verteilung der Punkte und Gewichtung der einzelnen Kriterien in den Bewerbungsunterlagen wurde hingewiesen.
In Abschnitt III. der Bekanntmachung werden u.a. folgende Kriterien benannt und beschrieben:
(…)
III. 1.2 Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bekanntmachung
Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien:
1. Erklärung über den Gesamtumsatz netto des Bewerbers in den letzten 3 Geschäftsjahren (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 VgV). Die maximale Punktzahl wird bei einem durchschnittlichen Umsatz > 1.500.000 EUR/a erzielt.- (Wichtung 5%).
2. Anzahl der Beschäftigten der letzten 3 Geschäftsjahre für das gesamte Büro des Bewerbers und der im Themenbereich der ausgeschriebenen Planungsleistung arbeitenden Beschäftigten, aufgeteilt in Berufsgruppen (Führungskräfte, Dipl.-Ing., sonstige Mitarbeiter) (§ 46 Abs. 3 Nr. 8 VgV). Die maximale Punktzahl wird bei einer durchschnittlichen Gesamtmitarbeiterzahl > 15 Personen erzielt.- (Wichtung 5%).
(…)
III.1.3 Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Auflistung und kurzer Beschreibung der Eignungskriterien
1. Darstellung von maximal 5 Referenzprojekten aus den letzten 5 Geschäftsjahren (ab 2012 bis zum Zeitpunkt des Schlusstermins für den Eingang der Teilnehmeranträge gemäß IV.2.2 dieser Bekanntmachung), aus der die Erfahrung des Bewerbers bei Projekten mit vergleichbaren Anforderungen hervorgeht (§ 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV).-(Wichtung 90%). Referenzprojekte die vor 2012 in Betrieb genommen wurden, werden bei der Gewichtung nicht berücksichtigt.
Für die maximale Bewertung sollten durch die Referenzprojekte folgende Anforderungen erfüllt sein:
Die bestmögliche Bewertung zu Ziffer III 1.3 wird nur erreicht, wenn fünf Referenzen die oben genannten Kriterien vollumfänglich erfüllen. Die teilweise Erfüllung der oben genannten Kriterien führt nicht zum Ausschluss, sondern einer entsprechend geringeren Bewertung…
2. Benennung der technischen Fachkräfte, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen.
3. Vorbehalten wird die Vorlage von Bescheinigungen öffentlicher oder privater Auftraggeber über die Ausführung der angegebenen Referenzprojekte.
Die Antragstellerin, die Beigeladenen sowie 7 weitere Bieter reichten fristgerecht Anträge auf Teilnahme an dem Verhandlungsverfahren ein.
Im Teilnahmeantrag der Beigeladenen vom 9. November 2017 heißt es u.a.: „S. und Partner Projektmanagement Beratende Ingenieure PartGMbB ist aus der am Markt lange bekannten S. S. Projektmanagement hervorgegangen“. Als Gründungsdatum des Büros wurde in den Antragsformblättern im vorgesehenen Kästchen das Jahr 2016 genannt. Außerdem wurden die im Formular abgefragten Nettoumsätze für die Jahre 2014, 2015 und 2016 genannt, sowie die Zahl der Mitarbeiter, aufgeschlüsselt nach Themenbereich und Qualifikation. Mit ihrem Angebot reichte die Beigeladene fünf Referenzprojekte unter ihrem Firmenlogo ein.
Nach Auswertung der Teilnahmeanträge erreichten 6 von 9 Bietern die Maximalpunktzahl von 100 Punkten, darunter die Beigeladene und die Antragstellerin. Die Antragsgegnerin wählte – wie in der Bekanntmachung angekündigt – per Los unter diesen 6 bestplatzierten Teilnehmern 5 Bewerber aus, die sie zu einer Präsentation einlud.
Nach Durchführung und Bewertung der Präsentation erreichte die Beigeladene den ersten und die Antragstellerin den zweiten Platz. Ein Bewerber sagte seine Teilnahme an der Vorstellung kurzfristig ab.
Die Antragsgegnerin beschloss am 5.2.2018, den Auftrag an die Beigeladene zu vergeben und informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21.02.2018 gemäß § 62 VgV über ihre Zuschlagsabsicht. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 27.02.2018 die beabsichtige Vergabe und beanstandete unter anderen, dass die Beigeladene, obgleich erst vor kurzem neugegründet, hinsichtlich der Referenzprojekte, des durchschnittlichen Umsatzes und der nachgewiesenen durchschnittlichen Mitarbeiterzahl die Höchstpunktzahl erreicht habe.
Die Beigeladene überließ der Antragsgegnerin zu einem nicht näher aus der Dokumentation ersichtlichen Zeitpunkt (zumindest vor dem 12.3. 2018) einen an die Beigeladene adressiertes Schreiben ihres Steuerberatungsbüros vom 01.02.2018. In dem Schreiben erläutert der Steuerberater die Firmengeschichte der Beigeladenen und stellte dar, dass die S. S. Projektmanagement GmbH & Co. KG (alleiniger Kommanditist Geschäftsführer der Beigeladenen) zum 30.6.2014 nach Veräußerung ihrer gesamtem Anteile an den B konzern auf die S. Projektmanagement GmbH angewachsen sei und mit Verschmelzungsvertrag vom 9.6.2015 mit der B Bauperformance GmbH mit Sitz in F. verschmolzen worden sei. Desweitern seien im Jahr 2016 die nunmehrigen vier Partner der S. S. Projektmanagement GmbH & Co.KG aus der B GmbH ausgeschieden, um ihre bisherige Tätigkeit in einer eigenständigen Gesellschaft ab dem 1.10.2016 fortzuführen. Es wurden die im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlusszahlen der Bauperformance GmbH genannt sowie „auskunftsgemäß“ (gerundete) Umsatzanteile, die auf das Büro M. entfallend. Im Schreiben sind außerdem Mitarbeiterzahlen für die Unternehmen und das Büro M. genannt.
Die Antragsgegnerin zog außerdem einen Auszug aus der Präqualifizierungsdatenbank des Auftragsberatungszentrums Bayern bei, der im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurde. In die Datenbank wurde die Beigeladene auf Antrag im Juli 2017 eingetragen. In der Erklärung sind der Gesamtumsatz und die Anzahl der Beschäftigten für die Jahre 2014 bis 2016 angegeben. Die Zahlen weichen, ebenso wie die Zahlen im Schreiben des Steuerberaters, inhaltlich von den Angaben im Teilnahmeantrag ab. Die Antragsgegnerin wies mit Schreiben vom 12.03.2018 die Rüge der Antragstellerin zurück. Im Schreiben wird ausgeführt, dass der Sachverhalt intensiv geprüft worden sei und ein Ausschluss der Beigeladenen nicht in Betracht komme. Referenzen von Vorgängerbüros seien berücksichtigungsfähig. Die Beigeladene habe auch ihre Umsätze für die vorangegangenen 3 Geschäftsjahre nachgewiesen, diese seien von einem Wirtschaftsprüfer bestätig worden. Ebenso sei die Mitarbeiterzahl von mindestens 15 Personen nachgewiesen.
Daraufhin reichte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16.03.2018 einen Nachprüfungsantrag ein mit der Zielsetzung, dass die Beigeladene den Zuschlag nicht erhält und im Verhandlungsverfahren auch nicht berücksichtigt wird.
Zur Begründung führte die Antragstellerin aus:
Die Beigeladene hätte zum Verhandlungsverfahren nicht zugelassen werden dürfen, da die Kriterien Referenzen, Gesamtmitarbeiterzahl und Gesamtumsatz auf den Bewerber abstellten und nicht auf etwa dahinter stehende Personen. Da die Beigeladene erst im Jahre 2016 neu gegründet worden sei, könne sie im Rahmen der Eignungsprüfung nicht die maximale Punktzahl erreicht haben. Eine Zurechnung von Referenzen könne nur dann erfolgen, wenn nicht lediglich bei dem Projektleiter und dem stellvertretenden Projektleiter, sondern auch beim sonstigen Projektteam weitgehende Identität zwischen den Personen vorliege. Die Beigeladene habe auch nicht den durchschnittlichen Umsatz von 1,5 Millionen in den Jahren 2014 bis 2016 erreicht. Die Zurechnung der Umsätze dritter Unternehmen sei unzulässig.
Die Antragsgegnerin trat dem Nachprüfungsantrag entgegen und führte zur Begründung aus:
Die Prüfung der Referenzen der Beigeladenen hätte die Befähigung der Mitarbeiter der Beigeladenen für das Projekt bestätigt. Die gewählten Referenzen seien alle durch das Team ausgeführt worden, welches auch beim jetzigen Bauvorhaben tätig werde. Die Beigeladene habe ihre Bürogeschichte und den Werdegang ihrer Mitarbeiter in den vergangenen Jahren offengelegt. Die Referenzen zeigten, dass der Mitarbeiterstamm über Jahre bereits Projekte in dieser Größenordnung sowohl in finanzieller als auf fachlicher Hinsicht erfolgreich bestritten habe. Auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei nachgewiesen. Der Umsatz, welche durch den Mitarbeiterstand im verlangten Zeitraum erarbeitet worden sei, könne bei den Vorfirmierungen herausgerechnet werden und sei durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigt. Die Beigeladene sei damit geeignet und zu Recht zur Präsentation eingeladen worden.
Die Vergabekammer gab mit Beschluss vom 19.04.2018 dem Nachprüfungsantrag statt und ordnete an, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
Zur Begründung führte die Vergabekammer aus, dass die Wertung des Teilnahmeantrags der Beigeladenen nicht vergaberechtskonform gewesen sei. Hierdurch sei die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Die Wertung der Angebote sei zu wiederholen. Die Bewerbung der Beigeladenen habe bei der Bewertung des durchschnittlichen Gesamtumsatzes zu Unrecht die maximale Punktzahl erhalten. Der Gesamtumsatz des Bewerbers sei keine Angabe, die sich auf einzelne Mitarbeiter beziehe, sondern sei eine unternehmensbezogene, betriebswirtschaftliche Größe. Eine entsprechende Anwendung der Rechtsprechung der Vergabekammer Südbayern zu den Mitarbeiterreferenzen scheide daher aus. Auch bei der Bewertung der durchschnittlichen Mitarbeiterzahlen habe die Bewerbung der Beigeladenen zu Unrecht die maximale Punktzahl erhalten. Auch hier habe die Beigeladene Angaben zu den Geschäftsjahren gemacht, die vor ihrer Gründung gelegen hätten. Die abgefragten Beschäftigungszahlen würden sich auf das gesamte Büro des Bewerbers beziehen. Es könne nach dem objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Bieters nicht davon ausgegangen werden, dass die Vergabestelle mit ihrer Vorgabe auch Vorgängerbüros des jeweiligen Bewerbers miteinschließen wollte. Die Wertung der Referenzen der Beigeladenen sei dagegen rechtmäßig erfolgt, da Referenzen in erster Linie personengebunden seien.
Ergänzend wird Bezug genommen auf den Beschluss der Vergabekammer.
Die Antragsgegnerin legte mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 sofortige Beschwerde und beantragte, den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 19.4.2018 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 16.3.2018 zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin trägt zur Begründung vor:
Sie habe den Teilnahmeantrag der Beigeladenen vergaberechtskonform gewertet. Die Beigeladene habe durch das Begleitschreiben, ihre Angaben im Teilnahmeantrag und das Schreiben der Steuerberater nachvollziehbar dargelegt, dass beim Projektteam und der gesamtem organisatorischen Einheit der Beigeladenen eine weitgehende Identität und Kontinuität der handelnden Personen gegeben sei. Diese organisatorische Einheit habe über die geänderten Rechtsformen hinweg mit der angegebenen Mitarbeiterzahl bestanden, die angegebenen Umsätze erwirtschaftet und die benannten Referenzobjekte bearbeitet. Die Entscheidung der Vergabekammer zur Übertragbarkeit unternehmensbezogener Referenzen sei bei rein personengebundenen Dienstleistungsaufträgen übertragbar auf die Zahl der Beschäftigten und die Umsätze. Anderenfalls würden diese Eignungskriterien dazu missbraucht, um durch die Hintertür sogenannte Newcomer auszuschließen. Die Beigeladene sei zweifelsohne geeignet, deshalb wäre ihr auch bei Wiederholung der Angebotswertung der Zuschlag zu erteilen. Abgesehen davon sei die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt, da sie ja an der Präsentation habe teilnehmen können.
Die Entscheidung der Vergabekammer sei zudem nicht geeignet, eine Rechtsverletzung der Beteiligten des Vergabeverfahrens nachhaltig zu beseitigen. Dies wäre nur bei einer Zurückversetzung in das Stadium der Wertung der Teilnahmeanträge möglich.
Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, und trägt zur Begründung vor:
Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 12 der Richtlinie 2014/24/EU sei Bewerber diejenige Rechtspersönlichkeit, der auch der Zuschlag erteilen werden könne. Um die Teilnahme beworben habe sich die Beigeladene nicht aber die Organisationseinheit, deren Referenzen, Umsatzzahlen und Mitarbeiter die Antragsgegnerin der Beigeladenen zurechnen möchte. Die Beigeladene habe bis zu ihrer Neugründung im Oktober 2016 keine selbst keine Mitarbeiter beschäftigt und auch keine Umsätze getätigt. Die von der Antragsgegnerin angesprochene Organisationseinheit habe keine eigene Rechtspersönlichkeit besessen, sei nur Bestandteil von Drittfirmen gewesen und habe zu keinem Zeitpunkt Mitarbeiter beschäftigt und Umsätze getätigt. Eine Zurechnung von Umsätzen innerhalb einer Unternehmensgruppe sei unzulässig.
Nach der Entscheidung der Vergabekammer habe die Antragsgegnerin die ihr vorliegenden Angebote unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu werten und damit sei die von der Vergabekammer angeordnete Maßnahme auch geeignet, die festgestellte Verletzung der Rechte der Antragstellerin zu beseitigen.
Die Beigeladene hat sich an dem Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
B
Die zulässige Beschwerde erwies sich im Ergebnis als unbegründet.
Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben, da die Beigeladene vergaberechtswidrig zu dem Verhandlungsgespräch zugelassen wurde und dadurch die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt wurde (§ § 168 Abs. 1; 97 Abs. 6 GWB).
I.
Zutreffend hat die Vergabekammer die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags bejaht. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags reicht die schlüssige Behauptung aus, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlaufe des Vergabeverfahrens missachtet worden sein sollen und dass gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß die Aussichten des Antragstellers auf eine Berücksichtigung seiner Bewerbung oder die Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt worden sein könnten. Diesen Anforderungen genügte der Vortrag der Antragstellerin. Ob tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit.
II.
Die Vergabekammer hat zutreffend festgestellt, dass der Beigeladenen bei der Auswahl der Teilnehmer, die nach den Vorgaben der Vergabestelle zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden sollten, zumindest bezüglich des Mindestumsatzes zu Unrecht die Höchstpunktzahl zuerkannt wurde. Da 5 weitere Teilnehmer die Höchstpunktzahl von 100 erzielt haben und nicht mehr als 5 Bewerber ausgewählt werden sollten, fällt die Beigeladene bereits dann aus dem engeren Bieterkreis, wenn sie nur bei einem Kriterium nicht die Höchstpunktzahl erhalten kann. Die Beigeladene wäre mithin bei korrekter Anwendung der Auswahlkriterien nicht in die zweite Stufe des Vergabeverfahrens gelangt.
1. Der Senat hat bereits Zweifel, ob nicht schon auf der Basis der Angaben der Beigeladenen im Teilnahmeantrag die Vergabe der Höchstpunktzahl für die Umsätze inkorrekt war. Es bestehen Bedenken, Ziffer III.1.2.1 der Ausschreibung dahingehend zu verstehen, dass letztendlich nicht die jeweiligen Jahresumsätze, sondern ein Gesamtumsatz der letzten drei Jahre (2014-2016) von > 4,5 Mio € netto die Zuerkennung der Höchstpunktzahl rechtfertigt. Wie sich aus den Erläuterungen des Vertreters der Vergabestelle in der mündlichen Verhandlung ergeben hat – die Dokumentation enthält hierzu keine näheren Darlegungen – hielt es die Vergabestelle dagegen für vertretbar, der Beigeladenen, die nach ihren eigenen Angaben zwar insgesamt einen Umsatz von > 4,5 Mio € hatte, jedoch nur in zwei von drei Jahren einen Umsatz von > 1.5 Mio € gemacht hat, die volle Punktzahl zu geben. Dagegen scheint die Bekanntmachung eher auf den Umsatz der einzelnen Jahre abzustellen, was bedeuten würde, dass nur derjenige die Höchstpunktzahl erhält, der jedes Jahr 1,5 Mio € oder mehr Umsatz hatte. Die Angabe der Umsätze der letzten drei Jahre dient dazu, Erkenntnisse über den Umfang der Geschäftstätigkeit und der Etablierung des Bewerbers auf den Markt zu gewinnen. Hat ein Büro in einem (oder auch zwei) Jahren einen sehr hohen Umsatz, in einem weiteren (z.B im Jahr 2016) dagegen einen niedrigen Umsatz, kann dies eine andere Einschätzung zur wirtschaftlichen Solidität und Leistungsfähigkeit rechtfertigen, als konstante Umsätze über drei Jahre von mindestens 1,5 Mio €. Klarstellend ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass es dabei nicht darum geht, ob in der Bekanntmachung Mindestkriterien zur Eignung enthalten sind. Entscheidend ist vielmehr, dass die Vergabestelle in der Bekanntmachung bindende Kriterien zur Auswahl der Teilnehmer und insbesondere zur Zuerkennung der Höchstpunktzahl im Auswahlverfahren gemacht hat, an die sie sich aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung auch halten muss. Dass in diesem Zusammenhang auch ein „Mehr an Eignung“ bei der Auswahlentscheidung herangezogen werden kann, ist in der vergaberechtlichen Rechtsprechung anerkannt.
Bei diesem Verständnis des Kriteriums hätte die Beigeladene, ganz gleich welche Angaben zugrunde gelegt werden, nicht die Höchstpunktzahl hinsichtlich des Kriteriums Umsätze netto erhalten dürfen, da die Beigeladenen mindestens in einem Geschäftsjahr Umsätze unter 1,5 Mio € angeben hat.
2. Der Senat tritt darüber hinaus der Auffassung der Vergabekammer bei, dass die Beigeladene ausreichende Umsätze für die Jahre 2014 und 2015 sowie teilweise für das Jahr 2016 nicht belegt hat und auch nicht konnte, da sie erst zum 1. Oktober 2016 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat. Durch die Verschmelzung der Firma S. Projektmanagement GmbH mit der B Bauperformance GmbH wurde die Firmenkontinuität der ursprünglichen S. S. Projektmanagement GmbH & Co.KG unterbrochen und sie kann sich daher weder auf die Umsätze der Firma S. Projektmanagement GmbH noch auf die Umsätze der Firma B Bauperformance GmbH berufen.
Auch hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Vergabestelle durch die Angabe der Gesamtumsatzzahlen in die Lage versetzt werden, sich u.a. ein Bild darüber zu machen und zu bewerten, in welchem finanziellem Rahmen sich die bisherige Geschäftstätigkeit eines Bieters bewegte und ob er voraussichtlich über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die für die Ausführung des konkreten Auftrags notwendig ist. (OLG Koblenz Urt. v. 25.9.2012 -1 Verg 5/12, IBRRS 2012, 3573). Zum anderen geht es – wie dargelegt – um zulässige, von keinem Bewerber beanstandete Auswahlkriterien bei einem Teilnahmewettbewerb und nicht um die Frage der generellen Eignung.
Insoweit handelt es sich um firmenbezogene Angaben, die nicht ohne weiteres durch rein rechnerische Teilumsätze eines Büros an einem bestimmten Standort (hier M.) für Zeiträume, in denen das Büro unselbständig und nur ein organisatorischer Teil einer anderen Firma (hier Fa. B Bauperformance GmbH) war, ersetzt werden können. Es kommt hinzu, dass die S. GmbH ab 30.6.2013 zunächst gesellschaftsrechtlich mit der Firma B verbunden und ab 9.6.2015 mit einer Tochterfirma des Baukonzern B verschmolzen wurde und somit in einen größeren Firmenverbund eingegliedert war. Auch wenn die vier Partner der Beigeladenen neben weiteren Mitarbeitern in den Jahren 2014-2016 bei den jeweiligen Gesellschaften für das Büro M. tätig waren, haben sich ab dem 1.10.2016 durch die Auflösung der engen Verflechtung mit der Baukonzern B die Verhältnisse grundlegend geändert. Das Büro M. wird nunmehr in der Rechtsform einer PartGmbH geführt. Die Umsatzzahlen von 2014 bis zum 31.10.2016 sind damit nicht geeignet, die Vergabe der Höchstpunktzahl zu rechtfertigen, da die „herausgerechneten“ Umsatzzahlen der Jahre 2014 bis 2016 keinen Beleg liefern können, dass sich die neugegründete Firma unter den geänderten Voraussetzungen bereits drei Jahre lang am Markt bewährt hat.
Zu berücksichtigen sind außerdem die praktischen Schwierigkeiten der Zuordnung von Umsätzen, die mangels Bilanzen bzw. gesonderten Jahresüberschussrechnungen für das Büro M. für die Zeit vor Oktober 2016 nicht zuverlässig feststellbar sind. Problematisch erscheint weiterhin, wer bei solchen grundlegenden Veränderungen in der Firmengeschichte, bei der es zu Verschmelzungen, Abspaltungen und einer erklärten Neugründung eines Unternehmens gekommen ist, welche Umsätze aus der Vergangenheit bei Teilnahmewettbewerben (allein) für sich reklamieren kann.
Auch unter diesen Gesichtspunkten hält es der Senat nicht für vergaberechtskonform, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen für das Kriterium „Umsatz“ die Höchstpunktzahl gegeben hat.
3. Selbst dann, wenn man annimmt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, dass sich ein Bewerber auf Umsätze beruft, die er in der Vergangenheit „mit seiner organisatorischen Einheit“ in einer anderen Firmenkonstellation erzielt hat, hätte die Beigeladene nicht die Höchstpunktzahl erhalten dürfen.
a) Die Angaben der Beigeladenen in ihrem Teilnahmeantrag waren unzureichend und hätten zu einer vertieften Prüfung Anlass geben müssen. Im Anschreiben zu dem Teilnahmeantrag heißt es lediglich, dass die Beigeladene aus der Firma S. S. Projektmanagement „hervorgegangen“ sei. Weitergehende Angaben zu der – weitaus differenzierten – Firmenhistorie enthält das Anschreiben nicht. Auf dem Bewerbungsbogen ist als Gründungsdatum nur das Gründungsjahr 2016 eingetragen worden. Daraus folgt, dass zunächst einmal Umsatzzahlen für die Jahre 2014 und 2015 nicht belegt waren. Der Antragsgegnerin hätte allein der Hinweis im Anschreiben nicht genügen dürfen, um die angegebenen Umsätze für die Jahre 2014 und 2015 der Beigeladenen zuzurechnen.
b) Die Antragsgegnerin sah sich auch veranlasst, nach Eingang der Rüge der Antragstellerin die Bewertung noch einmal zu überprüfen. Der Antragsgegnerin lagen nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung im Zeitpunkt der Zurückweisung der Rüge das Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft vom 1.2.2018 und das Zertifikat (nebst Anlagen) der Präqualifizierungsdatenbank des Auftragsberatungszentrums Bayern vor. Es ist zunächst festzustellen, dass die genannten Umsatzzahlen in dem Teilnahmeantrag, in der Anlage zu dem Zertifikat und in dem Schreiben der Steuerberater nicht identisch sind und teilweise erheblich voneinander abweichen. Ausweislich der Angaben in dem Zertifikat blieben die Umsätze nicht nur in einem, sondern in zwei Jahren unter 1,5 Mio €, sie betrugen in der Addition auch weniger als 4,5 Mio €. Auch die Umsatzzahlen in dem Teilnahmeantrag und dem Schreiben der Steuerberater weichen voneinander ab, wobei der – nach Lesart der Vergabestelle – für die Bewertung für die Zuerkennung der Höchstpunktzahl erforderliche Gesamtumsatz gerade erreicht wird. Das Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft stellt auch kein Testat dar und enthält keine Angaben, die der Steuerberater aufgrund eigener Prüfung der Bilanz und Unterlagen festgestellt hat, sondern er verweist ausdrücklich auf Auskünfte Dritter, ohne die Quelle der Auskunft genau zu benennen. Die Angaben sind gerundet bzw. geschätzt. Wer die Umsatzzahlen für das Büro M. für die Jahre 2014 bis 2016 (bis zur Neugründung) herausgerechnet hat und wie dies erfolgt ist, erschließt sich nicht. Auch mit diesen Informationen lässt sich damit die Zuerkennung einer Höchstpunktzahl nicht rechtfertigen, zumal erhebliche und relevante Widersprüche verbleiben.
Besonders bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Angaben der Beigeladenen gegenüber der Präqualifikationsstelle, die nur wenige Monate vor der Bewerbung gemacht wurden. Die Umsätze dort liegen deutlich unter den Umsätzen, wie sie im Teilnahmeantrag genannt sind, darüber hinaus wurde auch eine niedrigere Zahl von Mitarbeitern für die vergangenen Jahre genannt (was im Übrigen ebenfalls zu einem Punktabzug hätte führen müssen).
Die (auf Rüge nachgeholte) Aufklärung der Angaben der Beigeladenen hat damit die – schon durch den Teilnahmeantrag objektiv gerechtfertigten -Zweifel, ob man Umsatzzahlen aus der Vergangenheit überhaupt heranziehen kann und wenn ja, wie hoch sie tatsächlich waren, nicht beseitigt, sondern noch verstärkt.
Nachdem bereits im Zuge der Rüge weitere Aufklärung durchgeführt wurde und sich auch im Verfahren keine weiteren Erkenntnisse mehr zugunsten der Beigeladenen ergeben haben, sieht der Senat auch keinen Raum für eine nochmalige Prüfung und Aufklärung, zumal die Beigeladene trotz der für sie ungünstigen Entscheidung der Vergabekammer von einer Teilnahme am Beschwerdeverfahren abgesehen hat.
4. Eine andere Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf § 45 Abs. 5 VgV geboten. Wie dargelegt, geht es vorliegend nicht um die Frage der generellen Eignung der Beigeladenen, sondern um Auswahlkriterien für einen Teilnahmewettbewerb. In diesem Zusammenhang darf man anerkanntermaßen ein „Mehr an Eignung“ berücksichtigen. Dem steht auch die Rechtsprechung zur Wahrung von Chancen neuer Marktteilnehmer bei der Vergabe öffentlicher Aufträge entgegen. Ergänzend ist nochmals festzustellen, dass eine Rüge der Auswahlkriterien nicht erfolgt ist, insbesondere auch nicht von der Beigeladenen.
III.
Die vergaberechtswidrige Einladung der Beigeladene zu den Verhandlungsgesprächen hat die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten i.S.d. § 97 Abs. 6  GWB verletzt.
1. Die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung setzt nicht voraus, dass feststeht, dass die Antragstellerin bei Einhaltung der Vergabevorschriften den Zuschlag erhalten hätte. Es reicht nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr aus, dass nicht oder nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob der Antragsteller bei vergaberechtskonformer Korrektur des Verfahrens in der Wertung den ersten Platz erringen kann (OLG München vom 19.03.2009, Verg 2/09, vom 21.05.2010 2/10; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.4.2010 – VII-Verg 60/09). Der Senat ist darüber hinaus der Auffassung, dass sich der Anspruch des Bewerbers in einem Teilnahmeverfahren nicht darin erschöpft, überhaupt in die engere Wahl zu kommen. Vielmehr hat er aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und der Transparenz des Verfahrens auch einen subjektiven Anspruch darauf, dass das Auswahlverfahren, das die Vergabestelle festlegt, auch in Bezug auf seine Konkurrenten eingehalten wird.
Wie dargelegt, wurde die Beigeladene zu Unrecht zu dem Verhandlungsgespräch zugelassen. Wäre die Auswahl vergaberechtskonform durchgeführt worden, hätte die Beigeladene kein Angebot abgeben können. Bei dieser Sachlage liegt auf der Hand, dass die Antragstellerin durch die Teilnahme der Beigeladenen und die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung zugunsten eines objektiv zu Unrecht zugelassenen Teilnehmers in ihren Rechten verletzt ist. Dies mag anders sein, wenn ein Teilnehmer ohnehin noch hinter anderen rechtmäßig zugelassenen Bewerbern liegt, was hier aber nicht der Fall ist.
2. Die Begründung der Vergabekammer Baden-Württemberg (Beschl. Vom 5.7.2018 1 VK 20/18), dass sich ein Vergaberechtsverstoß im Teilnahmewettbewerb allein in einer möglichen unrichtigen Reihenfolge der Teilnehmer erschöpft und für die beabsichtigte Zuschlagserteilung an einen vergaberechtswidrig zu dem Verhandlungsgespräch eingeladenen Bieter nicht mehr ursächlich ist, sondern von einer Unterbrechung der Kausalität auszugehen ist, vermag den Senat nicht zu überzeugen.
Wie dargelegt, wäre es bei korrekter Vorgehensweise der Vergabestelle gar nicht zur Angebotsabgabe durch die Beigeladene gekommen. Von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhang kann insoweit nicht gesprochen werden, da der Teilnahmewettbewerb und das Verhandlungsgespräch aufeinander aufbauen und Vergaberechtsverstöße im Teilnahmewettbewerb sich in der zweiten Stufe des Verfahrens fortsetzen und von einem Bieter auch nach Abschluss der zweiten Stufen gerügt werden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Teilnehmer vergaberechtswidrig zu dem weiteren Verfahren zugelassen worden ist (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.9.2015 – Verg 3/15). Hinzu kommt, dass in aller Regel aus Gründen des Geheimschutzes zwischen den einzelnen Stufen des Verfahrens keine Mitteilung erfolgt, wer ausgewählt ist, so dass Fehler auf der ersten Ebene (Auswahl) nicht frühzeitig erkannt und gerügt werden können.
IV.
Gemäß § 168 GWB sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Vergaberechtsverstoß zu beseitigen, wobei die Entscheidung zwischen mehreren vergaberechtskonformen Möglichkeiten der Antragsgegnerin obliegt. Im Übrigen ist auf die Ausführungen im Beschluss der Vergabekammer zu verweisen mit folgenden Ergänzungen:
1. Die Vergabekammer hat angeordnet, dass die Wertung der Angebote zu wiederholen ist. Diese Vorgabe beinhaltet auch ohne ausdrücklichen Ausspruch, dass das Angebot der Beigeladenen, da sie zu Unrecht zu den Verhandlungsgesprächen geladen wurde, bei einer Fortsetzung des Verfahrens unberücksichtigt bleiben muss.
Für eine nachträgliche Zulassung der Beigeladenen sieht der Senat aktuell keinen Raum. Auch eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens vor Bewertung der Teilnahmeanträge erscheint nicht erforderlich, um eine vergaberechtskonforme Durchführung des Verfahrens sicherzustellen.
2. Allerdings kann die Antragsgegnerin bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht berücksichtigen, dass das durch Los ausgeschiedene Büro – aber auch nur dieses – bei korrekter Vorgehensweise die Chance zur Beteiligung an den Verhandlungen gehabt hätte. Es kommt somit in Betracht, unter Einbeziehung dieses Büros Teile des Verhandlungsverfahrens zu wiederholen. Insoweit hat die Antragstellerin keinen Anspruch darauf, dass sie nur mit den verbliebenen zwei weiteren Unternehmen konkurrieren muss. Richtig ist zwar, dass sich das andere Büro bislang nicht dagegen zur Wehr gesetzt hat, dass es nicht eingeladen wurde, wobei unbekannt ist, ob insoweit Absageschreiben verschickt wurden. Es ist aber auch nicht ungewöhnlich, dass bei einer Korrektur eines Vergabeverfahrens Bewerber ohne eigene Rügen neue Chancen erhalten.
Allerdings würde es der Senat auch für unbedenklich halten, wenn die Antragsgegnerin vorab bei dem durch Los ausgeschiedenen Unternehmen anfragt, ob dieses noch an einer Auftragserteilung interessiert ist und einer Einladung zu einem Verhandlungsgespräch Folge leisten würde. Sofern die Firma eine Teilnahme ablehnt, sieht der Senat keine Notwendigkeit für eine Wiederholung der Verhandlungsgespräche. Vielmehr könnte dann das Verfahren durch Bewertung der durchgeführten Präsentationen – unter Ausschluss der Beigeladenen – zum Abschluss gebracht werden.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 175 Abs. 2 i.V. m. § 78 S.2 GWB. Für eine Kostenquotelung ist kein Raum, da die Antragsgegnerin, deren Ziel die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin war, im Beschwerdeverfahren vollständig unterlegen ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Senat abweichend von der Vergabekammer eine gewisse „Modifikation“ des weiteren Verfahrens (ggf. Beteiligung des durch Los ausgeschiedenen Büros) für zulässig erachtet.


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