Baurecht

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Aktenzeichen  3194.Z3-3_01-20-61

Datum:
22.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8034
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VgV § 8
VgV § 17 Abs. 11
VgV § 57 Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

1. Abweichungen von Vorgaben des Auftraggebers in einem Lösungsvorschlag i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV, der in die Wertung des Angebots einfließt, führen nicht zwingend zu einem Ausschluss des Angebots nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV, da der Lösungsvorschlag nicht die nach Zuschlag vertraglich geschuldete Planungsleistung ist, die der Planer nach den Vorgaben des Auftraggebers erstellen muss.
2. Es darf nicht unklar bleiben, ob eine bestimmte Angabe in einem Angebot zum Ausschluss führt oder nur Einfluss auf die Wertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien hat.
3. Hat der Auftraggeber in der Wettbewerbsbekanntmachung festgelegt, dass er Verhandlungen i.S.d. § 17 Abs. 10 VgV durchführen wird, kann er hiervon – wenn überhaupt – nur durch eindeutige und widerspruchsfreie Angaben in den Unterlagen zum Verhandlungsverfahren wieder abrücken.
4. Hat der Auftraggeber Zuschlagskriterien festgelegt, die ihm einen sehr weitgehenden Spielraum bei der Bewertung belassen und die Bewertungsmethode nicht bekanntgegeben, muss er regelmäßig auch die Bewertung eines Angebots mit voller Punktzahl begründen und dies dokumentieren, damit nachvollzogen werden kann, inwiefern sich dieses Angebot nach Auffassung des Auftraggebers positiv von den Angeboten der Mitbewerber abhebt.

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird untersagt, im streitgegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Der Antragsgegner hat im Falle der Fortführung des Vergabeverfahrens mit der Antragstellerin und der Beigeladenen nach § 17 Abs. 10 Satz 2 VgV zu verhandeln und die Bieter nach Abschluss der Verhandlungen zu finalen Angeboten aufzufordern und diese zu werten.
2. Der Antragsgegnerund die Beigeladene tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen derAntragstellerin. Der Antragsgegner ist von der Zahlung der Gebühr befreit.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von…,00 EUR festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.
4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Gründe

I.
Der Antragsgegner beabsichtigt die Vergabe von Planungsleistungen in den Gewerken Objektplanung, Gebäude und Freianlagen für den Neubau eines internationalen Wissenschaftszentrums der Universität P… Hierzu hatte er mit EU weiter Wettbewerbsbekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union einen nichtoffenen, einstufigen Realisierungswettbewerb mit Ideenteil und nachfolgendem VgV-Verfahren nach den Regeln der RPW 2013 gemäß Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Inneren vom 1. Oktober 2013 Az.: IIZ5-4634-001/13 ausgeschrieben.
Das internationale Wissenschaftszentrum soll auf einem innerstädtischen, topografisch anspruchsvollen Grundstück in P… errichtet werden. Insgesamt ist für den Neubau des Gebäudekomplexes eine Nutzfläche von 4774 m2 auf einer Grundstücksfläche von 4961 m2 vorgesehen. Das Raumprogramm umfasst einen großen Hörsaal mit konzertanter Nutzungsmöglichkeit, Seminarräume, Cafeteria und Büroräume. Zudem sind 91 PKW und 100 Fahrradstellplätze auf dem Wettbewerbsgrundstück unterzubringen.
Unter Ziffer IV.1.9) der Auftragsbekanntmachung waren als Kriterien für die Bewertung der Projekte im Rahmen des Wettbewerbs ohne Rangfolge aufgelistet:
Städtebauliche Qualität Architektonische Qualität Qualität der Freiraumplanung Erschließung Funktionalität Baukonstruktion
Energie- und Gebäudetechnikkonzept Wirtschaftlichkeit Nach Ziffer IV.3.3) der Bekanntmachung war vorgesehen, dass als Folgeauftrag ein Dienstleistungsauftrag infolge des Wettbewerbs an einen der Gewinner des Wettbewerbs vergeben wird.
Gemäß Ziffer IV.3.4) sollte die Entscheidung des Preisgerichts für den öffentlichen Auftraggeber nicht bindend sein.
Gem. Ziffer VI.3) sollte nach Abschluss des Wettbewerbs mit allen Preisträgern nach VgV verhandelt werden.
In der Wettbewerbsbekanntmachung war die elektronische Adresse angegeben, unter der die Auftragsunterlagen für einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang gebührenfrei zur Verfügung standen. Hierunter fanden sich auch die folgenden Zuschlagskriterien für das spätere Verhandlungsverfahren:

Die Antragstellerin nahm zusammen mit dem für die Freianlagen zuständigen Büro „ST raum a. Gesellschaft von Landschaftsarchitekten“ unter der anonymisierten Teilnehmernummer 1007 am vorgeschalteten Realisierungswettbewerb teil.
Im Protokoll der Preisgerichtssitzung vom 13./14.07.2020 war ausgeführt:
… „Zum Wettbewerb waren 40 Teilnehmer zugelassen. Insgesamt sind 29 Arbeiten eingereicht worden.“ […]
Nach zwei Wertungsrunden wurde festgestellt:
„[…] damit verbleiben in der engeren Wahl sechs Arbeiten […]
… Nach einer ausführlichen Diskussion wird für die Arbeiten der engeren Wahl folgende Rangfolge abgestimmt:
… Gleichwertig auf dem 1. Rang
1007 (einstimmig) 1025 (einstimmig)

Das Preisgericht empfiehlt einstimmig, die beiden Arbeiten der Preisgruppe überarbeiten zu lassen, auf Basis der im Protokoll genannten Kritikpunkte.
Die genauen Inhalte der Überarbeitung werden in einem Gespräch mit den Bietern erläutert. Der Auslober wird zur Beurteilung der Überarbeitung Mitglieder des Preisgerichts hinzuziehen. […]“
Am 11.08.2020 wurde der Antragstellerin und der Beigeladenen in getrennten Besprechungen das Wettbewerbsergebnis eröffnet. Die vom Preisgericht geäußerten Kritikpunkte am Entwurf der Antragstellerin wurden im Hinblick auf die gewünschte Überarbeitung der jeweiligen Wettbewerbsbeiträge näher erläutert sowie der weitere Verfahrensablauf vorgestellt.
Der Vermerk vom 11.08.2020 enthielt folgende Passage:
„Das Verfahren und sämtliche weitere Kommunikation hat daher über die Vergabeplattform (vergabe.bayern.de) zu erfolgen. Das Angebot (einschl. Mustervertrag und Präsentation) sind über die Plattform durch den Bewerber rechtzeitig vor Ende der Angebotsfrist einzustellen. Nachträgliche Änderungen und zusätzliche Angaben an den online abgegebenen Unterlagen dürfen im Verhandlungsgespräch nicht berücksichtigt werden.“
Der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 18.09.2020 war eine mit Unterkriterien versehene Wertungsmatrix der Zuschlagskriterien beigefügt:
In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (Formblatt III.16) war angekreuzt, dass sich der Auftraggeber vorbehält, den Auftrag auf Grundlage des Erstangebots zu vergeben (§ 17 Abs. 11 VgV). Weiterhin war angekreuzt, dass eine Vorstellung und Aufklärung des Angebots am 04.11.2020 stattfinden solle. Nicht angekreuzt war, dass eine Verhandlung über die eingereichten Angebote stattfinden solle.
In der Antwort auf eine gestellte Bieterfrage der Antragstellerin teilte der Antragsgegner den Parteien mit:
“Das Angebot (submittierte Unterlagen, Präsentationsunterlagen sowie Verhandlungsgespräch inkl. mündlicher Präsentation) der Preisträger (Architekt und Landschaftsarchitekt) des Wettbewerbs Internationales Wissenschaftszentrum P… nicht offener Realisierungswettbewerb (mit Ideenteil) werden […] gemeinsam gem. den veröffentlichten Zuschlagskriterien gewertet.“
Zum zeitlichen Ablauf teilte der Antragsgegner mit, dass mehrere Präsentationszeiten zu den unterschiedlichen Wertungskriterien mit jeweiligen Rückfragerunden durch den AG vorgesehen seien.
Zwischenzeitlich wurden die Bewerber über geänderte Vergabeunterlagen sowie eine Verschiebung des Submissionstermins vom 08.10.2020 auf den 03.11.2020, 9:00 Uhr informiert.
Der in den Vergabeunterlagen ebenfalls enthaltene Vertrag über die Objektplanung enthielt folgende Regelung:
„Der Auftragnehmer hat durch mindestens 2 fachlich geeignete Mitarbeiter während des Betriebs der Baustelle im Baustellenbüro präsent zu sein.“
Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben jeweils fristgemäß unter Überarbeitung ihres Wettbewerbsbeitrags basierend auf den jeweiligen Hinweisen des Preisgerichts ein Angebot ab, welches sie in getrennten Terminen am 04.11.2020 präsentierten.
Am 20.11.2020 wurde der Antragstellerin mit Vorabinformationsschreiben gem. § 134 GWB mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne, da es nicht das wirtschaftlichste gewesen sei.
Es wurde dazu ausgeführt:
„Erläuterung:
Ihre Zuschlagszahl beträgt 159,7 Sie haben bei den Zuschlagskriterien 440 von 500 Punkten erreicht.
Die erzielten Leistungspunkte / Nettohonorare ([…]) ergibt die Zuschlagszahl 159,7.
Der Bieter R… [die Beigeladene]… hat die höhere Zuschlagszahl 166,7 erreicht.“
Es sei daher beabsichtigt, den Zuschlag nach Ablauf der Informationsfrist auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.
Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.11.2020 die Nichtberücksichtigung ihres Angebots. Sie trug vor, dass das Vorabinformationsschreiben im Hinblick auf die Wertung der Zuschlagskriterien und deren Begründung unzureichend sei und nicht den Vorgaben des § 134 GWB genüge. Zudem wurde das Bewertungssystem insgesamt als intransparent sowie die Fristen für die Angebotsbearbeitung als zu kurz gerügt.
Mit Schreiben vom 26.11.2020 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin Details der Wertung zu den einzelnen Zuschlagskriterien mit und wies die Rüge hinsichtlich der zu kurzen Fristen als präkludiert zurück.
Mit Schreiben vom 27.11.2020 erwiderte die Antragstellerin hierauf und nahm zu den vom Antragsgegner vorgenommenen Abzügen im Rahmen seiner Wertungsentscheidung Stellung. Die erfolgte Abwertung werde als sachlich nicht gerechtfertigt und das Bewertungssystem weiterhin als intransparent gerügt.
Aufgrund der Nichtabhilfe der Rüge sowie der drohenden Zuschlagserteilung durch den Antragsgegner stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.11.2020 einen Nachprüfungsantrag und beantragte,
1.Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Wertung im streitbefangenen Vergabeverfahren zur Vergabe von Planungsleistungen (Objektplanung Gebäude und Freianlagen) zur Errichtung eines internationalen Wissenschaftszentrums an der Universität P… unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen bzw. fortzusetzen.
2.Der Antragstellerin wird Akteneinsicht in die Vergabeakten gewährt.
3.Die Beiziehung eines Rechtsanwalts für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.
4.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung der Antragstellerin.
Der Nachprüfungsantrag sei zulässig und begründet. Wie bereits in der Rüge ausgeführt, könne das Schreiben des Antragsgegners vom 20.11.2020 keine ordnungsgemäße Vorinformation nach § 134 GWB darstellen, da dort jegliche Darstellung der Erwägungen, die zur konkreten Wertung des Angebots geführt hätten, fehle. Zudem sei mit der Wertungsmatrix keinerlei Mitteilung erfolgt, unter welchen Maßgaben die Wertung überhaupt erfolgt sei. Die Antragstellerin gehe aufgrund der zwischenzeitlich mitgeteilten Wertung aber davon aus, dass der Antragsgegner hier in Anlehnung an ein Schulnotensystem vorgegangen sei, dies aber nicht bekannt gemacht habe. Somit könne von einer ordnungsgemäßen Vorinformation frühestens am 26.11.2020 ausgegangen werden.
Inhaltlich habe der Antragsgegner beim Kriterium „Behandlung der Hinweise aus dem Preisgericht im Entwurfskonzept“ Aspekte einbezogen, welche der Antragstellerin als Hinweis überhaupt nicht übermittelt worden seien. Außerdem seien Aspekte berücksichtigt worden, bei denen in der Präsentation keine Nachfragen erfolgt seien. Darüber hinaus seien Aspekte berücksichtigt worden, die nach eigener Auffassung in der Überarbeitung des Wettbewerbsbeitrags berücksichtigt worden seien.
Als allgemeiner Einwand gegen die Wertung werde vorgebracht, dass vom Antragsgegner ein Maßstab angelegt worden sei, welcher bereits der Qualität einer Entwurfsplanung nahekomme, obwohl dies im derzeitigen Stadium der Bewerbung zur Beauftragung nicht veranlasst gewesen sei.
Mit Schreiben vom 30.11.2020 wurde der Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag informiert und die Zugangsdaten für das elektronisch auf der Vergabeplattform durchgeführte Verfahren angefordert.
Mit Verfügung vom 21.12.2020 wurde die Frist bis zur Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 167 Abs. 1 S. 2 GWB bis 31.03.2021 verlängert.
Auf den Nachprüfungsantrag erwiderte der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 22.12.2020 und beantragte,
1.Der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin wird als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abgewiesen.
2.Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlichen Auslagen des Antragsgegners zu tragen.
3.Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für erforderlich erklärt.
Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig und unbegründet. So enthalte der Antrag bereits keine ausreichende Darstellung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung gem. § 161 Abs. 2 GWB. Ein bloßer Verweis auf vorprozessuale Schriftsätze zur Begründung des Nachprüfungsantrags reiche nicht aus.
Der Antrag sei zudem unbegründet, da das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen gewesen sei. Die Antragstellerin habe trotz ausreichender und wiederholter Hinweise – etwa in einer Besprechung vom 11.08.2020 – mit ihrem Angebot eine Planung vorgelegt, die nicht verwirklicht werden könne, da ein Fremdgrundstück überbaut werden müsste. Dies sei unzulässig und führe zu zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen. Eine dementsprechende Planung sei zudem so nicht genehmigungsfähig. Da dies eine Mindestanforderung darstelle, wäre die Einhaltung der Grundstücksgrenzen einer weiteren Verhandlung gem. § 17 Abs. 10 Satz 2 VgV von vorne herein nicht mehr zugänglich gewesen, so dass die Antragstellerin mit der Vorlage einer überarbeiteten Planung, die weiter eine Grundstücksüberbauung vorgesehen habe, gegen diese Mindestvorgabe verstoßen habe. Da zudem der Besprechungsvermerk vom 11.08.2020 zugleich als Bestandteil der Vergabeunterlagen anzusehen sei, habe die Antragstellerin mit ihrem Angebot auch den Inhalt der Vergabeunterlagen unzulässig abgeändert, mit der Folge, dass ihr Angebot auch gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV von der Wertung auszuschließen gewesen wäre. Wenn die Antragstellerin anführe, Änderungen an den Unterlagen seien nachträglich möglich, werde dies vom Antragsgegner als unzulässig erachtet.
Im Übrigen sei der Angebotsinhalt der Antragstellerin vom Antragsgegner zutreffend bewertet worden:
Im Rahmen des Zuschlagskriteriums 2 „auftragsbezogenes Organisationskonzept“ seien beim dortigen Unterkriterium 2a) „Behandlung der Hinweise aus dem Preisgericht im Entwurfskonzept“ 25 von 50 möglichen Punkten vergeben worden.
In der Besprechung vom 11.08.2020 seien die Hinweise des Preisgerichts erläutert worden, zu denen dann im Verhandlungsverfahren von der Antragstellerin Aussagen erwartet worden seien.
So habe die Antragstellerin trotz des Hinweises Nr. 1a auf ein teilweise mit einer offenen Treppenanlage überbautes Investorengrundstück dies auch in ihrer Überarbeitung beibehalten. Ein Vorschlag, wie der nordwestliche Zugang zum Universitätsareal ohne Überbauung gelöst werden könne, sei nicht vorgelegt worden. Insofern sei die Abwertung aufgrund der Nichtbeachtung eines für den Antragsgegner wesentlichen Aspekts für die Verwirklichung gerechtfertigt gewesen. Der erhobene Einwand einer möglichen Einigung mit dem Nachbarn ändere daran nichts, da die Wertung nicht von zukünftigen und unsicheren Umständen abhängig gemacht werden könne.
Bei Hinweis 2b, wonach Brandabschnitte nicht dargestellt worden seien, habe das von der Antragstellerin vorgesehene Grundkonzept entweder hohe konstruktive und bautechnische Anforderungen aufgewiesen oder nicht die Anforderungen an Brandabschnitte erfüllt. Der von der Antragstellerin vorgebrachte Einwand, dass die Entwicklung eines Brandschutzkonzeptes nicht im Rahmen des Vergabeverfahrens erfolgen könne, werde als unzutreffend zurückgewiesen, da sich diese Anforderung eindeutig aus der Vorgabe nach den Hinweisen in der Besprechung am 11.08.2020 ergeben hätte.
Im Hinweis 3b sei festgestellt worden, dass der Schnitt nicht mit dem Grundriss übereinstimme. An diversen Stellen würden sich die Darstellung in Grundriss, Schnitt und Ansicht voneinander unterscheiden. Dies wäre in der Überarbeitung nur zum Teil berücksichtigt worden. Die Plandarstellung in Schnitt und Grundriss sei nach wie vor nicht durchgehend kongruent sowie teilweise unstimmig und unvollständig, so dass die angestrebte Umsetzung nicht eindeutig erkennbar bzw. schlüssig sei. Zudem enthalte die Überarbeitung keinen schlüssigen Nachweis für die Übereinstimmung der Grundrisse mit den Ansichten.
Der Hinweis 3c, wonach die geplante Anlieferung an der Nordseite einen weiten Transportweg zur Bühne verursache und daher eine kurze, effiziente Anbindung zu prüfen und darzulegen sei, sei nur dahingehend bearbeitet worden, dass zwar eine alternative Anlieferungsmöglichkeit über den Zugang im 1.OG an der Westfassade geplant worden sei, nicht jedoch die geforderte Anbindung von Norden her.
Hinweis 3d, der zu schmale Fahrgassen bemängelte und einen Nachweis der geforderten 91 Stellplätze bei Stellplatzgrößen und Fahrgassen nach heutigen Anforderungen mit einer Anordnung nach GaStellV erwartete, sei von der Antragstellerin in ihrer Überarbeitung zwar berücksichtigt worden. Es seien jedoch die Kurvenradien nicht ausreichend bemessen worden, weswegen einerseits erhebliche Planungseingriffe notwendig würden, um die Grundstücksgrenzen nicht zu überschreiten. Andererseits führe die Überarbeitung für den Stellplatznachweis in der Tiefgarage zu einer erheblichen Erhöhung der Verkehrswege und des Volumens und damit zu einer deutlich schlechteren Wirtschaftlichkeit.
Der Hinweis 3e beinhaltete, dass die barrierefreie Erschließung von Hörsaal und Bühne aufgrund weiter Wege der Überarbeitung bedürfe und die barrierefreie Erschließung im Hör- und Konzertsaal der Ebene Parkett nachzuweisen sei sowie, dass weite Wege zwischen Vorbereitungsräumen und Bühne vorhanden seien. Dies sei auch in der Überarbeitung mit einem Aufzug und einer zusätzlich eingefügten Hebebühne nicht optimal gelöst und führe zu Einschränkungen oder weiterhin langen Wegen.
Im Hinweis 3f sei darauf eingegangen worden, dass die Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage an der südlichen Grundstücksgrenze nicht detailliert dargestellt sei und die Anlieferung zur Brauerei nachzuweisen sei. Es bestünden auch weiterhin funktionelle Mängel bei der Nutzung der Tiefgarage aufgrund zu enger Kurvenradien sowie bei der Anlieferung zur Brauerei infolge der vorgesehenen Möblierung des südwestlich angeordneten Platzes.
Auch die Abzüge beim Zuschlagskriterium 3 „auftragsbezogene Qualifikationen und Erfahrung der Projektmitarbeiter“ seien zu Recht erfolgt.
Die im Unterkriterium 3b) „Vorstellung des Berufsabschlusses und der Erfahrung des Projektteams mit Angabe von Referenzprojekten“ vorgenommene Wertung mit 15 von 25 Punkten sei nicht zu beanstanden. Die von der Antragstellerin angeführten Referenzprojekte seien nur mittelbar mit den Problematiken des streitgegenständlichen Bauvorhabens vergleichbar. Zudem wiesen diese – zumindest anhand der Vergabeunterlagen und der Präsentation – nicht alle einen in etwa gleich hohen Schwierigkeitsgrad auf. Auch könne für einzelne Referenzen nur ein mittelbarer Bezug zum vorliegenden Bauvorhaben hergestellt werden, da es sich nicht durchgängig um Hochschulbauten mit vergleichbarer Nutzung handle. Schließlich seien die Referenzen nur schwer nachzuvollziehen gewesen, da auf diese im Detail nur mündlich eingegangen worden sei. Aus all diesen Gründen seien die vorgenommenen Punktabzüge gerechtfertigt gewesen.
Beim Unterkriterium 3c) „bautechnischer Wissensstand in Bezug auf die gestellte Aufgabe, praktische Erfahrung bei der Durchführung von vergleichbaren Baumaßnahmen“ habe die Wertung zu einer zutreffenden Punktzahl von 15 von 25 möglichen Punkten geführt. Der Punktabzug sei aufgrund fehlender Darstellung der Kenntnisse bzw. des bautechnischen Wissensstandes hinsichtlich Brandschutz und Erschütterungsschutz erfolgt.
Im Rahmen des Zuschlagskriteriums 4 „auftragsbezogenes Konzept zum Ablauf der Planungsphase“ habe die Antragstellerin im Unterkriterium 4c) „Organisation und Ablauf des Änderungsmanagements bei Planungsänderungen“ zutreffend 20 von 25 möglichen Punkten erreicht. Der Punktabzug basiere auf fehlenden Aussagen zum Änderungsantrag gem. RL-Bau.
Im Unterkriterium 5a) „Konzept der Objektüberwachung während der Baudurchführung (z.B. Frequenz und Dauer der Objektüberwachung, Organisation von Jour-Fixen)“ innerhalb des Zuschlagskriteriums 5 „auftragsbezogenes Konzept zum Ablauf der Baudurchführungsphase“ seien die erzielten Punkte von 20 von 25 korrekt vergeben worden. Der Punktabzug liege in der fehlenden täglichen Anwesenheit auf der Baustelle begründet, obwohl vertraglich gefordert worden sei, dass arbeitstäglich durchgehend 2 Mitarbeiter anwesend sein müssten. Dies habe sich zwar seitens der Antragstellerin in einem Honorarabschlag manifestiert, hätte aber zu einer absoluten Vergleichbarkeit der Angebote wieder aufgeschlagen werden müssen, was unterblieben sei. In Anbetracht der Tatsache, dass die Antragstellerin hierzu eine explizite Bieterfrage gestellt habe, die Anwesenheit auf der Baustelle im Nachhinein aber nur als Vorschlag des Antragsgegners verstanden haben wollte, sei von einer gezielten Minderung der vertraglichen Anforderungen auszugehen, was einen Angebotsausschluss nach sich ziehen könne.
Das Unterkriterium 5c) „Umgang mit Störungen im Bauablauf (Nachtrags- und Änderungsmanagement)“ sei mit 20 von 25 Punkten bewertet worden. Der Punktabzug sei aufgrund einer fehlenden Darstellung der Ursacheneruierung für eingetretene Störungen sowie einer fehlenden täglichen Kontrolle des Leistungsstandes und der Baustellenbesetzung mangels persönlicher Anwesenheit erfolgt.
Der ehrenamtliche Beisitzer hat mit Schreiben vom 19.01.2021 die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle einer Verfahrenseinstellung auf den Vorsitzenden und den hauptamtlichen Beisitzer übertragen.
Mit Beschluss vom 20.01.2021 wurde die für den Zuschlag vorgesehene Bieterin zum Verfahren beigeladen.
Mit Schreiben vom 26.01.2021 zeigte die Verfahrensbevollmächtigte der Beigeladenen ihre Vertretung an und beantragte Akteneinsicht gemäß § 165 Abs. 1 GWB in die Vergabeakte des Antragsgegners.
Mit jeweiligem Beschluss vom 08.02.2021 wurde für Antragstellerin und Beigeladene der Umfang der Akteneinsicht festgelegt und den Parteien entsprechende Akteneinsicht gewährt.
Die Beigeladene nahm mit Schriftsatz vom 16.02.2021 Stellung und teilte mit, dass sie den zulässigen Nachprüfungsantrag für unbegründet halte. Sie begründete dies damit, dass die Wertungskriterien und deren Gewichtung für das spätere Verhandlungsverfahren bereits in der amtlichen Bekanntmachung und nochmals detailliert in der Aufforderung zur Angebotsabgabe transparent bekannt gemacht worden seien. Eine Pflicht zur Veröffentlichung der Bewertungsmethode gebe es jedoch nicht (EuGH, Urteil vom 14.07.2016, Az. C-6/15).
Soweit die Antragstellerin die Intransparenz der Wertungskriterien sowie eine vermeintlich zu kurz bemessene Angebotsfrist rüge, sei sie hiermit gem. § 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB präkludiert, da dies bereits vor Angebotsabgabe auch für durchschnittlich fachkundige Bieter erkennbar gewesen sei.
Die Beigeladene schloss sich dem Vortrag des Antragsgegners an, dass die Rüge der Antragstellerin und damit auch der darauf verweisende Nachprüfungsantrag unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig sei.
Die Wertung des Angebots der Antragstellerin sei dagegen nachvollziehbar und vergaberechtskonform. Insbesondere habe der Antragsgegner seinen Beurteilungsspielraum eingehalten und die Bewertung sachlich zutreffend und ausreichend dokumentiert.
Stattdessen müsse nach Auffassung der Beigeladenen das Angebot der Antragstellerin wegen Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden. So habe die Antragstellerin trotz ausdrücklichem Hinweis auf eine notwendige Überarbeitung ihres Angebots die Überbauung des Nachbargrundstücks mit einer offenen Treppenanlage beibehalten, weswegen darin ein Ausschlussgrund nach §§ 57 Abs. 1 Nr. 4, § 53 Abs. 7 Satz 1 VgV zu sehen sei. Außerdem bleibe das Angebot der Antragstellerin im Hinblick auf die notwendige und vertraglich zuzusichernde Anwesenheit zweier Mitarbeiter auf der Baustelle hinter den Vorgaben der Vergabeunterlagen zurück und wäre demzufolge ebenfalls gem. §§ 57 Abs. 1 Nr. 4, § 53 Abs. 7 Satz 1 VgV auszuschließen.
Wenn die Antragstellerin die Vorabinformation nach § 134 GWB als unzureichend beanstande, sei dieser Vorwurf unbegründet. Die erforderlichen Mindestangaben nach § 134 Abs. 1 GWB seien unter Beachtung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatzes mitgeteilt worden. Selbst bei der Annahme eines inhaltlich unzureichenden Schreibens sei der Antragsgegner mit der ersten Rügebeantwortung vom 24.11.2020 den Erfordernissen des § 134 Abs. 1 GWB vollumfänglich nachgekommen.
Mit Schreiben der Vergabekammer vom 17.02.2021 wurden die Parteien um Mitteilung gebeten, ob angesichts der pandemiebedingten Schwierigkeiten und Einschränkungen Einverständnis bestünde, gem. § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten und stattdessen die Erörterung der Sach- und Rechtslage mittels Videokonferenz durchzuführen.
Der Antragsgegner und die Beigeladene erklärten jeweils mit Schreiben vom 22.02.2021 ihren Verzicht auf eine mündliche Verhandlung und ihr Einverständnis zu einer Erörterung der Sach- und Rechtslage mittels Videokonferenz.
Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 22.02.2021 und klarstellend vom 25.02.21 mit, prinzipiell mit einer Erörterung mittels Videokonferenz einverstanden zu sein.
Die Antragstellerin erwiderte mit Schriftsatz vom 22.02.2021 auf das Vorbringen des Antragsgegners sowie auf die zwischenzeitlich gewährte Akteneinsicht.
Eingangs wies die Antragstellerin darauf hin, dass nach ihrer Auffassung vom Antragsgegner in die Abwertung überwiegend Aspekte einbezogen worden seien, die nach den bekannt gemachten Wertungskriterien nicht Gegenstand der Wertung sein sollten, sowie, dass vom Antragsgegner die Anforderungen in einem Vergabeverfahren überspannt worden seien.
Zudem sei die Planung zum Nachbargrundstück im Rahmen des Ideenteils Bestandteil der Wettbewerbsaufgabe gewesen, wonach etwa die vorhandene Bebauung abgebrochen werden solle und ggf. ein Investor sich einer Beauftragung anschließen könne.
Zur vermeintlichen Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags trug die Antragstellerin vor, dass sich der Nachprüfungsantrag nicht auf einen einfachen Verweis auf Anlagen beschränke, sondern es sich um eine entsprechend geordnete Aufstellung der zu erhebenden Einwände handle. Dies lasse selbst nach der Rechtsprechung des BGH prozessual einen Verweis auf Anlagen zu. Zudem sei ausweislich der Akteneinsicht und des Vortrags des Antragsgegners weiterhin unklar, ob die Beurteilung der Angebote und Präsentationen nach einem Schulnotensystem – wie von der Antragstellerin vermutet – oder nicht vorgenommen wurde. Aufgrund mangelnder Transparenz könne schon deswegen die Wertung in ihrer bisherigen Form keinen Bestand haben.
Der Nachprüfungsantrag sei weiterhin begründet. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin oder eine deutliche Abwertung im Unterkriterium 2a) sei vorliegend nicht gerechtfertigt. Eine Abänderung der Vergabeunterlagen habe nicht stattgefunden, da die streitgegenständliche Treppenanlage als mögliches Bindeglied zum Nachbargrundstück lediglich eine von mehreren Varianten dargestellt habe, abhängig von der künftigen Bebauung auf diesem Grundstück und gleichzeitig vollumfänglich die Anforderungen von Wettbewerb und Verfahren erfüllt habe.
Nach Auffassung der Antragstellerin habe der Antragsgegner keinen Wertungsvorgang aktenkundig dokumentiert, so dass eine aktive Abwägung zwischen den gestellten Anforderungen und einem Abgleich zum Erfüllungsgrad fehle, was wiederum einen Ermessensausfall darstelle.
Die Antragstellerin gehe auch davon aus, dass der Antragsgegner bei den noch im Vergabevermerk als unzureichend behandelten Einzelpunkten, die er in seinem Schriftsatz aber nunmehr nicht mehr aufgegriffenen hatte, von einer Abwertung absehe.
Im Einzelnen führte die Antragstellerin zum Unterkriterium 2a) aus, dass hierbei organisatorische Fragen zu bewerten seien, nicht jedoch qualitative Aspekte des Entwurfs, die von Kriterium 1 abgedeckt wären. Der Antragsgegner habe hier seinen Ermessensspielraum überschritten, auch weil die Anforderungen an eine Lösungsvariante in diesem Stadium weit über die erforderliche Planungstiefe hinausgingen.
Bezogen auf Hinweis 1 sei unverständlich, wie der Antragsgegner trotz positiver Würdigung der Lösung durch das Preisgericht das Fehlen einer solchen vortrage.
Zu Hinweis 2b) seien in der Überarbeitung Brandabschnitte schematisch als Grundkonzept, wie gefordert, dargestellt worden. Weitergehende Planungen seien Bestandteil der angebotenen Leistung.
Bei Hinweis 3b) sei die generelle Funktionsfähigkeit der Treppenanlage versichert worden, wobei eventuelle Unstimmigkeiten im Übrigen Gegenstand der umzusetzenden Planung seien.
Bezogen auf Hinweis 3c) sei diese Anforderung vom Antragsgegner zwar bis jetzt nicht aufgestellt worden, inhaltlich jedoch von der Antragstellerin aufgegriffen und berücksichtigt worden.
Bei der Umsetzung des Raumprogramms gem. Hinweis 3d) seien die Anzahl der Stellplätze sowie die erforderliche Breite der Stellplätze und Fahrbahnen in den geraden Fahrgassen nachgewiesen worden. Notwendige spätere Anpassungen im Rahmen der Umsetzung seien innerhalb der vorgesehenen Kubatur möglich, hätten jedoch nicht zwingend eine deutlich schlechtere Wirtschaftlichkeit zur Folge, wie vom Antragsgegner vorgetragen.
Zum Vorbringen des Antragsgegners bei Hinweis 3e) wurde erwidert, dass die Barrierefreiheit durch eine zusätzlich eingefügte Hebebühne nachgewiesen worden sei, zusätzlich zu dem nicht barrierefreien Zugang mittels integrierter Stufen. Im Übrigen fänden sich derartige Bedenken im Vergabevermerk nicht wieder. Sofern die Entfernung vom Lastenaufzug zur Bühne mit 25m als weit bezeichnet werde, sei dies eine subjektive Einschätzung, die sachlich nicht gerechtfertigt sei.
In Bezug auf Hinweis 3f) seien die Anforderungen mit der Überarbeitung erfüllt. Der möblierte Platz sei als Teil der Freianlagen nicht Gegenstand der Überarbeitung gewesen, wobei die Befahrbarkeit trotzdem anforderungsgerecht gegeben sei, im Übrigen aber auch entsprechend angepasst werden könne.
Im Rahmen des Unterkriteriums 3b) sei festzuhalten, dass aus der Bezeichnung des Kriteriums nicht ersichtlich sei, dass eine sachliche Bewertung der Referenzprojekte vorgenommen worden wäre. Außerdem fehle es an einer Definition der Anforderungen, die für eine volle Punktzahl benötigt würden sowie an einem Maßstab für eine Vergleichbarkeit der Schwierigkeit im Bereich der Objektplanung. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass ein Fokus auf Objekte des universitären Hochschulbaus der Regelung von § 75 Abs. 5 VgV widerspreche und im Übrigen mit dieser Anforderung ein Aspekt gewertet worden sei, der nicht gefordert gewesen sei. Die Bewertung sei auch in der Sache unzutreffend, da projektspezifische Besonderheiten bei den Referenzprojekten der Antragstellerin nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Schließlich könne es auch nicht der Antragstellerin angelastet werden, wenn mündlich abgegebene Angaben zu Referenzobjekten vom Antragsgegner nicht protokolliert, als Eigenerklärungen berücksichtigt und entsprechend gewertet würden.
Auch beim Unterkriterium 3c) sei ein Punktabzug nicht gerechtfertigt. Es werde angemerkt, dass das jetzige Schwerpunktthema Brandschutz in Verbindung mit Versammlungsstätten und Erschütterungsschutz in der ursprünglichen Matrix so nicht vorgekommen sei. Dessen ungeachtet habe die Antragstellerin umfangreiche Referenzen insbesondere zum Thema Erschütterungsschutz nachgewiesen. Somit basiere die Abwertung auf falschen Tatsachen, da im Vergabevermerk von einem völligen Fehlen von Kenntnissen zum Erschütterungsschutz ausgegangen worden sei.
Im Unterkriterium 4c) träfe es zwar zu, dass kein Bezug auf den Änderungsantrag nach RL-Bau erfolgt sei. Diese Anforderung sei jedoch auch nicht aus den Vergabeunterlagen ersichtlich gewesen und überdies mit einem zu hohen Punktabzug versehen worden.
Auch beim Unterkriterium 5a) widerspreche die Antragstellerin dem vorgenommenen Punktabzug mit der Begründung, dass eine geforderte Präsenz auf der Baustelle grundsätzlich und uneingeschränkt vertraglich zugesichert worden sei. Der von der Antragstellerin vorgebrachte Vorschlag zur flexiblen Baustellenbesetzung abhängig von den Anforderungen des Bauablaufs habe jedenfalls keinen Punktanzug gerechtfertigt. Auswirkungen auf das Honorar hätten sich dadurch nicht ergeben. Angemerkt worden sei noch die fehlende Dokumentation der Wertung zu diesem Unterkriterium.
Schließlich werde zum Unterkriterium 5c) ausgeführt, dass eine negativ bewertete fehlende Ursachenermittlung im Falle von Störungen für die Antragstellerin als Selbstverständlichkeit angesehen worden sei. Soweit jedoch eine Verschuldensfrage zu klären sei, handele es sich dabei um eine Rechtsfrage, die nicht im Rahmen von Planungsleistungen abgedeckt werden könne. Eine doppelte Abwertung infolge der bereits unter Kriterium 5a) behandelten Baustellenbesetzung sei unzulässig.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 26.02.2021 zu einer Erörterung über die Sach- und Rechtslage im Wege einer Onlinekonferenz am 10.03.2021,10:00 Uhr geladen.
Die Beigeladene erwiderte mit Schriftsatz vom 04.03.2021 auf das Vorbringen der Antragstellerin. Der Nachprüfungsantrag werde weiterhin für präkludiert gehalten, da in Bezug auf die beanstandeten Verstöße gegen das Transparenzgebot sowie die zu kurz bemessene Angebotsfristen keine Rechtsverletzung mehr bestünde.
Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot läge nicht vor, da die Zuschlagskriterien sowie die Bewertung und Ermittlung der Zuschlagskennzahl allen Bietern des Realisierungswettbewerbs eröffnet worden seien. Eine angebliche Vergaberechtswidrigkeit hätte die Antragstellerin aufgrund der Erkennbarkeit aus den Vergabeunterlagen rechtzeitig rügen müssen. Ebenso präkludiert sei die Antragstellerin mit dem Verweis auf die ihrer Meinung nach zu kurze Angebotsfrist.
Der Nachprüfungsantrag sei zudem weiterhin unbegründet, da die Zuschlags- und Wertungskriterien für die Angebote im Vorfeld transparent bekannt gemacht worden seien und zudem nicht willkürlich bestimmt und angewendet worden seien. Die Frage nach dem vom Antragsgegner angewandten Bewertungssystem mache sachlich gesehen keinen Unterschied und stelle letztlich keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot oder den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Darüber hinaus unterliege die Bewertung von Angeboten auch subjektiven Gesichtspunkten, weswegen Unterkriterien durch den Auftraggeber auch nicht konkreter beschrieben werden müssten, als dies der Antragsgegner sowieso schon getan habe, um so im Zusammenspiel mit den Vergabeunterlagen Transparenz herzustellen. Eine weitere Begründung für das Bewertungsergebnis sei nicht erforderlich gewesen, da der Antragsgegner auf die jeweiligen Unterkriterien im Vergabevermerk und in der Rügeerwiderung eingegangen sei und keine Gesamtbewertung vorgenommen habe.
Der Antragsgegner habe das Angebot der Antragstellerin vergaberechtskonform geprüft und bewertet. Der dem Auftraggeber zustehende Beurteilungsspielraum sei in einem Nachprüfungsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Anhaltspunkte für eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums seien für die Beigeladene im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Antragsgegner habe überdies auch die Möglichkeit, einen vorgenommenen Punktabzug im Rahmen einer weitergehenden Darstellung oder Vertiefung zu erläutern. Ein solches Vorgehen sei auch während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens möglich zur Schließung möglicher Dokumentationslücken.
Die Beigeladene machte im weiteren Verlauf nähere Ausführungen und Anmerkungen zu den einzelnen Unterkriterien.
Die Beigeladene hielt auch weiter an ihrer Auffassung fest, wonach das Angebot der Antragstellerin aufgrund Überbauens des Nachbargrundstücks mit einer Freitreppe sowie der fehlenden durchgängigen Präsenz von zwei Mitarbeitern der Antragstellerin auf der Baustelle gem. §§ 57 Nr. 4, 53 Abs. 7 S. 1 VgV auszuschließen gewesen sei.
Mit Schriftsatz vom 04.03.2021 machte der Antragsgegner nähere Ausführungen dazu, dass das Angebot der Antragstellerin aufgrund Nichteinhaltung von aufgestellten Mindestanforderungen ausgeschlossen werden musste. Zudem halte er an den bereits vorgetragenen Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags fest.
Dessen ungeachtet sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet. So seien die Wertungskriterien ordnungsgemäß bekannt gemacht worden, so dass die Angebotswertung vergaberechtskonform erfolgt und entsprechend dokumentiert worden sei. Von der Antragstellerin vorgebrachte formale und inhaltliche Einwendungen gegen die Wertung ihres Angebots wurden vom Antragsgegner ausführlich als unbegründet zurückgewiesen und das vorliegende Wertungsergebnis bekräftigt.
Am 10.03.2021 fand die Erörterung über die Sach- und Rechtslage statt. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag.
Es wurde eingangs erörtert, ob das Angebot der Antragstellerin gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ausgeschlossen werden müsse. Im Anschluss wurde eine möglicherweise fehlerhafte Durchführung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens thematisiert sowie die Frage, inwieweit der Antragsgegner überhaupt auf eine Verhandlung habe verzichten dürfen. Der Vorsitzende der Vergabekammer führte aus, dass nach Durchsicht der Vergabeunterlagen eine dokumentierte Wertung des Angebots der Beigeladenen völlig fehle, so dass es insofern an einer Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit der Angebote von Antragstellerin und Beigeladener mangele. Den Parteien wurde bis Montag, 15.03.2021 – 12.00 Uhr Gelegenheit gegeben, Anträge zu stellen bzw. abzuändern.
Mit Schreiben vom 14.03.2021 teilte die Antragstellerin mit, dass sie an ihren gestellten Anträgen festhalte. Sie äußerte sich in diesem Zusammenhang noch einmal kurz zu den diskutierten Ausschlussgründen in Bezug auf ihr Angebot.
Auch der Antragsgegner erklärte mit Schreiben vom 15.03.2021, dass er an seinen gestellten Anträgen festhalte. Er wies darauf hin, dass die Antragstellerin in der Erörterung eingeräumt habe, dass aus ihrer Sicht das am 04.11.2020 zu präsentierende und bis zum 03.11.2020 zu übermittelnde Angebot bereits zur Zuschlagserteilung geeignet sein sollte. Damit habe die Antragstellerin bestätigt, dass sie die Vergabeunterlagen und darauf basierende Äußerungen der Vergabestelle trotz der (untechnisch zu verstehenden) Bezugnahmen auf das „VgV-Verhandlungsverfahren“ so verstanden hat, dass ihr Angebot vom 03.11.2020 bereits alle Voraussetzungen und Anforderungen aus den Vergabeunterlagen zu enthalten habe, ohne dass die Möglichkeit zu einer späteren „Nachbesserung“ bestehe. Dieses Zugeständnis stehe im Widerspruch zu der Interpretation, dass eine spätere Überarbeitung oder Konkretisierung der (von der Antragstellerin als bloßer Lösungsansatz bezeichneten) Überbauung ohne Auswirkungen für das Vergabeverfahren habe ins Auge gefasst werden können. Da die Antragstellerin trotz dieses, in der mündlichen Erörterung nochmals bestätigten Verständnisses mit ihrem Angebot sowohl bezüglich der Grundstücksüberbauung als auch bezüglich der im Vertragsentwurf verlangten Präsenz auf der Baustelle vom Inhalt der Vergabeunterlagen abgewichen sei, müsse dieses aus zwei unabhängig voneinander tragenden Gründen von der Wertung ausgeschlossen werden. Daher könnten die von der Vergabekammer in der Erörterung aufgeworfenen Bedenken gegen die von dem Antragsgegner bei der Wertung vorgenommenen Gesichtspunkte und deren Dokumentation keine Rechtsverletzung der Antragstellerin mehr verursachen.
Die Beigeladene erklärte mit Schreiben vom 15.03.2021, dass sie keine Anträge stelle. Sie reichte in diesem Zusammenhang einen längeren nicht nachgelassenen Schriftsatz ein, in dem sie insbesondere erneut darauf einging, dass das Angebot der Antragstellerin auszuschließen sei. Im Übrigen vertrat sie die Auffassung, dass sich die Bewertung ihres Angebots aus dem Protokoll des Präsentationstermins vom 04.11.2020 zusammen mit den von ihr eingereichten Angebotsunterlagen nachvollziehen lasse.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 103 Abs. 1und 4 GWB. Der Antragsgegnerist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 214.000 Euro erheblich.
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
Die Antragstellerinhat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerinhat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere durch die für sie nicht nachvollziehbare Wertung ihres Angebots und eine intransparente Verfahrensführung geltend gemacht.
Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1GWB entgegen, da die Antragstellerin nach Erhalt der Mitteilung nach § 134 GWB am 20.11.2021 die ihrer Ansicht nach nicht ausreichende Vorinformation sowie die Intransparenz des Bewertungssystems am 24.11.2021 und die Wertung ihres Angebots an sich am 27.11.2021 gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat.
Präkludiert nach § 160 Abs. 3 Satz 3 GWB ist hingegen der Vorwurf der zu kurzen Fristen für die Angebotsbearbeitung. Diese waren für die Antragstellerin aus den Vergabeunterlagen ersichtlich und für ein durchschnittlich fachkundiges Architekturbüro auch als Vergabeverstoß zu erkennen. Sie hätten daher bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Antragsgegner gerügt werden müssen.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.
Das Angebot der Antragstellerin ist nicht wegen Abweichungen von den Vorgaben der Vergabeunterlagen auszuschließen. Die Wertung der eingereichten Angebote ist – insbesondere aufgrund der weitgehend fehlenden Dokumentation beim Angebot der Beigeladenen und wegen der Einbeziehung von Aspekten, die nicht Gegenstand der Hinweise des Preisgerichts waren, beim Angebot der Antragstellerin – nicht nachvollziehbar. Eine vergaberechtskonforme Neubewertung der Angebote ist nicht möglich, da der Antragsgegner nicht auf eine Verhandlung nach § 17 Abs. 10 Satz 1 VgV verzichten durfte.
2.1 Das Angebot der Antragstellerin ist nicht aufgrund der teilweisen Überbauung eines Nachbargrundstücks mit einer Freitreppe, die von der Antragstellerin im mit dem Angebot eingereichten Lösungsvorschlag zur Überarbeitung des Wettbewerbsbetrags vorgesehen war, nach §§ 57 Nr. 4, 53 Abs. 7 Satz 1 VgV auszuschließen.
Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob durch diese planerische Gestaltung in dem für die Wertung des Kriteriums 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ geforderten Lösungsvorschlag i.S.d. § 76 Abs. 2, 77 Abs. 2 VgV überhaupt eine Änderung der Vergabeunterlagen möglich ist. Denn der im Falle eines hypothetischen Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin zustande kommende Architektenvertrag würde aufgrund des Lösungsvorschlags der Antragstellerin keinen anderen zivilrechtlichen Inhalt erhalten, als vom Auftraggeber vorgegeben. Insbesondere verändern sich dadurch die vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien nicht. Zwar wird nach dem Formblatt III.16 Aufforderung zur Angebotsabgabe, Anlagen B und dem Anlagenverzeichnis des Architektenvertrags der Fortgeschriebene Wettbewerbsentwurf mit den Reaktionen auf die Hinweise des Preisgerichtes Gegenstand des Vertrags. Dies ändert aber nichts daran, dass Vertragsgegenstand die Erstellung einer Planung ist, die gem. den allgemeinen Leistungspflichten in § 5 des Vertrags nach den Nummern 5.2 bis 5.5 (Planungs- und Überwachungsziele) erstellt werden muss. Der im Vergabeverfahren eingereichte Lösungsvorschlag stellt gerade nicht die vom Auftragnehmer geschuldete Planungsleistung dar, sondern ist allenfalls eine planerische Grundlage hierfür. Da der Auftraggeber explizit keine Überbauung des Nachbargrundstücks wünscht, hat der Auftragnehmer seine Planung nach § 5.2 und § 5.5 des Architektenvertrags hieran auszurichten. Der eingereichte, abweichende Lösungsvorschlag führt mitnichten dazu, dass die Antragstellerin im Auftragsfall verpflichtet oder berechtigt wäre, eine Planung vorzulegen, die ein Nachbargrundstück überbaut. Sie hat ihre Planung stattdessen stets nach den Planungs- und Überwachungszielen des Auftraggebers auszurichten.
Jedenfalls scheitert ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin nach §§ 57 Nr. 4, 53 Abs. 7 Satz 1 VgV aufgrund der angedachten Überbauung des Nachbargrundstücks im Lösungsvorschlag aber daran, dass die Vorgaben aus der Vorbesprechung vom 11.08.2020 im Kontext der Wertung des Zuschlagskriteriums 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ stehen und damit nicht ausreichend eindeutig als Mindestanforderung des einzureichenden Lösungsvorschlags dargestellt waren. Es darf nicht unklar bleiben, ob eine bestimmte Angabe in einem Angebot zum Ausschluss führt oder nur Einfluss auf die Wertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.07.2019 – Verg 2/19). Der Antragsgegner hat in der Besprechung vom 11.08.2020 zwar sehr deutlich gemacht, dass er in der zu beauftragenden Planung keine Überbauung des Nachbargrundstücks wünscht, weshalb schwer nachzuvollziehen ist, warum die Antragstellerin diese in ihren Lösungsvorschlag zur Behandlung der Hinweise des Preisgerichts aufgenommen hat. Es geht aus den Vergabeunterlagen aber nicht hinreichend deutlich hervor, dass ein Angebot, das einen Lösungsvorschlag enthält, der von den Hinweisen abweicht, die in der Besprechung am 11.08.2020 zur Überarbeitung der Wettbewerbsbeiträge gegeben wurden, ausgeschlossen wird. Im Kontext mit der Wertungsmatrix, die später als Anlage der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekanntgemacht wurde, lag für einen verständigen Bieter das Verständnis nahe, dass die Inhalte des Lösungsvorschlags ausschließlich die Grundlage der Wertung des Zuschlagskriteriums 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ bilden und Abweichungen von den Vorstellungen des Auftraggebers zu einer entsprechenden Abwertung führen können. Dies entsprach auch dem ursprünglichen Verständnis des Auftraggebers, der das Angebot der Antragstellerin deswegen ja auch abwertete, aber nicht ausschloss. Die spätere Geltendmachung des Ausschlussgrundes war ersichtlich prozesstaktisch motiviert, um die offensichtliche Problematik der mangelnden Nachvollziehbarkeit der Wertung der Angebote irgendwie umschiffen zu können.
2.2 Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht wegen der Darstellung des Personaleinsatzes in ihren Präsentationsunterlagen, die keine tägliche Anwesenheit von mindestens zwei fachlich geeigneten Mitarbeitern während des Betriebs der Baustelle vorsieht nach §§ 57 Nr. 4, 53 Abs. 7 Satz 1 VgV auszuschließen.
Auch wenn der Antragsgegner auch diese Angabe zur Begründung der Abwertung des Angebots der Antragstellerin in den Kriterien 5a) und 5c) herangezogen hat, wäre im Falle eines Angebots mit dem eindeutigen Inhalt, dass der Bieter keine tägliche Anwesenheit von mindestens zwei fachlich geeigneten Mitarbeitern während des Betriebs der Baustelle vorsieht, ein Ausschlussgrund nach §§ 57 Nr. 4, 53 Abs. 7 Satz 1 VgV wohl gegeben, da hierdurch ein zu Lasten des Auftraggebers abweichender zivilrechtlicher Vertrag zustande käme. Auch die Tatsache, dass weder in Ziffer 9.1 des Vertrags Objektplanung noch in der entsprechenden Beantwortung einer Bieterfrage explizit davon die Rede ist, dass der Auftragnehmer durchgehend und täglich mit mindestens zwei fachlich geeigneten Mitarbeitern während des Betriebs der Baustelle im Baustellenbüro präsent sein muss, ändert nichts daran, dass für einen verständigen Bieter zu erkennen war, dass der Auftraggeber genau dies erwartete.
Einem Ausschluss des Angebots der Antragstellerin aufgrund ihrer abweichenden Darstellung in der Präsentation steht aber entgegen, dass ihr Angebot keinen eindeutig abweichenden Inhalt hat, sondern in sich widersprüchlich ist und daher vom Antragsgegner vor einem etwaigen Ausschluss aufzuklären gewesen wäre, wozu sich der Präsentationstermin am 04.11.2020 angeboten hätte. Die Antragstellerin hat ihr Angebot nämlich auf dem Formblatt III.20 (Angebotsschreiben) abgegeben. Dieses enthält die Erklärung, dass sie den Wortlaut des vom Auftraggeber verfassten Vertragsdokuments und damit auch die Regelung zur Baustellenbesetzung in Ziffer 9.1 des Vertrags Objektplanung als alleinverbindlich anerkennt. Diesen Widerspruch hätte der Auftraggeber aufklären müssen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017 – VII-Verg 17/17), nach einer etwaigen Klarstellung durch die Antragstellerin hätte das Angebot durchaus in der Wertung verbleiben können. Hinzu kommt noch, dass die Antragstellerin angesichts der intransparenten Verfahrensgestaltung des Auftraggebers, bei der mehrere widersprüchliche Angaben dazu erfolgten, ob eine Verhandlung i.S.d. § 17 Abs. 10 Satz 1 VgV im Termin am 04.11.2020 stattfinden würde oder nicht, durchaus davon ausgehen konnte, dass sie punktuell abweichende Vorschläge in der Präsentation unterbreiten durfte. Daran ändert auch nichts, dass der Antragstellerin grundsätzlich bewusst war, dass sie ein zuschlagsfähiges Angebot abgeben musste, wie sie in der Erörterung der Sach- und Rechtslage am 10.03.2021 eingeräumt hat.
Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin nach §§ 57 Nr. 4, 53 Abs. 7 Satz 1 VgV kommt demnach nicht in Betracht.
2.3 Die Antragstellerin wird nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass der Antragsgegner in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots mit dem Kriterium 2a) „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ ein völlig neues Zuschlagskriterium eingeführt hat, dass nicht als Unterkriterium des bereits in den Anlagen zur Wettbewerbsbekanntmachung benannten Kriteriums „Auftragsbezogenes Organisationskonzept“ angesehen werden kann, da es einen vollständig anderen Inhalt hat. Bewertet werden sollen hier detaillierte Lösungsvorschläge zu den Hinweisen des Preisgerichts.
Es braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden, ob eine Änderung der Zuschlagskriterien im Verhandlungsverfahren nach § 17 Abs. 10 Satz 2 VgV unter Berücksichtigung des Erwägungsgrunds 45 der RL 2014/24/EU (…„Die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung sollten während des gesamten Verfahrens stabil bleiben und sollten nicht verhandelbar sein, um die Gleichbehandlung aller Wirtschaftsteilnehmer zu gewährleisten.“…) nur im Rahmen von Verhandlungen zwischen einem Bieter und dem öffentlichen Auftraggeber unzulässig sind, oder ob ein allgemeines Änderungsverbot besteht. Wenn ein solches allgemeines Änderungsverbot bestehen sollte – diese Frage müsste im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vom EuGH geklärt werden – ist zu beachten, dass § 17 Abs. 10 Satz 2 VgV bzw. Art. 29 Abs. 3 UA 2 der RL 2014/24/EU nach seiner systematischen Stellung in den Regelungen erst im Zeitraum nach Abgabe des Erstangebots gilt. Erst dann kennt der Auftraggeber im Regelfall des Verhandlungsverfahrens die wesentlichen Angebotsinhalte und erst dann besteht die Gefahr, die Zuschlagskriterien manipulativ so abzuändern, dass ein bestimmtes Angebot begünstigt wird. Im vorliegenden Fall ist die Änderung allerdings vor Abgabe der Erstangebote erfolgt, so dass ein etwaiges Verhandlungs- bzw. Änderungsverbot des § 17 Abs. 10 Satz 2 VgV in Bezug auf die Zuschlagskriterien noch nicht zum Tragen kommt (VK Südbayern, Beschluss vom 03.07.2019 – Z3-3-3194-1-09-03/19).
Es trifft zwar zu, dass im vorliegenden Fall eines Verhandlungsverfahrens nach vorangehendem Realisierungswettbewerb der Auftraggeber – anders als in sonstigen Verhandlungsverfahren – durch die Wettbewerbsentwürfe zumindest die planerischen Grundlagen der künftigen Angebote auch schon vor Einreichung der Erstangebote kennt und daher die Möglichkeit hätte, durch entsprechend veränderte Zuschlagskriterien die Zuschlagschancen des einen oder anderen Angebots zu erhöhen. Anders als im Sachverhalt der Entscheidung der Vergabekammer Südbayern vom 03.07.2019 – Z3-3-3194-1-09-03/19 gibt es im vorliegenden Fall aber keine Hinweise, dass das neu eingeführte Zuschlagskriterium dazu diente, das Wettbewerbsergebnis zu konterkarieren.
Hinzu kommt, dass selbst im Falle der Annahme eines generellen Änderungsverbots dieses nicht unbegrenzt gelten dürfte. Im vorliegenden Fall hatte der Antragsgegner ein nachvollziehbares Interesse, das neue Kriterium 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ einzuführen, um überhaupt noch inhaltliche Aspekte der Planung bewerten zu können, nachdem das eigentlich vorgesehene Hauptkriterium Rangfolge im Planungswettbewerb aufgrund der Vergabe von zwei gleichrangigen ersten Preisen nicht mehr zur Differenzierung der Angebote dienen konnte. Die Vergabekammer Südbayern weist darauf hin, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Falle eines Realisierungswettbewerbs mit anschließendem Verhandlungsverfahren alles in seiner Macht Stehende tun sollte, um eine Vergabe von mehreren gleichrangigen Preisen zu verhindern, da eine solche dazu führt, dass die Rangfolge im Planungswettbewerb dann als Differenzierungskriterium zwischen den Angeboten ausfällt. Dies führt zu den Schwierigkeiten wie im vorliegenden Vergabeverfahren (siehe auch die „Gasteig“-Entscheidungen der Vergabekammer Südbayern vom 21.01.2019 – Z3-3-3194-1-38-11/18 und Z3-3-3194-1-39-11/18).
Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die Einführung des Zuschlagskriteriums 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ nimmt die Vergabekammer Südbayern daher nicht an.
2.4 Die Wertung der Angebote der beteiligten Bieter ist allerdings teilweise nicht nachvollziehbar und kann daher – auch angesichts des geringen Punktabstands der Antragstellerin zur Beigeladenen – keinen Bestand haben. Dies gilt insbesondere für die Wertung der Zuschlagskriterien 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ und 3b „Vorstellung des Berufsabschlusses und der Erfahrung des Projektteams mit. Angabe von Referenzprojekten“.
Bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die Nachprüfungsinstanzen können diese Entscheidung nur daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden (Ziekow in Ziekow/Völllink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, GWB § 127 Rz. 48; OLG München Beschluss vom 26.02.2021 Verg 14/20; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2017, VII-Verg 31/16). Der Auftraggeber ist allerdings nach § 8 Abs. 1 Satz 2 VgV verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren. Bedient sich der Auftraggeber wie hier eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs, muss er seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.
Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17).
Die Dokumentationspflichten des Auftraggebers korrespondieren mit der Offenheit des Bewertungssystems. Je größere Spielräume sich ein Auftraggeber durch die Gestaltung der Zuschlagskriterien und der verwendeten Bewertungsmethode zu verschaffen versucht, desto höher sind die Anforderungen an die Dokumentation zu setzen, um eine nachvollziehbare Bewertung sicherzustellen (VK Südbayern, Beschluss vom 19.01.2017 – Z3-3-3194-1-47-11/16).
Im vorliegenden Vergabeverfahren hat der Antragsgegner für die nichtpreislichen Zuschlagskriterien ein verhältnismäßig offenes Bewertungssystem verwendet. Er hat lediglich die Zuschlagskriterien mit den Unterkriterien in der Anlage zur Aufforderung zur Angebotsabgabe benannt und die nichtpreislichen Zuschlagskriterien untereinander durch Prozentangaben gewichtet.
Für das Unterkriterium 2a hat der Auftraggeber den Bietern in den Besprechungen am 11.08.2020 Erläuterungen zur Behandlung der Hinweise aus dem Preisgericht gegeben, während in den anderen Kriterien den Vergabeunterlagen nicht direkt zu entnehmen war, worauf es dem Auftraggeber bei der Bewertung ankommen würde. Trotz der Hinweise verblieb dem Antragsgegner gerade bei der Bewertung der im Kriterium 2a zu erstellenden, bei beiden Bietern individuellen Lösungsvorschläge ein sehr weiter Beurteilungsspielraum. Ein solches Vorgehen ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu beanstanden, führt aber zu hohen Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der Dokumentation (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17).
Hinzu kommt noch, dass der Auftraggeber seine Bewertungsmethode für die nichtpreislichen Zuschlagskriterien weder bekanntgemacht hat noch aus der Vergabedokumentation ersichtlich ist, dass er diese vor Eingang der Angebote überhaupt festgelegt hat (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 14.07.2016 – C-6/15). Lediglich aus der in der Vergabedokumentation enthaltenen Tabelle der Wertungsergebnisse geht hervor, dass der Antragsgegner beim Angebot der Antragstellerin Punktabzüge nach einer Skala von halben Punkten vorgenommen hat, da die Antragstellerin im Kriterium 2a ein Wertungsergebnis von 2,5 Punkten erhalten hat.
Angesichts der großen Entscheidungsspielräume, die der Antragsgegner bei der Bewertung der nichtpreislichen Zuschlagskriterien hatte, genügt insbesondere die Dokumentation der Wertung der Zuschlagskriterien 2a „Behandlung der Hinweise des Preisgerichts im Entwurfskonzept“ und 3b „Vorstellung des Berufsabschlusses und der Erfahrung des Projektteams mit Angabe von Referenzprojekten“ den Anforderungen an eine nachvollziehbare Wertung nicht.
Eine Bewertung des Angebots der Antragstellerin in Relation zum Angebot der Beigeladenen, die nach der Rechtsprechung des BGH ausdrücklich geboten ist (BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17), ist im vorliegenden Fall von vorneherein unmöglich, weil keinerlei Dokumentation der Bewertung des Angebots der Beigeladenen, die in allen nichtpreislichen Zuschlagskriterien volle Punktzahl erhalten hat, erstellt wurde.
Das Wertungsgremium bestehend aus zwei Mitgliedern des Preisgerichts, zwei Vertretern der Universität P… und sieben Vertretern des Staatlichen Bauamts P… hat seine Punktevergabe zunächst gar nicht begründet. Erst in dem nicht datierten und nicht unterschriebenen Dokument „Vergabe von Architekten und Landschaftsarchitektenleistungen gem. HOAI 2013 Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach § 17 VGV – Allgemeine Angaben gem. § 8 II VgV“ findet sich eine „Begründung / Erläuterung des Punkteabzugs für Bieter 2 gem. den Zuschlagskriterien“. Ob diese eine gemeinsame Begründung der Bewertung des elfköpfigen Wertungsgremiums darstellt oder eigenständig nachträglich von einem Mitarbeiter des Staatlichen Bauamts P… erstellt wurde, ist nicht nachvollziehbar. Die einzige einer Person zuzuordnende Begründung der Abwertung des Angebots der Antragstellerin findet sich in der Rügezurückweisung vom 26.11.2020, die von Herrn Z… unterzeichnet wurde, der auch Mitglied des Wertungsgremiums war.
Jedenfalls war offenbar sowohl das Wertungsgremium als auch das Staatliche Bauamt P… der Auffassung, nur Punktabzüge, aber keine Bestbewertung begründen und dokumentieren zu müssen. Dies führt im vorliegenden Fall aber zu einer nicht nachvollziehbaren Bewertung. Die Vergabekammer verkennt nicht, dass es Fallgestaltungen geben kann, in denen sich eine Bestbewertung nachvollziehbar aus den Zuschlagskriterien in Verbindung mit den Angaben der Bieter und dem Bewertungssystem ergibt (z.B. im Sachverhalt der Entscheidung des OLG München vom 26.02.2021 Verg 14/20). Eine solche Fallgestaltung liegt vorliegend indes aufgrund der Offenheit des Bewertungssystems und der verwendeten Zuschlagskriterien gerade nicht vor.
Insbesondere im Wertungskriterium 2a wäre eine Begründung geboten gewesen, warum der eingereichte Lösungsvorschlag der Beigeladenen – gerade auch in Relation zum Lösungsvorschlag der Antragstellerin – volle Punktzahl erhalten hat. Zu dokumentieren wären beispielsweise die Stärken des Lösungsvorschlags der Beigeladenen gewesen und auch, dass durch die Überarbeitung – anders als bei der Antragstellerin bemängelt – keine neuen Nachteile geschaffen wurden.
Im Wertungskriterium 3b ist aufgrund der Nichtdokumentation der Bestbewertung des Angebots der Beigeladenen beispielsweise nicht nachvollziehbar, warum diese dort volle Punktzahl erhalten hat, obwohl auch sie Referenzen vorgelegt hat, die keinen Bezug zum universitären Hochschulbau aufweisen, während bei der Antragstellerin u.a. mit dieser Begründung Punktabzüge vorgenommen wurden.
Soweit die Beigeladene in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.03.2021 behauptet, die Bestbewertung ihres Angebots ergebe sich nachvollziehbar aus dem Protokoll des Präsentationstermins vom 04.11.2020, ist dies unzutreffend. Dieses Protokoll, unterzeichnet von einem Vertreter des jeweiligen Architekturbüros und einem Vertreter des staatlichen Bauamts gibt hauptsächlich die Aussagen der Bieter wieder, die ergänzend zu den eingereichten Präsentationen im Termin getätigt wurden. Diese Eigendarstellungen der Bieter, die sowohl bei der Beigeladenen als auch bei der Antragstellerin eine Fülle von Aspekten als positive Überarbeitung hervorheben, sind von vorneherein ungeeignet, eine Wertung des Auftraggebers zu dokumentieren.
Es ist aufgrund der Grundlage der vorhandenen Dokumentation weiterhin nicht zu überprüfen, ob sich der Antragsgegner bei seiner Bewertung des Kriteriums 2a im Rahmen des bekanntgemachten Zuschlagskriteriums gehalten hat, oder Aspekte zur Begründung der Abwertung herangezogen hat, die nicht Gegenstand der Hinweise des Preisgerichts waren. Dies betrifft z.B. die Treppenanlagen, wo in den Hinweisen nur eine kongruente Planung gefordert war, aber auch die Gestaltung bewertet wurde, die Dimensionierung der Verkehrsfläche für den Bühnenzugang der Künstler, den möblierten Platz und den Multifunktionsraum. Es wird aus der Dokumentation nicht hinreichend klar, ob hier lediglich unerwünschte Nebenaspekte der Überarbeitung von benannten Hinweisen des Preisgerichts negativ bewertet wurden, was sich möglicherweise noch im Rahmen des Zuschlagskriteriums halten würde, oder neue Aspekte zur Abwertung herangezogen wurden, die nicht Gegenstand der Hinweise des Preisgerichts waren.
Angesichts der Erheblichkeit für den Ausgang der Vergabeentscheidung hätte zudem auch die vorgenommene Höhe der Abzüge nachvollziehbar begründet werden müssen, wie dies erst der Bevollmächtigte des Antragsgegners in der Erwiderung vom 22.12.2020 – allerdings möglicherweise nicht unvoreingenommen und ergebnisoffenen (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.03.2018 – Verg 10/17), sondern prozessual interessengeleitet – vorgenommen hat.
Angesichts des geringen Punktabstandes zwischen den Angeboten und der Tatsache, dass die Beigeladene eine bessere Bewertung bei den nichtpreislichen Zuschlagskriterien benötigt um den preislichen Vorteil des Angebots der Antragstellerin zu kompensieren, bewirken die ausgeführten Mängel, dass die Wertung der Angebote keinen Bestand haben kann.
2.5 Durch eine reine Verpflichtung des Auftraggebers zur Neuwertung der eingegangenen Angebote kann im vorliegenden Fall allerdings keine vergaberechtskonforme Auftragserteilung erreicht werden, weil der Antragsgegner nicht berechtigt war, den Zuschlag auf die Erstangebote zu erteilen und auf eine Verhandlung i.S.d. § 17 Abs. 10 Satz 1 VgV zu verzichten.
Er hat sich nämlich in Ziffer VI.3 der Wettbewerbsbekanntmachung festgelegt, dass nach Abschluss des Wettbewerbs mit allen Preisträgern nach VgV verhandelt werden sollte und ist hiervon – sofern dies rechtlich überhaupt noch möglich war – jedenfalls nicht ausreichend eindeutig wieder abgerückt.
Nach § 17 Abs. 11 VgV kann der öffentliche Auftraggeber den Auftrag auf der Grundlage der Erstangebote vergeben, ohne in Verhandlungen einzutreten, wenn er sich in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung diese Möglichkeit vorbehalten hat. Dies stellt eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zu Verhandlungen nach § 17 Abs. 10 VgV dar.
An welcher Stelle im Verfahren ein derartiger Vorbehalt stehen muss, wenn es wie im vorliegenden Verfahren weder eine Auftragsbekanntmachung noch eine Aufforderung zur Interessensbestätigung gibt, ist bislang – soweit ersichtlich – nicht geklärt. Eine vergleichbare Vorschrift wie § 70 Abs. 2 VgV, wonach die Eignungskriterien und die zum Nachweis der Eignung erforderlichen Unterlagen für ein nachfolgendes Vergabeverfahren bereits in der Wettbewerbsbekanntmachung anzugeben sind, existiert für den Vorbehalt nach § 17 Abs. 11 VgV nicht. Die Interessenlage ist auch nicht vergleichbar. Während § 70 Abs. 2 VgV vermeiden soll, dass Büros aufwendige Wettbewerbsbeiträge erstellen und einreichen, die mangels Erfüllung der Mindestanforderungen des Auftraggebers an die Eignung keine Chance auf den Auftrag haben, ist die Frage, ob später im Vergabeverfahren verhandelt wird oder nicht, für Büros im Verfahrensstand vor dem Wettbewerb eher sekundär. Dennoch erscheint es gut vertretbar, in einer Fallgestaltung wie der vorliegenden, die Aufnahme des Vorbehalts nach § 17 Abs. 11 VgV in die Wettbewerbsbekanntmachung zu verlangen. Der Antragsgegner hat dies in anderen Wettbewerbsbekanntmachungen, die der Vergabekammer bekannt sind, auch getan.
Jedenfalls zeigt die Regelung, dass der Vorbehalt nach § 17 Abs. 11 VgV regelmäßig in die Auftragsbekanntmachung aufzunehmen ist, dass er für das Verfahren von großer Bedeutung ist und klar und eindeutig kommuniziert werden muss.
Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – in der Wettbewerbsbekanntmachung bereits eine Regelung dahingehend getroffen war, dass der Auftraggeber verhandeln würde. Da der Vergabekammer Wettbewerbsbekanntmachungen des Antragsgegners bekannt sind, die ausdrücklich den Vorbehalt nach § 17 Abs. 11 VgV enthalten, konnte ein verständiger Bieter die Passage in Ziffer VI.3 der Wettbewerbsbekanntmachung, dass nach Abschluss des Wettbewerbs mit allen Preisträgern nach VgV verhandelt werden solle, nur so verstehen, dass Verhandlungen vorgesehen waren. Ob der Auftraggeber im weiteren Verfahren von einer solchen Festlegung in der Wettbewerbsbekanntmachung grundsätzlich wieder abrücken kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Der Auftraggeber ist nämlich durch seine widersprüchlichen Angaben im Besprechungsvermerk vom 11.08.2020, in der Aufforderung zur Angebotsabgabe und in der Beantwortung der Bieterfragen nicht ausreichend eindeutig von der Vorgabe in der Wettbewerbsbekanntmachung zu verhandeln wieder abgerückt.
Im Besprechungsvermerk vom 11.08.2020 ist von VgV-Verhandlungsgesprächen in der 45 KW die Rede, hier findet sich aber auch die hierzu widersprüchliche Passage, dass das Angebot (einschl. Mustervertrag und Präsentation) über die Plattform durch den Bewerber rechtzeitig vor Ende der Angebotsfrist einzustellen ist und nachträgliche Änderungen und zusätzliche Angaben an den online abgegebenen Unterlagen im Verhandlungsgespräch nicht berücksichtigt werden dürfen. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe wird dann erstmals und innerhalb dieses Dokuments konsequent auf den Vorbehalt nach § 17 Abs. 11 VgV hingewiesen und der Termin am 04.11.2020 als Vorstellung und Aufklärung des Angebots bezeichnet. Die Passage zu den Verhandlungen ist nicht angekreuzt. Hierin könnte ein eindeutiges Abrücken von der ursprünglichen Verhandlungsabsicht gesehen werden, wäre nicht in der zeitlich darauf folgenden Beantwortung der Bieterfragen wieder in diversen Stellen von VgV-Verhandlungen die Rede und würde der dort kommunizierte Ablauf des Gesprächs nicht die Möglichkeit von Verhandlungen nahelegen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Antragstellerin – obwohl ihr nach eigenen Angaben klar war, dass sie ein zuschlagsfähiges Angebot abgeben musste – deshalb berechtigt fühlte, einen abweichenden Diskussionsvorschlag für den Personaleinsatz zu unterbreiten und so ein in sich widersprüchliches Angebot einreichte.
Der Auftraggeber bleibt daher nach § 17 Abs. 10 Satz 1 VgV zu Verhandlungen mit dem Ziel, die Angebote inhaltlich zu verbessern, verpflichtet. Da eine inhaltliche Verbesserung der Angebote nur über die Einreichung verbesserter Folgeangebote umgesetzt werden kann, ist er daher auch zur Einholung von finalen Angeboten gem. § 17 Abs. 14 VgV verpflichtet.
3. Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegendder Antragsgegner, der nicht nur die Wertung zu widerholen, sondern auch die Vergaberechtskonformität seines Verfahrens herzustellen hat, sowie die Beigeladene bei der der Zuschlag auf ihr Angebot zu untersagen war.
Auch wenn die Beigeladene keine Anträge gestellt hat, ist sie an der Kostentragung zu beteiligen, weil sie sich mit Schriftsätzen und der Teilnahme an der Erörterung der Sach- und Rechtslage über Videostream aktiv am Verfahren beteiligt hat und so ein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Die Gebühr wird vorliegend auf …,00 € festgesetzt.
Der Antragsgegnerist als Bundesland von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 (VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.
Von der Antragstellerinwurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskrafterstattet.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i. S. v. § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, dader Fall komplexe und teilweise ungeklärte vergaberechtliche Fragen aufwirft, die ein Architekturbüro keinesfalls ohne anwaltlichen Rat beurteilen kann.
Auch wenn die Beigeladene keine Anträge gestellt hat, muss die Vergabekammer von Amts wegen über die Aufwendungen der Beigeladenen entscheiden. Da sich die Beigeladene nicht mit demselben Rechtsschutzziel wie die obsiegende Partei am Verfahren beteiligt hat und demzufolge im Verfahren (mit) unterlegen ist, kommt eine Erstattung nach § 182 Abs. 4 S. 3, S. 2 GWB nicht in Betracht.


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