Baurecht

Zugehörigkeit von Grundstücken zu einem Eigenjagdrevier

Aktenzeichen  Au 8 K 18.1281

Datum:
8.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25948
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayJG Art. 3, Art. 8
BJagdG § 7
BJagdG § 14 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Schließt die Jagdgenossenschaft einen Jagdpachtvertrag in Kenntnis eines bevorstehenden Eigentumsübergangs ab, kann sie sich nicht mehr auf die Kontinuität der Jagdausübung berufen: Ein aus dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk veräußertes Grundstück fällt deshalb ohne Bindung an den Pachtvertrag in den Eigenjagdbezirk des Erwerbers, wenn der Pachtvertrag erst nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch abgeschlossen wurde. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Ziffer 3 Satz 3 des Bescheids der Beklagten vom 5. Juni 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
1. Die zulässige Klage ist statthaft als Drittanfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass auch die Grundstück Fl.-Nrn., … und … der Gemarkung … vom Beigeladenen eigenständig bejagbar sind. Streitgegenständlich ist damit Ziffer 3 Satz 3 des an den Beigeladenen adressierten Bescheids vom 5. Juni 2018.
Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 3 Bayerisches Jagdgesetz (BayJG). Die Vorschrift ermöglicht es, Bestand, Umfang und Grenzen eines Jagdbezirkes im Streitfall oder in sonstigen Fällen der Unsicherheit der Sach- oder Rechtslage durch Verwaltungsakt festzustellen (BayVGH, U.v. 20.8.1999 – 19 B 95.2879 – juris Rn. 28). Der feststellende Verwaltungsakt unterliegt dabei der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (VG Würzburg, U.v. 29.5.2008 – W 5 K 07.1243 – juris Rn. 29; Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, 15. EL 2018, Art. 3 BayJG, S. 42). Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) ist in einem Eigenjagdbezirk der Eigentümer jagdausübungsberechtigt. Untrennbar mit der Feststellung eines Eigenjagdreviers verbunden ist damit die Feststellung, dass der Eigentümer der vom Eigenjagdrevier umfassten Flächen zur Jagdausübung berechtigt ist. Mit ihrer Klage will die Klägerin somit gegen die in Ziffer 3 Satz 3 des Bescheids vom 5. Juni 2018 festgestellte umfassende Jagdausübungsberechtigung des Beigeladenen vorgehen und von dieser die Grundstücke Fl.-Nrn., … und … der Gemarkung … ausgenommen haben.
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere erfolgte die Klageerhebung durch den Vorstand der Klägerin ordnungsgemäß aufgrund deren in außerordentlicher Jagdversammlung gefassten Beschlusses.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Gemäß Ziffer 3 Satz 3 des Bescheids vom 5. Juni 2018 ist das Eigenjagdrevier des Beigeladenen von diesem ab 1. April 2019 einschließlich der Grundstücke Fl.-Nrn., … und … der Gemarkung … eigenständig bejagbar. Diese Feststellung ist zutreffend, da die Grundstücke Fl.-Nrn., … und … der Gemarkung … unstreitig seit 4. Juli 2018 zum Eigenjagdrevier des Beigeladenen gehören und sich die Klägerin auch nicht auf den Pächterschutz nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BJagdG berufen kann.
a) Eigentümer der Grundstücke Fl.-Nrn., … und … der Gemarkung … ist der Beigeladene. Das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … gehört dem Beigeladenen nach nicht widersprochenem Vortrag der Beklagten schon länger. Die Grundstücke Fl.-Nrn. … und … der Gemarkung … gingen aufgrund Auflassung vom 20. Dezember 2017 und Grundbucheintragung vom 4. Juli 2018 ins Eigentum des Beigeladenen über. Mit Eigentumsübergang entstand gemäß § 7 Abs. 1 BJagdG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayJG damit zum 4. Juli 2018 kraft Gesetzes ein Eigenjagdrevier des Beigeladenen, von dem auch die Grundstücke Fl.-Nrn., … und … der Gemarkung … erfasst sind.
b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 2 Satz 1 BJagdG. Wird danach ein zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehöriges Grundstück veräußert, so hat dies auf den Pachtvertrag keinen Einfluss; der Erwerber wird vom Zeitpunkt des Erwerbes an auch dann für die Dauer des Pachtvertrages Mitglied der Jagdgenossenschaft, wenn das veräußerte Grundstück an sich mit anderen Grundstücken des Erwerbers zusammen einen Eigenjagdbezirk bilden könnte. Grundgedanke der Vorschrift ist die Kontinuität der Jagdausübung (Leonhardt, Jagdrecht, 89. EL 2018, Anm. 1 zu § 14 BJagdG). Es würde zwar mit dem Eigentumswechsel ein Eigenjagdrevier entstehen, rechtliche Folgerungen könnten daraus aber erst bei Beendigung des laufenden Pachtvertrags gezogen werden. Bis dahin bliebe der Eigentümer Jagdgenosse und das Grundstück würde weiterhin einen Teil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks bilden (Leonhardt, Jagdrecht, a.a.O., Anm. 6.2 zu § 14 BJagdG), sodass auch nach wie vor die Jagdgenossenschaft jagdausübungsberechtigt wäre.
Vorliegend kann sich die Klägerin jedoch nicht auf § 14 Abs. 2 Satz 1 BJagdG berufen, da die Grundstücke Fl.-Nrn. … und … der Gemarkung … bereits am 20. Dezember 2017 an den Beigeladenen aufgelassen wurden und darüber hinaus am 2. Januar 2018 eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Beigeladenen im Grundbuch eingetragen wurde. Zwar wurde der Eigentumsübergang der Grundstücke Fl.-Nrn. … und … der Gemarkung … erst am 4. Juli 2018 und damit nach Abschluss des Pachtvertrags vom 14. März 2018 im Grundbuch eingetragen. Ob die Wirkung des § 14 Abs. 2 Satz 1 BJagdG bereits dann nicht eintritt, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrags die für einen Eigenjagdbezirk erforderlichen Grundstücke gekauft und an den Grundstückseigentümer aufgelassen waren (Leonhardt, Jagdrecht, a.a.O., Anm. 6.4 zu § 14 BJagdG), kann dahinstehen. Denn jedenfalls mit Eintragung der Auflassungsvormerkung am 2. Januar 2018 war die Klägerin nicht mehr schutzwürdig. Die Bindung des Grundstückseigentümers nach § 14 Abs. 2 BJagdG an die Vereinbarungen zwischen Jagdgenossenschaft und Jagdpächter kann und soll nicht weiter gehen, als es für die Kontinuität der Jagdausübung und den Schutz des Jagdpächters notwendig ist (BGH, U.v. 30.4.1974 – III ZR 144/72 – NJW 1974, 1655 (1656)). Schließt die Jagdgenossenschaft einen Jagdpachtvertrag in Kenntnis eines bevorstehenden Eigentumsübergangs ab, kann sie sich nicht mehr auf die Kontinuität der Jagdausübung berufen. Jagdgenossenschaft und Jagdpächter dürfen nicht die Möglichkeit haben, die Bildung eines Eigenjagdreviers beliebig zu verhindern (Leonhardt, Jagdrecht, a.a.O., Anm. 6.4 zu § 14 BJagdG). Mit Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch als öffentlichem Register war die bevorstehende Eigentumsübertragung der Grundstücke Fl.-Nrn. … und … der Gemarkung … für jedermann ersichtlich. Spätestens nach dem Telefonat zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 16. Januar 2016 war sie der Klägerin bekannt. Der Abschluss des Jagdpachtvertrags am 14. März 2018 konnte damit nicht die Folge des § 14 Abs. 2 Satz 1 BJagdG auslösen. Einer weiteren schriftlichen Mitteilung bedurfte es nicht. Ebenfalls nicht maßgeblich ist, dass der Beigeladene entgegen seiner Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 Satz 3 der Satzung der Klägerin dieser den Eigentumswechsel nicht angezeigt hat. Ausreichend war insofern die Eintragung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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