Baurecht

Zum Eintritt der erschließungsbeitragsrechtlich abzugeltenden Vorteilslage bei einer Anbaustraße

Aktenzeichen  6 BV 15.1000

Datum:
24.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2017, 522
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, Art. 19 Abs. 2

 

Leitsatz

Die erschließungsbeitragsrechtlich abzugeltende Vorteilslage tritt bei einer Anbaustraße ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht. Dass nach der technischen Fertigstellung wegen eines in die Straßentrasse hineinragenden Wohngebäudes eine Engstelle verbleibt (hier: Verringerung der Gehwegbreite von 1,50 m auf etwa 0,70 m auf einer Länge von ca. 10 m), steht dem Eintritt der Vorteilslage in der Regel nicht entgegen.

Verfahrensgang

2 K 14.1729 2015-03-19 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2015 – Au 2 K 14.1729 – wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchbescheid gerichtete Anfechtungsklage (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Widerspruchsbehörde hat den Erschließungsbeitragsbescheid vom 24. März 2014, mit dem die Klägerin den Beigeladenen zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße herangezogen hat, zu Recht aufgehoben. Dieser Bescheid war rechtswidrig, weil die durch die A. Straße vermittelte Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und demnach die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG für eine Beitragsfestsetzung bei Bescheidserlass bereits abgelaufen war.
1. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die – wie hier – vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt.
Mit dieser Vorschrift, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 570) in das Kommunalabgabengesetz eingefügt wurde, ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, das mit Beschluss vom 5. März 2013 – 1 BvR 2457/08 – (BVerfGE 133, 143 ff.) die Vorgängerregelung für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG erklärt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich – wie der hier in Streit stehende Erschließungsbeitrag – nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG gewährleistet eine bestimmbare zeitliche Obergrenze in Gestalt einer Ausschlussfrist, die durch den Eintritt der Vorteilslage ausgelöst wird und nach deren Ablauf eine Beitragserhebung zwingend und ausnahmslos ausscheidet, auch dann, wenn die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist und deshalb auch noch nicht hätte festgesetzt werden dürfen und verjähren können. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die in Art. 19 Abs. 2 KAG für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 – 6 B 12.704 – BayVBl 2014, 70 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 – 20 B 14.1441 – juris Rn. 25).
Der Begriff der Vorteilslage knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor (vgl. LTDrs. 17/370 S. 13). Es kommt demnach für die Ausschlussfrist mit Blick auf eine beitragsfähige Erschließungsanlage (früher § 127 Abs. 2 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 KAG) auf die tatsächliche – bautechnische – Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht aber auf die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, wie die Widmung der Anlage, die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit ihrer Herstellung, die Wirksamkeit der Beitragssatzung oder den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung.
Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach – kaum greifbaren – allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Denn allein die Gemeinde entscheidet im Rahmen der ihr obliegenden Erschließungsaufgabe (§ 123 Abs. 1 BauGB) und der sich daraus ergebenden gesetzlichen Schranken über Art und Umfang der von ihr für erforderlich gehaltenen Erschließungsanlagen. Entscheidend kommt es mit anderen Worten darauf an, ob die – wirksame – konkrete gemeindliche Planung für die Erschließungsmaßnahme sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung bislang nur provisorisch ausgeführt oder schon vollständig umgesetzt ist. Dementsprechend tritt die Vorteilslage bei einer A. Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wie der Senat wiederholt entschieden hat, (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 – 6 B 12.704 – BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 – 6 ZB 15.2426 – juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 15). Bleibt der Ausbau hinter der Planung zurück, ist zu prüfen, ob die Gemeinde ihre weitergehende Planung – wirksam – aufgegeben hat und den erreichten technischen Ausbauzustand nunmehr als endgültig mit der Folge ansieht, dass mit Aufgabe der Planung die Vorteilslage eingetreten ist.
2. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vorteilslage, welche die A. Straße auf der maßgeblichen, etwa 340 m langen zum Anbau bestimmten Strecke zwischen R. Straße und dem Anliegergrundstück Hausnummer 8 den anliegenden Grundstücken vermittelt, bereits 1980 eingetreten. Denn in diesem Jahr ist die Straße trotz der verbliebenen Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) endgültig technisch fertiggestellt worden.
Im Jahr 1980 war die südliche Teilstrecke der A. Straße im Zusammenhang mit dem Neubau des Schulzentrums auf dem Grundstück des Beigeladenen plangemäß an die bereits zuvor ausgebaute nördliche Teilstrecke angepasst worden. Die A. Straße wies nach Durchführung dieser Bauarbeiten durchgehend eine Fahrbahnbreite von 6 m auf, verfügte über beiderseitige Gehwege sowie die Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung und entsprach, wovon die Klägerin selbst ausgeht, in sämtlichen angelegten Teilen den bautechnischen Herstellungsmerkmalen der Erschließungsbeitragssatzung. An der nördlichen Teilstrecke verblieb lediglich die Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt). Diese Engstelle ergab sich daraus, dass das Wohnhaus geringfügig in die Straßentrasse hineinragte und deshalb der westliche Gehweg an dieser Stelle mit etwa 0,70 m nur knapp halb so breit angelegt war wie auf der übrigen Strecke. Die von der Klägerin vorgelegten Bilder belegen, dass sich der Gehweg unmittelbar vor und nach dem Gebäude wieder auf die übliche Gehwegbreite von 1,50 m aufweitete. Diese Ausmaße der Engstelle werden dadurch bestätigt, dass die Klägerin für ihre Beseitigung von der Grundstückseigentümerin laut Kaufvertrag vom 19. November 2012 lediglich eine „Verkehrsfläche zu 8 m2“ (Flst. 229/5 ) erworben hat. Bei einer Gebäudelänge von ca. 10 m errechnet sich daraus ein etwa 0,80 m breiter Streifen, der dem Gehweg an dieser Stelle zu einer Breite von 1,50 m fehlte. Die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite von etwa 0,70 m wurde zudem an den beiden Hausecken durch zwei Fallrohre um 0,10 bis 0,15 m verringert.
Den vorliegenden Unterlagen und dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass bei Abschluss der Straßenbauarbeiten im Jahr 1980 eine hinreichend konkrete städtische Planung dafür (fort-) bestanden haben könnte, die Engstelle zu beseitigen. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass mit der Anpassung der südlichen Teilstrecke die damalige Planung für die A. Straße vollständig umgesetzt und diese damit als Erschließungsanlage technisch fertiggestellt worden ist.
Ein förmliches Bauprogramm war für die A. Straße nach dem Vorbringen der Klägerin nicht beschlossen worden. Konkrete Pläne oder sonstige aktenmäßig unmissverständlich dokumentierte Aussagen über das damalige Ausbauziel für die A. Straße auf Höhe des Wohnhauses Hausnummer 23 (alt) gibt es ebenfalls nicht. Nach allen noch verfügbaren Unterlagen – auch und gerade im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des neuen Schulzentrums – ist davon auszugehen, dass mit dem 1980 erreichten Ausbauzustand das damals vom Stadtrat zumindest konkludent gebilligte Planungskonzept (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2014 – 6 ZB 13.431 – juris Rn. 10) hinsichtlich Ausdehnung und technischem Ausbauzustand der A. Straße sowohl für die nördliche als auch für die südliche Teilstrecke vollständig umgesetzt war. Die nachfolgenden Erörterungen und Maßnahmen betrafen lediglich verkehrsrechtliche Anordnungen (etwa die Sperrung für den Durchgangsverkehr), nicht aber bauliche Veränderungen oder gar die Beseitigung der Engstelle. Dass auf Seiten der Klägerin im Verlauf der 1980er Jahre noch Rechnungen im Zusammenhang mit der Straßenherstellung aktenmäßig zusammengestellt worden sind, stand dem Eintritt der Vorteilslage ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Beigeladene ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verfügung vom 2. Dezember 1982 in den Jahren 1982/83 an die Klägerin aus dem Schulgrundstück FlNr. 232 einen insgesamt 267 m2 großen Grundstücksstreifen entlang der Grenze zum Straßengrundstück der Klägerin „für die Verbreiterung der A. Straße“ (zurück-) übereignet hat; denn bei dieser Teilfläche handelt es sich, wie die Markierung im beigefügten Lageplan erkennen lässt, um die bereits 1980 überbaute Verkehrsfläche an der südlichen Teilstrecke der A. Straße.
Die 1980 verbliebene Engstelle vor Hausnummer 23 (alt) war durch ein Wohngebäude auf Privatgrund vorgegeben und der Rechtsmacht der Klägerin entzogen. Ein Bebauungsplan mit entsprechender Ausweisung als öffentliche Verkehrsfläche fehlte, wobei im Übrigen fraglich erscheint, ob eine solche Festsetzung als Voraussetzung für eine Enteignung überhaupt rechtmäßig in Betracht gekommen wäre. Es gab keinerlei sonstige auch nur ansatzweise konkretisierte und dokumentierte Planung für eine Gehwegverbreiterung oder gar Versuche zur Beschaffung der Fläche und Abbruch des Gebäudes. Dementsprechend ist in Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Klägerin und des Beigeladenen zumindest der Eindruck vermittelt worden, die A. Straße sei fertiggestellt. So ist in dem Schreiben des damaligen Landrats des Beigeladenen vom 2. April 1981 an den früheren Oberbürgermeister der Klägerin von einem „nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellten nördlichen Teil der A. Straße“ die Rede. Ob auf Seiten des Beigeladenen, wie die Klägerin geltend macht, gleichwohl Anlass zur Annahme hätte bestehen müssen, die endgültige Fertigstellung der A. Straße stehe noch aus, ist unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Landratsamt in seiner Doppelfunktion als Kreis- und Staatsbehörde die Klägerin auf die erschließungsbeitragsrechtliche Situation hätte hinweisen und möglicherweise rechtsaufsichtlich tätig werden müssen. Denn der Eintritt der Vorteilslage beurteilt sich nicht nach subjektiven Vorstellungen möglicher Beitragsschuldner und etwaigen Vertrauensschutzgesichtspunkten, sondern nach erkennbaren objektiven Umständen, nämlich der vom Stadtrat (Ausschuss) ausdrücklich oder konkludent beschlossenen – und aufrecht erhaltenen – konkreten Planung einerseits und dem Ausmaß ihrer technischen Umsetzung andererseits.
Es mag auf Seiten der Klägerin schon damals Überlegungen gegeben haben, die Engstelle zu beseitigen und den Gehweg auf die übliche Breite auszubauen, sobald sich irgendwann einmal die Gelegenheit bieten sollte. Solche allgemeinen Erwägungen können jedoch schon mangels zeitlicher Absehbarkeit und Umsetzungsmöglichkeit aus eigener Rechtsmacht nicht als konkretes Bauprogramm angesehen werden. Sie sind ungeeignet, eine im Übrigen technisch fertiggestellte Erschließungsmaßnahme beitragsrechtlich auf unabsehbare Zeit „offen zu halten“. Ein solches Verständnis widerspräche dem mit der gesetzlichen Ausschlussfrist verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass vorteilsabgeltende Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Deshalb bestand kein Anlass, den Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen und frühere Mitarbeiter zu den damaligen Vorstellungen über eine Beseitigung der Engstelle anzuhören.
Die Vorteilslage wäre allerdings erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten, wenn der westliche Gehweg früher funktionslos gewesen wäre. Denn nach dem insoweit konkreten und unmissverständlichen Bauprogramm sollte die A. Straße auch bereits 1980 über beidseitige funktionsfähige Gehwege verfügen. Von einer Funktionslosigkeit kann jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Verkehrsverhältnisse nicht die Rede sein. Beide Gehwege verfügten mit Ausnahme der Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) über die Mindestbreite von 1,50 m und waren damit ohne weiteres funktionsgerecht (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.2002 – 6 B 97.2354 – DVBl 2002, 1417 f.). Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der 340 m langen A. Straße führte die Engstelle, an welcher der Gehweg auf einer geringen Länge von etwa 10 m nur eine Breite von ca. 0,70 m, an den beiden Fallrohren nur 0,55 bis 0,60 m erreichte, nicht zur Funktionsunfähigkeit der Gehweganlage. Vielmehr sind einzelne Engstellen grundsätzlich auszublenden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2010 – 6 ZB 09.1394 – juris Rn. 5; U.v. 25.10.2012 – 6 B 10.132 – BayVBl 2013, 211 Rn. 27 zu einer etwa 80 m langen Engstelle mit einem teilweise knapp unter 0,70 m breiten Gehweg). Wenn aufgrund beengter innerörtlicher Verhältnisse nicht alle Kriterien der als Orientierungshilfe dienenden Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (vgl. RASt 2006 bzw. EAE 85/95) eingehalten werden können, ist das unschädlich. Das gilt für die A. Straße umso mehr, als sich den Fußgängern auf beiden Straßenseiten Möglichkeiten zur Umgehung der Engstelle boten, nämlich zum einen auf dem östlichen, durchgehend 1,50 m breiten Gehweg, zum anderen auf dem selbstständigen Fußweg, der südlich des Anwesens Hausnummer 23 (alt) von der A. Straße nach Westen abzweigt und am Schulgelände nach Norden auf die R. Straße führt.
Die Vorteilslage war demnach bereits 1980 eingetreten. Die Klägerin hätte schon damals – nach Herbeiführen der übrigen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten – Erschließungsbeiträge für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße erheben können und gemäß § 127 Abs. 1 BBauG auch müssen. Nach Ablauf der 30-jährigen Ausschlussfrist ist sie daran jedoch rechtlich gehindert. Ob der Beigeladene einer Beitragserhebung darüber hinaus die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung zur Übernahme der Sachträgerschaft für die Staatliche Fachoberschule entgegenhalten kann, bedarf keiner Entscheidung.
3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihr nach § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.


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