Erbrecht

Fehlende Passivlegitimation eines altrechtlichen Verbandes mit eigener Rechtspersönlichkeit für Streitigkeiten über die Mitgliedschaft

Aktenzeichen  2 U 2244/20

Datum:
20.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39533
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 164

 

Leitsatz

1. Streitigkeiten über die Mitgliedschaft in einem nicht körperschaftlich verfassten Verband aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der weiterhin eine eigene rechtliche Selbständigkeit besitzt, sind in einem Prozess mit den (vermeintlichen) Mitverbandsmitgliedern auszutragen; der (prozessfähige) Verband selbst ist insoweit nicht passivlegitimiert. (Rn. 15)
2. Das besondere Wesen der unter Art. 164 EGBGB fallenden Verbände besteht darin, dass ihren Mitgliedern ein bestimmter Anteil an den Nutzungen des Verbandsvermögens gehört, während das Eigentum an dem Grundstück oder das Nutzungsrecht entweder dem Verband selbst oder den Mitgliedern insgesamt in ihrer verbandsmäßigen Gebundenheit zusteht. (Rn. 21)
3. Zur rechtlichen Einordnung von Nutzungsrechten am Verbandsvermögen und zum Nachweis von deren Übertragung. (Rn. 22 und 23)

Verfahrensgang

16 O 8083/19 2020-06-02 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger Mitglied des seit 1871 bestehenden Weideverbands M. ist.
Im Grundbuch des Amtsgerichts Hersbruck von A. ist im Band 16 auf Blatt 619 als Eigentümer der Grundstücke mit den Flurnummern 1986, 1987, 1988, 1989 und 2011 der „Weideverband M., bestehend aus den jeweiligen Eigentümern der Anwesen HNr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20 in M.“ vermerkt (Anlage K1). Dies geht zurück auf eine entsprechende Eintragung vom 12.04.1906 im damaligen Grundbuch. Dort heißt es (Anlage K2): „Der aus den jeweiligen Eigentümern der Anwesen HNrn: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 19, 20 in M. bestehende Weideverband aufgrund Kaufverträgen des k. Notars D. in Hersbruck vom 11. Dezember 1878 (…). Der Verband besitzt keine Satzung und wird durch die Gesamtheit seiner Mitglieder vertreten. (…)“.

Gründe

Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens M. 24.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 39 ff. d. A.) und die dortige Darstellung des Sach- und Streitstands Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, mit welcher der Kläger die Feststellung begehrte, dass er „neben einem unstreitigen 1/16 Anteil an den Flurstücken Nr. 1988/2[,] 1990[,] 1991 und 2006, Gemarkung A.[,] auch aufgrund des Eigentums der Beklagten an den Flurnummern 1986[,] 1987[,] 1988[,] 1989 und 2011, Gemarkung A., Mitglied zu einem ideellen 1/8 Anteil an der Beklagten“ sei. Der Weideverband M. sei – so das Landgericht – als juristische Person nach deutschem Recht aus der Zeit vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die diesen Status gemäß Art. 164 EGBGB behalten habe, parteifähig und zudem passivlegitimiert. Ein Statut des Beklagten, welche die Rechtsbeziehung zu seinen Mitgliedern näher regelt, gebe es nicht. Nach der Eintragung im Grundbuch handele es sich um radizierte, also fest mit dem jeweiligen Grundstück verbundene Mitgliedschaftsrechte. Eine Übertragung, auf die sich der Kläger stütze, sei damit ausgeschlossen. Insbesondere sei der Kläger selbst nicht Eigentümer des Grundstücks M. 4. Eine Zustimmung zur Übertragung des Mitgliedschaftsrechts auf den Kläger durch alle Mitglieder des Weideverbands sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Selbst bei der Annahme eines walzenden, also übertragbaren Mitgliedschaftsrechts sei die Klage unbegründet, da bei Verfügungen über grundstücksgleiche Nutzungsrechte die §§ 873, 925 BGB entsprechend gelten. Eine Eintragung des grundstücksgleichen Nutzungsrechts des Klägers als Mitglied des Weideverbands im Grundbuch liege aber nicht vor. Entsprechende Eintragungsanträge seien mit Bindung für den Kläger als damaligen Antragsteller rechtskräftig abgelehnt worden. Unabhängig davon sei der Anspruch des Klägers – selbst bei Annahme der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 196 BGB – verjährt. Die Verjährungsfrist hätte unter Annahme einer möglichen und erfolgreichen Übertragung des Mitgliedschaftsrechts mit Entstehung des Anspruchs beim Kläger am 09.02.1999 begonnen, mithin mit Abschluss des Auseinandersetzungs- und Tauschvertrags. Damit wäre der Anspruch am 09.02.2009 verjährt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Er ist der Auffassung, dass der aus dem Grundbuch ersichtliche Bezug auf einzelne Verbandsmitglieder rein deklaratorischen bzw. informativen Charakter habe. Daraus, dass der Verband nach dem Grundbuch über keine Satzung verfüge, könne lediglich darauf geschlossen werden, dass die Übertragung von Mitgliedschaftsrechten und den damit verbundenen Nutzungsrechten sich ausschließlich nach allgemein gültigem Gemeinschaftsrecht richte. Anteile an einer Gemeinschaft seien frei veräußerlich bzw. übertragbar. Deshalb gebe es das Erfordernis einer Zustimmung aller anderen Mitglieder nicht. Das Landgericht verkenne auch, dass zum Zeitpunkt der Grundbucheintragung im Jahr 1906 einer Hausnummer alle zu diesem Anwesen gehörenden Grundstücke zugeordnet gewesen seien. Mit Ausnahme der früheren Hofstelle und einer Scheune, die von seiner Mutter veräußert worden seien, seien sämtliche damaligen Grundstücke nachweislich auf ihn übergegangen. Daraus ergebe sich seine Mitgliedschaft, selbst wenn man der Meinung des Landgerichts folgen sollte. Seine Auffassung, dass es sich um ein grundstücksgleiches Nutzungsrecht handele, habe das Landgericht nicht begründet. Streitgegenständlich sei die Übertragung der Mitgliedschaft. Diese könne außerhalb des Grundbuchs erfolgen. In der Hauptversammlung vom 03.07.2003 sei über das Mitgliederverzeichnis, in dem er und die „HsNr. 24“ ab 08.12.2003 als Nachfolger für den Eigentümer des Jahres 1872 und das „HsNr. 4“ aufgeführt seien“, zumindest indirekt Beschluss gefasst worden. Denn in der an diesem Tag beschlossenen Satzung sei geregelt worden, dass Mitglied im Weideverband sei, wer einen schriftlichen Antrag gestellt habe und im Mietgliederverzeichnis aufgeführt werde. Im Übrigen sei in der Satzung festgelegt worden, dass jedes Mitglied sein Nutzungsrecht jederzeit veräußern könne und lediglich die Verpflichtung habe, die Veräußerung dem Vorstand sofort anzuzeigen. Die streitgegenständliche Mitgliedschaftsposition sei ihm erst im Jahr 2017 durch eine Beschlussfassung streitig gemacht worden. Dieser Zeitpunkt sei für die Beurteilung der Verjährung maßgeblich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 25.08.2020 (Bl. 70 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1.Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.06.2020, Az.: 16 O 8083/19, wird aufgehoben.
2.Es wird festgestellt, dass Herr G. O., geb. am xx.xx…., wohnhaft M. 24, … K., neben einem unstreitigen 1/16 Anteil an den Flurstücken Nr. 1988/2, 1990, 1991 und 2006, Gemarkung A., auch aufgrund des Eigentums des Beklagten an den Flurnummern 1986, 1987, 1988, 1989 und 2011, Gemarkung A., Mitglied zu einem ideellen 1/18 Anteil an dem Beklagten ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und rügt den in der Berufungsbegründung erfolgten Sachvortrag nebst Beweisangebote als verspätet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 30.09.2020 (Bl. 83 f. d. A.) Bezug genommen.
B.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.06.2020, Az. 16 O 8083/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
I.
Der Kläger hat die passive Sachlegitimation des Beklagten nicht schlüssig dargelegt.
1. Die Klage richtet sich ausschließlich gegen den im Jahr 1871 gegründeten Weideverband M.. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Klägers zur Passivlegitimation im Rahmen der Klageschrift. Streitgegenstand ist dementsprechend die Mitgliedschaft des Klägers in diesem Verband, wie insbesondere die Darstellungen und Ausführungen zur Übertragung der Mitgliedschaft beginnend mit dem Übergabevertrag vom 16.12.1913 belegen.
2. Der Senat teilt die Auffassung, dass es sich bei dem im Jahr 1871 gegründeten Weideverband M. um einen Verband mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, die nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 01.01.1900 gemäß Art. 164 EGBGB erhalten geblieben ist. Dafür spricht vor allem die Eintragung in das Grundbuch vom 12.04.1906, nach welcher der Beklagte im Anlageverfahren als juristische Person betrachtet wurde (BayObLG, Beschluss vom 17.01.1991 – BReg 2 Z 98/90 -, juris Rn. 43). So kann angenommen werden, dass der Anlegungsbeamte die Rechtsverhältnisse des Verbands entsprechend seiner Pflicht genau erforscht und aufgrund des ihm vorliegenden Materials die Annahme einer „Verbandspersönlichkeit“ als zutreffend befunden hat (OLG München, Urteil vom 24.05.1910, abgedruckt in: OLGE 26 [1913], 73, 74).
Da der Beklagte als Verband aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs weiterhin eine eigene rechtliche Selbständigkeit besitzt, kann er nicht nur unter seiner altrechtlichen Verbandsbezeichnung Rechte und Eigentum erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sondern ist zudem voll prozessfähig (Mittelstädt in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB Rn. 42)
3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Beklagte allerdings nicht passivlegitimiert. Denn die Streitigkeit, ob der Kläger Mitglied in dem 1871 gegründeten Weideverband ist, betrifft die Grundlage des Mitgliederverhältnisses, also die Verbandsverfassung an sich. Hierüber hat der Verband keine Dispositionsbefugnis; der personelle Bestand unterliegt nicht der Entscheidungsgewalt des Verbands. Der Streit ist vielmehr in einem Prozess mit den (vermeintlichen) Mitverbandsmitgliedern auszutragen. Insofern gilt nichts anderes, als für Personengesellschaften in der Rechtsprechung anerkannt ist (hierzu: BGH, Urteil vom 30.04.1984 – II ZR 293/83 -, juris Rn. 4; Urteil vom 05.06.1967 – II ZR 127/65 -, juris Rn. 20; Urteil vom 15.06.1959 – II ZR 44/58 -, juris Rn. 18).
Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich beim Beklagten um einen körperschaftlichen Verband handelt. Nach der Grundbucheintragung vom 12.04.1906 war eine körperschaftliche Organisation nicht vorgesehen. Der Verband hatte keine Satzung und besaß kein vertretungsberechtigtes Organ. Er wurde vielmehr durch die Gesamtheit seiner Mitglieder vertreten. Darüber hinaus war der Verband – anders als es dem Wesen einer Körperschaft entspricht – nicht vom Bestand seiner Mitglieder unabhängig. Vielmehr sollte sich die Mitgliedschaft aus der Stellung als Eigentümer bestimmter Anwesen ergeben. Der Mitgliederbestand war demgemäß beschränkt.
Richtig ist zwar, dass bei einem rechtsfähigen Verband Hinweise im Grundbuch auf die Mitglieder nur informatorischen Charakter haben. Nichts anderes gilt für Verlautbarungen über die Statuten bzw. Ausgestaltung des Verbands. Der Kläger, der für die passive Sachlegitimation der beklagten Partei darlegungs- und beweisbelastet ist, trägt aber nichts vor, was die Richtigkeit der Grundbucheintragungen in Frage stellen würde.
Am 03.07.2003 mag im Rahmen einer Hauptversammlung (Anlage K11) eine „Satzung der Eigentümergemeinschaft Weideverband M.“ (Anlage K12) beschlossen worden sein. Darin wird indes ausdrücklich bestimmt, dass der „Weideverband M. (…) ein nicht rechtsfähiger Verein“ ist. Es mag dabei sein, dass neben weiteren Personen (nämlich den Eigentümern der Flurstücke mit den Flurnummern 1988/2, 1990, 1991 und 2006) auch die Mitglieder der Beklagten – möglicherweise unter Einbringung von deren Grundeigentum – dem nicht rechtsfähigen Verein angehören. Deshalb ist der Beklagte als Verband mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit aber keinesfalls mit dem nicht rechtsfähigen Verein gleichzusetzen.
Aus diesem Grund kann der Kläger auch nicht die Feststellung verlangen, dass er „neben einem unstreitigen 1/16 Anteil an den Flurstücken Nr. 1988/2[,] 1990[,] 1991 und 2006, Gemarkung Algersdorf[,] (…) Mitglied zu einem ideellen 1/18 Anteil an der Beklagten ist“. Die Mitglieder der Beklagten mögen – gleichsam als Reflex – Mitglieder des nicht rechtsfähigen Vereins sein. Daraus folgt aber nicht, dass alle Mitglieder des nicht rechtsfähigen Vereins zugleich Mitglieder der Beklagten sind.
II.
Unabhängig davon, ob mit dem im Jahr 1871 gegründeten Weideverband die richtige Partei verklagt wurde, hat der Kläger nicht nachgewiesen, Mitglied der Beklagten zu sein.
1. Das besondere Wesen der unter Art. 164 EGBGB fallenden Verbände besteht darin, dass ihren Mitgliedern ein bestimmter Anteil an den Nutzungen des Verbandsvermögens gehört, während das Eigentum an dem Grundstück oder das Nutzungsrecht entweder – wie hier – dem Verband selbst oder den Mitgliedern insgesamt in ihrer verbandsmäßigen Gebundenheit zusteht (Sprau in: Justizgesetze in Bayern, Aufl. 1988, Art. 40 AGGVG Rn. 24; Mittelstädt in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB Rn. 46).
2. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass es sich bei den einzelnen „Nutzungsanteilen“ im vorliegenden Fall um radizierte Rechte handelt, also um unselbständige Rechte, die – darüber hinaus – zumindest grundsätzlich mit dem Eigentum an bestimmten Grundstücken verbunden sind und die dem jeweiligen Eigentümer zustehen. Dies folgt zunächst aus der entsprechenden Bezeichnung des Eigentümers im Grundbuch („Weideverband M., bestehend aus den jeweiligen Eigentümern der Anwesen HNr. (…) in M.“ bzw. „[d]er aus den jeweiligen Eigentümern der Anwesen HNrn (…) in M. bestehende Weideverband“). Es lässt sich dem Vorbringen der Parteien auch nicht entnehmen, dass die Nutzungsanteile ein eigenes Grundbuchblatt erhalten hätten, was sie als grundstücksgleiche, frei übertragbare Rechte ausweisen könnte (dazu: BGH, Beschluss vom 05.02.1957 – V BLw 25/56 -, juris Rn. 11). Dies sind gewichtige Anhaltspunkte, die für das Vorliegen radizierter Rechte sprechen (BayObLG, Beschluss vom 04.12.1980 – BReg 2 Z 45/80 -, abgedruckt in: MittBayNot 1981, 26, 26; BayObLG, Beschluss vom 03.05.1933 – BReg III 42/33 -, abgedruckt in: BayOLGZ 33, 161, 162).
Dass die Bindung der Nutzungsrechte an bestimmte Anwesen aufgehoben und damit die Rechte übertragbar (und sei es nur auf ein anderes Grundstück) gemacht worden wären, dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Eine Übung dahingehend, dass Nutzungsrechte auf andere Grundstücke übertragen worden wären, ist nicht ersichtlich. Insbesondere wurde die Grundbucheintragung beim dienenden (Verbands-)Grundstück inhaltlich nicht verändert (vgl. dazu: BayObLG, Beschluss vom 26.10.1972 – BReg 2 Z 57/72 -, Leitsatz abgedruckt in: MittBayNot 1972, 301; BayObLG, Beschluss vom 03.05.1933 – Reg. III 42/33 -, abgedruckt in: BayObLGZ 33, 161,163). Der Kläger bringt auch nicht vor, dass es einen entsprechenden Beschluss der Mitglieder der Beklagten oder eine Entscheidung über eine Satzung gegeben hätte. Die „Satzung der Eigentümergemeinschaft Weideverband M. Gemeinde K. Landkreis Nürnberger Land“ betrifft – wie oben ausgeführt – nicht den Beklagten, sondern einen nicht rechtsfähigen Verein. Unabhängig davon hätte die Satzung allenfalls Wirkung ab dem Zeitpunkt ihrer Gültigkeit, also mit Beschluss in der Hauptversammlung vom 03.07.2003. Sie kann also die Möglichkeit zur Übertragung des streitgegenständlichen Nutzungsrechts im Jahr 1987, als die Übergabe des Anwesens „St. Hs. Nr. 1“ an E. O. vereinbart wurde, oder im Jahr 1999, als der Kläger mit E. O. den Auseinandersetzungs- und Tauschvertrag abgeschlossen hat, nicht begründet haben.
3. Geht man von einem radizierten Recht aus, ist der Kläger nicht Mitglied der Beklagten.
a. Nach seinem eigenen Vorbringen ist der Kläger nicht Eigentümer des in den Grundbucheintragungen vom 12.04.1906 bzw. 20.04.1964 aufgeführten „Anwesen[s] HsNr. (…) 4 (…) in M.“. Dieses wird – nach dem Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.03.2001, Az. 13 T 7227/99 (Anlage K3) – im Grundbuch des Amtsgerichts Hersbruck für A. im Band xx auf Blatt … geführt und wurde mit notariellem Vertrag vom 21.12.1961 verkauft, wobei die Auflassung am 20.04.1966 erfolgte. In Übereinstimmung damit führt der Kläger auf Seite 5 der Berufungsbegründung (Bl. 74 d. A.) aus, dass die Grundstücke, „auf denen sich die frühere Hofstelle und eine Scheune befand“, „von [seiner] Mutter (…) noch zu Lebzeiten veräußert worden“ seien.
Ob dem „Anwesen HsNr. (…) 4 (…) in M.“ ursprünglich noch weitere land- und forstwirtschaftliche Grundstücke zugeordnet waren, die „mit Ausnahme derjenigen, auf denen sich die frühere Hofstelle und eine Scheune befand“ allesamt „nachweislich auf den Kläger über[gegangen]“ sind, ist – abgesehen davon, dass sich dem klägerischen Vorbringen hierzu nicht ansatzweise etwas Konkretes entnehmen lässt – nicht relevant. Denn es gilt zumindest, dass die Nutzungsrechte dem wirtschaftlichen Mittelpunkt der Hofstelle folgen (Mittelstädter in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB Rn. 48; OLG Celle, Beschluss vom 17.08.1972 – 4 Wx 27/71 -, abgedruckt in: Agrarrecht 1973, 23, 24). Bezeichnend ist insofern, dass in dem Auseinandersetzungs- und Tauschvertrag vom 09.02.1999 (Teil des Anlagenkonvoluts K7) ausgeführt wird, „[b]eim Verkauf des Anwesens ‚Haus Nr. 4 in M.‘ wurden die Anteile an dem vorbezeichneten Grundbesitz [Anmerkung: nämlich den Flurstücken 1986, 1987, 1988, 1989, 2011] auf das Anwesen ‚St. Haus Nr. 1‘ (…) übertragen“. Abgesehen von der Frage, ob diese Formulierung auf einer zutreffenden rechtlichen Einordnung beruht, kommt darin zumindest die Auffassung zum Ausdruck, dass die Rechte bis zum Verkauf ursprünglich dem Anwesen „Haus Nr. 4 in M.“ zugeordnet waren. Denn sonst hätten sie nicht „übertragen“ werden müssen.
b. Dass das Anwesen „St. Haus Nr. 1“ statt der früheren Hofstelle, des Anwesens „Haus Nr. 4 in M.“, der wirtschaftliche Mittelpunkt des fortgeführten Landwirtschaftsbetriebs geworden ist, lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen. Schon deshalb kann dahingestellt bleiben, ob bei einer örtlichen Verlagerung oder Fortführung der Hofstelle an anderer Stelle das Nutzungsrecht im Hinblick auf seinen Sinn und Zweck (und damit die Mitgliedschaft beim Beklagten) gleichsam folgt, es also im Ergebnis zu einer Auswechslung des herrschenden Grundstücks kommt (so für einen Realgemeindeanteil: OLG Celle, Beschluss vom 17.08.1972 – 4 Wx 27/71 -, abgedruckt in: Agrarrecht 1973, 23, 24). Vor allem aber könnte der Kläger daraus allenfalls dann die begehrte Stellung als Mitglied der Beklagten begründen, wenn er Eigentümer des Anwesens „St. Haus Nr. 1“ wäre. Dies trägt er nicht vor.
4. Selbst wenn man unterstellt, dass es sich um walzende Nutzungsrechte handelt, die ihrer Rechtsnatur nach frei vererblich und übertragbar sind, hat der Kläger nicht nachgewiesen, Rechtsinhaber und damit Mitglied der Beklagten zu sein.
a. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass bei der Verfügung über ein grundstücksgleiches Nutzungsrecht die §§ 873, 925 BGB entsprechend gelten und in grundbuchmäßiger Hinsicht insbesondere die §§ 20, 29 GBO (OLG Bamberg, Urteil vom 01.07.1976 – 2 U 197/75 -, abgedruckt in: OLGZ 1976, 461, 463). Veräußerungen und Übertragungen bedürfen daher der Grundbucheintragung; notfalls muss vorher erst noch eine Einbuchung erfolgen, also ein eigenes Grundbuchblatt angelegt werden (Mittelstädt in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB Rn. 51; Sprau, Justizgesetze in Bayern, Aufl. 1988, Art. 40 AGGVG Rn. 35). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Entsprechendes gilt, wenn man – abweichend von obigen Ausführungen – ein radiziertes Nutzungsrecht unterstellt, das frei auf ein anderes Grundstück übertragen werden kann.
b. Zwar können walzende Nutzungsrechte auch als nicht grundstücksgleiche Rechte ausgestaltet sein, so dass ihre Übertragung außerhalb des Grundbuchs möglich ist. Der Kläger versäumt es allerdings Umstände darzulegen, die eine entsprechende rechtliche Einordnung stützen würden. Insbesondere trägt er weder vor noch ist ersichtlich, dass es eine ausdrückliche Regelung in den für den Verband geltenden Rechtsvorschriften gibt. Die Beklagte ist keine Bruchteilsgemeinschaft. Die vereins- oder gesellschaftsrechtlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (oder in einem sonstigen Gesetz) sind nicht weiterführend, weil sich anhand dieser keine Aussage zur rechtlichen Ausgestaltung der Beklagten treffen lässt, die ein Rechtssubjekt besonderer Art ist (Hartmann in: Soergel, BGB, 12. Aufl., Art. 164 EGBGB Rn. 3) und außerhalb der Gesellschafts- bzw. Gemeinschaftsformen des Bürgerlichen Gesetzbuchs steht. Hinweise auf die rechtliche Einordnung der Nutzungsrechte kann letztlich nur die bisherige Übung geben (Mittelstädt in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB Rn. 51). Hierzu führt der Kläger aber nichts aus, was für sein Klagebegehren streitet.
Unabhängig davon verkennt der Kläger, dass der Nachweis seiner Rechtsstellung durch die als Anlagenkonvolut K7 vorgelegten Urkunden allenfalls dann gelingen könnte, wenn das Nutzungsrecht in irgendeiner Weise an Grundbesitz geknüpft ist. Denn andernfalls könnte es auch außerhalb dieser Urkunden übertragen worden sein. Insbesondere ist die inhaltliche Richtigkeit der Aussage im Auseinandersetzungs- und Tauschvertrag vom 09.02.1999, „[b]eim Verkauf des Anwesens ‚Haus Nr. 4 in M.‘ [seien] die Anteile an dem vorbezeichneten Grundbesitz auf das Anwesen ‚St. Haus Nr. 1‘ (…) übertragen“ worden, nicht erwiesen.
C.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat aus Kostengründen ihre Rücknahme nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises gegeben.


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