Erbrecht

Kein Grundberichtigungsanspruch trotz Unmöglichkeit der (vollständigen) Erreichung des Zwecks, zu dem eine Grunddienstbarkeit eingeräumt wurde

Aktenzeichen  34 Wx 36/17

Datum:
31.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 873 Abs. 1, § 874, § 894, § 1018
GBO GBO § 2 Abs. 2, Abs. 3, § 19, § 22 Abs. 1 S. 1, § 28, § 29 Abs. 1 S. 2, § 46 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Das an einem unter Verwendung der Flurstücksbezeichnung konkret benannten Grundstück bewilligte Geh- und Fahrtrecht ist durch entsprechende Eintragung im Grundbuch nur zu Lasten dieses Grundstücks entstanden, selbst wenn das Recht, das nach dem Wortlaut der Bewilligung zur Sicherung eines in einer Vorurkunde zu einem bestimmten Zweck „eingeräumten“ Geh- und Fahrtrechts bestellt wird, diesen Zweck aufgrund der Lage des dienenden Grundstücks nicht (vollständig) erreichen kann.
2. Ein dingliches Recht kann zwischen den Parteien des Bestellungsvertrags und damit auch zwischen deren Rechtsnachfolger grundsätzlich keinen anderen als den durch die Grundbucheintragung entsprechend der Eintragungsbewilligung verlautbarten Inhalt haben (ebenso BGH BeckRS 9998, 77232).  (redaktioneller Leitsatz)
3. Für das zutreffende Verständnis ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der dazu zulässigerweise in Bezug genommenen (§ 874 BGB) Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Sonstige in der Urkunde enthaltene Erklärungen können bei der Auslegung nicht berücksichtigt werden. (redaktioneller Leitsatz)
4. Umstände außerhalb der Bewilligungsurkunde dürfen wegen des das Grundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatzes und des grundsätzlichen Erfordernisses urkundlich belegter Eintragungsunterlagen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) – Grundbuchamt – vom 2. September 2014 wird zurückgewiesen. 
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 13.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligte ist aufgrund Erbfolge Eigentümerin eines Grundstücks (FlSt …), zu dessen Gunsten nach ihrer Meinung ein im Grundbuch nicht verlautbartes Geh- und Fahrtrecht an FlSt … besteht. Sie erstrebt die Eintragung des Rechts beim ihrer Ansicht nach belasteten Grundstück im Wege der Grundbuchberichtigung.
1. Das Grundstück FlSt … hatte der Rechtsvorgänger der Beteiligten (Herr H.) mit notarieller Urkunde vom 30.5.1961 (URNr. …) als noch zu vermessende Teilfläche von ca. 820 qm gekauft. Der Verkäufer (Herr G.) war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht Eigentümer des Grundes; er hatte seinerseits zu Urkunde vom 2.11.1960 eine „aus den … Grundstücken Fl. Nr. … und … 1/2 herauszumessende Grundstücksteilfläche von ca. 2.500 qm erworben“, aus der die an Herrn H. weiterverkaufte Teilfläche herausgemessen werden sollte. Im Kaufvertrag vom 30.5.1961 (Ziff. VI.) ist in Bezug auf ein Geh- und Fahrtrecht folgendes vereinbart:
Der jeweilige Eigentümer der von dem Verkäufer erworbenen Teilfläche von ca. 2.500 qm erhält auf Grund der vorbezeichneten Erwerbsurkunde ein Geh- und Fahrtrecht an dem Grundstück Fl. Nr. … 1/2 eingeräumt. Der Verkäufer verpflichtet sich dieses Geh- und Fahrtrecht auch auf den jeweiligen Eigentümer der gegenwärtigen Vertragsfläche zu übertragen und anläßlich der Beurkundung der Auflassung eine Grunddienstbarkeit zu bestellen.
Hierzu stellte der Notar laut einer – von der Beteiligten in Kopie vorgelegten – als „Bestätigung“ bezeichneten Erklärung vom selben Tag fest:
Herr G. hat mit der grundbuchamtlich noch nicht vollzogenen Urkunde vom 2.11.1960 … aus den Grundstücken … Fl. Nr. … und Fl. Nr. … 1/2 eine noch nicht vermessene Grundstücksteilfläche von etwa 2.500 qm erworben.
Mit Urkunde vom heutigen Tage hat Herr G. aus dieser Fläche … eine noch nicht vermessene Fläche zu etwa 820 qm an Herrn H. verkauft.
In dieser Urkunde vom heutigen Tage hat Herr G. Herrn H. hinsichtlich der etwa 820 qm ein Geh- und Fahrtrecht des Inhalts eingeräumt, daß Herr H. die Möglichkeit hat, von der W. Orts Straße aus zu der von ihm gekauften Grundstücksfläche hin- und zurück zu gelangen.
2. Die in den Urkunden vom 30.5.1961 in Bezug genommene Vereinbarung vom 2.11.1960 (URNr. …) zwischen Herrn G. als Käufer und Herrn W. als Verkäufer der noch zu vermessenden Teilfläche von ca. 2.500 qm lautet (Ziff. VII.):
Der Verkäufer räumt hiermit dem jeweiligen Eigentümer der Vertragsfläche das unentgeltliche Geh- und Fahrtrecht an dem Grundstück Fl. Nr. … 1/2 ein. Der Verlauf des Geh- und Fahrtrechtes ist in dem dieser Urkunde beigefügten Lageplan „grün“ schraffiert eingezeichnet. …
In dem beigefügten maßstabsgetreuen Lageplan führt eine grün schraffierte, langgezogene Wegfläche von der südöstlichen Ecke der durch rote Schraffierung gekennzeichneten Vertragsfläche in südlicher Richtung über das angrenzende Grundstück zu einer im Bogen von Nordost nach Südwest in Form einer Straße verlaufenden Fläche, in die der grün schraffierte Weg – von Norden kommend – einmündet.
3. Laut Veränderungsnachweis (VN) Nr. …/… wurden die Vertragsflächen entgegen den Annahmen in den Kaufverträgen „nicht aus den Grundstücken Fl. Nr. … und … 1/2, sondern aus Fl. Nr. … und … gebildet“, die „verschmolzen (wurden) zu dem Grundstück Fl. Nr. …“. Das Stammgrundstück (Fl. Nr. …) wurde sodann zerlegt in die Flurstücke … (neu) zu 0,3428 ha, … zu 0,1719 ha, … zu 0,0744 ha und … zu 0,1935 ha.
Die Lage der so gebildeten Grundstücke zueinander ergibt sich aus der Kartenbeilage zu VN Nr. … wie folgt: im Süden befindet sich FlSt … in Form eines spitzwinkligen Dreiecks; nördlich grenzt das FlSt … (neu) in Trapezform an; wiederum nördlich liegen FlSt … und sodann FlSt …, deren östliche Ausdehnung hinter derjenigen von FlSt … (neu) zurückbleibt. Der östliche Bereich von FlSt … wird als B.-Weg bezeichnet.
4. Die Parteien des Kaufvertrags vom 2.11.1960 (Frau W. als Erbin von Herrn W. sowie Herr G.) erkannten zu notarieller Urkunde vom 13.2.1962 (URNr. …) die Messung sowie die FlSte … und … als Vertragsobjekte an und erklärten die Auflassung.
Unter Ziff. II. wurde folgende Bewilligung beurkundet:
Das Grundstück Fl. Nr. … 1/2 ist weggefallen; es ist in Fl. Nr. … enthalten.
Zur Sicherung des in Ziffer VII der Vorurkunde eingeräumten Geh- und Fahrtrechts bestellt Frau W. dem jeweiligen Eigentümer der Grundstücke Fl. Nr. … und … an dem Grundstück Fl. Nr. … zu 3428 qm eine Grunddienstbarkeit und bewilligt und beantragt die Eintragung im Grundbuche.
Unter Ziff. III. bestellte G. für den jeweiligen Eigentümer von FlSt … (neu) eine Grunddienstbarkeit (Wasserentnahmerecht mit Zugang zur Wasserstelle) an FlSten … und … in Bezug auf eine dort befindliche Wasserentnahmestelle.
Der VN und die Auflassung wurden am 2.3.1962 im Grundbuch vollzogen. Am selben Tag wurde zu Lasten von FlSt … (neu) ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer der Grundstücke Flst. … und Flst. … …; gem. Bewilligung vom 13. Februar 1962 eingetragen.
Die weitere Grunddienstbarkeit (Wasserentnahme- und diesbezügliches Zugangsrecht) wurde als Belastung bei den FlSten … und … eingetragen.
5. In der ebenfalls am 13.2.1962 errichteten Urkunde zur Messungsanerkennung und Auflassung zwischen den Parteien des Kaufvertrags vom 30.5.1961, G. und H., hinsichtlich Flurstück … (URNr. …) ist mit Blick auf das Messungsergebnis eine Anpassung des Kaufpreises vereinbart (Ziff. II.) und unter Ziff. III. festgehalten, dass im Übrigen die Bestimmungen der Vorurkunde gelten. Erklärungen über die Bestellung eines Geh- und Fahrtrechts sind nicht beurkundet.
Der Eigentumsübergang auf den Rechtsvorgänger der Beteiligten wurde (gleichfalls) am 2.3.1962 im Grundbuch vermerkt.
6. Die FlSte … und … erfuhren nachfolgend weitere Veränderungen.
Dem FlSt … wurden im Westen und Norden Teilflächen von FlSt … (VN Nr. …/…: 439 qm; VN Nr. …: 3 qm) sowie im Nordosten eine Teilfläche von FlSt … (VN …/…: 61 qm) zugeschrieben, so dass sich dessen Fläche zwar von zunächst 1935 qm auf 2438 qm (vor Aufteilung in … (neu), … bis … ) vergrößerte, allerdings nicht durch Zuschreibungen von FlSt …
FlSt … wurde gemäß VN Nrn. …, … und … zerlegt. Aus den Kartenbeilagen zu den Veränderungsnachweisen und aus den in den Grundakten einliegenden Auszügen aus dem Katasterkartenwerk vom 5.2.1992 und 9.11.2009 geht hervor, dass der östlich von FlSt … verlaufende Teil des B.-Wegs zu den damaligen Zeitpunkten dem FlSt … zugeordnet war und an seinem südlichen Ende in das FlSt … (Rest) einmündet, über das im weiteren südlichen Verlauf das Geh- und Fahrtrecht zur W. Straße führt.
7. Die Beteiligte behauptet, der entlang der Ostgrenze von FlSt … führende Teil des B.-Wegs sei jedenfalls im Zeitpunkt der Begründung des Geh- und Fahrtrechts dem FlSt … (neu) zugeordnet gewesen. Dies ergebe sich aus dem Flurkartenauszug zu VN Nr. …, der notariellen Bestätigung vom 30.5.1961 und der Funktion der Dienstbarkeit. Ohne Inanspruchnahme dieses Teils des Weges sei – wie sich aus der Lage der Grundstücke zueinander ergibt – eine Zufahrt zu FlSt … von der W. Straße aus nicht möglich. Sie hat deshalb beantragt, das Grundbuch zu berichtigen und zu Lasten von FlSt … ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer von FlSt … auf die Länge der gemeinsamen Grundstücksgrenze einzutragen.
8. Diesen Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 2.9.2014 zurückgewiesen. Sowohl aus der Bewilligung als auch aus dem in Bezug genommenen Lageplan ergebe sich kein anderer Belastungsgegenstand als nur das FlSt …. Die telefonische Rücksprache mit dem Vermessungsamt habe ergeben, dass das östlich von FlSt … gelegene Teilstück gemäß VN Nr. … zu FlSt … und nicht – wie behauptet – zu FlSt … gehörte. Maßgeblich sei allein die der Eintragung zugrunde liegende Bewilligung. Zur Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts an FlSt … sei daher eine Bewilligung der aktuellen Eigentümer dieses Grundstücks erforderlich.
9. Hiergegen richtet sich die anwaltlich vertretene Beteiligte mit der Beschwerde vom Dezember 2016, mit der sie den Berichtigungsantrag weiterverfolgt. Sie wiederholt ihre bisherige Argumentation und meint darüber hinaus, dass hinsichtlich des östlich von FlSt … gelegenen Wegteils das Geh- und Fahrtrecht zugunsten von FlSt … in Ziff. III. der Urkunde vom 13.2.1962 (URNr. …; siehe oben Ziff. 4.) eingeräumt worden sei.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist gegen die Ablehnung eines Berichtigungsantrags wegen behaupteter nachträglicher Grundbuchunrichtigkeit gerichtet, weil die Beteiligte geltend macht, bei Eintragung der Belastung an FlSt … sei die strittige Teilfläche diesem Grundstück zugeordnet gewesen, so dass nach Flächenänderung das Recht nun (kraft Gesetzes) auch an FlSt … laste. Mit dieser Begründung erweist sich das Rechtsmittel als unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft.
Diese ist auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG), in der Sache aber nicht begründet.
2. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn sein Inhalt nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt (vgl. § 894 BGB). Es kann berichtigt werden, wenn der Betroffene die Eintragung bewilligt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 mit § 19 GBO). Liegt dessen Bewilligung jedoch – wie hier – nicht vor, kann das Grundbuch nur berichtigt werden, wenn die Unrichtigkeit mit öffentlichen Urkunden (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO) nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Antragsteller muss grundsätzlich lückenlos alle Möglichkeiten ausräumen, die der begehrten berichtigenden Eintragung entgegenstehen könnten. Lediglich ganz entfernt liegende, nur theoretische Überlegungen müssen nicht widerlegt werden (Senat vom 12.5.2016, 34 Wx 424/15 = ZfIR 2016, 716; BayObLGZ 1988, 102/107; 1995, 413/415 f.).
Mit den von der Beteiligten in Bezug genommenen notariellen Urkunden und der Planbeilage zu VN … ist nicht nachgewiesen, dass nach materiellem Recht die entlang der östlichen Grundstücksgrenze von FlSt … verlaufende Teilfläche von FlSt … mit einem Geh- und Fahrtrecht (§ 1018 BGB) belastet und das dieses Recht nicht ausweisende Grundbuch deshalb unrichtig sei. Die behauptete Grundbuchunrichtigkeit käme zwar – vorbehaltlich eines gutgläubig lastenfreien Erwerbs von FlSt … – grundsätzlich in Betracht, würde aber voraussetzen, dass die Teilfläche im Zeitpunkt der Entstehung des dinglichen Rechts durch Eintragung zu Lasten von FlSt … letzterem Grundstück zugeordnet war und die an ihm wirksam begründete Belastung wegen unterlassener Übertragung auf das Grundbuchblatt von FlSt … nach § 46 Abs. 2 GBO als gelöscht gilt. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.
a) Gemäß § 873 Abs. 1 BGB setzt die rechtsgeschäftliche Belastung eines Grundstücks mit einem Recht – hier mit einer Grunddienstbarkeit in Gestalt eines Geh- und Fahrtrechts (§ 1018 BGB) – die Einigung des Berechtigten und des „anderen Teils“ über die Rechtsänderung sowie die Eintragung in das Grundbuch voraus. Zur Beurteilung der materiellen dinglichen Rechtslage kommt es deshalb auf den Inhalt des mit der Bewilligung übereinstimmenden Grundbuchinhalt an, nicht hingegen auf schuldrechtliche Verpflichtungen zur Herbeiführung eines bestimmten Zwecks.
b) An dem östlich an das FlSt … angrenzenden Teil des B.-Wegs ist zu keiner Zeit ein Geh- und Fahrtrecht entstanden.
aa) Ein dingliches Recht kann zwischen den Parteien des Bestellungsvertrags und damit auch zwischen deren Rechtsnachfolger grundsätzlich keinen anderen als den durch die Grundbucheintragung entsprechend der Eintragungsbewilligung verlautbarten Inhalt haben (BGH NJW-RR 1991, 457). Für das zutreffende Verständnis ist dabei vorrangig auf Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der dazu zulässigerweise in Bezug genommenen (§ 874 BGB) Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Sonstige in der Urkunde enthaltene Erklärungen können bei der Auslegung nicht berücksichtigt werden. Umstände außerhalb der Bewilligungsurkunde dürfen wegen des das Grundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatzes und des grundsätzlichen Erfordernisses urkundlich belegter Eintragungsunterlagen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Darauf, was der Bewilligende gewollt hat, kommt es nicht an (vgl. BGHZ 92, 351/355; 113, 374/378; BGH ZWE 2013, 402/403; BayObLG Rpfleger 2002, 563/564 und 619; Demharter GBO 30. Aufl. § 19 Rn. 28).
Ist der Inhalt der Bewilligung allerdings eindeutig, so bedarf es keiner Sinnermittlung; eine Auslegung kommt dann von vorneherein nicht in Betracht (BGHZ 32, 60/63; BayObLGZ 1979, 12/15; BayObLG NJW-RR 1997, 1511/1512; Senat vom 8.10.2015, 34 Wx 289/15 = MittBayNot 2016, 234; Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 19 Rn. 48; Palandt/Ellenberger BGB 76. Aufl. § 133 Rn. 6).
bb) Nach dem Wortlaut der in Übereinstimmung mit der (dinglichen) Einigung über die Bestellung der Dienstbarkeit (Ziff. II. der Urkunde vom 13.2.1962 – URNr. …) erklärten Bewilligung (§ 19 GBO) wurde das Geh- und Fahrtrecht an FlSt … bestellt, wie es sich nach Vollzug des VN … darstellt.
Die Grundstücksbezeichnung genügt dem Zweck des § 28 GBO, die Eintragung bei dem richtigen Grundstück zu sichern (vgl. BGH Rpfleger 1984, 310/311; 1987, 452), denn der Veränderungsnachweis bildet die Grundlage der Bestandsfortschreibung im Grundbuch (§ 2 Abs. 2 und Abs. 3 GBO; Demharter § 2 Rn. 24 f.). Die Bezeichnung des dienenden Grundstücks ist darüber hinaus eindeutig; eine Auslegung, etwa nach Maßgabe des mit der Einräumung der Dienstbarkeit verfolgten Zwecks, scheidet deshalb aus. Auch eine Umdeutung kommt nicht in Betracht (BGH NJW-RR 1991, 1511/1512).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Formulierung, das Recht werde „zur Sicherung des in Ziffer VII der Vorurkunde eingeräumten Geh- und Fahrtrechts“ bestellt und bewilligt. Auch unter Berücksichtigung dieser Bezugnahme auf die Urkunde vom 2.11.1960 (URNr. …) ist das mit dem Recht zu belastende Grundstück infolge Verwendung der amtlichen Katasterbezeichnung eindeutig und nicht auslegungsfähig benannt.
Durch die am 2.3.1962 nach grundbuchamtlichem Vollzug des VN in Übereinstimmung mit der Bewilligung sowie unter Bezugnahme auf dieselbe zu Lasten von FlSt … (neu) und zugunsten von FlSt … (sowie … ) vorgenommene Eintragung ist das Geh- und Fahrtrecht entstanden, § 873 Abs. 1 BGB.
cc) Selbst wenn man wegen des Verweises auf Ziff. VII der Erwerbsurkunde eine Auslegungsfähigkeit der Bewilligung und damit auch des seinerseits auf die Bewilligung Bezug nehmenden Eintragungsvermerks nicht von vorneherein verneinen würde, wäre das rechtliche Ergebnis – Belastung nur des FlSt … (neu) – kein anderes.
Das Geh- und Fahrtrecht ist nach grundbuchamtlichem Vollzug des VN nur als an FlSt … (neu) lastendes Recht eingetragen und somit materiellrechtlich nur zu Lasten dieses Grundstücks entstanden, § 873 Abs. 1 BGB.
dd) Die in Ziff. III. der Urkunde vom 13.2.1962 (URNr. …) erklärte Bewilligung hingegen, auf die sich die Beteiligte mit der Beschwerde ergänzend bezieht, betrifft nach ihrem klaren Wortlaut eine in Bezug auf eine Wasserentnahmestelle bestellte Dienstbarkeit (§ 1018 BGB) an den FlSten … und … zugunsten des jeweiligen Eigentümers von FlSt … (neu), die so zur Eintragung gelangt ist. Diese Bewilligung ist in Bezug auf das Geh- und Fahrtrecht ohne Bedeutung.
ee) Die Wegfläche östlich der Grundstückgrenze von FlSt … gehörte – entgegen der Behauptung der Beteiligten – (auch) im Zeitpunkt der Eintragung des Rechts nicht zu FlSt … (neu), sondern zu FlSt …
(1) Dies geht schon aus der Flurkarte zum in der Grundakte einliegenden VN … hervor, auf den sich die Beteiligte zum Beleg für ihre abweichende Meinung ohne Erfolg stützt.
Der Flurkartenauszug zum VN … (im Maßstab 1 : 5000) kennzeichnet die Grenzpunkte, zwischen denen der Weg entlang der Ostgrenze von FlSt … verläuft, wie üblich durch Kreise. Während die die Ost-West-Ausdehnung markierenden Kreise am nördlichen Ende der Fläche, um deren Zuordnung es hier geht, aneinander stoßen, ist zwischen den Kreisen am südlichen Ende dieser Wegfläche eine die Grenze zwischen FlSt … (neu) und FlSt … markierende „Linie“ zu erkennen. Diese ist – jedenfalls bei einer 2-fachen und erst recht bei einer 4-fachen Vergrößerung der Karte – mit dem bloßen Auge problemlos wahrzunehmen.
(2) Außerdem ergibt sich aus dem Grundbuchinhalt zu FlSt … , und zwar aus den Eintragungen im Bestandsverzeichnis (BV) und den hierzu jeweils in Spalte 6 des BV gemachten Erläuterungen, dass dem mit VN … gebildeten FlSt … nachfolgend keine Teilfläche aus FlSt … zugeschrieben wurde. Die Beteiligte hat demgemäß auch nur pauschal behauptet, der gegenständliche Teil des B.-Wegs habe anfänglich zu FlSt … gehört, ohne einen konkreten VN zu bezeichnen, mit dem diese Fläche von FlSt … abgeschrieben und dem FlSt … zugemessen worden sein soll.
c) Soweit sich die Beteiligte zum Nachweis des behaupteten Rechts auf andere notariell beurkundete Erklärungen als die Bewilligung vom 13.2.1962 (URNr. … – Ziff. II.) stützt, scheidet eine Grundbuchunrichtigkeit von vorneherein aus.
aa) Die materiellrechtliche Entstehung des dinglichen Rechts setzt – wie ausgeführt – Einigung und Eintragung im Grundbuch voraus (§ 873 Abs. 1 BGB). Selbst wenn in anderen Urkunden eine Einigung über ein Geh- und Fahrtrecht enthalten wäre, die über den Inhalt des eingetragenen Rechts hinausginge, würde das Grundbuch mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen, denn ein weiterreichendes Recht wäre trotz entsprechender Einigung mangels Eintragung nicht entstanden (vgl. BayObLG DNotZ 1997, 335; NJW-RR 1997, 1511/1512; Kohler in Bauer/v. Oefele GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 38). Eingetragen ist vielmehr ein Geh- und Fahrtrecht unter zulässiger Bezugnahme (§ 874 BGB) auf die Bewilligung vom 13.2.1962.
Ausschließlich zu URNr. … wurde – wie oben dargestellt – am 13.2.1962 die Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts (an FlSt …) bewilligt. Die am selben Tag unter URNr. … beurkundete Messungsanerkennung und Auflassung zwischen G. und H. hingegen beinhaltet keine (gesonderte) Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts.
bb) Deshalb ist für die Entscheidung nicht von Bedeutung, dass die notarielle Feststellungserklärung vom 30.5.1961 nur in Kopie und nicht – wie nach § 29 Abs. 1 GBO im Grundbuchverfahren erforderlich – in Urkundenform vorgelegt wurde. Diese Urkunde ist nicht Bezugspunkt des Eintragungsvermerks und schon deshalb für die Frage der Grundbuchunrichtigkeit irrelevant. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass die Erklärung des Notars, Herr G. habe Herrn H. mit „dieser Urkunde vom heutigen Tage hinsichtlich der etwa 820 qm ein Geh- und Fahrtrecht … eingeräumt“, weder dem Inhalt der dem Grundbuchamt vorgelegten Erwerbsurkunde vom 30.5.1961 (URNr. …) entspricht noch selbständig wegen ungenügender Bestimmtheit (vgl. Demharter Anhang zu § 44 Rn. 15 m. w. Nachw.) und fehlender Bewilligung (§ 19 GBO) als Eintragungsgrundlage geeignet wäre. Auch die darin abgegebene Wissenserklärung über den Zweck der Grunddienstbarkeit („daß Herr H. die Möglichkeit hat, von der W. Orts Straße aus zu der von ihm gekauften Grundstücksfläche hin- und zurück zu gelangen“) ist für die Frage, welches Grundstück nach dem Inhalt von Bewilligung und Eintragung belastet wurde, aus den dargelegten Rechtsgründen ohne Belang.
cc) Der Eintragungsvermerk nimmt nicht Bezug auf die Kaufurkunde vom 30.5.1961 (URNr. …), auf die sich die Beteiligte außerdem beruft. Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, dass sich dieser Urkunde weder eine dingliche Einigung noch eine verfahrensrechtliche Bewilligung entnehmen lässt, sondern nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des (Weiter-)Verkäufers G., das Geh- und Fahrtrecht, das ihm eingeräumt werden wird, „auch auf den jeweiligen Eigentümer der gegenwärtigen Vertragsfläche zu übertragen und anläßlich der Beurkundung der Auflassung eine Grunddienstbarkeit zu bestellen“.
3. Obwohl nur Berichtigung des Grundbuchs beantragt ist, wird vorsorglich ausgeführt, dass der gestellte Eintragungsantrag mit der vorgenommenen Eintragung des Geh- und Fahrtrechts auch vollständig erledigt wurde. Selbst wenn Bewilligung und Antrag wegen der Bezugnahme auf Ziff. VII der Erwerbsurkunde dahingehend auszulegen wären, dass die dingliche Belastung auf dem- oder denjenigen Grundstück(en) eingeräumt wird, in deren Grenzen der Ausübungsbereich liegt, ist dem mit der erfolgten Eintragung zu Lasten von FlSt … vollständig entsprochen worden.
Die grafische Darstellung des Ausübungsbereichs in der Anlage zur Urkunde vom 2.11.1960 (URNr. …) umfasst die östlich von FlSt … verlaufende Fläche nicht. Die abzuschreibende Teilfläche, die den Gegenstand des Verkaufs bildete, ist mit einem geraden Grenzverlauf im Süden dargestellt, in dessen östliche Ecke das Geh- und Fahrtrecht einmündet. Ein im östlichen Bereich beim künftigen Restgrundstück verbleibender Streifen, auf dem das Geh- und Fahrtrecht entlang der Ostgrenze der verkauften Teilfläche bis zur Einmündung im Norden verlaufen könnte, war danach von Anfang an nicht vorgesehen.
Zudem ergibt ein Abgleich der zeichnerischen Darstellung des Geh- und Fahrtrechts in dem als Anlage zur Urkunde genommenen maßstabsgetreuen Plan mit der (um das 4,9-fache vergrößerten) Kartenbeilage zu VN …, dass der gegenständliche Abschnitt des B.-Wegs nicht in dem durch grüne Schraffierung gekennzeichneten Bereich liegt.
III.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da die Beteiligte schon nach dem Gesetz (§ 22 Abs. 1 GNotKG) die gerichtlichen Kosten zu tragen hat und das Verfahren nicht kontradiktorisch geführt wurde.
Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens bemisst der Senat mangels hinreichend gesicherter Anhaltspunkte für den nach § 52 Abs. 1 GNotKG maßgeblichen Wert, den das beanspruchte Recht für das herrschende Grundstück hat, unter Rückgriff auf die Auffangregel des § 52 Abs. 5 GNotKG (OLG Köln Rpfleger 2016, 122). Ausgehend von einem der Richtwertliste zum 31.12.2014 entnommenen Bodenrichtwert von 260 € für das hier maßgebliche Gebiet sind der Jahreswert des Rechts mit 650 € (5% des Werts des angeblich belasteten Grundstücksteils unter Zugrundelegung einer Fläche von – zumindest – 50 qm) und der Wert des behaupteten Rechts mit dem 20-fachen des Jahreswerts (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GNotKG) anzusetzen. Dies ergibt den festgesetzten Wert von 13.000 € für das Beschwerdeverfahren.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.


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