Erbrecht

Schenkung unter Ehegatten im Zuge der Trennung: Leibliche Abstammung eines Kindes vom Ehemann als Geschäftsgrundlage; Verschweigen der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemannes zum Kind als Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung

Aktenzeichen  XII ZR 47/09

Datum:
27.6.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 123 BGB
§ 313 BGB
Spruchkörper:
12. Zivilsenat

Leitsatz

1. Geschäftsgrundlage einer im Zuge der Trennung erfolgten Zuwendung (hier: Schenkung) unter Ehegatten kann auch die leibliche Abstammung eines Kindes vom Ehemann sein, wenn dessen Zuwendung auch dazu bestimmt war, entweder unmittelbar oder mittelbar den Unterhaltsbedarf des Kindes zu befriedigen.
2. Das Verschweigen der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemannes zum Kind durch die Ehefrau kann eine Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglistiger Täuschung begründen (im Anschluss an BGH, 15. Februar 2012, XII ZR 137/09, FamRZ 2012, 779).

Verfahrensgang

vorgehend OLG München, 28. Januar 2009, Az: 20 U 2673/08, Urteilvorgehend LG München I, 29. Februar 2008, Az: 20 O 23268/06nachgehend OLG München, 14. November 2012, Az: 20 U 2673/08, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Januar 2009 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie streiten im vorliegenden Verfahren wie im vor dem Senat geführten Parallelverfahren (XII ZR 203/09) um die Rückabwicklung von Vermögenszuwendungen, die der Kläger (im Folgenden: Ehemann) während der Ehe an die Beklagte (im Folgenden: Ehefrau) erbrachte.
2
Die Parteien heirateten im Mai 1990. In einem vor der Eheschließung abgeschlossenen Ehevertrag hatten sie Gütertrennung vereinbart und den Versorgungsausgleich sowie nacheheliche Unterhaltsansprüche weitgehend ausgeschlossen. Die bei der Eheschließung vermögenslose Ehefrau gab ihre Berufstätigkeit als technische Assistentin auf und widmete sich der Haushaltsführung. Der Ehemann, der alkoholkrank und aufgrund eines Verkehrsunfalls schwerbehindert ist, ging ebenfalls keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Parteien lebten vom Vermögen des Ehemanns, welches dieser im Wert von rund 10.000.000 DM geerbt hatte. Im Dezember 1991 gebar die Ehefrau einen Sohn.
3
Die Parteien trennten sich im September 2003. Die Ehe wurde auf den im Mai 2004 zugestellten Scheidungsantrag im Juni 2006 rechtskräftig geschieden. Der Ehemann hat seine Vaterschaft zu dem Sohn angefochten. Durch inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde festgestellt, dass er nicht der Vater des Kindes ist.
4
Der Ehemann begehrt die Zahlung von 270.000 € sowie 80.000 € wegen zweier von der Ehefrau vor allem aus seinen Mitteln erworbener Immobilien. Im Jahr 2001 erwarb sie eine Eigentumswohnung zum Preis von 103.000 DM, welche sie später für 80.000 € verkaufte. Ein Hausgrundstück in München erwarb die Ehefrau im Mai 2002 und zog dort mit dem Sohn nach der Trennung ein. Der Ehemann verlangt insoweit den von ihm geleisteten Beitrag von 270.000 € zurück, hilfsweise verlangt er die Übereignung des Grundstücks. Er hat sich darauf berufen, dass er die Zuwendungen ausschließlich in der Erwartung gemacht habe, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben, und dass nach der Trennung die Geschäftsgrundlage entfallen sei. Nachdem ein im Vaterschaftsprozess vor dem Familiengericht eingeholtes Gutachten ergeben hat, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist, hat er die Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung erklärt, ferner hat er die Zuwendungen als etwaige Schenkungen wegen groben Undanks widerrufen. Hinsichtlich der hilfsweise beantragten Übereignung des Grundstücks beruft er sich darauf, dass wegen offener Gerichtskosten eine Zwangshypothek eingetragen wurde und die Ehefrau wegen Verstoßes gegen das vertraglich vereinbarte Verbot, das Grundstück zu belasten, zu dessen Übertragung an ihn verpflichtet sei.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Ehemanns zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen vom Senat zugelassene Revision.


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