Erbrecht

Verwaltung des Testamentsvollstreckers, Prozeßführungsbefugnis, Verwaltungsgerichte, Beiladung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Widerspruchsbescheid, Rechtsmittelbelehrung, Prozeßbevollmächtigter, Außergerichtliche Kosten, Bundsverwaltungsgericht, Prozeßkostenhilfeverfahren, Sterbegeld, Nachlassforderung, Erblasser, Kostenentscheidung, Befähigung zum Richteramt, Transmortale Generalvollmacht, Berufungszulassung, Streitwert, Einziehung von Forderungen

Aktenzeichen  M 21b K 19.1836

Datum:
14.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 44698
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG § 18 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 2039
BGB § 2212
VwGO § 42 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die hiesige Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil alle Beteiligten, auch die Beigeladene, übereinstimmende Verzichtserklärungen abgegeben haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist unzulässig, weil dem Kläger für den geltend gemachten Anspruch die Prozessführungsbefugnis fehlt.
Die Prozessführungsbefugnis ist nach § 42 Abs. 2 VwGO – neben der Klagebefugnis – erforderlich, um sicherzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, den prozessualen Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen. Dabei handelt es sich bereits um eine Frage der Zulässigkeit und nicht erst um die – im Rahmen der Begründetheit zu prüfende – materielle Frage der Aktivlegitimation, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zusteht (vgl. zum Ganzen: Schmidt-Kötters in BeckOK-VwGO, 55. Edition, Stand 10/209, § 42 Rn. 114 ff.).
Unstreitig ist, dass der Kläger die Aufwendungen der Bestattung nicht aus eigenem Vermögen getragen hat und damit nicht in eigener Person als Anspruchsteller nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG auftritt. Er verfolgt den hiesigen Anspruch vielmehr in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker für den Nachlass.
Zwar ergibt sich aus § 2212 BGB für Aktivprozesse eine Prozessführungsbefugnis des Testamentsvollstreckers für den Nachlass als Partei kraft Amtes, dies gilt jedoch nur, soweit der Testamentsvollstrecker ein seiner Verwaltung unterliegendes Recht geltend macht. Die Prozessführungsbefugnis besteht daher nur im Umfang seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (Weidlich in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 2212 BGB Rn. 1 f.). Diese Grundsätze der Prozessführungsbefugnis nach § 2212 BGB gelten dabei auch für Verfahren vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Zimmermann in MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, § 2212 Rn. 7).
Der vorliegend geltend gemachte Anspruch auf Kostensterbegeld nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG ist jedoch kein solches der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht im Sinne des § 2212 BGB. Dies würde voraussetzen, dass es sich um ein zum Nachlass gehöriges Recht (Zimmermann in MüKo-BGB, 8. Aufl. 2020, § 2212 Rn. 6) handelt, hier also um eine Nachlassforderung nach § 2039 BGB.
Es ist aber in der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass ein Anspruch auf Sterbegeld nicht in den Nachlass fällt. Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 22.9.1966 – II C 26.66 – BeckRS 1966, 31293801) hat dies ausdrücklich für den Anspruch der Hinterbliebenen auf Sterbegeld festgestellt. Es handele sich um einen originären öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch, da die für das damalige Verfahren einschlägige Norm des Landesbeamtengesetzes Berlin, welche § 122 BBG i.d.F. vom 14. Juli 1953 (BGBl. I., S. 551) entspräche (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.1966 – II C 26.66 – BeckRS 1966, 31293801, dort 2. Leitsatz), den Kreis der Anspruchsberechtigten bewusst über die reinen Erben hinaus festlege, sodass § 2039 BGB keine Anwendung finden könne. Dieser weite, nicht auf die Erben beschränkte Personenkreis findet sich aber auch noch in der heutigen Fassung des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG wieder, soweit es um das Sterbegeld der Hinterbliebenen geht. Das Bundesverwaltungsgericht nennt daneben jedoch explizit auch die „sonstigen Personen“, welche durch Aufwendungen für die letzte Krankheit oder die Bestattung belastet sind, und spricht damit zugleich die Unanwendbarkeit des § 2039 BGB für das hier in Streit stehende Kostensterbegeld gemäß dem heutigen § 18 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG aus (vgl. für den Fall der Nachlasspflegschaft bzw. – insolvenzverwaltung VG Magdeburg, U.v. 20.2.2019 – 3 A 211/18 – juris Rn. 20 f. sowie, allerdings im Ergebnis offenlassend, VG Ansbach, U.v. 8.2.2001 – AN 17 K 00.01194 – juris Rn. 25).
Dieser Auffassung folgt die Kammer, weil es sich bei einem Anspruch auf Kostensterbegeld gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG um einen Anspruch handelt, der allein in der Person desjenigen entsteht, der die anerkennungsfähigen Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat (BVerwG, U.v. 22.9.1966 – II C 26.66 – BeckRS 1966, 31293801). Wie sich aus § 18 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG ergibt, kann dies jede sonstige Person sein, sodass es sich gerade nicht um ein an den Nachlass oder die Erbenstellung anknüpfendes Recht handelt. Dass es sich bei demjenigen, der diese Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat, in manchen Fällen – gewissermaßen zufällig – zugleich auch um einen Erben handeln kann, ändert als bloßer Rechtsreflex an dieser Beurteilung nichts. In diesen Fällen entsteht der Anspruch auf Kostensterbegeld ebenfalls allein in der Person des Erben und stellt daher einen, vom Nachlass und damit von der Prozessführungsbefugnis des Testamentsvollstreckers unabhängigen, weil persönlichen Anspruch des Erben gegen den zuständigen Versorgungsträger dar.
Da der vorliegende Anspruch nicht von der beigeladenen Erbin in eigener Person geltend gemacht wird, kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob dieser anstelle des Klägers ein Anspruch auf Kostensterbegeld zusteht; hieran bestehen jedenfalls Zweifel, weil ein Sterbegeld dann nicht beansprucht werden kann, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten Vorsorge für die Bezahlung seiner Bestattungskosten getroffen hat (VG München, U.v. 30.06.2020 – M 21a K 19.2997 – juris Rn. 27). Es spricht einiges dafür, dass dies auch bei ausreichender Erbmasse und angeordneter Testamentsvollstreckung der Fall ist, weil so die standesgemäße Bestattung des Beamten, die § 18 BeamtVG sicherstellen soll, gesichert ist. Denn die Vorschrift bezweckt gerade nicht die vorläufige wirtschaftliche Sicherung der Hinterbliebenen oder die ungeschmälerte Erhaltung des Nachlasses, sondern soll dem Beamten lediglich die Sorge nehmen, andere nach seinem Tod mit den Kosten der Behandlung und der Beerdigung zu belasten (vgl. auch BVerwG, U.v. 17.1.1961 – II C 150.59 – BVerwGE 11, 340 – BeckRS 1961, 103603).
Auch besteht kein Anspruch des Klägers auf das Kostensterbegeld aufgrund der ihm von der Erblasserin erteilten Generalvollmacht, selbst nicht unter Berücksichtigung deren transmortaler Wirkung. Denn es handelte sich zu keinem Zeitpunkt um einen originären Anspruch der Erblasserin (ebenso VG Magdeburg, U.v. 20.2.2019 – 3 A 211/18 – juris Rn. 21). Der Anspruch ist demzufolge nicht von dem Umfang oder dem Anwendungsbereich der Generalvollmacht umfasst, auch wenn diese über den Tod hinaus fort gilt. Damit scheidet insoweit auch eine etwaige Vertretung der Erbin durch den Kläger aus, weil der Anspruch weder zu Lebzeiten zu dem Vermögen der Erblasserin noch – wie dargelegt – zum Nachlass gehörte (so auch VG Magdeburg, U.v. 20.2.2019 – 3 A 211/18 – juris Rn. 21).
Nach alledem hat der Kläger als unterlegener Beteiligter gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, weil sie keinen Antrag gestellt und sich auch sonst inhaltlich nicht zur Sache geäußert hat und daher nicht am Kostenrisiko teilgenommen hat (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 162 Rn. 41).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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