Europarecht

Abgelehnter Antrag auf Berufungszulassung

Aktenzeichen  14 ZB 18.663

Datum:
29.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2019, 367
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBhV § 18 S. 1 Nr. 1
AMG § 2

 

Leitsatz

1. Die seit 1. Oktober 2014 geltende Fassung des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV verweist – anders als die ursprüngliche Fassung – explizit auf § 2 AMG und betont damit die Maßgeblichkeit der Begriffsbestimmungen des § 2 AMG, weswegen bei der Auslegung der Neufassung auf frühere Rechtsprechung zum Arzneimittelbegriff i.S.v. § 18 Satz 1 BayBhV a.F. (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 – 14 BV 08.1982 – juris; B.v. 3.8.2015 – 14 ZB 15.1012 – juris) nicht ohne Weiteres zurückgegriffen werden kann. (Rn. 8)
2. Bei § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV handelt es sich nicht nur um eine „beispielhafte Aufzählung“, sondern um eine abschließende konstitutive Bestimmung derjenigen Arzneimittel und medizinischen Produkte, für die eine Beihilfe nach bayerischem Beihilferecht überhaupt in Betracht kommt. Erweiterungen gegenüber § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV ermöglicht die Bayerische Beihilfeverordnung nur in den von ihr selbst genannten Ausnahmefällen. (Rn. 8)

Verfahrensgang

Au 2 K 17.350 2018-02-16 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 56,91 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der Senat hat in der Sache zu entscheiden, wobei zwischenzeitlich der Kläger als Alleinerbe der während des anhängigen Berufungszulassungsverfahrens verstorbenen Beihilfeberechtigten und früheren Klägerin am Verfahren beteiligt ist. Das Verfahren war und ist nicht gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 246 ZPO auszusetzen. Zwar hatten die Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 10. Juli 2018, eingegangen am gleichen Tag, die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 239 ZPO beantragt, was wegen der Vertretung durch Prozessbevollmächtigte vorliegend als Antrag gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO (i.V.m. § 173 VwGO) auszulegen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 94 Rn. 1). Allerdings war dem Antrag vom 10. Juli 2018 der gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO erforderliche Nachweis über den Tod der ursprünglichen Klägerin (vgl. BGH, B.v. 9.3.1987 – II ZB 10/86 – NJW 1987, 2379/2380) noch nicht beigefügt. Einen solchen Nachweis haben die Klägerbevollmächtigten erst mit Schriftsatz vom 25. September 2018, eingegangen am gleichen Tag, erbracht. In diesem Schriftsatz wurde – noch vor Ergehen eines Aussetzungsbeschlusses i.S.v. § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO (i.V.m. § 173 VwGO) – die Fortsetzung des Verfahrens durch den Kläger beantragt, der im beigefügten Erbschein als Alleinerbe ausgewiesen ist. Der vorliegende Erbschein erbringt hinreichenden Nachweis sowohl bezüglich des Todesfalls als auch der Erbfolge. Nach entsprechender Rubrumsänderung ist deshalb das Verfahren antragsgemäß fortzuführen und abzuschließen. Hinsichtlich der Fortführung des Verfahrens ist gemäß § 246 Abs. 2 i.V.m. § 241 ZPO (i.V.m. § 173 VwGO) von vornherein kein Beschluss vorgeschrieben, vielmehr genügt insoweit die Anzeige selbst.
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Soweit Zulassungsgründe i.S.v. § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemacht werden, sind sie nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
2.1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
2.1.1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
2.1.2. Die Klage betrifft die Frage, ob in Rechtsnachfolge der früheren Klägerin Beihilfe für das Produkt „Resource Thicken up“ verlangt werden kann, wobei die zugrunde liegenden Rechnungen aus dem Jahr 2016 stammen. Die frühere Klägerin litt an „Morbus Huntington“ und hatte infolge dieser Krankheit Probleme bei der Nahrungsaufnahme (massive Schluckstörungen) und der Aufrechterhaltung eines stabilen Körpergewichts, weswegen die Mischung von Getränken mit speziellen Andickungsmitteln ärztlich für empfehlenswert gehalten und im Gefolge das Produkt „Resource Thicken up“ ärztlich verschrieben wurde. Nachdem die Beihilfeverwaltung einen diesbezüglichen Beihilfeantrag abgelehnt hatte und ein hiergegen gerichteter Widerspruch zurückgewiesen worden war, hat das Verwaltungsgericht die auf Verpflichtung zur Beihilfegewährung gerichtete Klage mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen, weil das Andickungsmittel „Resource Thicken up“ kein Arzneimittel i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV, sondern ein zur Ersetzung von Gütern des täglichen Bedarfs geeignetes Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel i.S.v. § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV sei.
2.1.3. Durch das klägerische Vorbringen im Zulassungsverfahren werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
Unrichtig ist schon der klägerische Ausgangspunkt, wonach § 18 BayBhV „alleine numerisch Beispiele“ aufzähle, wobei sich das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft nicht mit der Negativdefinition (vgl. § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV), sondern nur mit dem durch Verweis (§ 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV) anzuwendenden Arzneimittelgesetz (AMG) befasse. Zum einen geht das Verwaltungsgericht sehr wohl (auch) auf § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV ein (UA Rn. 22). Zum anderen handelt es sich bei § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV gerade nicht nur um eine „beispielhafte Aufzählung“, sondern um eine abschließende konstitutive Bestimmung derjenigen Arzneimittel und medizinischen Produkte, für die eine Beihilfe nach bayerischem Beihilferecht überhaupt in Betracht kommt. Dieser von vornherein nur die in § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV genannten Kategorien umfassende Kreis von Produkten wird durch § 18 Satz 4 BayBhV weiter eingegrenzt. Hinzu treten kumulativ die weiteren in § 18 BayBhV genannten Voraussetzungen, insbesondere die schriftliche Verordnung durch Ärzte, Zahnärzte bzw. Heilpraktiker (§ 18 Satz 1 BayBhV) sowie die Apothekenpflichtigkeit bei Arzneimitteln (§ 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV). Dabei ist zu sehen, dass in der vorliegend maßgeblichen, seit dem 1. Oktober 2014 geltenden Neufassung des § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV (vgl. Änderungsverordnung vom 29.7.2014, GVBl S. 352) explizit auf die Begriffsbestimmung des § 2 AMG verwiesen wird, während in der zuvor geltenden ursprünglichen Fassung des § 18 Satz 1 BayBhV (a.F.; vgl. Verordnung vom 2.1.2007, GVBl S. 15), die vorliegend nicht einschlägig ist, nur von „Arznei- und Verbandmitteln, Medizinprodukten und dergleichen“ die Rede war. Schon der Wortlaut der hier maßgeblichen Neufassung betont demgegenüber deutlich die Maßgeblichkeit der Begriffsbestimmungen des § 2 AMG, weswegen auf frühere Rechtsprechung hinsichtlich der Auslegung des Arzneimittelbegriffs i.S.v. § 18 Satz 1 BayBhV a.F. (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 – 14 BV 08.1982 – juris; B.v. 3.8.2015 – 14 ZB 15.1012 – juris) nicht ohne Weiteres zurückgegriffen werden kann. Angesichts dieses von vornherein abschließenden Katalogs ist der klägerseits verwendete abstrakte Begriff der „beihilfefähigen Mittel“ dem seit 1. Oktober 2014 geltenden § 18 BayBhV fremd, jedenfalls käme einem solchen Begriff keine beihilferechtliche Bedeutung in dem Sinne bei, dass über den in § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV genannten Kreis von Produkten hinaus weitere Erstattungsmöglichkeiten bestehen können. Vielmehr ermöglicht die Bayerische Beihilfeverordnung – abgesehen von § 18 Satz 2 und 3 BayBhV – Erweiterungen gegenüber § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV nur in den von ihr selbst genannten Ausnahmefällen (vgl. etwa § 49 BayBhV), wozu klägerseits aber nichts dargelegt ist i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Vor diesem Hintergrund weckt auch der weitere klägerische Hinweis, § 18 Satz 1 BayBhV selbst enthalte auch solche Produkte, die keine Arzneien seien, keine Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Denn gerade weil es sich bei § 18 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BayBhV um eine konstitutive, nicht nur beispielhafte Aufzählung handelt, lässt sich daraus nicht auf einen übergeordneten „weiten“ Begriff „beihilfefähiger Mittel“ mit beihilferechtlicher Relevanz schließen.
Nichts anderes gilt für die klägerische Argumentation unter Verweis auf § 18 Satz 3 BayBhV, wobei schon das Normzitat unklar ist, weil sich § 18 Satz 3 BayBhV mit „Kontrazeptionsmitteln“ befasst, die Antragsbegründung aber von der „Eignung, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen“ spricht, was seit je in § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV geregelt ist. Selbst wenn die klägerische Einschätzung auf § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV zu beziehen sein und es zutreffen sollte, dass das Präparat vorliegend Güter des täglichen Bedarfs nicht „ersetzt“, weil niemand auf die Idee käme, ein Verdickungsmittel als Nahrung aufzunehmen, so ließe sich daraus kein Schluss dahingehend ziehen, dass es sich um ein „Arzneimittel“ i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i.V.m. § 2 AMG handelt. Vielmehr kommt es angesichts der in § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV seit 1. Oktober 2014 enthaltenen eindeutigen Verweisung allein auf die Begriffsbestimmung in § 2 AMG an, wobei das Verwaltungsgericht unter anderem auf § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG (Arzneimittelausschluss für Lebensmittel) hingewiesen (UA Rn. 20) und vorliegend ein Arzneimittel i.S.v. § 2 AMG verneint hat (UA Rn. 22), weil das Präparat „Resource Thicken up“ den Zustand und die Funktion des Körpers nicht gezielt beeinflusse, keinen der Heilung oder Linderung dienenden Wirkstoff enthalte, nicht zu einer Veränderung der Funktionsbedingungen des Körpers diene, keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stoffwechsel habe und aus modifizierter Maisstärke, also einem gewöhnlichen Nahrungsbestandteil, bestehe.
Nachdem das Verwaltungsgericht dabei auch auf der „Linderung“ dienende Wirkstoffe zu sprechen kommt, trifft die klägerische Kritik, das Erstgericht beschränke sich nur auf den Tatbestand der „heilenden“ Arzneimittel, so nicht zu.
Unzutreffend ist auch die Rüge, das Verwaltungsgericht mache keine Ausführungen dazu, dass Lebensmittel nach § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) nicht Arzneimittel seien. Denn mit § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG, wo dieser Ausschluss festgelegt ist, befasst sich das Verwaltungsgericht sehr wohl (UA Rn. 20) und kommt auch im Ergebnis gerade zum Schluss, es handle sich um ein Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel (UA Rn. 22).
Soweit in diesem Zusammenhang ausgeführt wird, man könne „Resource Thicken up“ nicht als Lebensmittel i.S.v. Art. 2 „VO 178/2012“ subsumieren, ist schon das Normzitat nicht eindeutig. Denn § 2 Abs. 2 LFGB verweist nicht auf eine „VO 178/2012“, sondern auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002 (ABl EG Nr. L 31 S. 1, sog. EG-Lebensmittel-Basis-Verordnung), aus deren Artikel 2 die Antragsbegründung der Sache nach zitiert. Unabhängig davon ist aber auch in der Sache zu sehen, dass der in § 2 Abs. 3 AMG i.V.m. § 2 Abs. 2 LFGB in Bezug genommene Art. 2 EG-Lebensmittel-Basis-Verordnung in seinem Absatz 3 Buchst. d seinerseits unter anderem Arzneimittel im Sinne der Richtlinie 65/65/EWG (vgl. dort Art. 1 Nr. 2) vom Lebensmittelbegriff ausnimmt, wobei diese Bezugnahme gemäß Art. 128 Abs. 2 i.V.m. Anhang III der Richtlinie 2001/83/EG (Gemeinschaftskodex-Humanarzneimittel) als Bezugnahme auf Art. 1 Nr. 2 Gemeinschaftskodex-Humanarzneimittel gilt. Darauf geht die Antragsbegründung aber nicht näher ein, weswegen der klägerische Hinweis auf § 2 Abs. 3 AMG, § 2 Abs. 2 LFGB und Art. 2 EG-Lebensmittel-Basis-Verordnung auch insoweit nicht geeignet ist, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen.
Insgesamt greift die gesamte Argumentation zu § 2 Abs. 3 AMG, § 2 Abs. 2 LFGB und Art. 2 EG-Lebensmittel-Basis-Verordnung zu kurz. Denn ein Beihilfeanspruch wäre aufgrund § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV nur möglich, wenn „Resource Thicken up“ begrifflich ein Arzneimittel i.S.v. § 2 AMG wäre. Die klägerische Argumentation beschränkt sich aber insoweit auf den Versuch, den Nachweis zu führen, dass kein „Lebensmittel“ vorliege, womit nur vermieden wäre, dass die Arzneieigenschaft am negativen Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG scheitert, jedoch nicht positiv die Arzneimitteleigenschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 AMG belegt wäre, wozu sich in der Antragsbegründung jedoch keine hinreichenden Darlegungen i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO finden. Dies gilt auch für die Ausführungen im ergänzenden klägerischen Schriftsatz vom 25. Juni 2018 betreffend die nach klägerischer Meinung von Herstellerseite angenommene „medizinische Wirkung“ von „Resource Thicken up“, das als Lebensmittel alleine zur Ernährung nicht geeignet sei. Aus diesem Grund wird das angegriffene Urteil, das gerade auch die Arzneimitteleigenschaft verneint (UA Rn. 22), durch die weitere klägerische Erwägung, § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG verweise nur auf § 2 Abs. 2 LFGB, nicht aber auf § 2 Abs. 3 LFGB, der Lebensmittelzusatzstoffe betreffe, zu denen „Resource Thicken up“ nach klägerischer Ansicht gehöre, nicht ernstlich in Zweifel gezogen. Gleiches gilt für die klägerische Ansicht, „Resource Thicken up“ diene allein der Verdickung von Lebensmitteln, lindere als Zusatz Schluckbeschwerden und habe damit auch eine therapeutische Wirkung, was Zweck der nach Beihilferecht förderfähigen Mittel sei, weswegen es auch ärztlich verordnet worden sei, was das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe. Wie gezeigt tritt das Erfordernis der Verschreibung kumulativ zum Erfordernis der Arzneimitteleigenschaft i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV – und der Apothekenpflichtigkeit – hinzu, so dass der Umstand, dass eine Verschreibung erfolgt ist, noch nichts darüber aussagt, ob ein „Arzneimittel“ i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i.V.m. § 2 AMG vorliegt. Ein Produkt wird nicht schon dadurch zum „Arzneimittel“ i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i.V.m. § 2 AMG, dass es im konkreten Fall ärztlich verschrieben, alleine zur Beschwerdelinderung eingesetzt und kein Lebensmittel ist. Vielmehr ist von einem Arzneimittel i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der seit 1. Oktober 2014 geltenden Fassung nur dann auszugehen, wenn sämtliche positiven und negativen Voraussetzungen i.S.v. § 2 AMG (i.V.m. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV) erfüllt sind (s.o.) – eine bloße „Nähe“ zum Begriff der „Arznei“ genügt diesen Anforderungen nicht.
Die weitere Rüge, das Verwaltungsgericht beschäftige sich nicht mit den Vorgaben des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (vgl. Gesetz vom 21.12.2008, BGBl II S. 1419) – UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) -, trifft nicht zu. Entgegen der klägerischen Kritik geht das angegriffene Urteil sehr wohl auf die UN-Behindertenrechtskonvention ein (UA Rn. 23) und führt diesbezüglich aus, es sei weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, wie Art. 20 UN-BRK einen Beihilfeanspruch der früheren Klägerin begründen sollte. Damit spricht das Verwaltungsgericht die zentrale Problematik, nämlich inwieweit Art. 20 UN-BRK von seiner Rechtsfolge her geeignet sein kann, einen Anspruch auf staatliche Leistungen zu begründen, knapp, aber gleichwohl hinreichend deutlich an, ohne dass sich die Antragsbegründung mit diesem verwaltungsgerichtlichen Ansatz auseinandersetzt. Auch der ergänzende Schriftsatz vom 25. Juni 2018 befasst sich nicht explizit mit der besagten Argumentation des Verwaltungsgerichts und reicht schon deshalb für eine Darlegung i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hin, wenn darin auch der Aspekt des Anspruchsinhalts (ohne Bezugnahme auf Ausführungen des Verwaltungsgerichts) thematisiert wird. Unabhängig davon ist dieser Schriftsatz erst nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist eingegangen und jedenfalls deshalb nicht geeignet, dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zu genügen. Bei der Entscheidung über die Zulassung der Berufung können im Ausgangspunkt nur solche Gründe berücksichtigt werden, auf die sich die die Zulassung der Berufung beantragende Partei fristgerecht berufen hat; eine mangelnde Darlegung innerhalb der Antragsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO kann nicht durch weitere Darlegungen außerhalb dieser Frist geheilt werden (vgl. BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.10.2011 – 7 ZB 11.2240 – BayVBl 2012, 186 Rn. 8; B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 9). Es geht bei dem erst nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist eingegangenen klägerischen Schriftsatz vom 25. Juni 2018 hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht verneinten Frage, ob Art. 20 UN-BRK Leistungsansprüche vermitteln kann, nicht nur um eine bloße nachträgliche „Erläuterung“, „Ergänzung“ oder „Verdeutlichung“ eines fristgerecht vorgebrachten sowie in den wesentlichen Einzelheiten ausreichend dargelegten Zulassungsgrundes (vgl. OVG NW, B.v. 24.4.1998 – 24 B 236/98 – juris Rn. 5 ff.; OVG RhPf, B.v. 12.5.1998 -12 A 12501/97 – NVwZ 1999, 198) und auch nicht um erst nach Ablauf der Begründungsfrist eingetretene Umstände oder um Themen, die von einem anderen (fristgerecht dargelegten) Zulassungsgrund miterfasst wären (vgl. hierzu jeweils Kopp/Schenke, VwGO, § 124a Rn. 50). Der Vortrag derartiger neuer, selbständiger Zulassungsgründe nach Ablauf der Begründungsfrist – und seien es auch nur weitere als die bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel – ist ausgeschlossen (BayVerfGH, E.v. 9.2.2015 – Vf. 11-VI-14 – BayVBl 2015, 779 Rn. 47 m.w.N.). Schon aus diesem Grund kommt eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Hinblick auf die UN-Behindertenrechtskonvention nicht in Betracht.
Unabhängig davon legt die Antragsbegründung auch in der Sache die Problematik, inwieweit die UN-Behindertenrechtskonvention geeignet sein könnte, Leistungsansprüche zu vermitteln, nicht hinreichend deutlich dar. Sie weist darauf hin, es bedeute einen sehr viel größeren Eingriff, die frühere Klägerin auf die beihilfefähige künstliche Ernährung zu verweisen, und schränke deren Mobilität sehr stark und lange Zeit am Tag unzumutbar ein, während die weit weniger kostenintensive Schluckhilfe abgelehnt werde. Für hauptsächlich einschlägig hält sie dabei Art. 20 UN-BRK, wonach die Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen treffen, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen. Dabei wird schon nicht hinreichend dargelegt, inwieweit im Zusammenhang mit Beihilfeleistungen für medizinisch veranlasste Kosten Art. 20 UN-BRK überhaupt neben dem insoweit sachnäheren Art. 25 UN-BRK zur Anwendung kommen kann. Selbst dann, wenn unterstellt wird, dass im beihilferechtlichen Kontext für Art. 20 UN-BRK ein Anwendungsbereich neben Art. 25 UN-BRK verbleiben kann, wäre aber nicht hinreichend dargelegt, weshalb aus Art. 20 UN-BRK ein Anspruch auf Beihilfe für „Resource Thicken up“ folgen sollte. Dass § 18 BayBhV oder dessen Vollzug für Menschen mit Behinderung diskriminierend wirken könnte (vgl. Art. 5 Abs. 2 UN-BRK), wird nicht näher dargelegt. Dabei ist zu sehen, dass Art. 25 UN-BRK, der durch Gesetz vom 21. Dezember 2008 (BGBl II S. 1419) einfaches Bundesrecht geworden, nicht aber eine allgemeine Regel des Völkerrechts mit besonderem Anwendungsvorrang ist, jedenfalls dann keine eigene Anspruchsgrundlage für Menschen mit Behinderung darstellt, wenn – wie im Fall des § 18 BayBhV – Menschen mit Behinderung dieselbe Bandbreite von Leistungen zur Verfügung steht wie Menschen ohne Behinderung (vgl. BSG, U.v. 6.3.2012 – B 1 KR 10/11 R – BSGE 110, 194 Rn. 17 ff.). Für Art. 20 UN-BRK, der sich mit medizinischen Leistungsansprüchen unmittelbar nicht befasst, muss dies erst recht gelten. Auch auf das parallele verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, dem Art. 5 Abs. 2 UN-BRK im Wesentlichen entspricht (vgl. BSG, U.v. 6.3.2012 a.a.O. Rn. 31), geht die Antragsbegründung nicht näher ein. Von daher genügen die klägerischen Darlegungen insoweit § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht.
2.2. Entgegen den klägerischen Ausführungen ist die Berufung nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
2.2.1. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht größere, d.h. über dem Durchschnitt liegende und das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (vgl. OVG Hamburg, B.v. 26.7.1999 – 3 Bf 92/99 – NVwZ-RR 2000, 190 m.w.N.; BayVGH, B.v. 29.1.2009 – 14 ZB 07.1880 – juris Rn. 8; B.v. 3.11.2009 – 1 ZB 06.1842 – juris Rn. 12), sich also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147 Rn. 28 m.w.N.).
2.2.2. Besondere Schwierigkeiten in diesem Sinn sind nicht dargetan und nicht ersichtlich. Klägerseits wird insoweit auf die Antragsbegründung zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verwiesen und darauf hingewiesen, es stünde europäisches Recht in Frage, weswegen eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof angeregt werde. Wie gezeigt sind aber gerade die klägerischen Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht geeignet, ernstliche Zweifel am angegriffenen Urteil zu wecken. Auch geht es – entgegen der klägerischen These – nicht streitentscheidend um europäisches Recht. Die UN-Behindertenkonvention ist im Ausgangspunkt bei den Vereinten Nationen angesiedelt, von der Bundesrepublik Deutschland als autonomen Vertragsstaat unterzeichnet und durch Bundesgesetz in das innerstaatliche Recht transformiert worden. Zwar ist dieser Konvention auch die Europäische Union gemäß Art. 44 UN-BRK i.V.m. Art. 217 AEUV beigetreten. Dieser Beitritt bindet die Europäische Union im völkerrechtlichen Rahmen aber nur im Umfang ihrer eigenen Zuständigkeiten und kann nur in diesem Rahmen eine Bindung der Mitgliedstaaten gemäß Art. 216 Abs. 2 AEUV bewirken. Weil aber die Europäische Union hinsichtlich der Festlegung von Leistungskatalogen der Beihilfe im Bereich des öffentlichen Dienstes keine derartige Kompetenz hat – nichts anderes gilt im Bereich der nationalen Krankenversicherungssysteme (BSG, U.v. 6.3.2012 – B 1 KR 10/11 R – BSGE 110, 194 Rn. 22 m.w.N.) -, stellt sich die klägerseits behauptete europarechtliche Problematik so nicht, wobei zu sehen ist, dass die Einschlägigkeit von Unionsrecht für sich gesehen noch nicht zu besonderen Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führt.
2.3. Entgegen den klägerischen Ausführungen ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
2.3.1. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage im konkreten Rechtsstreit klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich ist, dass diese Frage sich als klärungsbedürftig, insbesondere nicht schon höchst- oder obergerichtlich geklärt und nicht direkt aus dem Gesetz zu beantworten erweist und dass ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 14 ZB 09.422 – juris Rn. 8 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
2.3.2. Vorliegend wird in der Antragsbegründung schon keine explizite Frage formuliert. Soweit dort vertreten wird, „mit der Frage nach Anwendung des Übereinkommens in Ziff. 2“ sei die Entscheidung des Falls von grundsätzlicher Bedeutung, zumal man für solche Produkte eine klare Aussage für weitere Fälle brauche und der Fall nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention nicht entschieden worden sei, wird nicht eindeutig genug zum Ausdruck gebracht, um welche Frage es genau gehen soll. Dabei ist zu sehen, dass in der Antragsbegründung eine Gliederungsziffer (arabisch) „2“ nicht verwendet wird. Unter Ziffer (römisch) „I“ (Buchstaben A bis E) finden sich Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und unter Ziffer (römisch) „II“ Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, während Ziffer (römisch) „III“ den § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO betrifft. Die danach als Bezug allein in Betracht kommende Ziffer (römisch) „II“ enthält aber wiederum keine explizit formulierte Frage, sondern nimmt ihrerseits – zu ungenau – Bezug auf die Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, aus denen sich eine konkrete Fragestellung ebenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt.
3. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der das Zulassungsverfahren vorliegend ohne Erfolg betrieben hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens bestimmt sich unter Berücksichtigung des Beihilfesatzes nach §§ 47, 52 Abs. 3 GKG (mangels anderer Anhaltspunkte wie Vorinstanz). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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