Europarecht

Ablehnung des Antrags aus Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  AN 2 K 16.30765

Datum:
8.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 24 Abs. 4, § 80
VwVfG VwVfG § 25 Abs. 2 S. 2
VwGO VwGO § 166 Abs. 1
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
RL (EG) 2005/85 Art. 23 Abs. 2b

 

Leitsatz

Es besteht kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung eines etwaigen Auskunftsanspruches aus § 24 Abs. 4 AsylG, weil eine in der momentanen Lage des Bundesamts nur mögliche in hohem Maße vage Auskunft weder einen rechtlichen noch einen tatsächlichen Vorteil bringt. (redaktioneller Leitsatz)
§ 24 Abs. 4 AsylG erfordert nicht, dass die zuständige Behörde einen konkreten Entscheidungszeitpunkt benennt, sondern lediglich die Angabe einer ungefähren zeitlichen Dimension (Anschluss an BVerwG BeckRS 2016, 45416). (redaktioneller Leitsatz)
In der momentanen allgemein bekannten Situation der extremen Belastung des Bundesamtes kann ein Auskunftsgesuch, das bereits durch eine standardisierte Auskunft erfüllt werden könnte, kaum zur Verfahrensbeschleunigung beitragen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Bevollmächtigten wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG.
Der Kläger reiste am 27. Oktober 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. November 2014 Antrag auf Asyl. Mit Schreiben vom 21. März 2016 bat der Kläger die Beklagte ihm Auskunft darüber zu erteilen, wann mit seiner persönlichen Anhörung beziehungsweise mit einer Entscheidung in dieser Sache zu rechnen sein werde.
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2016, eingegangen bei Gericht am 27. Juni 2016, ließ der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Klage erheben und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG zu erteilen.
Mit gleichem Schriftsatz wurde beantragt:
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterfertigten bewilligt.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
Nach § 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung in der Hauptsache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger nach § 24 Abs. 4 AsylG tatsächlich ein selbstständig einklagbarer Anspruch zukommt, fehlt dem Kläger vorliegend nach summarischer Prüfung das Rechtschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn ein Obsiegen dem Kläger offensichtlich keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringt (vgl. BVerwG, B.v. 14.6.2011 – 8 B 74/10 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 3 C 25/03 – juris Rn. 19). Der Kläger hat kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung eines etwaigen Auskunftsanspruches, da ihm eine Auskunft nach § 24 Abs. 4 AsylG momentan offensichtlich weder einen rechtlichen noch einen tatsächlichen Vorteil bringt und der Kläger dies auch wissen musste.
Ein rechtlich schützenswertes Interesse könnte darin liegen, dass dem Kläger durch eine zumindest ungefähre Angabe über die voraussichtliche Dauer seines Asylverfahrens eine gewisse Sicherheit gegeben wird. Dieses Ziel ist aber in der momentanen Situation der Beklagten nicht zu erreichen. § 24 Abs. 4 AsylG erfordert schon grundsätzlich nicht, dass die zuständige Behörde einen konkreten Entscheidungszeitpunkt benennt, sondern lediglich die Angabe einer ungefähren zeitlichen Dimension (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2016 – 1 B 19/16, 1 B 19/16, 1 PKH 55/16 – juris Rn. 8). In Anbetracht der hohen Migrationszahl im Sommer 2015, dem deutlichen Anstieg der Zahl der Antragsteller bereits im Jahre 2014 und der daraus resultierenden Belastung des Bundesamtes erfüllt jedoch gerade in der momentanen Lage sogar eine in hohem Maße vage Auskunft einen etwaigen Anspruch des Klägers aus § 24 Abs. 4 AsylG. So wäre es beispielsweise zum jetzigem Zeitpunkt ausreichend, wenn das Bundesamt mitteilt, dass aufgrund der hohen Zugangszahlen und der festgelegten Arbeitsprioritäten voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr über den Asylantrag entschieden werde (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2016 – 1 B 19/16, 1 B 19/16, 1 PKH 55/16 – juris Rn. 9). Der Kläger musste auch wissen, dass er momentan von der Beklagten keine konkretere Auskunft erwarten könne.
Auch das rechtlich schützenswerte Interesse des Klägers, sein Asylverfahren zu beschleunigen, kann offensichtlich mit einem Auskunftsersuchen in der momentanen besonderen Situation nicht erreicht werden. Zwar ist Sinn und Zweck der Regelung des § 24 Abs. 4 AsylG, das Asylverfahren zu beschleunigen. Bereits aus Art. 23 Abs. 2b der Richtlinie 2005/85/EG vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft ergibt sich, dass eine Auskunftspflicht der Verfahrensbeschleunigung dienen soll, da Art. 23 Abs. 2 der genannten Richtlinie mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten einleitet, sicherzustellen, dass das Verfahren so rasch wie möglich abgeschlossen wird. Auch in der noch nicht in das nationale Recht umgesetzten Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ist eine Auskunftspflicht der zuständigen Behörde im Zusammenhang mit der Pflicht zur Verfahrensbeschleunigung geregelt. Zudem entspricht § 24 Abs. 4 AsylG den allgemeinen Informations- und Auskunftspflichten von Behörden in Verwaltungsverfahren, wie sie für Bundesbehörden in § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG festgelegt sind (vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2016 – 1 B 19/16, 1 B 19/16, 1 PKH 55/16 – juris Rn. 8). Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG soll dem Antragsteller Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer jedoch nur gegeben werden, soweit es der Verfahrensbeschleunigung dient. In der momentanen allgemein bekannten Situation der extremen Belastung des Bundesamtes kann ein Auskunftsgesuch, das bereits durch eine standardisierte Auskunft erfüllt werden könnte, kaum zur Verfahrensbeschleunigung beitragen.
Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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