Europarecht

Allgemeine Feststellungsklage, Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage (verneint), Prozessökonomie bei Statusrechten, Staatliche Hochschule als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung, Verwaltungsaktqualität der Anerkennung und Eintragung als studentische Vereinigung an einer Universität, Keine Aufhebung des Verwaltungsaktes, Keine Erledigung auf andere Weise, Änderung der Verwaltungspraxis, Vertrauensschutz

Aktenzeichen  Au 8 K 20.1406

Datum:
14.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5082
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43
BayVwVfG Art. 35
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
BayVwVfG Art. 48 ff.

 

Leitsatz

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Kläger als studentische Vereinigung i.S.d. vorläufigen Richtlinien für studentische Vereinigungen an der Universität * 1973 anerkannt ist und die damit verbundenen Berechtigungen ausüben kann.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger ist als studentische Vereinigung i.S.d. vorläufigen Richtlinien für studentische Vereinigungen an der Universität * 1973 anerkannt und kann die damit (noch) verbundenen Berechtigungen ausüben.
I. Die erhobene Feststellungsklage ist zulässig.
1. Die allgemeine Feststellungsklage ist vorliegend nicht wegen Subsidiarität unzulässig. Die Subsidiaritätsklausel verfolgt im Interesse der Prozessökonomie den Zweck, den erforderlichen Rechtsschutz auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren (BVerwG, U.v. 12.7.2000 – 7 C 3/00 – BVerwGE 111, 306, 308 f. = juris Rn. 12), nämlich dasjenige Verfahren, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird (BVerwG, U.v. 19.3.2014 – 6 C 8/13 – BVerwGE 149, 194 = juris Rn. 13). Gegenwärtige Rechtsverhältnisse sind zwar wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage nur in Sonderfällen ein geeigneter Gegenstand der Feststellungsklage. Soweit es jedoch wie vorliegend um Statusrechte einer eingetragenen studentischen Vereinigung geht, liegt ein Rechtsverhältnis vor, an das ein Bündel von Rechten und Pflichten geknüpft ist. Gegenüber den vorrangigen Klagen nach § 43 Abs. 2 VwGO, die nur einzelne Rechte zum Gegenstand haben können, führt die Feststellungsklage zu einer prozessökonomischen Klärung der Gesamtsituation (vgl. Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 43 Rn. 36). Der Kläger war daher vor diesem Hintergrund nicht auf grundsätzlich vorrangige Klagen nach § 43 Abs. 2 VwGO zu verweisen. Zwischen den Beteiligten ist der Status des Klägers streitig, der Grundlage für eine Vielzahl von Einzelentscheidungen im Rahmen etwa des Glühweinverkaufs, der Anmietung von Flächen und Räumen und dergleichen ist. Die Feststellungsklage erweist sich daher insbesondere als prozessökonomisch zur allgemeinen Klärung dieser Statusfrage und der damit verbundenen Berechtigungen.
2. Der Kläger besitzt daher auch das notwendige Feststellungsinteresse. Er wird durch die in Streit stehenden Statusrechte unmittelbar und individuell in der Ausübung seiner Tätigkeit betroffen.
II. Die Feststellungsklage ist im tenorierten Umfang auch begründet.
1. Die Auslegung des Antrags und Klagebegehrens des Klägers unter Berücksichtigung der schriftsätzlichen Begründung gem. § 88 VwGO ergibt, dass dieser die Feststellung begehrt, als studentische Vereinigung an der Beklagten anerkannt zu sein und (auch) diejenigen Rechte ausüben zu können, die die Beklagte studentischen Vereinigungen zugesteht, die nach den aktuelleren Regelungen – wenngleich unter anderen Voraussetzungen – eingetragen sind.
2. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 15. Mai 2013 auf seinen Antrag hin als studentische Vereinigung nach den vorläufigen Richtlinien 1973 und der gängigen Praxis an der Beklagten anerkannt und in die Liste der studentischen Vereinigungen aufgenommen. Diese Anerkennung ist rechtlich als Verwaltungsakt einzuordnen und weiter wirksam. Die Anerkennung wurde nicht widerrufen bzw. zurückgenommen und hat sich auch nicht auf sonstige Weise erledigt (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).
a) Die Anerkennung als studentische Vereinigung ist ein Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Danach ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten entfaltet die Anerkennung als studentische Vereinigung auch Regelungswirkung. Eine „Regelung” ist dann anzunehmen, wenn die Maßnahme der Behörde darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden (BVerwG, U.v. 5.11.2009 – 4 C 3/09 – NVwZ 2010, 133, 134 = juris Rn. 15 f.). Die Regelung legt im Wege einseitiger, hoheitlicher und verbindlicher Gestaltung eines von öffentlich-rechtlichen Normen geprägten Lebenssachverhaltes fest, was der Betroffene tun, dulden oder unterlassen muss, bzw. welchen Status er selbst gegenüber dem Hoheitsträger, anderen natürlichen oder juristischen Personen oder in Bezug auf eine Sache innehat.
Vorliegend wurde dem Kläger der Status als studentische Vereinigung zuerkannt. § 4 Richtlinien 1973 listet die einzelnen Befugnisse eingetragener studentischer Vereinigungen auf. Zur Ausübung dieser Befugnisse ist die Anerkennung als studentische Vereinigung notwendig und entfaltet daher Regelungswirkung (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 21.10.1993 – 6 C 6/91 – juris und VGH Baden-Württemberg, U.v. 9.4.1991 – 9 S 421/90 – juris zur deshalb statthaften Verpflichtungsklage). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist im Schreiben vom 15. Mai 2013 auch keine bloße Wissensmitteilung zu sehen. Anders als etwa das von der Beklagten angeführte Verkehrszentralregister ist die Liste studentischer Vereinigungen keine bloße Sammel- und Auskunftsstelle verschiedener anderweitig getroffener rechtlicher Entscheidungen. Die Anerkennung und Eintragung als studentische Vereinigung hat wie dargestellt – anders im dortigen Fall – unmittelbar Regelungs- und auch Außenwirkung gegenüber dem Kläger.
b) Diese Anerkennung wurde auch nicht mit Schreiben der Beklagten vom 17. Juli 2014 – auch nicht zeitlich bedingt oder konkludent – unwirksam. Dieses Schreiben besitzt anders als das Schreiben vom 15. Mai 2013 keine Verwaltungsaktqualität, sondern enthält lediglich eine Wissensmitteilung dahingehend, dass die Universitätsleitung die Richtlinien 2014 beschlossen hat, diese zum 1. Oktober 2014 in Kraft treten und um Beachtung der in § 15 Richtlinien 2014 vorgesehenen Übergangsregelungen gebeten wird. Behördliche Wissenserklärungen, bei denen, wie hier, erkennbar ein Regelungs- und Bindungswille fehlt, zählen dabei zum schlicht-hoheitlichen Verwaltungshandeln (vgl. BeckOK VwVfG/von Alemann/Scheffczyk, 54. Ed. 1.1.2022, VwVfG, § 35 Rn. 157). Dem Schreiben vom 17. Juli 2014 ist keine Regelungswirkung zu entnehmen. Vielmehr werden die angeschriebenen Gruppierungen lediglich auf eine Neuregelung hingewiesen. Auch dem äußeren Anschein nach liegt bereits kein Verwaltungsakt vor. Das Schreiben ist an keinen konkreten Empfänger gerichtet (Einzelfall), sondern an eine unbestimmte Anzahl von Gruppierungen, enthält keinen erkennbaren (den Kläger als Einzelfall betrachtenden) verfügenden Teil und trägt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte unmittelbar durch dieses Schreiben (ggf. zeitlich bedingt) eine Löschung aller adressierten Gruppierungen beabsichtigte.
c) Die Anerkennung bzw. Eintragung ist auch nicht durch den Erlass neuer Regelungen unmittelbar unwirksam geworden. Zwar findet sich in § 15 Abs. 2 Richtlinien 2014 eine Regelung, wonach die Eintragung von zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingetragenen studentischen Vereinigungen gelöscht wird, sofern ein Eintragungsantrag bis zum 31. März 2015 nicht gestellt wird. Diese Regelung vermag jedoch nicht die Anerkennung nach den Richtlinien 1973 aufzuheben und unwirksam werden zu lassen.
Gem. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gilt das BayVwVfG für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Freistaates Bayern, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht Rechtsvorschriften des Freistaates Bayern inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Die Richtlinien 2014 bzw. die Registrierungssatzung sind keine Rechtsvorschriften des Freistaates Bayern, sondern solche der Beklagten. Die Beklagte ist gem. Art. 11 BayHSchG als staatliche Hochschule eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. Die Förderung von (ehemaligen) Studierenden ist dabei Körperschaftsangelegenheit (Art. 12 BayHSchG, Art. 2 BayHSchG). Danach hat die Beklagte jedoch insoweit nicht die Kompetenz, vom BayVwVfG abweichende Regelungen durch Setzung eigenen Rechts, das zur unmittelbaren Unwirksamkeit von Verwaltungsakten führt, zu treffen. Es verbleibt vielmehr bei der Regelung des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Ein Verwaltungsakt bleibt danach wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine darüberhinausgehende, voraussetzungslose Aufhebung eines Verwaltungsaktes sieht das VwVfG – und auch das BayVwVfG – nicht vor und widerspräche auch dem Grundsatz des Gesetzesvorranges (BVerwG, B.v. 21.3.1990 – 9 B 276/89 – NVwZ 1990, 774 = juris Rn. 3). Der Beklagten bleibt es aber unbenommen, einen näher ausgestalteten Widerrufsvorbehalt im Sinne des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG zu normieren.
d) Verwaltungsakte können daher nicht in weiterem Umfang aufgehoben werden, als dies gesetzlich zugelassen ist. Die behördliche Aufhebung eines Verwaltungsaktes richtet sich deshalb (abschließend) nach den Art. 48 ff. BayVwVfG. Sonderregelungen sind nicht ersichtlich. Den Behördenakten ist kein solcher Aufhebungsakt zu entnehmen. Eine Löschung ist ausweislich der Behördenakte nicht vollzogen (Bl. 19 der Behördenakte). Eine entsprechende Mitteilung über die Löschung bzw. eine Aufhebung der Anerkennung ist dem Kläger – zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig – bisher nicht zugegangen. Es fehlt daher jedenfalls bisher an einem aufhebenden actus contrarius zur Anerkennung bzw. Eintragung des Klägers.
e) Da es an einem konkret-individuellen Aufhebungsakt bereits fehlt, kam es auf das Vorliegen der Voraussetzungen der Art. 48 ff. BayVwVfG im Einzelnen nicht mehr an.
Zwar ermöglicht Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG den Widerruf eines Verwaltungsaktes, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine solche Rechtsvorschrift kann neben dem Gesetz insbesondere auch eine Rechtsverordnung oder eine Satzung sein (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.1999 – 7 ZS 99.2168 – juris Rn. 19; BeckOK VwVfG/Abel, VwVfG, § 49 Rn. 60). Derartige Rechtsvorschriften kann die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze auch erlassen. Getroffene Satzungsregelungen sind im Rahmen einer vorzunehmenden Inzidenzprüfung – trotz einer zwischenzeitlich etwa abgelaufenen Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Erhebung einer Normenkontrollklage – gerichtlich zu überprüfen (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.1999 – 7 ZS 99.2168 – juris Rn. 20).
Eine eingeräumte Ermächtigung zum Widerruf muss dabei an bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft sein. Ein normierter Widerrufsvorbehalt muss durch normgeberische Ziele gerechtfertigt sein, eine freie Widerruflichkeit ist unzulässig. Die Behörde muss nach Maßgabe der näheren und sachgerechten Bestimmungen dieser Ermächtigung und des Zwecks der Regelung nach sachgemäßen Gesichtspunkten entscheiden können, ob und in welchem Umfang sie den Verwaltungsakt widerruft. Erforderlich ist insbesondere eine Abwägung der infrage stehenden öffentlichen Interessen gegen die Vertrauensschutzinteressen und sonstige rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen, wobei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.
Vorliegend sind nur in § 5 Richtlinien 1973 enge Voraussetzungen zur Löschung der Anerkennung als studentische Vereinigung vorgesehen, die im Falle einer darauf gestützten Aufhebung gerichtlich zu überprüfen wären. Die Richtlinien 2014 enthalten hingegen keine Kriterien für die Ausübung eines Widerrufs, sondern lediglich die Anordnung der Löschung, sofern kein Eintragungsantrag gestellt wird. Letztere dürfte in dieser Pauschalität nicht als Rechtsgrundlage für einen Widerruf in Betracht kommen bzw. unwirksam sein.
Auch ist bereits fraglich, ob es sich bei den Richtlinien 2014 um eine Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG handelt oder um eine lediglich niedergeschriebene Verwaltungspraxis. Die Registrierungssatzung 2016 enthält jedenfalls keine Regelung zur Löschung bzw. Aberkennung eines Status. In Ermangelung konkreter Regelungen zur Aufhebung bisheriger Anerkennungen wäre eine Aufhebung an den übrigen Regelungen der Art. 48 ff. BayVwVfG zu messen. An einem solchen konkret-individuellen Aufhebungsakt fehlt es aber, wie dargelegt, bisher.
f) Die Anerkennung bzw. Eintragung als studentische Vereinigung hat sich auch nicht wegen eines grundlegenden Systemwechsels auf andere Weise gem. Art. 43 Abs. 2 letzte Alternative BayVwVfG erledigt.
Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG steht in innerem Zusammenhang mit der in Art. 35 Satz 1 BayVwVfG normierten Regelungsfunktion des Verwaltungsakts. Nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ist Gegenstand des Verwaltungsakts eine nach außen gerichtete Regelung eines Einzelfalles. Indem das Gesetz normiert, dass der Verwaltungsakt auf eine Rechtswirkung „gerichtet“ ist, betont es die Finalität des Verwaltungshandelns in dieser Handlungsform. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erfasst spiegelbildlich die Fälle, in denen die dem Verwaltungsakt ursprünglich zukommende steuernde Funktion des Verwaltungshandelns nachträglich entfällt. Dies kann – wie die katalogartige Aufzählung zeigt – in unterschiedlicher Weise geschehen. Das Gesetz unterscheidet hierbei zwischen einem eher formalisierten Handeln, das willentlich und zumeist einseitig auf die Aufgabe der steuernden Funktion des Verwaltungsakts gerichtet ist (dazu vgl. bereits oben), und solchen Rechtslagen, in denen nicht eine einseitige Handlung, sondern die Sach- und Rechtslage selbst zur Beendigung der ehemaligen Rechtswirkung führt. Als Beispiel nennt Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG den Zeitablauf, ohne damit jedoch andere Fälle auszuschließen. Art. 43 Abs. 2 letzte Alternative BayVwVfG formuliert dies im Sinne eines Auffangtatbestandes als Erledigung „in anderer Weise“. Die Erledigung eines Verwaltungsakts tritt danach ein, wenn er nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5/08 – juris Rn. 13; U.v. 19.4.2011 – 1 C 2/10 – juris Rn. 14; OVG Hamburg, B.v. 6.9.2011 – 3 Bf 40/11.Z – juris Rn. 11 ff.).
Vorliegend besteht an der Beklagten weiter ein System, welches Vereinigungen, die einen Bezug zur Universität aufweisen, gewisse Befugnisse einräumt. Mit den Richtlinien 2014 bzw. der Registrierungssatzung 2016 wurde dieses System näher ausdifferenziert. Die Richtlinien 1973 und die ehemalige Verwaltungspraxis, wonach auch nicht lediglich studentische Vereinigungen, die auch Alumni in den Entscheidungsorganen zulassen, als studentische Vereinigungen anerkannt worden waren, wurden dahingehend modifiziert, dass diese nunmehr eine eigene Kategorie der Alumni-Vereinigungen bilden. Die Kategorie der studentischen Vereinigungen wurde der Bezeichnung nach beibehalten, jedoch inhaltlich (wieder) beschränkt auf (aktuell) Studierende der Beklagten. Gleichzeitig wurden die den einzelnen Gruppierungen zustehenden Berechtigungen und Befugnisse näher ausgestaltet und (jedenfalls teilweise) verschriftlicht. Damit verbunden ist eine Änderung bzw. Ausdifferenzierung des bisherigen Systems, nicht jedoch ein grundlegender Systemwechsel. Die Anerkennung des Klägers nach den Richtlinien 1973 ist daher grundsätzlich weiter geeignet, rechtliche Wirkungen in diesem System zu entfalten.
g) Nach alledem ist der Kläger weiterhin an der Beklagten anerkannte studentische Vereinigung nach den Richtlinien 1973 und kann die damit (noch) verbundenen Berechtigungen ausüben. Diese ergeben sich insbesondere aus § 4 Richtlinien 1973 und der diesbezüglichen ständigen Verwaltungspraxis, soweit diese nicht zulässigerweise für die Zukunft sachgerecht geändert worden sind.
3. Der Kläger ist nicht nach den Richtlinien 2014 bzw. der Registrierungssatzung 2016 (neu) anerkannt und eingetragen bzw. hat auch nicht durch Inanspruchnahme einer Übergangsregelung einen der dort aufgeschlüsselten Status erlangt.
a) Der Kläger hat bisher keinen Eintragungsantrag nach den Richtlinien 2014 bzw. der Registrierungssatzung 2016 gestellt. Danach ist der Kläger schon nach den Regelungen des § 15 Abs. 1 Richtlinien 2014 bzw. § 4 Abs. 2 Registrierungssatzung 2016 daran gehindert, die dort neu geregelten Befugnisse (§ 2 Registrierungssatzung 2016, § 7 ff. Richtlinien 2014) auszuüben. Insbesondere konnte die Beklagte die neu geregelten Befugnisse auch von der Eintragung nach den neuen Regelungen jedenfalls insoweit abhängig machen, als die Neuregelungen sachgerecht geänderte Eintragungsvoraussetzungen für die einzelnen Status vorsehen. Daran hat das Gericht im Fall des Klägers, der nunmehr – insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig – allenfalls als Alumni-Vereinigung eintragungsfähig wäre, keine durchgreifenden Zweifel.
b) Soweit hinsichtlich der gewährten Befugnisse bzw. Berechtigungen eine bisherige Verwaltungspraxis geändert worden sein sollte, ist dies grundsätzlich zulässig. Zwar kann ein die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreitender und deshalb nach § 114 Satz 1 VwGO der gerichtlichen Überprüfung unterliegender Ermessensfehlgebrauch vorliegen, wenn eine Behörde eine ständige Verwaltungspraxis im Einzelfall unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht beachtet, oder im Einzelfall ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG auf Gleichbehandlung besteht, wenn unter Missachtung der bisherigen Verwaltungspraxis eine ablehnende Entscheidung ergeht (sog. Selbstbindung der Verwaltung; vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2011 – 1 C 21.10 – juris Rn. 15; B.v. 26.6.2007 – 1 WB 12.07 – juris Rn. 27). Eine solche Verwaltungspraxis kann jedoch – unter dem Vorbehalt des einschlägigen Fachrechts und der Grenzen des Willkürverbots – aus sachgerechten Gründen für die Zukunft geändert werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2007 – 1 WB 12.07 – juris Rn. 29 m.w.N.).
Insbesondere erscheint es sachgerecht, zwischen reinen studentischen Vereinigungen und solchen, an denen auch (regelmäßig bereits erwerbstätige) Alumni ohne Immatrikulation beteiligt sind, zu differenzieren, was sich bereits aus den Aufgaben der Hochschulen gem. Art. 2 BayHSchG ergibt (vgl. insbesondere Art. 2 Abs. 5 Satz 3 BayHSchG hinsichtlich der bloßen Förderung der Verbindung zu den ehemaligen Studierenden).
Die Beklagte kann ihre Verwaltungspraxis für die Zukunft aus diesen sachgerechten Gründen daher ändern und Befugnisse insbesondere insoweit auch, wie dargestellt, an eine Eintragung nach den neuen Regelungen knüpfen. Dabei ist es nicht sachfremd oder willkürlich gem. Art. 3 Abs. 1 GG, bei Vereinigungen nach der Art der (stimmberechtigten) Mitglieder bzw. der Eintragung nach bestimmten sachgerechten Regelungen zu unterscheiden.
Auch ist ein mögliches Vertrauen in den künftigen Fortbestand einer Verwaltungspraxis jedenfalls dann nicht schutzwürdig, wenn die Behörde keinen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl. BVerfG, B.v. 15.3.2000 – 1 BvL 16/96 – BVerfGE 102, 68 = juris Rn. 96 f. zur Rechtsänderung durch den Gesetzgeber), wofür hier keine Anhaltspunkte bestehen. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte ein Verhalten gezeigt hat, das Grundlage für einen Vertrauensschutz hätte sein können. Zwar hat die Beklagte den Kläger als studentische Vereinigung nach den Richtlinien 1973 und der gängigen Verwaltungspraxis anerkannt. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Richtlinien 1973 konkret als „Vorläufige Richtlinien für studentische Vereinigungen“ bezeichnet sind und daher bereits der nicht endgültige Charakter deutlich wird. Es besteht im Allgemeinen grundsätzlich auch kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend, dass eine Verwaltungspraxis in der Zukunft beibehalten wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2020 – 11 ZB 20.343 – juris Rn. 22).
c) Hiernach ist die Beklagte unter Beachtung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, alle Befugnisse und Berechtigungen, die sie nach den Richtlinien 2014 bzw. der Registrierungssatzung 2016 eingetragenen studentischen Vereinigungen zuspricht, auch dem Kläger einzuräumen. Soweit bisherigen Befugnissen und Berechtigungen eine Verwaltungspraxis zugrunde liegt, kann die Beklagte diese aus sachgerechten Gründen für die Zukunft ändern.
III. Nach alledem war der Klage nur im tenorierten Umfang stattzugeben, die Kosten nach dem jeweiligen Grad des Unterliegens gem. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verteilen. Danach ist es sachgerecht, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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